BGE 109 IB 190 vom 18. November 1983

Datum: 18. November 1983

Artikelreferenzen:  Art. 35 ZG, Art. 40 ZG, Art. 125 ZG, Art. 126 ZG, Art. 63 OR, Art. 68 ZV , Art. 125 Abs. 2 ZG, Art. 35 Abs. 2 ZG, Art. 40 Abs. 1 ZG, Art. 125 Abs. 1 ZG, Art. 109 Abs. 2 ZG, Art. 150 Abs. 1 ZV, Art. 150 Abs. 2 ZV, Art. 31 Abs. 1 ZG, Art. 150 ZV, Art. 114 Abs. 2 OG, Art. 156 OG, Art. 159 OG

BGE referenzen:  106 IB 220

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

109 Ib 190


32. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. November 1983 i.S. Dachser Spedition AG gegen Eidg. Zollverwaltung und Eidg. Zollrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Art. 125 Abs. 2 ZG .
Gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG ist Voraussetzung der Rückforderung einer bezahlten Zollabgabe allein die Tatsache, dass die Abgabe ganz oder teilweise nicht geschuldet ist. Unter dieser Voraussetzung kann der zuviel bezahlte Betrag innert 60 Tagen seit der Zollabfertigung auf dem Beschwerdeweg zurückverlangt werden, sofern der Nachweis erbracht wird, dass die eingeführte Ware der streitigen Abgabe nicht unterliegt.

Sachverhalt ab Seite 190

BGE 109 Ib 190 S. 190
Die Dachser Spedition AG ersuchte mit Schreiben vom 1. März 1978 um Rückerstattung des Zollzuschlages für fünf Sendungen Schmelzkäse, welche sie anfangs Januar 1978 eingeführt hatte. Sie legte entsprechende Ausfuhrbescheinigungen bei. Die Zollbehörden lehnten diese Rückerstattung im wesentlichen mit der Begründung ab, dass die für die Befreiung vom Zollzuschlag massgebenden Ausfuhrbescheinigungen bei der definitiven Verzollung nicht vorgelegt worden seien. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Zollzahlungspflichtigen gut, aus folgenden
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Erwägungen

Erwägungen:

1. Die Beschwerdeführerin verlangt die Rückerstattung des Zollzuschlages von insgesamt Fr. 28'664.40, den sie für die fünf Sendungen Schmelzkäse, welche sie zwischen dem 4. Januar und dem 15. Februar 1978 einführte, entrichtet hat.
a) Die Rückerstattung und Rückforderung nicht geschuldeter Zollzahlungen werden in Art. 125 ZG geregelt. Nach Art. 125 Abs. 1 ZG ist der zuviel bezahlte Zollbetrag von Amtes wegen zurückzuerstatten, wenn bei der amtlichen Nachprüfung der Zollabfertigungen Unrichtigkeiten festgestellt werden, die eine Zollzahlung als ganz oder teilweise nicht geschuldet erscheinen lassen. Art. 125 Abs. 2 ZG bestimmt:
"Die Rückforderung einer Abgabe durch den Zollpflichtigen kann, soweit es sich nicht um die in den Artikeln 16 und 18 vorgesehene Rückvergütung handelt, nur im Wege der Beschwerde gegen die Festsetzung der Abgabe erfolgen. Stützt sich die Rückforderung auf einen Rechnungsfehler, so beträgt die Rückforderungsfrist ein Jahr."
Die Frist für die erste Beschwerde gegen die Zollabfertigung beträgt 60 Tage und läuft von der Zollabfertigung an ( Art. 109 Abs. 2 ZG ). Die Rückforderung einer ganz oder teilweise nicht geschuldeten Abgabe hat demgemäss binnen 60 Tagen zu erfolgen, wobei in der Beschwerde Zeit, Grund und Betrag der geleisteten Zahlung genau anzugeben und die bei der Bezahlung erhaltenen amtlichen Ausweise beizulegen sind ( Art. 150 Abs. 1 ZV ). Bei der Gutheissung der Beschwerde wird dem Berechtigten der zuviel bezahlte Betrag von Amtes wegen zugesandt ( Art. 150 Abs. 2 ZV ).
b) Art. 125 Abs. 2 ZG beruht auf dem nämlichen Gedanken, der auch der zivilrechtlichen Bereicherungsklage wegen Bezahlung einer Nichtschuld ( Art. 63 OR ) zugrundeliegt. Im Unterschied zur zivilrechtlichen Rückforderungsklage verlangt Art. 125 ZG jedoch keinen Irrtum seitens des Rückforderungsberechtigten. Voraussetzung der Rückerstattung ist allein die Tatsache, dass eine bezahlte Abgabe ganz oder teilweise nicht geschuldet ist (vgl. BLUMENSTEIN, Grundzüge des schweizerischen Zollrechts, Bern 1931, S. 43). Unter dieser Voraussetzung kann der zuviel bezahlte Betrag innert 60 Tagen seit der Zollabfertigung im Wege der Beschwerde zurückverlangt werden. Aus einer beiläufigen Bemerkung in einem früheren Urteil könnte zwar geschlossen werden, die Rückerstattung gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG setze entsprechend der zivilrechtlichen
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Bereicherungsklage einen Irrtum des Zollzahlungspflichtigen voraus (vgl. BGE 106 Ib 220 E. 2b). Das Bundesgericht hatte im erwähnten Entscheid die Tragweite von Art. 126 ZG - nicht von Art. 125 ZG - zu beurteilen; im Gegensatz zu Art. 125 setzt aber die Nachforderung zu Lasten des Zollpflichtigen gemäss Art. 126 ZG ausdrücklich einen Irrtum der Zollverwaltung voraus. Soweit aus diesem Präjudiz auf eine andere Auslegung von Art. 125 ZG geschlossen werden könnte, ist daran nicht festzuhalten.
c) Die Vorinstanz leitet aus Art. 31 Abs. 1 ZG in Verbindung mit Art. 35 Abs. 2 ZG ab, dass Ausfuhrbescheinigungen, welche den Anspruch auf Ermässigung der Zollabgabe belegen, mit dem Abfertigungsantrag vorzulegen sind und dass der Aussteller der Deklaration deren Verbindlichkeit gegen sich gelten lassen muss, sofern er nicht gemäss Art. 40 Abs. 1 ZG in Verbindung mit Art. 68 ZV die provisorische Verzollung beantragt hat. Nach Art. 40 Abs. 1 ZG werden zur Überführung in den freien Verkehr bestimmte ausländische Waren provisorisch verzollt, wenn deren endgültige Abfertigung im Zeitpunkt der Anmeldung zur Einfuhr nicht tunlich erscheint. Es ist zwar nicht ausgeschlossen und wird in der Regel zweckmässig sein, eine provisorische Abfertigung vorzunehmen, wenn der Zollpflichtige Bescheinigungen nicht vorlegen kann, welche eine Reduktion der Abgaben belegen sollen. Diese Möglichkeit der provisorischen Verzollung schliesst indessen die Rückforderungsklage gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG nicht aus. Die Rückerstattung zuviel bezahlter Abgaben nach Art. 125 ZG setzt im Gegenteil die definitive Bezahlung (nicht die blosse Sicherstellung) der Abgaben und damit die definitive Abfertigung voraus. Die Verbindlichkeit der Deklaration für den Aussteller im Sinne von Art. 35 Abs. 2 ZG bedeutet entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht, dass eine Rückforderung auf dem Beschwerdeweg und innerhalb der Beschwerdefrist ausgeschlossen wäre.
d) Dass die Rückerstattung zuviel bezahlter Zollabgaben gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG grundsätzlich zulässig ist, wenn nach der Abfertigung und innerhalb der Beschwerdefrist Belege über die Befreiung von Zollzuschlägen eingereicht werden, bedeutet freilich nicht, dass die Zollbehörden die entsprechenden Beträge aufgrund solcher Belege ohne weiteres auszahlen müssten. Der Zollpflichtige hat den Beweis dafür zu erbringen, dass bei der Abfertigung ein zu hoher Abgabebetrag bezahlt worden ist. Sofern er diese Tatsache durch nachträglich eingereichte Belege nicht mit hinreichender Sicherheit nachweisen kann - weil etwa eine Kontrolle der
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eingeführten Ware nicht mehr möglich ist - ist die Rückerstattung zu verweigern. Soweit der Zollpflichtige im übrigen die Möglichkeit gehabt hätte, entsprechende Belege bereits bei der Abfertigung beizubringen, kann dieser Umstand auch für die Kostenfolge berücksichtigt werden.
e) Die Beschwerdeführerin hat am 1. März 1978, innerhalb der Beschwerdefrist, den Zollbehörden Ausfuhrbescheinigungen vorgelegt, welche für ihre fünf Importe von Schmelzkäse die Befreiung vom Zollzuschlag belegen sollen. Die Zollbehörden hätten gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG in Verbindung mit Art. 150 ZV prüfen müssen, ob damit der Beweis erbracht ist, dass diese Zollzuschläge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beschwerde ist in diesem Sinne gutzuheissen und die Akten sind gemäss Art. 114 Abs. 2 OG an die Oberzolldirektion zurückzuweisen.

2. Da die Beschwerde gutzuheissen ist, hat die Beschwerdegegnerin gemäss Art. 156 OG die Verfahrenskosten zu tragen und die durch einen Anwalt vertretene Beschwerdeführerin gemäss Art. 159 OG zu entschädigen.

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