BGE 107 IB 5 vom 7. Mai 1981

Datum: 7. Mai 1981

Artikelreferenzen:  Art. 1 VG, Art. 3 VG, Art. 19 VG

BGE referenzen:  123 II 577 , 94 I 637, 94 I 638, 103 IB 68

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

107 Ib 5


2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Mai 1981 i.S. X. gegen Schweizerische Eidgenossenschaft und Schweizerische Zentrale für Handelsförderung (verwaltungsrechtliche Klage)

Regeste

Art. 3 und Art. 19 Verantwortlichkeitsgesetz.
1. Passivlegitimation der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung gemäss Art. 19 VG verneint (E. 1).
2. Widerrechtlichkeit schädigender Äusserungen von Bundesbeamten (E. 2a)?

Sachverhalt ab Seite 5

BGE 107 Ib 5 S. 5
X. wollte im Ausland eine schweizerische Industrieausstellung veranstalten. Diese Ausstellung konnte mangels genügender Beteiligung schweizerischer Exporteure nicht durchgeführt werden. Mit verwaltungsrechtlicher Klage gegen die Eidgenossenschaft und die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung verlangt X. den Ersatz des Schadens, der ihm aus dem Scheitern der Messe erwachsen ist. Er macht geltend, die Messe sei infolge einer gegen ihn gerichteten Boykott- und Verleumdungskampagne nicht zustande gekommen; namentlich hätten sich Bundesbeamte und Organe der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung über die von ihm organisierte Messe in kreditschädigender Weise geäussert. Das Bundesgericht tritt auf die Klage gegen die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung nicht ein und weist die Klage gegen die Eidgenossenschaft
BGE 107 Ib 5 S. 6
ab. Zur Passivlegitimation der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung und zur Widerrechtlichkeit allfälliger schädigender Äusserungen von Bundesbeamten führt es aus:

Erwägungen

Erwägungen:

1. Der Kläger hat mit der vorliegenden verwaltungsrechtlichen Klage nicht nur die Eidgenossenschaft, sondern auch die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung (SZH) ins Recht gefasst. Das ist in diesem Verfahren zulässig, sofern die SZH den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz) vom 14. März 1958 (VG in SR 170.32) untersteht ( BGE 94 I 637 E. 1).
Nach Art. 1 VG unterstehen den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen, denen die Ausübung eines öffentlichen Amtes übertragen ist. Nach den Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes haften auch mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betraute und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehende Organisationen; derartige Organisationen sind für den einem Dritten zugefügten Schaden, welchen ihre Organe oder Angestellten in Ausübung der mit diesen Aufgaben verbundenen Tätigkeit verursachen, primär ersatzpflichtig, während der Bund subsidiär haftet ( Art. 19 VG ). Organisationen ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung unterstehen den Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes, wenn sie mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betraut sind (vgl. KAUFMANN, Die Verantwortlichkeit der Beamten und die Schadenersatzpflicht des Staates in Bund und Kantonen, ZSR Bd. 72, 1953, S. 267 a ff., SCHÖN, Staatshaftung als Verwaltungsrechtsschutz, Basel 1979, S. 8, KUHN, Die vermögensrechtliche Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten aufgrund des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958, Diss. Zürich 1971, S. 170, vgl. auch GUENG, Die allgemeine rechtsstaatliche Entschädigungspflicht, Zürich 1967, S. 234). Als Musterfall der Betrauung einer ausserhalb der Bundesverwaltung stehenden Organisation mit öffentlichen Aufgaben des Bundes hat das Bundesgericht die Übertragung der Kontrolle über die Starkstromanlagen an das Starkstrominspektorat des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins bezeichnet ( BGE 94 I 638 E. 3).
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Anderseits kann nicht zweifelhaft sein, dass eine ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Organisation nicht schon deshalb nach den Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes haftet, weil ihre Tätigkeit vom Bund subventioniert wird. Das geforderte Verhalten des Subventionsempfängers wird mit der finanziellen Staatshilfe nicht zur staatlichen Handlung und der Status des Subventionsempfängers wird durch die Subvention nicht verändert (vgl. RHINOW, Wesen und Begriff der Subvention in der schweizerischen Rechtsordnung, Basel 1971, S. 224 f., KAUFMANN, a.a.O. S. 272 a).
Die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung ist eine Institution, in welcher sich Handel und Industrie mit den eidgenössischen Behörden zusammengefunden haben, um die aussenwirtschaftlichen Beziehungen der Schweiz zu vertiefen und zu erweitern, die Ausfuhr schweizerischer Erzeugnisse und Dienstleistungen zu fördern und allgemein die Präsenz der Schweiz im Ausland sichtbar zu machen (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über einen Beitrag an die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung vom 26. Februar 1975 in BBl 1975 I S. 1024). Sie ist ein Verein im Sinne des Privatrechts und wird mit einem Bundesbeitrag unterstützt, weil ihre Tätigkeit im allgemeinen Landesinteresse liegt (Bundesgesetz über einen Bundesbeitrag an die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung vom 3. Oktober 1975, SR 946.15; vgl. auch BBl 1975 I S. 1023, 1978 II S. 1398). Der SZH sind indessen keine öffentlichen Aufgaben des Bundes übertragen. Sie untersteht deshalb den Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes nicht. Auf die Klage gegen die SZH kann nicht eingetreten werden.

2. a) Nach Art. 3 VG haftet der Bund für den Schaden, den ein Beamter einem Dritten im Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit widerrechtlich zufügt, ohne Rücksicht auf das Verschulden des Beamten. Widerrechtlich im Sinne dieser Bestimmung ist das Verhalten eines Beamten, wenn es gegen Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutz des verletzten Rechtsgutes dienen ( BGE 103 Ib 68 E. 3 mit Verweisen). Widerrechtlich wären demnach falsche Auskünfte bzw. unwahre Behauptungen von Bundesbeamten über den Kläger bzw. die von ihm organisierte Messe, sofern dadurch der Kredit des Klägers geschädigt worden wäre. Zwar kann der Aufgabenbereich eines Beamten insbesondere im Gebiete der
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Aussenwirtschaft auch die Information über Veranstaltungen in der Art der vom Kläger organisierten Messe umfassen; entsprechende Auskunftbegehren Privater mögen deshalb unter Umständen Fragen über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse von Veranstaltern betreffen. Es kann indes nicht Aufgabe des Bundes bzw. seiner Beamten sein, private Interessenten über die Kreditwürdigkeit privater Veranstalter zu informieren. Entsprechende Auskünfte amtlicher Stellen haben sich auf Angaben über Art, Ort und Datum der Veranstaltung, Name und Adresse der Veranstalter etc. zu beschränken. Meinungsäusserungen von Beamten über die Qualität von Veranstaltungen oder über die Kreditwürdigkeit von Veranstaltern im Sinne von Empfehlungen oder Kritik sind indessen grundsätzlich zur Erfüllung der entsprechenden Aufgaben des Bundes nicht erforderlich und können, sofern sie sich als falsch erweisen, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. 3 VG die Haftung des Bundes begründen.

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