BGE 100 IB 41 vom 25. April 1974

Datum: 25. April 1974

Artikelreferenzen:  Art. 1 MSchG, Art. 7 MSchG, Art. 14 MSchG , Art. 7 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG, Art. 7 Abs. 1 MSchG, § 1 WZG, Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG

BGE referenzen:  99 II 108

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

100 Ib 41


7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. April 1974 i.S. Fabriques de Tabac Réunies SA gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.

Regeste

Art. 7 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG . Befugnis zur Hinterlegung von Marken.
1. Die Eintragung einer Individualmarke setzt voraus, dass der Hinterleger die Waren, die damit gekennzeichnet werden sollen, entweder selber herstellt oder mit ihnen Handel treibt (Erw. 1).
2. Hinterlegung einer Marke, die der Inhaber Dritten zum Gebrauch auf Bekleidungsstücken überlassen will, um für eine von ihm vertriebene Zigarette zu werben (Erw. 2)?

Sachverhalt ab Seite 42

BGE 100 Ib 41 S. 42

A.- Die Fabriques de Tabac Réunies SA in Neuenburg befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren sowie mit allen damit zusammenhängenden Geschäften. Nach dem Handelsregistereintrag kann sie sich mit anderen Betrieben des Tabakgewerbes zusammenschliessen oder sie erwerben.
Am 7. Mai 1973 ersuchte sie das eidg. Amt für geistiges Eigentum, das Zeichen "B. Muratti" als Fabrik- und Handelsmarke in das schweizerische Markenregister emzutragen. Das Zeichen ist für Bekleidungsstücke, einschliesslich Stiefel, Schuhe, Hausschuhe, Taschentücher, Halstücher, Schlipse, Kravatten, Gürtel, Hüte, Hemden, Leibchen, Mützen und Handschuhe bestimmt.

B.- Das Amt bezweifelte, dass die Gesuchstellerin als Unternehmen des Tabakgewerbes auch für Textil- und Schuhwaren eine Marke hinterlegen könne. Es forderte die Firma deshalb am 7. Juni 1973 auf, glaubhaft zu machen, dass sie die Marke auf den beanspruchten Waren gebrauche oder dies wenigstens ernsthaft beabsichtige. Die Gesuchstellerin antwortete am 6. Juli 1973, sie lasse die im Warenverzeichnis aufgeführten Bekleidungsstücke als Luxusartikel durch Dritte herstellen und mit der Marke "B. Muratti" versehen, die Ware aber verbilligt durch besondere Modegeschäfte verkaufen, um damit für die von ihr unter der Marke MURATTI vertriebene Zigarette zu werben. Das Gesuch betreffe somit nicht eine Fabrik-, sondern eine Handelsmarke.
Nach einem weiteren Briefwechselwies das Amt das Gesuch am 7. Februar 1974 mit der Begründung zurück, die Firma sei nicht befugt, das Zeichen "B. Muratti" als Marke für Textilien und Schuhwaren hinterlegen zu lassen; die Marke weise übrigens wahrheitswidrig auf einen Geschäftsinhaber oder Modeschöpfer dieses Namens hin, wirke also täuschend.

C.- Die Fabriques de Tabac Réunies SA führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und das Zeichen "B. Muratti" als Handelsmarke im Register eintragen zu lassen, eventuell unter Verschiebung des Anmeldedatums auf den 27. September 1973.
BGE 100 Ib 41 S. 43
Das Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Als Fabrik- und Handelsmarken kommen nach Art. 1 MSchG neben den Geschäftsfirmen nur die Zeichen in Frage, die zur Unterscheidung oder zur Feststellung der Herkunft gewerblicher und landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder Waren dienen und auf diesen selbst oder deren Verpackung angebracht sind. Zur Hinterlegung ihrer Marken berechtigt sind gemäss Art. 7 Abs. 1 MSchG insbesondere Industrielle und sonstige Produzenten, deren Produktionsgeschäft sich in der Schweiz befindet, sowie Handeltreibende mit einer festen schweizerischen Handelsniederlassung.
Die Eintragung einer Marke ist somit an die Bedingung geknüpft, dass der Bewerber die Erzeugnisse, die damit gekennzeichnet werden sollen, entweder selber herstellt oder mit ihnen Handel treibt (MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 46 und 126/7; DAVID, Kommentar zum MSchG, 2. Aufl. N 30 und 39 zu Art. 6; TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. II S. 745/6 und 749). Gleich verhält es sich nach dem deutschen Recht (vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, Bd. II N 27; VON GAMM, Warenzeichengesetz, N 45 zu § 1 WZG ).

2. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, sie habe die Absicht, selber Textilien und Schuhwaren herzustellen. Sie leitet ihre Berechtigung, die Marke "B. Muratti" zu hinterlegen, vielmehr daraus ab, dass sie das Zeichen auf den im Warenverzeichnis angegebenen Bekleidungsstücken verwenden wolle. Um diese Absicht glaubhaft zu machen, verweist sie auf zwei Kravattenmuster, die der Beschwerde beiliegen und den Schriftzug "B. Muratti" tragen. Mehr ist der Beschwerdeschrift über die beabsichtigte Verwendung des Zeichens nicht zu entnehmen. Sie enthält insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, die Beschwerdeführerin handle mit Textilien und Schuhwaren oder beabsichtige, dies zu tun. Aus den Akten, insbesondere aus der eigenen Erklärung der Beschwerdeführerin vom 4. Juli 1973, erhellt dagegen, dass sie auf Textilien und Schuhwaren, die von anderen Unternehmen hergestellt, gehandelt und verkauft werden, den Namenszug "B. Muratti" anbringen lassen will, um für die von ihr unter der Marke MURATTI vertriebenen Zigaretten zu werben.
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Ein solches Vorhaben hat mit den Funktionen, die eine Handelsmarke nach dem vom Gesetz vorgeschriebenen Zweck zu erfüllen hat, jedoch nichts zu tun, kann folglich auch nicht angerufen werden, um eine Marke registrieren zu lassen. Die Marke ist ein Mittel, um die Herkunft der Ware festzustellen oder sie von anderen Waren zu unterscheiden ( BGE 99 II 108 Erw. 2). Die Hinterlegung eines reklamehaften Zeichens, das weder auf den Hersteller noch auf den Händler der damit versehenen Waren hinweist, widerspräche vielmehr der gesetzlichen Zweckbestimmung und ist deshalb unzulässig. In diesem Sinne hat das Bundesgericht bereits mit Bezug auf die Marke "TAR-ZAN" entschieden, die ihr Inhaber einzig zum Zwecke hinterlegen wollte, anderen Firmen gestützt auf Lizenzverträge die Befugnis zu verschaffen, ihre eigenen Erzeugnisse oder Waren mit dem Namen dieser Filmfigur zu kennzeichnen (nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. April 1973 i.S. Edgar Rice Burroughs Inc.).
Zu Unrecht beruft sich die Beschwerdeführerin auf die angeblich abweichende Rechtsanschauung im österreichischen Markenrecht. Die von ihr angeführten Stellen aus SONN/PRETTENHOFER/KOCH, Warenzeichenrecht, haben nicht den Sinn, den ihnen die Beschwerdeführerin beilegt. Die Ausführungen S. 399 Ziff. 2 und namentlich S. 865 Ziff. 14 entsprechen vielmehr der schweizerischen und deutschen Auffassung. Dies gilt insbesondere von der letztgenannten Stelle, an der gesagt wird, das Markenrecht könne nur für ein bestimmtes Unternehmen und zur Bezeichnung bestimmter von diesem Unternehmen in Verkehr zu setzender Waren erworben werden, eine Marke könne daher nur für solche Waren eingetragen werden, die aus dem markenberechtigten Unternehmen tatsächlich hervorgehen oder doch nach der herrschenden gewerblichen Einteilung hervorgehen können. Dem widerspricht keineswegs, dass auf S. 865/6 Ziff. 16 ausgeführt wird, vom markenrechtlichen Standpunkt aus sei es gleichgültig, wie weit die gewerberechtlichen Befugnisse des Unternehmens reichen; es komme vielmehr auf die Umstände des konkreten Falles an. Was damit gemeint ist, erhellt aus dem angegebenen Beispiel, wonach ein Unternehmen eine Marke für "landwirtschaftliche Produkte" neben "Nährmitteln" rechtswirksam nicht hinterlegen kann, wenn es von solchen Produkten nur Nährmittel absetzt.

3. Nach Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG hat das Amt für
BGE 100 Ib 41 S. 45
geistiges Eigentum die Eintragung einer Marke unter anderem dann zu verweigern, wenn der Bewerber zur Hinterlegung nicht berechtigt ist. Diese Berechtigung hat das Amt der Beschwerdeführerin nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, zu Recht abgesprochen, weshalb auch die Rückweisung des Eintragungsgesuches nicht zu beanstanden ist. Was die Beschwerdeführerin gegen die Zuständigkeit des Amtes einwendet, geht samt und sonders fehl und braucht angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht widerlegt zu werden.
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob das Zeichen "B. Muratti" den Vorschriften des Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 und 4 widerspreche und auch deshalb von der Eintragung auszuschliessen wäre.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

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