Liste der BGE

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Dossiernummer: 8C_119/2024 Datum: 8. Januar 2025 Sprache: de
Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG (in der bis 31. Dezember 2020 gültig gewesenen Fassung); Vermögensverzicht vor der Eheschliessung. Ein durch den verstorbenen Ehegatten vor der Eheschliessung vorgenommener Vermögensverzicht ist bei den anrechenbaren Einnahmen zur Ermittlung eines allfälligen Ergänzungsleistungsanspruchs des überlebenden Ehegatten grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (E. 6).
Dossiernummer: 9C_125/2022 Datum: 10. September 2024 Sprache: de
Art. 32 Abs. 1, Art. 42 Abs. 3, 3bis, 4 und 5, Art. 56 Abs. 1 und 2, Art. 57, Art. 59 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. a, Art. 59a Abs. 1 und 3, Art. 84 Abs. 1 und 2, Art. 84a Abs. 1 lit. a KVG; Art. 30-30c, Art. 59 Abs. 1, Art. 59abis und Art. 76 KVV; Art. 6 Abs. 1 und 3 KVAG; nachträgliche systematische Wirtschaftlichkeitskontrolle von ambulanten Spitalleistungen auf der Ebene von Prozeduren (Tarifpositionen); Herausgabe von Akten des Leistungserbringers zwecks stichprobeweiser Überprüfung der medizinischen Indikation von verrechneten Leistungen; Vorrang der statistischen Vergleichsmethode gegenüber einer analytischen Auswertung von Patientendossiers. Streitgegenstand (E. 2.1). Gesetzlicher Rahmen und Methoden der Wirtschaftlichkeitskontrolle (E. 2.2.1 und 2.2.2). Auskunftspflichten der Leistungserbringer, insbesondere Angabe der Diagnose; Frage des geeigneten Kodiersystems. Aufbereitung und Verwendung der Daten (E. 2.2.3). Die strittige Aktenedition (radiologische Befundung und ärztliche Zuweisung zu 55 anonymisierten Rechnungen für Computertomographien) erfasst keine Personendaten und tangiert das Patientengeheimnis nicht (E. 3). Übertragung von Kontrollbefugnissen der Krankenversicherer an einen Dienstleister im Bereich der Datenverarbeitung (E. 4.1). Zur Frage, ob die Akten an einen vertrauensärztlichen Dienst übermittelt werden müssen resp. ob der Dienstleister über einen solchen verfügen kann (E. 4.2). Eine stichprobenweise Einzelfallprüfung mit Hochrechnung anhand von 55 Rechnungen würde nicht genügen, um eine Rückforderung zu begründen, die alle unter den fraglichen Tarifpositionen erbrachten Leistungen erfasst (vgl. BGE 150 V 178; E. 5.5). Analytische Auswertungen laufen dem Grundsatz einer wirksamen und effizienten (systematischen) Wirtschaftlichkeitskontrolle zuwider (E. 5.6). Die gesetzlichen Informationsrechte der Krankenversicherer kommen nur im Rahmen einer statistischen Methodik (Durchschnittskostenvergleich) zum Tragen (E. 5.7.1). Die datenbasierte Beurteilung, ob ein Leistungserbringer bestimmte Prozeduren systematisch zu oft abrechnet, bedingt an sich eine Differenzierung nach Krankheitsbildern resp. Indikationen (E. 5.7.2 und 5.7.3). Entgegen dem Gesetz enthalten die Rechnungen der Leistungserbringer häufig keine diagnostischen Angaben, so auch hier (E. 5.7.4). Die herausverlangten Unterlagen gleichen dieses Manko teilweise aus; regelmässig vorkommende Diskrepanzen zwischen Indikation und durchgeführter Prozedur können eine statistische Abweichung erklären (E. 5.7.5 und 5.7.6). Insofern ist die Aktenedition verhältnismässig (E. 5.7.7).
Dossiernummer: 9C_480/2022 Datum: 29. August 2024 Sprache: de
Art. 69 Abs. 1 und 2 ATSG, Art. 122 Abs. 1 KVV; Art. 14 und 15 ATSG; Art. 25a Abs. 1 KVG, Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c KLV; Art. 9 ATSG, Art. 42 und 42ter Abs. 1 und Abs. 3 IVG; intersystemische Koordination von Beiträgen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an Kosten der Grundpflege (Sachleistung) im Verhältnis zur Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung (Geldleistung); keine Kürzung der Pflegebeiträge zufolge Überentschädigung (Änderung der Rechtsprechung). Beim Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen beurteilt sich die Überentschädigung grundsätzlich nach dem Kongruenzprinzip (E. 6.1). Im Verhältnis von Grundpflegebeiträgen und Hilflosenentschädigung stellte die bisherige Rechtsprechung entscheidend auf das Kriterium der gleichartigen Pflege resp. Hilfestellung ab (E. 6.2 und 6.3). Für die Frage nach der Gleichartigkeit der Versicherungsleistungen (Art. 69 Abs. 1 ATSG) ist vorab die Begrifflichkeit von Art. 14 f. ATSG (Sach- oder Geldleistungen) massgebend (E. 6.4). Überentschädigung setzt daher funktionale Kongruenz voraus, was Natur und Wirkungsweise der konkurrierenden Leistungen betrifft; Krankenpflegebeiträge und Hilflosenentschädigung sind funktional verschiedenartig (E. 6.5). Die Vorgabe, wonach nur Leistungen "gleicher Zweckbestimmung" in die Überentschädigungsrechnung einbezogen werden, erfordert zusätzlich sachliche Kongruenz des versicherten Aufwands (inhaltliche Übereinstimmung der Grundpflege und der Hilfestellungen in alltäglichen Lebensverrichtungen); Pflegebeiträge und Hilflosenentschädigung verhalten sich diesbezüglich weitgehend komplementär zueinander (E. 6.6). In der Lehre herrscht die Ansicht vor, Art. 69 Abs. 2 ATSG sei einer Globalmethode verpflichtet, die die in Abs. 1 statuierte Kongruenzmethode verdränge resp. relativiere (E. 8.2). Auch mit Blick auf die Entstehungsgeschichte von Art. 69 ATSG zeigt sich, dass ein solcher Widerspruch nicht besteht; Abs. 2 lässt die in Abs. 1 geregelte Frage, welche zusammentreffenden Leistungen bei der Berechnung der Überentschädigung berücksichtigt werden, unberührt (E. 8.3). Art. 122 Abs. 1 KVV bietet ebenfalls keine Rechtsgrundlage zur Kürzung von Grundpflegebeiträgen im Verhältnis zu einer Hilflosenentschädigung (E. 9).
Dossiernummer: 7B_583/2024, 7B_653/2024 Datum: 25. Juni 2024 Sprache: fr
Art. 221 Abs. 1bis StPO; Untersuchungshaft; qualifizierte Wiederholungsgefahr. Art. 221 Abs. 1bis StPO verankert einen ausnahmsweise zulässigen Grund für die Anordnung von Untersuchungshaft. Er sieht im Vergleich zu Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO eine qualifizierte Wiederholungsgefahr vor, die als Ausgleich dafür eingeführt wurde, dass im Vergleich zu Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO auf das Vortatenerfordernis verzichtet wird. Der Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr gelangt aber nur unter den restriktiven, kumulativen Voraussetzungen zur Anwendung, die in den lit. a und b von Art. 221 Abs. 1bis StPO aufgeführt sind. Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO verlangt, dass die ernste und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben. Der Begriff des schweren Verbrechens bezieht sich auf die in Art. 221 Abs. 1bis lit. a StPO genannten geschützten Rechtsgüter, d.h. die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person. Die Formulierung "unmittelbar" verdeutlicht, dass die von der beschuldigten Person ausgehende Bedrohung akut sein muss, die schweren Verbrechen in naher Zukunft drohen müssen und deshalb die Haft mit grosser Dringlichkeit anzuordnen ist (E. 3.2). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer, dessen Strafregister keine Einträge aufweist, in Untersuchungshaft zu belassen, da er aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens ein unmittelbares Risiko darstellt, ähnlich schwere Verbrechen zu begehen wie jene, die ihm im Strafverfahren vorgeworfen werden, nämlich die schweren Verbrechen der sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB) und der sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB) (E. 3.4).
Dossiernummer: 8C_741/2023 Datum: 14. Juni 2024 Sprache: de
Art. 26 f. UVG i.V.m. Art. 38 Abs. 2 UVV; Art. 42 Abs. 3 IVG (in der seit Januar 2022 geltenden Fassung) i.V.m. Art. 38 Abs. 1 IVV; Art. 66 Abs. 3 ATSG; Leistungskoordination zwischen der Invalidenversicherung und der Unfallversicherung; Hilflosigkeit schweren Grades; Anspruch auf Hilflosenentschädigung. Bei einem Anspruch auf Entschädigung wegen schwerer Hilflosigkeit durch den Unfallversicherer kann keine Kumulation mit einer Hilflosenentschädigung leichten Grades wegen des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung der Invalidenversicherung erfolgen. Die in Art. 66 Abs. 3 ATSG statuierte absolute Prioritätenordnung greift ohne Weiteres (E. 3-6).
Dossiernummer: 6B_1166/2023 Datum: 13. Juni 2024 Sprache: fr
Art. 70 Abs. 1, Art. 71 Abs. 1 und 2, Art. 73 Abs. 1 lit. c StGB und Art. 50 Abs. 1 OR. Es ist zulässig, dem Geschädigten in Gutheissung seiner Zivilklage Schadenersatz zuzusprechen und gleichzeitig auf eine Ersatzforderung zu erkennen (E. 2.2.2). Während die Beschuldigten für Zivilforderungen solidarisch haften, greift die Solidarhaftung im Hinblick auf die Ersatzforderung nicht (E. 2.3).
Dossiernummer: 9C_135/2023 Datum: 6. Juni 2024 Sprache: de
a Art. 58 Abs. 1 lit. c DBG; Massgeblichkeitsprinzip; Korrekturnorm; erfolgsneutrale Verbuchung eigener Aktien. Für die Ermittlung des Reingewinns ist vom Handelsrecht auszugehen (Massgeblichkeitsprinzip; E. 3.1). Der Differenzbetrag zwischen Ausgabepreis von Beteiligungsrechten (Wiederbegebungspreis im Rahmen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms) und Anschaffungskosten bei der Steuerpflichtigen stellt eine steuerneutrale Kapitaleinlage dar, sofern die Verbuchung steuerneutral erfolgte. Art. 58 Abs. 1 lit. c DBG kann nicht als Korrekturnorm zum Abweichen vom Massgeblichkeitsprinzip herangezogen werden, da der Wortlaut der Norm für die Korrektur eines "Ertrags" bedarf. Die eigenen Aktien stellen keinen Vermögenswert dar, weshalb auch nicht von einem "Kapitalgewinn" gesprochen werden kann (E. 5.3).
Dossiernummer: 9C_141/2023 Datum: 5. Juni 2024 Sprache: fr
Art. 23 Abs. 1 und 3 IVG; Art. 21quater IVV; Grundentschädigung zur Bemessung des Taggeldes der Invalidenversicherung für Selbständigerwerbende. Aus der Auslegung des Art. 23 Abs. 3 IVG ergibt sich, dass die Berechnung der Grundentschädigung des Taggeldes der Invalidenversicherung - hier für eine selbständig erwerbstätige Person - auf dem durchschnittlichen beitragspflichtigen Einkommen gemäss der AHV-Gesetzgebung beruht, wobei unerheblich ist, ob die entsprechenden Beiträge tatsächlich bezahlt worden sind (E. 4).
Dossiernummer: 6B_92/2022 Datum: 5. Juni 2024 Sprache: de
Art. 147 Abs. 1 und 4 StPO; Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK; Teilnahmerecht und Konfrontationsanspruch; Unverwertbarkeit von in Verletzung des Teilnahmerechts der beschuldigten Person abgehaltenen Einvernahmen zu deren Nachteil auch nach rechtskonformer Wiederholung der Einvernahme; Anpassung der Rechtsprechung. Eine Einvernahme, an der das Teilnahmerecht der beschuldigten Person gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO nicht gewährleistet war und die daher gemäss Art. 147 Abs. 4 StPO nicht verwertet werden darf, bleibt auch nach einer Wiederholung der Einvernahme unter Wahrung des Teilnahmerechts bzw. unter hinreichender Konfrontation weiterhin unverwertbar im Sinne von Art. 147 Abs. 4 StPO. Eine spätere Einräumung des Teilnahmerechts bzw. Gewährleistung der Konfrontation führt nicht zur Verwertbarkeit von nach Art. 147 Abs. 4 StPO unverwertbaren Einvernahmen (E. 1.6, insb. E. 1.6.7.1-1.6.7.4).
Dossiernummer: 6B_66/2024 Datum: 5. Juni 2024 Sprache: fr
Art. 291 Abs. 1 StGB; Art. 19a BetmG; Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG; Art. 124a AIG; Verweisungsbruch; Strafart. Zusammenfassung der Rechtsprechung zur Rückführungsrichtlinie und zum Tatbestand des Verweisungsbruchs (E. 1.2). Art. 124a AIG findet, wie aus seinem Wortlaut hervorgeht, nur auf die Anordnung der Landesverweisung bzw. deren Vollzug Anwendung. Keine Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Rahmen der Strafzumessung, insbesondere im Zusammenhang mit einer Verurteilung wegen Verweisungsbruchs (E. 1.3, 1.4 und 1.6.1-1.6.4).
Dossiernummer: 9C_705/2023 Datum: 4. Juni 2024 Sprache: de
Art. 39 Abs. 1 AHVG; Art. 55bis lit. b AHVV (je in der vom 1. Januar 1997 bis Ende 2023 geltenden Fassung); Aufschub der Altersrente, die eine Invalidenrente ablöst. Laut Art. 55bis lit. b AHVV sind Altersrenten, die eine Invalidenrente ablösen, von der Möglichkeit eines Rentenaufschubs gemäss Art. 39 Abs. 1 AHVG ausgenommen. Die Verordnungsbestimmung verstösst gegen gesetzliche und verfassungsmässige Vorgaben, weshalb ihr die Anwendung versagt wird (E. 3.3-3.5).
Dossiernummer: 8C_184/2023 Datum: 29. Mai 2024 Sprache: de
Art. 25 Abs. 1 und 2 ATSG; Rückerstattung unrechtmässig bezogener Rentenleistungen. Die besondere Praxis zu Art. 25 Abs. 2 ATSG, wonach bei Rückforderung infolge einer Rentenaufhebung in der Regel die Rechtskraft der Rentenaufhebung als fristauslösendes Moment für den Lauf der relativen Verwirkungsfrist gilt, wird aufgegeben. Fortan soll der Beginn der Frist gemäss der mit BGE 110 V 304 eingeleiteten langjährigen Rechtsprechung stets anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls, nach Massgabe der Kenntnisnahme bei gebotener und zumutbarer Aufmerksamkeit, ermittelt werden (E. 6).
Dossiernummer: 9C_169/2023 Datum: 29. Mai 2024 Sprache: de
a Art. 7 Abs. 1 und 2 sowie Art. 7a Abs. 1 und 3 KLV; anwendbarer Tarif bei Spitexleistungen an pflegebedürftige Personen in einer (kein anerkanntes Pflegeheim darstellenden) stationären Einrichtung. Von einer zugelassenen Spitex-Organisation erbrachte Leistungen gemäss Art. 7 Abs. 2 KLV an pflegebedürftige Personen in einer stationären Einrichtung, die kein anerkanntes Pflegeheim darstellt (z.B. in einem Behindertenheim), sind nicht nach dem Pflegeheimtarif gemäss Art. 7a Abs. 3 KLV, sondern gemäss demjenigen für ambulante Leistungserbringer nach Art. 7a Abs. 1 KLV zu vergüten (E. 5). Dies gilt auch, wenn es sich um sog. In-House-Pflege handelt (E. 7).
Dossiernummer: 8C_435/2023 Datum: 27. Mai 2024 Sprache: de
Art. 26 Abs. 6 IVV und lit. b ÜbBest. IVV WEIV; anwendbares Recht bei intertemporalem Sachverhalt. Bei einer versicherten Person, die wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben, vor 1. Januar 2022 gemäss aArt. 26 IVV jedoch keinen Rentenanspruch erlangen konnte, ist bei unverändertem Sachverhalt nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen ab 1. Januar 2022 das neue Recht (Art. 26 Abs. 6 IVV in der Fassung vom 3. November 2021) anzuwenden (E. 4).
Dossiernummer: 4A_189/2022 Datum: 22. Mai 2024 Sprache: fr
Vereinfachtes Verfahren bei Streitigkeiten aus Miete (Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO). Wenn der Mieter den Mietvertrag kündigt, betrifft der allenfalls daraus resultierende Streit nur die finanziellen Folgen der Kündigung und fällt daher nicht unter den Kündigungsschutz des Mieters im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO. Das vereinfachte Verfahren (ohne Rücksicht auf den Streitwert) ist nicht anwendbar (E. 3.2 und 3.3).

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