BGE 105 III 63 vom 13. Juli 1979

Datum: 13. Juli 1979

Artikelreferenzen:  Art. 17 SchKG, Art. 85 SchKG, Art. 86 SchKG, Art. 154 SchKG , Art. 230 SchKG, Art. 85 und 86 SchKG

BGE referenzen:  122 III 295, 124 III 79 , 88 III 21, 88 III 22, 87 III 75

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

105 III 63


15. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13. Juli 1979 i.S. Z. AG (Rekurs)

Regeste

Betreibung auf Pfandverwertung.
1. Es ist nicht Sache von Betreibungsamt und Aufsichtsbehörde, sondern des Richters im Rechtsöffnungs- bzw. im Lastenbereinigungsverfahren, über den Bestand des von einem Betreibungsgläubiger behaupteten Pfandrechts zu befinden (E. 1).
2. Die vor Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung auf Pfandverwertung kann nach Einstellung und Schliessung des Konkurses mangels Aktiven weitergeführt werden (Bestätigung der Rechtsprechung); dabei ist die Dauer des Konkursverfahrens auf die Maximalfristen des Art. 154 SchKG zuzuschlagen (E. 2).

Sachverhalt ab Seite 64

BGE 105 III 63 S. 64
In der von der Bank A. gegen X. angehobenen Betreibung auf Grundpfandverwertung wurde zu Gunsten der Betreibungsgläubigerin folgender Eintrag ins Lastenverzeichnis über die pfandbelasteten Liegenschaften aufgenommen:
"Bank A. Kapital laut Grundpfandverschreibung vom 17.12.1971 per nom.
Fr. 3'410'000.- Darlehen fällig per 31. März 1976; Gesamtbetrag und bar zu bezahlen Fr. 1'619'600.30."
Die Z. AG, der an den Pfandliegenschaften gemäss Grundbuch eine Maximalhypothek im zweiten Rang von 1,5 Mio. Franken zusteht, leitete ein Lastenbereinigungsverfahren ein und erhob ausserdem mit Eingabe vom 29. Dezember 1978 beim Bezirksgericht Horgen als unterer Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen Beschwerde mit dem Antrag, die von der Bank A. angehobene Grundpfandbetreibung sei als nichtig aufzuheben.
Das Bezirksgericht Horgen wies die Beschwerde am 2. März 1979 ab, und das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) als obere kantonale Aufsichtsbehörde schützte diesen Entscheid durch Beschluss vom 12. Juni 1979.
Die Z. AG hat gegen den zweitinstanzlichen Entscheid an das Bundesgericht rekurriert.

Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. In BGE 78 III 95 f. hat das Bundesgericht ausgeführt, der auf Grundpfandverwertung Betriebene, der geltend machen wolle, dem Gläubiger hafte ein Faustpfand, habe diesen Einwand mit Rechtsvorschlag zu erheben. Habe er dies unterlassen, könne er das Versäumte nicht mit einer späteren Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG nachholen. Vielmehr nehme die Betreibung als Grundpfandbetreibung ihren Fortgang. Am Pfandobjekt Berechtigte, die dadurch betroffen würden, könnten ihre Interessen im Lastenbereinigungsverfahren wahrnehmen.
Die Rekurrentin weist darauf hin, dass das Bundesgericht im erwähnten Urteil über die Zulässigkeit einer Beschwerde des Schuldners zu befinden gehabt habe und dass demnach nicht entschieden worden sei, wie es sich mit einer Beschwerde eines an der Betreibung nicht beteiligten Pfandgläubigers verhalte. Sie übersieht indessen, dass im gleichen Entscheid auch festgehalten
BGE 105 III 63 S. 65
wurde, dass es nicht Sache von Betreibungsamt und Aufsichtsbehörde sei, über den Bestand des von einem Betreibungsgläubiger behaupteten Pfandrechts zu befinden ( BGE 78 III 96 unten/97 oben). Diese dem materiellen Recht zuzuordnende Frage ist - im Rechtsöffnungs- bzw. im Lastenbereinigungsverfahren - durch den Richter zu entscheiden. Einem auf Grundpfandbetreibung gerichteten Begehren hat das Betreibungsamt nur dann nicht im nachgesuchten Sinne stattzugeben, wenn der Gläubiger selbst einräumt, dass er nur ein Faustpfandrecht habe ( BGE 78 III 97 ). Die sich einzig auf den Gesichtspunkt der Prozessökonomie stützenden Vorbringen der Rekurrentin vermögen gegen die angeführte Rechtsprechung nicht aufzukommen.

2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass zwischen der Zustellung des Zahlungsbefehls und dem Gesuch der Bank A. um Verwertung des Grundpfandes zwar mehr als die in Art. 154 SchKG als Höchstdauer festgesetzten zwei Jahre verstrichen seien, dass aber der Lauf dieser Frist während der Dauer des dazwischen gegen den Betreibungsschuldner eröffneten, in der Folge gemäss Art. 230 SchKG mangels Aktiven wieder eingestellten und geschlossenen Konkursverfahrens unterbrochen worden sei bzw. dass sich die Maximalfrist des Art. 154 SchKG um die Dauer des Konkursverfahrens verlängert habe.
Die Rekurrentin scheint mit Recht nicht in Abrede stellen zu wollen, dass eine vor Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung auf Pfandverwertung nach Einstellung und Schliessung des Konkurses mangels Aktiven weitergeführt werden kann (dazu BGE 88 III 21 f. mit Hinweisen). Hingegen ist sie der Auffassung, die Frist des Art. 154 SchKG stehe während der Dauer des Konkursverfahrens nicht still bzw. es gehe im vorliegenden Fall nicht an, die Zweijahresfrist um die Dauer des Konkursverfahrens zu erstrecken.
Dieser Ansicht ist die Vorinstanz zu Recht nicht gefolgt. Sie weist zutreffend darauf hin, dass die Praxis des Bundesgerichts, eine vor Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung nach dessen Einstellung und Schliessung wieder aufleben zu lassen, bezweckt, den Betreibungsgläubiger vor unbilligen Folgen zu bewahren (vgl. BGE 88 III 22 E. 2; BGE 87 III 75 E. 2; BGE 79 III 169 oben), und dass die Dauer des Konkursverfahrens dabei
BGE 105 III 63 S. 66
grundsätzlich nicht von Bedeutung sein kann. Wohl sind die Fristen des Art. 154 SchKG im öffentlichen Interesse aufgestellt und von Amtes wegen zu beachten ( BGE 69 III 50 ; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. A., I. Bd. S. 341). Dieser Umstand steht einer Unterbrechung des Fristenlaufs indessen nicht entgegen. Das Gesetz sieht für den Fall einer Klage im Anschluss an einen Rechtsvorschlag vielmehr selbst vor, dass die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht in Berechnung fällt (Art. 154 Abs. 1 zweiter Satz SchKG). Es gibt keinen Grund, diese Regelung nicht auch auf den Fall des Konkursverfahrens anzuwenden. Weshalb einem betreibenden Pfandgläubiger, der das Verwertungsbegehren nicht noch vor Eröffnung des Konkurses eingereicht hat oder hat einreichen können, die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht generell zugute kommen sollte, ist nicht einzusehen. Die Annahme, die Dauer des Konkursverfahrens könne auf die Fristen des Art. 154 SchKG nicht zugeschlagen werden, würde einmal insofern zu einer ungleichen Behandlung der betreibenden Pfandgläubiger führen, als die Dauer eines Konkursverfahrens sehr stark variieren kann. Sodann wäre ein Grundpfandgläubiger angesichts der für ihn längeren Maximalfrist gegenüber einem Faustpfandgläubiger von vornherein im Vorteil, ohne dass hiefür ein sachlicher Grund bestünde. Mit der Bank A. ist schliesslich festzuhalten, dass im Falle der Betreibung auf Grundpfandverwertung ein endgültiges Erlöschen der Betreibung die durch nichts gerechtfertigte Konsequenz hätte, dass Gelder, die auf Grund einer Miet- oder Pachtzinssperre beim Betreibungsamt eingegangen sind, nicht dem Betreibungsgläubiger zukämen, sondern dem Schuldner auszuzahlen wären.
Die Rekurrentin wendet ein, das Konkursverfahren könne für den Schuldner neue Gesichtspunkte bezüglich seiner Zahlungspflicht gebracht haben, die ihm die Bestreitung der Schuld nachträglich als angezeigt erscheinen liessen. Indessen vermag ein derartiges Interesse dasjenige des Betreibungsgläubigers an der Fortsetzung der Betreibung nicht aufzuwiegen. Für solche Fälle stehen dem Schuldner die Rechtsbehelfe der Art. 85 und 86 SchKG zur Verfügung.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.

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