BGE 107 III 40 vom 15. Januar 1981

Datum: 15. Januar 1981

Artikelreferenzen:  Art. 4 BV, Art. 311 SchKG, Art. 317 SchKG , Art. 305 Abs. 2 SchKG, Art. 317 Abs. 2 SchKG, Art. 301a SchKG

BGE referenzen:  84 III 105 , 84 III 105

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

107 III 40


10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Januar 1981 i.S. Schuler gegen Ausseramtliche Konkursverwaltung, Gläubigerausschuss, Schweizerischer Bankverein sowie Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Nachlassvertrag; Art. 305 Abs. 2 SchKG .
Bei der Schätzung des Pfandausfalls, um den sich der Gesamtbetrag der für die Berechnung des Summenmehrs in Betracht fallenden Forderungen erhöht, ist nicht auf den sogenannten Fortführungswert, sondern auf den Verkehrswert der Pfandgegenstände abzustellen, d.h. auf den Wert, der bei einer Veräusserung dieser Gegenstände mutmasslich erzielt werden kann.

Sachverhalt ab Seite 40

BGE 107 III 40 S. 40
Der im Konkurs befindliche Walter Schuler unterbreitete seinen Gläubigern am 11. September 1979 einen Entwurf für einen Nachlassvertrag. Mit Entscheid vom 3. Juli 1980 verwarf das Bezirksgericht Hinwil diesen Vertrag. Das Obergericht des
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Kantons Zürich wies am 23. September 1980 einen Rekurs des Schuldners gegen den Entscheid des Bezirksgerichts ab. Dabei prüfte es unter anderem die Frage, ob infolge ungenügender Deckung der pfandgesicherten Forderung mit einem Pfandausfall zu rechnen sei, um welchen sich nach Art. 305 Abs. 2 SchKG der Gesamtbetrag der für die Berechnung des Summenmehrs in Betracht fallenden Forderungen erhöht. Es gelangte zur Bejahung dieser Frage, wobei es insbesondere der Auffassung des Schuldners entgegentrat, dass für die Beurteilung des Umfangs der Pfanddeckung auf den sogenannten Fortführungswert der Aktiven statt auf deren Verkehrswert abzustellen sei.
Gegen den Entscheid des Obergerichts führt der Schuldner staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV .
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. ... Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht, dass die qualifizierte Summenmehrheit für den von ihm vorgeschlagenen Nachlassvertrag nicht erreicht ist, wenn die Aktiven nicht aufgrund ihres sogenannten Fortführungswertes, sondern, wie es das Obergericht als richtig erachtet hat, nach ihrem Verkehrswert bewertet werden. Diesfalls ist für die pfandgesicherte Forderung des Schweizerischen Bankvereins mit einem entsprechend grossen Pfandausfall zu rechnen. Nach Art. 305 Abs. 2 (letzter Satzteil) SchKG zählen pfandversicherte Forderungen bei der Berechnung des für die Ermittlung der qualifizierten Summenmehrheit massgebenden Gesamtforderungsbetrages (nur) zu demjenigen Betrage mit, welcher nach der Schätzung des Sachwalters - an dessen Stelle tritt beim Nachlassvertrag im Konkurs die Konkursverwaltung ( Art. 317 Abs. 2 SchKG ) - ungedeckt ist. Der ungedeckte Forderungsbetrag wäre hier, wenn nicht vom sogenannten Fortführungswert der Pfandgegenstände ausgegangen wird, unbestrittenermassen so hoch, dass die gesetzliche Mehrheit von zwei Dritteln des gesamten Forderungsbetrages, wie auch immer gerechnet würde, keinesfalls erreicht wäre. Entscheidend ist somit, ob das Obergericht, wie der Beschwerdeführer geltend macht, in Willkür verfiel, indem es bei der Bewertung der Aktiven nicht deren Fortführungswert, sondern den Verkehrswert als massgebend
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betrachtete. Diese Frage ist im folgenden näher zu prüfen.

3. Der Beschwerdeführer beruft sich für seine Auffassung, dass allein der Fortführungswert massgebend sein könne, auf FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Band II, S. 320 (insbes. Fussnote 411), sowie auf HILDEBRANDT/GLARNER, Leitfaden zum Gebrauch für Sachwalter in gerichtlichen Nachlassvertragsverfahren, S. 18. Mit Zitaten aus den angeführten Werken versucht er zu belegen, dass die Bewertung der Aktiven nach einem andern Massstab geradezu willkürlich sei.
Zwingende rechtliche Gründe sprechen indessen für die Schätzung der Pfandgegenstände zu ihrem Verkehrswert, d.h. zu demjenigen Wert, der sich bei einer Veräusserung dieser Gegenstände nach der Marktlage mutmasslich erzielen lässt ( BGE 49 III 111 ). Das Pfandrecht verleiht dem Gläubiger den Anspruch, den Pfandgegenstand zur Sicherung der Erfüllung einer bestimmten Forderung verwerten zu lassen (OFTINGER, Das Fahrnispfand, N. 22 des Systematischen Teils). In welchem Umfang ein Pfand für die dadurch gesicherte Forderung Deckung bietet, kann somit zum voraus nur durch Schätzung des mutmasslichen Verwertungserlöses ermittelt werden. Das Abstellen auf den Fortführungswert, d.h. den Wert, den der Pfandgegenstand für den Pfandeigentümer hat, falls dieser ihn weiter benützen kann, steht im Widerspruch zum Wesen des Pfandrechts. Es trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass das Pfand dazu dient, bei Nichtbezahlung der Pfandforderung verwertet zu werden, worauf es dem Pfandeigentümer nicht mehr zur Benützung zur Verfügung steht.
Eine andere Betrachtungsweise hat auch im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Nachlassvertrages keinen Platz. Nach Art. 311 SchKG ist der bestätigte Nachlassvertrag für alle Gläubiger rechtsverbindlich, ausgenommen die Pfandgläubiger für den durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrag. Für die pfandgesicherten Forderungen kann somit auch nach dem Zustandekommen eines Nachlassvertrags ungehindert Betreibung auf Pfandverwertung durchgeführt werden ( BGE 84 III 105 ff., BGE 59 III 197 ff.). Die einzige zeitliche Beschränkung der Pfandverwertung ist in Art. 301a SchKG vorgesehen (Möglichkeit der Nachlassbehörde, die Pfandverwertung auf höchstens ein Jahr nach Bestätigung des Nachlassvertrages einzustellen). Diese Bestimmung gilt indessen, wie aufgrund der Verweisung in
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Art. 317 SchKG geschlossen werden muss, gerade nicht für den Nachlassvertrag im Konkurs. Können die Pfandgläubiger aber ungeachtet der Bestätigung eines Nachlassvertrages die Verwertung der Pfänder herbeiführen, ergibt sich daraus zwingend, dass bei der Schätzung des Wertes eines Pfandes zum Zwecke der Ermittlung des Deckungsumfanges gemäss Art. 305 Abs. 2 SchKG auf jenen Wert abgestellt werden muss, der im Falle der Pfandverwertung voraussichtlich realisiert werden kann. Das Obergericht ist deshalb mit Recht der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gefolgt und hat bei der Beurteilung der Frage, mit welchem Pfandausfall hinsichtlich der Forderung des Schweizerischen Bankvereins gerechnet werden muss, nicht auf den Fortführungswert abgestellt.
Die vom Beschwerdeführer angeführten Zitate aus den Arbeiten von FRITZSCHE sowie HILDEBRANDT/GLARNER können nicht zu einer andern Beurteilung führen. Sie beziehen sich bei genauerer Betrachtung auf die Bewertung der Aktiven in Fällen, wo diese nicht liquidiert, sondern dem Schuldner zur Fortsetzung des Unternehmens erhalten werden sollen. Diese Voraussetzung trifft jedoch für Pfandgegenstände aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu. Für die Ermittlung des mutmasslichen Pfandausfalls können die betreffenden Ausführungen daher nicht massgebend sein.

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