BGE 112 IB 317 vom 26. März 1986

Datum: 26. März 1986

Artikelreferenzen:  Art. 24 BV , Art. 26bis FPolV, Art. 26bis Abs. 3 FPolV, Art. 26bis Abs. 1-3 FPolV, Art. 26bis Abs. 1 und 2 FPolV, Art. 33 ff. FPolG

BGE referenzen:  106 IB 57 , 106 IB 57, 97 I 805, 102 IA 14

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

112 Ib 317


50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. März 1986 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Art. 26bis FPolV . Ersatzabgabe.
Art. 26bis FPolV ist nicht als abschliessend zu verstehen. Die Vorschrift steht der bernischen Regelung, wonach bei einer nicht in der gleichen Gegend vorgenommenen Ersatzaufforstung eine Abgabe in der Höhe des eingesparten Betrags zu entrichten ist, nicht entgegen.

Erwägungen ab Seite 317

BGE 112 Ib 317 S. 317
Aus den Erwägungen:

2. a) Art. 26bis Abs. 3 FPolV gibt den Kantonen die Befugnis, ausnahmsweise anstelle des Realersatzes, der durch eine
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flächengleiche Neuaufforstung in derselben Gegend zu leisten wäre (Abs. 1) und die Landbeschaffung, die Anpflanzung, die allenfalls dafür erforderliche Erschliessung sowie alle für die dauernde rechtliche und tatsächliche Sicherung der Aufforstung nötigen Massnahmen umfasst (Abs. 2), einen entsprechenden Geldbetrag zu erheben. Die Kantone übernehmen damit die Pflicht zur Aufforstung binnen kurzer Zeit. Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz liegen im vorliegenden Fall Rodungsgebiet und Aufforstungsgebiet nicht in derselben Gegend. Der Kanton Bern hat die Aufforstungspflicht bei der Beschwerdeführerin belassen, ihr aber in Anwendung von Art. 18 Abs. 2 des Gesetzes über das Forstwesen des Kantons Bern vom 1. Juli 1973 (FoG) eine Abgabe für die Kosteneinsparung auferlegt. Die Vorschrift lautet wie folgt:
"Für jede Rodung ist in der Regel durch eine flächengleiche
Aufforstung in derselben Gegend Ersatz zu leisten. Ist dies in der
gleichen Gegend nicht möglich, so hat der Pflichtige den durch eine
kostenmässig günstigere Ersatzaufforstung eingesparten Betrag in einen
Fonds einzuzahlen. Dieser dient zur Förderung der Wohlfahrtswirkung des
Waldes und zur Finanzierung der in Artikel 54 vorgesehenen Leistungen des
Staates. Die Ersatzaufforstungspflicht obliegt dem Gesuchsteller."
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die in Art. 26bis Abs. 1-3 FPolV geregelte Pflicht zur Ersatzaufforstung sei abschliessend geregelt. Diese Vorschriften verlangten bei Rodungen entweder Realersatz (flächengleiche Neuaufforstung in derselben Gegend) oder einen Geldbetrag anstelle des Realersatzes, nicht aber einen Geldbetrag neben der Ersatzaufforstung. Art. 26bis FPolV stelle also nicht auf den durch die Wiederaufforstung verursachten Aufwand ab, um einen allfälligen Minderaufwand abzuschöpfen. Anerkenne man, dass diese Bestimmung die Pflicht zur Wiederaufforstung abschliessend ordne, so bleibe kein Raum für kantonales Recht im Sinne von Art. 18 Abs. 2 FoG, auch wenn die Ziele dieser Vorschrift jenen des Bundesrechts entsprechen sollten.
Art. 26bis Abs. 3 FPolV soll ermöglichen, in Ausnahmefällen die Beschaffung von Ersatzgrundstücken und die Wiederaufforstungsarbeiten im Sinne der Abs. 1 und 2 der Bestimmung dem Kanton zu überlassen. Der zur Rodung Befugte befreit sich in diesen Fällen von der Realersatzpflicht, indem er dem Gemeinwesen die entsprechenden Auslagen ersetzt. Es ist der Beschwerdeführerin zuzugestehen, dass diese Vorschrift auf den vorliegenden, speziell gelagerten Fall nicht ausdrücklich Bezug nimmt. Immerhin ist sie
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aber auch hiefür nicht ohne Bedeutung; es lässt sich ihr nämlich der durchaus verallgemeinerungsfähige Grundsatz entnehmen, dass eine fehlende Realersatzleistung im Sinne von Art. 26bis Abs. 1 und 2 FPolV seitens des Bewilligungsnehmers eine entsprechende Geldleistung zur Folge haben soll. Kommt der Bewilligungsnehmer der Realersatzpflicht deshalb nur ungenügend nach, weil eine Ersatzbeschaffung in derselben Gegend nicht möglich ist, drängt sich eine Abgabe für eine allfällige Kosteneinsparung auch in diesem Fall aus Gründen der Rechtsgleichheit geradezu auf. Wie das Eidgenössische Departement des Innern in seiner Vernehmlassung zutreffend ausführt, kann mit einer solchen Abgabe zudem verhindert werden, dass der Bewilligungsnehmer aus Kostenüberlegungen billiges Land mit ungünstigerem Funktionsersatz für die Wiederaufforstung zu erwerben versucht. Ob die der Beschwerdeführerin auferlegte Abgabe direkt auf Art. 26bis FPolV gestützt werden könnte oder hiefür ergänzendes kantonales Recht, wie es vom Kanton Bern erlassen worden ist, erforderlich ist, kann offengelassen werden. Wesentlich im vorliegenden Fall ist nur, dass das Bundesrecht jedenfalls einer solchen kantonalen Regelung, die den Grundsatz der Ausgleichspflicht bei fehlendem bzw. ungenügendem Realersatz in wünschenswerter Art näher präzisiert, nicht entgegensteht und insoweit nicht als abschliessend zu verstehen ist.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lässt sich aus dem von ihr zitierten BGE 106 Ib 57 ff. nichts Gegenteiliges ableiten. In diesem Urteil hat das Bundesgericht zwar die Bestimmungen von Art. 33 ff. FPolG über Teilung und Veräusserung öffentlicher Waldungen als abschliessend erachtet. Die dem Bund gemäss Art. 24 BV zustehende Oberaufsicht über die Forstpolizei und die damit verbundene Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung schliesst indessen die Befugnis der Kantone, in andern Sachgebieten ergänzende Vorschriften zu erlassen, keineswegs aus (vgl. hiezu GOTTHARD BLOETZER, Die Oberaufsicht über die Forstpolizei nach schweizerischem Bundesstaatsrecht, Diss. Zürich 1978, S. 114 ff.). Gleiche oder ähnliche kantonale Regelungen wie der Kanton Bern kennen denn auch die Kantone Jura (Art. 18 ForstG), Uri (Art. 28 ForstV) und Nidwalden (§ 27 ForstV). Zu Recht ist der Bundesrat - wie das Eidgenössische Departement des Innern in seiner Vernehmlassung ausführt - davon ausgegangen, es bestehe hier ein Freiraum des kantonalen Gesetzgebers, solange das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt und Bundesrecht nicht vereitelt werde
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(vgl. zum Verhältnismässigkeitsprinzip BGE 97 I 805 ff. E. 7 und 8; BGE 102 Ia 14 ff. E. 6); er hat die erwähnten kantonalen Regelungen vorbehaltlos genehmigt.

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