Urteilskopf
115 Ib 224
32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Januar 1989 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz, Aqua Viva, Rheinaubund, Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz gegen Engadiner Kraftwerke AG, Konzessionsgemeinden Scuol, Sent, Ramosch und Tschlin, Regierung des Kantons Graubünden, Eidgenössisches Departement des Innern sowie Bundesamt für Wasserwirtschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste
Fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung sowie Rodungsbewilligung für den Bau des Kraftwerkes Pradella, Ausnahmebewilligung nach
Art. 22 NHG
und Ersatzmassnahmen im Sinne von
Art. 18 Abs. 1ter NHG
im Falle der Rodung von Ufervegetation.
1. Die am 1. Januar 1985 mit dem USG in Kraft getretenen natur- und heimatschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich Uferbereiche (Auenvegetationen usw.) sind sowohl im Verfahren betreffend die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung als auch in demjenigen betreffend Rodungsbewilligung anzuwenden. Eine fischerei- und naturschutzrechtliche Veränderung, die eine Ufervegetation betrifft, bedarf genauso wie eine Rodung im forstpolizeilichen Sinne, die Wald mit Auencharakter betrifft, noch zusätzlich einer Ausnahmebewilligung nach
Art. 22 NHG
.
2. Die Begriffe "Wiederherstellung" und "Ersatz" im Sinne von
Art. 18 Abs. 1ter NHG
gehen weiter als derjenige der "Ersatzaufforstung" gemäss
Art. 26bis FPolV
. Im Falle der Rodung von Ufervegetation geht es nicht nur um einen flächenmässigen Ersatz derselben Art von Wald, sondern darum, die Voraussetzungen nach Raum, Wasserführung usw. zu erhalten oder neu zu schaffen. Nötig ist eine umfassende Betrachtung, in welche auch die landschaftlichen Gegebenheiten miteinzubeziehen sind.
Mit Teilurteil vom 16. September 1987 (auszugsweise veröffentlicht in ZBl 89/1988 S. 273 ff.) wies die I. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts die vom Schweizerischen Bund für Naturschutz (SBN), von der Nationalen Aktionsgemeinschaft Aqua Viva, vom Rheinaubund und von der Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit die Vereinigungen geltend gemacht hatten, die Regierung des Kantons Graubünden hätte bei der Erteilung der fischereirechtlichen Bewilligung für die Nutzung der Wasserkraft des Inns im Abschnitt zwischen Scuol/Pradella und Martina Massnahmen nach Art. 25 des Bundesgesetzes über die Fischerei (FG, SR 923.0) anordnen müssen. Diese Bewilligung war zusammen mit
BGE 115 Ib 224 S. 226
derjenigen für die Beseitigung der Ufervegetation gemäss Art. 22 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451) der Engadiner Kraftwerke AG (EKW-AG) erteilt worden, um dieser zu ermöglichen, die Wasserkraft gemäss der ihr von den Konzessionsgemeinden Scuol, Sent, Ramosch und Tschlin bereits im Jahre 1957 gewährten Konzession zu nutzen. Entsprechend der Verneinung der Anwendung von
Art. 25 FG
wurde in Ziff. 2 des Teilurteils festgehalten, bei der Anwendung des neuen Rechts, das bei der fischerei- und naturschutzrechtlichen Bewilligung zu berücksichtigen sei, seien die Schranken zu respektieren, die sich aus dem der EKW-AG im Jahre 1957 verschafften wohlerworbenen Recht ergeben.
Aus den Erwägungen des Teilurteils ergibt sich ferner, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit die Beschwerdeführer geltend machen, Art. 22 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG, SR 721.80) sei verletzt worden. Anzuwenden sind hingegen in Berücksichtigung des Vorbehaltes betreffend Respektierung des wohlerworbenen Rechts das Fischereigesetz, das Natur- und Heimatschutzgesetz, das Forstrecht sowie das Umweltschutzrecht gemäss Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 (USG, SR 814.01) und den Ausführungsverordnungen hiezu.
Für die Anwendung des Natur- und Heimatschutzrechts hält das Teilurteil fest, dass die
Art. 18 und 21 NHG
in ihrer Fassung gemäss USG zu berücksichtigen seien und dass auch die Tragweite des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), in welches ein Teil der betroffenen Innstrecke aufgenommen worden war, grundsätzlich zu beachten sei. Zur Anwendung des Umweltschutzrechts stellen die Erwägungen klar, dass das Wasserkraftwerk ein Vorhaben ist, dessen Umweltverträglichkeit zu prüfen ist. Doch ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung im formellen Sinne zu verlangen. Da das Werk bereits vor Inkrafttreten des USG geplant wurde, genügt es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wenn die vorhandenen Abklärungen materiell den Anforderungen des Gesetzes genügen. Mit dieser Regel stimmt Art. 24 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19. Oktober 1988 (UVPV, AS 1988 S. 1931 ff.) überein, die seit dem 1. Januar 1989 in Kraft ist.
Schliesslich ist im Teilurteil auch erwähnt, dass das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am 19. Mai 1987 in Anwendung
BGE 115 Ib 224 S. 227
des Bundesgesetzes betreffend die Eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG, SR 921.0) und der Ausführungsverordnung hiezu (FPolV, SR 921.01) die für den Bau der Kraftwerkanlagen erforderliche Rodungsbewilligung erteilt habe. Sie ist mit der von der Regierung des Kantons Graubünden erteilten Bewilligung für die Beseitigung der Ufervegetation in tatsächlicher Hinsicht verbunden, umfasst diese doch gemäss
Art. 21 NHG
(in der Fassung des USG) die Auenvegetation. Mit der Rodungsbewilligung wird die erforderliche Koordination mit der von der kantonalen Regierung erteilten Bewilligung sichergestellt.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 17. Juni 1987 beantragen die bereits genannten Vereinigungen mit Hinweis auf ihre gegen die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung eingereichte Beschwerde vom 17. Februar 1986, es sei auch die vom EDI erteilte Rodungsbewilligung vom 19. Mai 1987 aufzuheben.
Auszug aus den Erwägungen:
5.
c) Zur Pflicht der Ersatzaufforstung ist den Beschwerdeführern darin beizupflichten, dass die der Praxis zu
Art. 26bis FPolV
entsprechende Unterteilung der Rodungsflächen in Hochwald und Niederwald dem erweiterten Schutz von Uferbereichen, Auenvegetationen und seltenen Waldgesellschaften, welchen der Gesetzgeber bei Erlass des Umweltschutzgesetzes angeordnet hat (
Art. 66 USG
), den im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen nicht gerecht wird. Diese neuen, am 1. Januar 1985 mit dem USG in Kraft getretenen natur- und heimatschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich Uferbereiche (Auenvegetationen usw.) sind sowohl im Verfahren betreffend die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung (Regierung) als auch in demjenigen betreffend Rodungsbewilligung (EDI) anzuwenden. Eine fischerei- und naturschutzrechtlich relevante Veränderung, die eine Ufervegetation betrifft, bedarf genauso wie eine Rodung im forstpolizeilichen Sinne, die Wald mit Auencharakter betrifft, noch zusätzlich einer natur- und heimatschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung (
Art. 22 NHG
; s.
BGE 113 Ib 352
E. 6,
BGE 112 Ib 430
ff.); diese darf nur unter Beachtung der Vorschriften zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten (
Art. 18 ff. NHG
) erteilt werden. Gerade im Gebiet Strada-San Niclà geht es um Veränderungen, die teils Waldcharakter haben und teils nicht.
ca) Gemäss der bei Erlass des USG angeordneten Ergänzung und Änderung des NHG sind u.a. Uferbereiche, seltene Waldgesellschaften und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen, besonders zu schützen (
Art. 18 Abs. 1bis NHG
). Der seit jeher gegebene Schutz der Ufervegetation wurde in Übereinstimmung mit der Ergänzung von
Art. 18 NHG
durch eine umfassendere Erläuterung des Begriffs "Ufervegetation" erweitert. Diese umfasst nun ausdrücklich neben Schilf- und Binsenbeständen Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich (
Art. 21 NHG
). Soweit diese Vegetation als Wald gilt, was für den Auenwald im Uferbereich zutrifft, ist für dessen Rodung - wie erwähnt - sowohl eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach
Art. 22 NHG
als auch eine Rodungsbewilligung gemäss den forstrechtlichen Bestimmungen erforderlich. Für beide Bewilligungen ist
Art. 18 Abs. 1ter NHG
zu beachten. Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher - wie diese Vorschrift wörtlich anordnet - für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.
cb) Aus der am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Änderung und Ergänzung des NHG ergibt sich als erstes die zwingende Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der für die Bewilligungserteilung zuständigen Behörden. Aus diesem Grunde drängte die bundesgerichtliche Delegation an der Augenscheinsverhandlung vom 20. November 1986 auf den Entscheid über das von der EKW-AG gestellte Rodungsgesuch. Auch wenn Behörden verschiedener Hoheitsträger - für die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung die kantonale Regierung, für die forstrechtliche Rodungsbewilligung aufgrund des hier in Frage stehenden Ausmasses das EDI - zuständig sind, ist die Koordination der Bewilligungen unumgänglich, lässt sich doch erst aufgrund einer gesamthaften Beurteilung entscheiden, ob die Vorschrift des
Art. 18 Abs. 1ter NHG
beachtet wird. Erst gestützt auf die vom EDI am 19. Mai 1987 erteilte Rodungsbewilligung ist diese Beurteilung möglich.
cc) Soll der Bestimmung des
Art. 18 Abs. 1ter NHG
nachgekommen werden, so ist eine genaue Ermittlung der besonders geschützten Waldflächen unumgänglich. Das EDI ist nicht anderer Ansicht, doch ist es der Meinung, es habe im Rahmen des Möglichen
BGE 115 Ib 224 S. 229
mit der Anordnung der Ersatzflächen für Niederwald dem Verlust der Auenvegetation Rechnung getragen. Diese Folgerung erweckt Bedenken.
Die Beschwerdeführer möchten im Lichte der neuen Vorschriften der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung für Rodungsbewilligungen vier Waldkategorien unterscheiden. Ob sich dies aufdrängt, hat das Bundesgericht nicht zu entscheiden. Es ist Sache der Forstbehörden, eine den gesetzlichen Vorschriften gerecht werdende Praxis zu bilden. Hingegen ist eine genaue Ermittlung der besonders geschützten Waldflächen sowie die Prüfung der Frage zu verlangen, ob für deren Rodung qualitativ in derselben Gegend Realersatz beschafft werden kann. Dabei darf die Forderung nach Realersatz, der "in der Regel durch eine flächengleiche Neuaufforstung in derselben Gegend zu leisten ist" (
Art. 26bis Abs. 1 FPolV
), nicht in einem räumlich zu engen Sinne verstanden werden. Kann Auenvegetation, die gerodet werden muss, an anderer Stelle des gleichen Flusslaufes ersetzt werden, so wird der Forderung entsprochen, auch wenn zwischen der Rodungsfläche und dem neuen Standort eine mehrere Kilometer umfassende Distanz liegt, wie dies im vorliegenden Fall zwischen dem Standort Pradella und der allenfalls möglichen Ersatzbeschaffung bei Strada zutrifft. Wenn im Regelfall die Ersatzbeschaffung auf das Gebiet der betroffenen Gemeinden zu beschränken ist, steht im Falle eines Werkes, an dem mehrere Gemeinden beteiligt sind, wie dies hier zufolge der Konzessionsgewährung zutrifft, einem Ausgleich der Rodungsflächen innerhalb des Gebietes aller Gemeinden nichts entgegen. Vorausgesetzt werden muss dabei allerdings, dass der Ersatzstandort im nach natürlichen, vorab landschaftlichen Gegebenheiten gleichen Raum gewählt wird, was hier, für den Bereich Strada-San Niclà zutrifft.
Der entsprechenden Betrachtungsweise wird Ziff. 2 der Rodungsbewilligung nicht in vollem Umfange gerecht. Dies ist freilich verständlich, da sich erst im Laufe des bundesgerichtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit dem Projekt einer Umfahrungsstrasse bei Strada, welche einen weiteren Eingriff in geschützte Auenvegetation zur Folge hat, die Möglichkeit gezeigt hat, allenfalls in jenem Gebiet früher vorhandene Auenvegetation zu revitalisieren. Ob und inwieweit es eine solche Möglichkeit erlaubt, für die bei Pradella nötige Rodung von Auenvegetation Ersatz zu beschaffen, setzt eine genaue Ermittlung der in Betracht kommenden Flächen im Sinne einer Auenwaldbilanz vor und nach den
BGE 115 Ib 224 S. 230
Eingriffen voraus. Deren Erstellung wurde im bundesgerichtlichen Verfahren durch einen entsprechenden Auftrag an Dr. Peter Voser von der Fornat AG nachgeholt.
cd) Aus dem am 4. Juli 1988 eingegangenen Bericht ergibt sich, dass bei Pradella geschützter Auenwald im Ausmass von 35 774 m2 gerodet werden muss. In der Gemeinde Scuol ist bei Chanaröl eine Ersatzbeschaffung von Auenwald im Ausmass von 4183 m2 möglich. Es verbleibt ein Manko an Auenvegetation im Umfange von 31 591 m2.
Gemäss dem am 15. Juli 1988 von Dr. Peter Voser erstatteten Bericht kann dieses Manko im Gebiet von Strada ersetzt werden. Sofern sich dies aufgrund einer genauen Überprüfung als möglich erweist, so reduzieren sich die vom EDI in der Rodungsbewilligung angeordneten Ersatzaufforstungsflächen um das entsprechende Ausmass. Die bereits bezeichneten Flächen könnten als Ersatz anderer Rodungsflächen dienen, wie sie für die weiteren Projekte, welche nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bilden, benötigt werden, insbesondere die Umfahrungsstrasse von Strada und die Verlegung des bestehenden Kieswerkes von Strada, welche einen echten Gewinn für die Flusslandschaft des Inns bringen wird, falls sie - wofür gute Aussichten bestehen - realisiert werden kann. Die Regierung des Kantons Graubünden unterstützt daher in ihrer Vernehmlassung eine entsprechende Neufestsetzung der Ersatzaufforstungsflächen.
ce) Auch das EDI ist bereit, sich der dargelegten gesamthaften Betrachtung anzuschliessen, wie sich aus seiner Vernehmlassung vom 29. August 1988 ergibt. Zutreffend hält es fest, dass in jedem Fall eine solche koordinierte Lösung der Rodungsfrage für verschiedene Projekte eine Änderung der Rodungsbewilligung vom 19. Mai 1987 bedingt, sei es direkt durch einen Entscheid des Bundesgerichts, sei es in einem erneut beschwerdefähigen Departementsentscheid. Die Beschwerdeführer begrüssen ein solches Vorgehen grundsätzlich ebenfalls. Doch melden sie verschiedene Vorbehalte in bezug auf das Ausmass der Ersatzflächen bei Strada sowie hinsichtlich deren Anordnung an. Sie sind in rechtlicher Hinsicht namentlich der Ansicht, die ursprünglich bei Strada gegebene Auenvegetation sei - jedenfalls zum Teil - ohnehin wiederherzustellen. Sie berufen sich hiefür auf die am 1. Februar 1988 in Kraft getretene weitere Änderung des NHG, mit der ein umfassenderer Schutz der Biotope angeordnet wird (
Art. 18a-18d NHG
in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juni 1987).
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, das Ausmass der Ersatzflächen und deren Standort im einzelnen festzulegen. Vielmehr ist es Sache des EDI und der Regierung des Kantons Graubünden, die Rodungsbewilligung und die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen in gegenseitiger Abstimmung dahingehend zu ergänzen, dass für den Verlust der Auenvegetation besondere Massnahmen gemäss
Art. 18 Abs. 1ter NHG
angeordnet und hierüber neue beschwerdefähige Entscheide getroffen werden. Dabei wird die besondere Problematik der Ersatzmassnahmen bei Auenvegetationen mitzuberücksichtigen sein. Auenvegetationen lassen sich nicht wie normaler Wald anpflanzen. Die Begriffe "Wiederherstellung" und "Ersatz" im Sinne von
Art. 18 Abs. 1ter NHG
gehen weiter als derjenige der "Ersatzaufforstung" gemäss
Art. 26bis FPolV
. Im Falle der genannten Bestimmung des NHG geht es nicht nur um einen flächenmässigen Ersatz derselben Art von Wald, sondern darum, die Voraussetzungen nach Raum, Wasserführung usw. zu erhalten oder neu zu schaffen. Nötig ist eine umfassende Betrachtung, in welche - wie ausgeführt - auch die landschaftlichen Gegebenheiten miteinzubeziehen sind. Im Rahmen dieser gesamthaften Betrachtung wird zu berücksichtigen sein, dass der Vertreter der EKW-AG eine Auenbildung beim umgeleiteten Bach am Augenscheinsstandort 2 (Chanaröl) samt einer entsprechenden Projektänderung bereits zugesichert hat. Nebstdem wird die erforderliche gesamthafte Betrachtung ebenfalls die übrigen, das Gebiet Strada-San Niclà betreffenden Verfahren miteinbeziehen müssen, vor allem die Verfahren hinsichtlich der dort geplanten Umfahrungsstrasse, befinden sich doch in diesem Gebiet die geeigneten Standorte für Auenvegetationen. Die sachlichen Voraussetzungen für eine solche gesamthafte Lösung sind nach den Angaben der Fachleute am Augenschein vom 26. Mai 1988 erfüllt. Diese gesamthafte Lösung wird dann auch einer allfälligen Begutachtung durch die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission unterstellt werden können.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die von der Regierung des Kantons Graubünden am 16. Dezember 1985 erteilte fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung wird
BGE 115 Ib 224 S. 232
teilweise gutgeheissen. Ziff. 1 Abs. 2 der Bewilligung wird wie folgt ergänzt:
"Vorbehalten bleiben für die Beseitigung der Ufervegetation besondere Massnahmen gemäss
Art. 18 Abs. 1ter NHG
, welche von der Regierung in Abstimmung mit der vom EDI zu erteilenden Rodungsbewilligung angeordnet werden."
...
2. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die vom EDI am 19. Mai 1987 erteilte Rodungsbewilligung wird teilweise gutgeheissen, Ziff. 2 der angefochtenen Bewilligung betreffend Rodungsersatz wird aufgehoben und das Departement angewiesen, für den Verlust der Auenvegetation besondere Massnahmen gemäss
Art. 18 Abs. 1ter NHG
, welche in Abstimmung mit der von der Regierung zu ergänzenden naturschutzrechtlichen Bewilligung zu treffen sind, anzuordnen.
3. Im übrigen werden die Beschwerden im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.