Urteilskopf
107 IV 1
1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. April 1981 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 2 Abs. 1 StGB
, zeitliche Geltung des Gesetzes.
Zur Tatverübung gehört ausser der Vollendung auch die Beendigung des Deliktes.
Aus den Erwägungen:
9.
Nach dem vorinstanzlichen Schuldbefund hat B. von K. Fr. 77'200.- durch Betrug bzw. Urkundenfälschung und von D. Fr. 29'000.- durch Nötigung erlangt. Das Obergericht hat den Beschwerdeführer, da diese Beträge nicht aus seinem Vermögen ausgeschieden werden könnten, zu einer entsprechenden Ersatzleistung an den Staat gemäss
Art. 58 Abs. 4 StGB
, d.h. zur Bezahlung von Fr. 98'400.- (= Fr. 106'400.- abzüglich der bereits im kantonalen Verfahren gemäss § 119 Abs. 1 LU/StPO zur Deckung der Gerichtskosten beschlagnahmten Fr. 8'000.-)verurteilt. Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe den revidierten
Art. 58 StGB
, der die Einziehung zur Beseitigung eines unrechtmässigen Vorteils zulasse, nicht anwenden dürfen, weil die genannte Bestimmung erst am 1. Januar 1975 in Kraft getreten sei, die "Defraudationsverträge" mit K. und D. aber zuvor abgeschlossen worden seien.
Auf den Abschluss dieser Verträge kommt es nicht an, denn der Betrug zum Nachteil des K. bzw. die Nötigung des D. ist nicht durch jene Vertragsabschlüsse begangen worden. Die tatbestandsmässige Wirkung der Nötigung nach
Art. 181 StGB
("etwas zu tun") ist erst dadurch eingetreten, dass D. dem Beschwerdeführer Fr. 29'200.- bezahlt hat. Das aber ist nach dem 1. Januar 1975 geschehen (Quittung des B. vom 28.4.1976). Im Fall K. wurden die 24 Blankowechsel, welche der Beschwerdeführer ertrog, zwar vom Geschädigten als Akzeptant am 28. Juli 1974 unterzeichnet und daraufhin B. übergeben, womit der Betrug an sich vollendet war. Indessen war der Schaden nur formellrechtlich eingetreten. Faktisch geschädigt wurde K. erst, als B. einen Teil der Wechsel zum Inkasso bei Banken präsentierte und ihm diese zu Lasten des Akzeptanten insgesamt Fr. 77'200.- ausbezahlten. Erst dadurch wurde der Betrug beendet, d.h. nach Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale das verwirklicht, was der Täter nach
Art. 148 StGB
beabsichtigt hat (
BGE 99 IV 124
). Diese Beendigungshandlungen lassen sich wie nach Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 Abs. StGB, so auch nach
Art. 2 Abs. 1 StGB
in den Begriff der Tatverübung einbeziehen, ohne dass dadurch gegen den Sinn des Gesetzes verstossen würde. Da aber B. 18 der von K. erlangten Wechsel nicht sogleich, sondern erst im Jahre 1975 zum Inkasso präsentierte, verstiess die Vorinstanz nicht gegen
Art. 58 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 StGB
, wenn sie bezüglich der mittels der ertrogenen Wechsel erlangten Vermögensvorteile nach jenen Bestimmungen verfuhr.
Was im übrigen die Einziehung der acht noch bei B. vorgefundenen unbenutzten Wechsel betraf, so hätte diese auch schon unter der Herrschaft des alten
Art. 58 StGB
stattfinden können.
Die dem Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren abgenommenen Fr. 8'000.- schliesslich wurden, wie sich unmissverständlich aus den Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils ergibt, das vom Obergericht insoweit mangels begründeter Anfechtung ohne weiteres bestätigt wurde (Urteil S. 19), in Anwendung von § 119 LU/StPO zum Zweck der Deckung von Verfahrenskosten beschlagnahmt.
Art. 58 StGB
kam hier nicht zum Zuge. Die Anwendung kantonalen Rechts aber entzieht sich der Überprüfung durch das Bundesgericht im Verfahren auf Nichtigkeitsbeschwerde (
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
).