BGE 107 III 29 vom 2. April 1981

Datum: 2. April 1981

Artikelreferenzen:  Art. 321 ZPO, Art. 113 BV, Art. 181 SchKG, Art. 272 SchKG, Art. 273 SchKG, Art. 277 SchKG, Art. 278 SchKG , § 213 ZPO, Art. 279 Abs. 1 SchKG, Art. 272 SchKG, Art. 181 und Art. 189 Abs. 1 SchKG, Art. 113 Abs. 3 BV, Art. 279 SchKG

BGE referenzen:  94 I 459, 103 IA 494, 107 III 139, 120 III 75, 126 III 438, 129 III 203, 140 III 456 , 103 IA 494, 104 IA 83, 94 I 459, 106 IA 146, 86 I 27, 82 I 79, 86 II 295, 102 IA 237, 86 I 27, 82 I 79, 86 II 295, 102 IA 237

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

107 III 29


8. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. April 1981 i.S. C. Bank gegen D. AG (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Arrestbewilligungsverfahren.
Nach der abschliessenden bundesrechtlichen Regelung wird der Arrestschuldner im Arrestbewilligungsverfahren nicht angehört.

Sachverhalt ab Seite 29

BGE 107 III 29 S. 29
Der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich erliess am 28. März 1980 auf Begehren der D. AG einen Arrestbefehl gegen die C. Bank. Gegen den Arrestbefehl und den zur Prosequierung des Arrestes erwirkten Zahlungsbefehl erhob die Arrestschuldnerin beim Obergericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch mit Beschluss
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vom 14. November 1980 abgewiesen wurde. Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Arrestschuldnerin, dieser Beschluss sowie der Arrest- und der Zahlungsbefehl seien aufzuheben. Die Gläubigerin beantragt Abweisung der Beschwerde; das Obergericht hat keine Gegenbemerkungen eingereicht.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Art. 279 Abs. 1 SchKG , wonach gegen den Arrestbefehl weder Berufung noch Beschwerde stattfindet, verbietet es den Kantonen nicht, gegen Arrestbefehle ein ausserordentliches kantonales Rechtsmittel vorzusehen, und auch die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht ist zulässig, soweit mit ihr Rügen erhoben werden, die nicht Gegenstand der Arrestaufhebungsklage bilden können ( BGE 103 Ia 494 ff., mit Hinweisen), was insbesondere mit Bezug auf die Frage gilt, ob der Arrestgläubiger seine Forderung hinreichend glaubhaft gemacht habe. Dasselbe muss folgerichtig auch für die im vorliegenden Fall erhobene weitere Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs gelten, die ebenfalls nicht im Rahmen einer Arrestaufhebungsklage vorgebracht werden kann.
Da dem Obergericht als Kassationsinstanz nur beschränkte Kognition zustand, kann mit der staatsrechtlichen Beschwerde neben dem obergerichtlichen Urteil auch der Arrestbefehl des Einzelrichters angefochten werden ( BGE 104 Ia 83 E. 2b, 136 E. 2a, 204 E. 1b; BGE 94 I 459 ff.), und endlich ist es nach der Rechtsprechung auch zulässig, zusammen mit der Aufhebung des Arrestbefehls auch jene des gestützt auf den Arrestbefehl erwirkten Zahlungsbefehls zu beantragen ( BGE 106 Ia 146 /147 E. 2c, BGE 86 I 27 , BGE 82 I 79 /80).
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit einzutreten, und die gestellten Anträge sind zulässig.

2. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, der Einzelrichter habe ihr das rechtliche Gehör verweigert, indem er den Arrestbefehl erlassen habe, ohne sie jemals anzuhören.
Seit dem Inkrafttreten des SchKG steht die schweizerische Rechtslehre einhellig auf dem Standpunkt, die Anhörung des Schuldners durch die Arrestbehörde vor Erlass des Arrestbefehls
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sei von Bundesrechts wegen ausgeschlossen (BLUMENSTEIN, Handbuch des schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 837; JAEGER, N. 3 und 7 zu Art. 272 SchKG ; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. II, S. 215; FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl., S. 364; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, S. 377; LEUCH, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. Aufl., N. 1 zu Art. 321 ZPO ; STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, N. 38 zu § 213 ZPO ). Damit in Einklang steht, soweit ersichtlich, die Praxis in sämtlichen Kantonen, ohne dass darin je eine Gehörsverweigerung erblickt worden wäre. Im gleichen Sinne hat sich das Bundesgericht, allerdings eher beiläufig, in drei Entscheiden geäussert; in BGE 86 II 295 wird festgehalten, das Arrestverfahren sei abschliessend bundesrechtlich geregelt, und in BGE 102 Ia 237 sowie in BGE 46 I 489 wird darauf hingewiesen, der Schuldner werde regelmässig vor Erlass des Arrestbefehls nicht angehört.
Diese bundesrechtliche Regelung ist mit der einhelligen Lehre und Rechtsprechung als abschliessend zu betrachten. Das wird auch dadurch bestätigt, dass das SchKG dort, wo es im summarischen Verfahren die Anhörung der Gegenpartei für erforderlich erachtet, ausdrückliche dahingehende Vorschriften aufstellt (Art. 77 Abs. 3, Art. 84, Art. 168 und Art. 190 Abs. 2, im Gegensatz dazu ausser Art. 272 auch Art. 181 und Art. 189 Abs. 1 SchKG ). Liegt aber eine abschliessende bundesgesetzliche Regelung der Frage vor, so ist diese gemäss Art. 113 Abs. 3 BV für das Bundesgericht verbindlich und kann nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüft werden.

3. Dass der Arrestschuldner vor Erlass des Arrestbefehls nicht angehört wird, folgt im übrigen aus der Natur der Sache. Der Arrest stellt eine Sicherungsmassnahme zum Schutz gefährdeter Gläubigerrechte dar, die nur einen Sinn hat, wenn sie überfallartig erfolgt. Der Arrestschuldner ist deswegen nicht schutzlos. Seinen Interessen wird durch die besondere Ausgestaltung des Arrestverfahrens Rechnung getragen. Einmal kann er mit der Arrestaufhebungsklage des Art. 279 SchKG den Arrestgrund bestreiten. Zum andern wird durch die kurzen Fristen, innert welcher der Gläubiger nach Art. 278 SchKG den Arrest durch Betreibung oder allenfalls Klage prosequieren muss, gewährleistet, dass die Beschlagnahme der schuldnerischen Vermögensstücke nicht länger aufrechterhalten wird, als
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es mit dem Sicherungszweck des Arrestes vereinbar ist. Überdies kann der Schuldner durch Sicherheitsleistung die freie Verfügung über die Arrestgegenstände zurückerlangen ( Art. 277 SchKG ). Erweist sich der Arrest als ungerechtfertigt, weil entweder kein Arrestgrund gegeben war oder keine Forderung bestanden hat, so haftet der Gläubiger nach Art. 273 SchKG kausal für den daraus entstandenen Schaden. Die Deckung dieses Schadens kann dadurch sichergestellt werden, dass der Erlass des Arrestbefehls von der Leistung einer Kaution abhängig gemacht wird. Der Schuldner kann auch noch nach Erlass des Arrestbefehls Sicherstellungsbegehren stellen, wenn die Arrestbehörde dem Gläubiger nicht schon von Anfang an eine Kaution auferlegt hat oder wenn sich die ursprünglich auferlegte Kaution in der Folge als zu niedrig erweist (FRITZSCHE, a.a.O., Bd. II, S. 245; JAEGER, N. 5 zu Art. 273 SchKG ; STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N. 40 zu § 213 ZPO ; vgl. auch BGE 46 I 489 /490).
Es ist der Beschwerdeführerin freilich zuzugeben, dass die Interessen des Schuldners im Arrestverfahren besser gewahrt wären, wenn die Arrestbehörde den Arrestbefehl vorerst bloss vorsorglich erlassen und danach eine Verhandlung ansetzen würde, in der sich der Arrestschuldner gegen die Aufrechterhaltung des Arrestes wehren könnte. Da die bundesrechtliche Ordnung des Arrestverfahrens abschliessend ist, besteht indessen für ein derartiges oder ein ähnliches Verfahren kein Raum. Ein solches könnte auch nicht auf dem Weg über eine verfassungskonforme Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des SchKG eingeführt werden, wie das die Beschwerdeführerin vorschlägt, da die gesetzliche Regelung klar ist. Es ist Sache des Bundesgesetzgebers, hier Abhilfe zu schaffen, wenn er eine nachträgliche Anhörung des Arrestschuldners für erforderlich hält.

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