BGE 108 IB 419 vom 25. November 1982

Datum: 25. November 1982

Artikelreferenzen:  Art. 5 VwVG , Art. 11 AngO, Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. b OG, Art. 99-102 OG, Art. 100 lit. e OG, Art. 100 lit. e Ziff. 3 OG, Art. 77 AngO

BGE referenzen:  101 IB 205, 121 II 207, 136 I 323 , 101 IB 205, 108 IB 210

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

108 Ib 419


73. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. November 1982 i.S. O. gegen Eidg. Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Dienstverhältnis des Bundespersonals: Zuweisung einer anderen Tätigkeit.
1. Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zuweisung einer anderen Tätigkeit (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 1).
2. Voraussetzungen für eine nicht strafweise Zuweisung einer andern Tätigkeit (E. 2a, 3 und 4).
3. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2b).

Sachverhalt ab Seite 420

BGE 108 Ib 419 S. 420
O. trat am 1. Dezember 1976 in den Dienst der Kriegsmaterialverwaltung (KMV), Abteilung Elektronikbetriebe ein. Er wurde auf den 1. Juni 1977 zum ständigen Angestellten ernannt und in die 5. Besoldungsklasse eingereiht. Im März 1978 wurde er der Gruppe für Rüstungsdienste (GRD), Dienst für Systemanalyse (DSA), zugeteilt, verblieb jedoch im Bestand der KMV. Wegen Sachzwängen, die sich aus dem Personalstopp ergaben, kamen die KMV und die GRD im Verlaufe des Jahres 1980 überein, O. endgültig in die GRD zu versetzen. Bei dieser Gelegenheit wurde sein Pflichtenheft angepasst. Da O. sich dieser Versetzung widersetzte und mit ihm keine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte, verfügte das Eidg. Militärdepartement (EMD) am 12. Juni 1981, dass er mit Wirkung ab 1. August 1981 aus dienstlichen Gründen in die GRD, Abteilung DSA, versetzt werde.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügt O. Missbrauch und Überschreiten des Ermessens sowie eine falsche Anwendung der Angestelltenordnung. Er bestreitet die Voraussetzungen für seine Versetzung. Diese sei weder von seiner beruflichen Ausbildung und Qualifikation, noch vom Bedürfnis der Verwaltung, das Personal rationell einzusetzen, gerechtfertigt. Im weiteren rügt er eine Anzahl Aktenwidrigkeiten, ohne aber zu sagen, inwiefern diese eine Verletzung von Bundesrecht oder eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zur Folge haben. Diese Rügen fallen vielmehr zusammen mit der Rüge der falschen Anwendung der Angestelltenordnung im konkreten Fall.
Das EMD schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der angefochtene Entscheid des EMD ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG . Gegen solche von einem Departement des Bundesrates getroffene Verfügungen ist nach Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. b OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, es sei denn, dass ein Ausschlussgrund gemäss Art. 99-102 OG vorläge. Das trifft hier nicht zu, liegt doch keine Ausnahme vor, die Art. 100 lit. e OG auf dem Gebiete des Dienstverhältnisses von Bundespersonal vorsieht. Namentlich ist der Ausschlussgrund von Art. 100 lit. e Ziff. 3 OG nicht gegeben, denn die Verpflichtung, sich einer Versetzung zu unterziehen, wurde beim Beschwerdeführer nicht ausdrücklich in die Anstellungsbedingungen aufgenommen ( BGE 101 Ib 205 ), noch ergibt sich diese Verpflichtung
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aus der Natur des vorliegenden Anstellungsverhältnisses.

2. a) Die nicht strafweise Versetzung im Amte und die Zuweisung einer anderen Tätigkeit wird für die Angestellten des Bundes in Art. 11 der Angestelltenordnung (SR 172.221.104; AngO) geregelt. Diese Bestimmung entspricht Art. 9 des Beamtengesetzes. Art. 11 AngO bestimmt:
"Der Angestellte kann jederzeit an einen andern Dienstort versetzt
oder es kann ihm eine seinen Fähigkeiten entsprechende andere Tätigkeit
zugewiesen werden, wenn es der Dienst oder die wirtschaftliche Verwendung
der Arbeitskräfte erfordert."
Aus dieser Bestimmung ist zu schliessen, dass eine Versetzung nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie einerseits entweder aus dienstlichen oder aus Gründen des rationellen Einsatzes des Personals notwendig ist und wenn andererseits die neu zugewiesene Tätigkeit, welche die Versetzung mit sich bringt, den Fähigkeiten des Angestellten entspricht (vgl. VPB 1970-71, Heft 35, Nr. 22, S. 69). Die nicht strafweise Versetzung darf zudem nicht eine Disziplinarmassnahme verbergen, weil man die Unannehmlichkeiten eines Disziplinarverfahrens umgehen will (VPB 1970-71 a.a.O.). Schliesslich wäre eine Versetzung auch unzulässig, wenn sie gegen verfassungs- oder gesetzesmässig geschützte Persönlichkeitsrechte verstiesse, einschliesslich des Rechts auf Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft.
b) Ob die Voraussetzungen für eine Versetzung gegeben sind, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, denn es handelt sich um Begriffe des Bundesrechts. Allerdings geht es um unbestimmte Rechtsbegriffe wie Eignung des Beamten oder Bedürfnis der Verwaltung, welche schwer überprüfbar sind. Zur Würdigung von Leistung und gesamten Verhalten eines Beamten wie auch seines wirtschaftlich besten Einsatzes sind am besten die Vorgesetzten imstande. Die Behörde ist verantwortlich für ein möglichst reibungsloses Funktionieren der Verwaltung und für den bestmöglichsten Einsatz des Personals. Ihrem Ermessen ist es deshalb zu überlassen, ob eine Versetzung angezeigt ist. Sie hat aber ihr Ermessen wie in jedem anderen Bereich pflichtgemäss auszuüben. Das Bundesgericht überprüft, ob die Verwaltungsbehörde das ihr von der AngO eingeräumte und von der Natur der Sache zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht habe. Es auferlegt sich dabei grosse Zurückhaltung, weil es nicht das Ermessen der Verwaltung durch sein eigenes ersetzen kann. Nur sachlich nicht
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haltbare, willkürliche Versetzungen und solche, die gegen Grundrechte des Persönlichkeitsschutzes verstossen, sind im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren aufzuheben (vgl. auch BGE 108 Ib 210 ).

3. a) Der Beschwerdeführer beklagt sich nicht so sehr darüber, dass er die Fähigkeiten für den neuen Posten nicht besitze, als vielmehr darüber, dass er sich in Zukunft an ein Pflichtenheft halten soll, welches seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung zu wenig Rechnung trage. So habe er sich bis jetzt vornehmlich mit mathematischen Logistikmodellen befasst und sich auf diesem Gebiet einige Erfahrung angeeignet, was er nach dem neuen Pflichtenheft nicht genügend zur Geltung bringen könne. Auf der anderen Seite sei er für die neu zugewiesenen Aufgaben, insbesondere physikalisch-ballistische Tätigkeit, nicht ausgebildet. Insgesamt würden die Anforderungen des neuen Pflichtenhefts bedeutend unter seinen Fähigkeiten liegen. Das EMD bestreitet diese Darstellung. Das neue Pflichtenheft sehe zu 75% eine Beschäftigung mit mathematischen Modellen, aufgeteilt in mathematische Logistikmodelle (30%) und übrige mathematische Modelle (45%), vor. Physikalisch-ballistische Tätigkeiten seien nicht vorgesehen.
b) Der Angestellte hat nach dem klaren Wortlaut von Art. 11 AngO bei einer nicht strafweisen Versetzung Anrecht auf die Zuweisung einer "seinen Fähigkeiten entsprechenden anderen Tätigkeit". Er muss es sich demnach nicht gefallen lassen, dass er von einer Stelle, für die er sich aufgrund seiner Fähigkeiten beworben hatte und für die er nach Bestehen der Probezeit als geeignet angestellt worden war, an eine andere versetzt wird, wo er eine grundlegend andere Tätigkeit, welche eine andere Eignung bedingt, ausüben muss.
Dies trifft aber im Falle des Beschwerdeführers nicht zu. Dieser ist Inhaber eines Abschlusses in "Statistics and Computing" des "Polytechnic of North London", der laut BIGA in der Schweiz dem HTL-Diplom gleichzustellen ist. Das EMD schreibt in seiner Replik zu Recht, dass es keine erhebliche Änderung des Pflichtenheftes bedeute, wenn der Beschwerdeführer am bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr ausschliesslich mit Logistikprogrammen, sondern auch mit anderen, teils einfachen, teils komplizierten Programmen, betraut werde. Eine Verletzung des pflichtgemässen Ermessens, weil die beruflichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers zu wenig berücksichtigt worden seien, kann darin jedenfalls nicht gesehen werden.
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c) Auch die Rüge, er werde durch diese Versetzung sozial degradiert, weil er administrativ nicht mehr unmittelbar dem Dienstchef, sondern einem wissenschaftlichen Adjunkten unterstehe, ist unbegründet. Diese Rüge betrifft eine Frage der internen Organisation der Verwaltung, aus welcher der Beschwerdeführer kein Hindernis für eine Versetzung im Sinne einer nicht seinen Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit gemäss Art. 11 AngO abzuleiten vermag. Zwar hat das Bundesgericht in einem Entscheid vom 14. Juli 1932 i.S. G. (ZBl 33, S. 495), welcher vom Beschwerdeführer zitiert wird, entschieden, dass bei einer Versetzung Rücksicht zu nehmen sei auf die Art der Tätigkeit und deren soziale Wertung. Es kann aber offen bleiben, wie weit aus diesem Entscheid Parallelen zum Fall des Beschwerdeführers gezogen werden können (G. wurde vom Posten eines Bereiteraspiranten zu jenem eines Pferdepflegers versetzt) und wie weit an diesem Entscheid heute noch festzuhalten wäre. Der Beschwerdeführer erfährt gar keine soziale Schlechterstellung. Er wurde als Berater des Chefs der Abteilung Elektronikbetriebe bei der KMV auf dem Gebiete der Logistikmodelle abgelöst und zum mathematischen Sachbearbeiter der gleichrangigen Abteilung DSA bei der GRD ernannt. Besoldungseinreihung und Stellenbezeichnung (technischer Beamter) bleiben gleich, und es ist nicht ersichtlich, worin eine soziale Herabsetzung bestehen sollte.

4. Der Beschwerdeführer rügt weiter, seine Versetzung entspreche weder einem dienstlichen Erfordernis, noch sei sie der wirtschaftlichen Verwendung der Arbeitskräfte zuträglich. Was er diesbezüglich vorbringt, vermag aber nicht durchzuschlagen. Die Verwaltungsbehörden sind verantwortlich für das gute Funktionieren ihrer Verwaltungszweige. Ihnen obliegt es, die vorhandenen Arbeitskräfte rationell einzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass sie beim geltenden Personalstopp die Wünsche der Mitarbeiter nur beschränkt berücksichtigen können. Es kann nicht Sinn des Beschwerdeverfahrens sein, in die Verwaltungsorganisation einzugreifen und die grösstmögliche Wirkung eines Mitarbeiter zu untersuchen. Dazu ist die Verwaltung viel besser imstande, gilt es doch nebst den beruflichen Fähigkeiten eines Mitarbeiters auch dessen charakterliche Eigenschaften, sein Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Untergebenen, sein Initiativvermögen, seine Zuverlässigkeit und so weiter zu berücksichtigen. Eine Versetzung kann auch notwendig sein aus Gründen, die von der Person des Betroffenen unabhängig sind, aber sich beispielsweise aus Gründen
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der Prioritätensetzung aufdrängt. Eine Versetzung wäre nur dann aufzuheben, wenn kein vernünftiger Grund sie als notwendig erscheinen liesse. Dies behauptet aber der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Was er bezüglich der Anstellung des P. und der Wiederbesetzung der seit dem Abgang von Q. nicht besetzten Stelle vorbringt, betrifft Organisationsfragen, in die das Bundesgericht eben gerade nicht eingreift.
Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, seine Versetzung verberge in Wirklichkeit eine Umgestaltung des Dienstverhältnisses gemäss Art. 77 AngO . Da er aber diese Rüge nicht weiter begründet und sich für seine Behauptung auch in den Akten keine Anhaltspunkte ergeben, ist auch diese Rüge als unbegründet abzuweisen.

5. Nach ständiger Praxis erhebt das Bundesgericht in Beamtensachen keine Kosten.

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