Urteilskopf
107 IV 128
35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. August 1981 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 251, 253 StGB
. Realkonkurrenz?
Wer eine wahrheitswidrige Bescheinigung der Depositenstelle erwirkt, wonach das einbezahlte Kapital der Aktiengesellschaft nach dem Eintrag im Handelsregister zur freien Verfügung steht, und diese inhaltlich unwahre Urkunde dann zur Täuschung im Sinne von
Art. 253 StGB
verwendet, erfüllt die Tatbestände von
Art. 251 und 253 StGB
in Realkonkurrenz.
Aus den Erwägungen:
3.
b) Das Obergericht hat in allen diesen Fällen, die der Wahrheit nicht entsprechende Bescheinigung der Depositenstelle, das Kapital stehe der Aktiengesellschaft nach dem Eintrag im Handelsregister zur freien Verfügung, als Falschbeurkundung im
BGE 107 IV 128 S. 129
Sinne von
Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
(- "eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden lässt" -) qualifiziert und zudem das nachfolgende Erstellenlassen von Gründungsurkunden und Handelsregistereinträgen (öffentlicher Urkunden) gemäss
Art. 253 StGB
als Erschleichen einer Falschbeurkundung erfasst. In der Nichtigkeitsbeschwerde wird bestritten, dass Konkurrenz zwischen diesen beiden Tatbeständen anzunehmen sei, Art. 253 sei im Verhältnis zu
Art. 251 StGB
die allein anzuwendende Spezialnorm, bei der vorangehenden Beurkundung der Einzahlungsbestätigung handle es sich um eine straflose Vortat.
Dieser Einwand ist unzutreffend. Wie der Kassationshof bereits in
BGE 81 IV 248
entschieden hat, wird durch
Art. 253 StGB
die vorangehende Erstellung einer inhaltlich unwahren Urkunde, welche dann zur Erschleichung der falschen Beurkundung verwendet wird, nicht miterfasst. Die Täuschung des Beamten im Sinne von
Art. 253 StGB
muss nicht notwendigerweise mit einer inhaltlich unwahren Urkunde erfolgen. Geht aber eine gewöhnliche Falschbeurkundung voraus, so besteht kein sachlicher Grund, Art. 251 nicht in Konkurrenz zu Art. 253 ebenfalls anzuwenden. Dass im Falle der Scheineinzahlung des Aktienkapitals Gründungsurkunde und Handelsregistereintrag sich ohne inhaltlich unwahre Einzahlungsbestätitung kaum erreichen lassen, spricht nicht gegen die Zulässigkeit der Konkurrenz von
Art. 251 Ziff. 1 und
Art. 253 StGB
. Die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf das Lehrbuch von STRATENWERTH beruht auf einem Irrtum: STRATENWERTH behandelt an der zitierten Stelle (Besonderer Teil II S. 199) nicht die Frage, ob eine vorangehende, die Täuschung des Beamten vorbereitende Falschbeurkundung eine straflose Vortat sei oder in Konkurrenz zu Art. 253 gemäss
Art. 251 Ziff. 1 StGB
geahndet werden müsse, sondern er äussert sich lediglich zur Möglichkeit einer Idealkonkurrenz zwischen mittelbarer Falschbeurkundung in einer öffentlichen Urkunde gemäss
Art. 251 Ziff. 2 StGB
und der Erschleichung einer Falschbeurkundung gemäss
Art. 253 StGB
und findet die Lösung zu Recht in der Spezialität von Art. 253, d.h. eine unter Art. 253 fallende Handlung kann nicht gleichzeitig gemäss
Art. 251 Ziff. 2 StGB
bestraft werden. Damit ist aber die hier in Frage stehende Realkonkurrenz zwischen einer vorangehenden mittelbaren Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 und der nachherigen Verwendung der inhaltlich unwahren Urkunde zur Täuschung im Sinne von
Art. 253 StGB
keineswegs ausgeschlossen.