Urteilskopf
115 II 193
33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Juni 1989 i.S. Burghartz Schnyder und Schnyder gegen Kanton Basel-Stadt (Berufung)
Regeste
Namensänderung (
Art. 30 ZGB
).
1.
Art. 44 lit. a OG
: Die Möglichkeit der Berufung besteht auch gegen die Verweigerung der Namensänderung aus achtenswerten Gründen im Sinne von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
(E. 1).
2. Keine rückwirkende Anwendbarkeit von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
auf Ehepaare, die bei Inkrafttreten des revidierten Eherechts bereits verheiratet waren (E. 2, 3).
3. Vereinheitlichung des Familiennamens im internationalen Verhältnis: aufgrund der konkreten Umstände als wichtiger Grund im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
anerkannt; allgemeine Voraussetzungen (E. 5).
4. Wird der bisherige Name der Ehefrau zum Familiennamen (
Art. 30 ZGB
), besteht keine entsprechende Möglichkeit des Ehemannes, seinen früheren Namen analog zu
Art. 160 Abs. 2 ZGB
und 8a SchlT voranzustellen (E. 6).
A.-
Susanna Maria Simone Burghartz, deutsche Staatsangehörige, und Albert Johann Schnyder, Bürger von Binningen und Horw, heirateten 1984 in Deutschland. Gemäss deutschem Recht bestimmten sie dabei den Namen der Frau zum Familiennamen; Albert Johann Schnyder erklärte überdies, er stelle seinen Namen dem Familiennamen voran. Hierzulande erfolgte die Eintragung in das Zivilstandsregister nach schweizerischem Recht; als Familienname wurde demnach der Name des Ehemannes vermerkt. Ihren Wohnsitz begründeten die Eheleute in Basel.
Am 6. November 1984 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ein Namensänderungsgesuch der Ehegatten Schnyder ab.
Nach Inkrafttreten des revidierten Eherechts erklärte Susanna Maria Simone Schnyder, sie stelle ihren ursprünglichen Namen dem Familiennamen voran.
B.-
Mit Gesuch vom 26. Oktober 1988 verlangten Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder, es sei ihnen die Führung des Namens Burghartz als Familienname sowie dem Ehemann die Voranstellung seines Geburtsnamens zu bewilligen.
Am 12. Dezember 1988 wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt das Gesuch ab.
C.-
Dagegen haben Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder mit Eingabe vom 13. Januar 1989 beim Bundesgericht Berufung erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des Entscheides vom 12. Dezember 1988. Des weiteren verlangen sie, dass der Ehefrau die Änderung ihres Namens und die Führung des Namens Burghartz als Familienname zu gestatten sei, so dass sie fortan den Namen Susanna Maria Simone Burghartz trage. Ferner sei auch dem Ehemann die Führung des Namens Burghartz als Familienname unter Voranstellung seines Geburts- und bisherigen Familiennamens zu bewilligen, so dass er künftig den Namen Albert Johann Schnyder Burghartz trage. Eventualiter wird um Rückweisung an die Vorinstanz ersucht.
Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt schliesst in seiner Vernehmlassung auf Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut aus folgenden
Erwägungen:
1.
Gemäss
Art. 44 lit. a OG
ist die Berufung gegen die Verweigerung der Namensänderung (
Art. 30 Abs. 1 ZGB
) zulässig. Ob dieser Rechtsweg auch gegen die Abweisung eines Gesuches im Sinne von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
offensteht, ist hingegen unklar. Der Wortlaut der geltenden Fassung des Bundesrechtspflegegesetzes spricht nicht ausdrücklich für die Zulässigkeit der Berufung, weshalb mitunter die Meinung vertreten wird, abgewiesene Gesuche könnten beim Bundesgericht lediglich mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (HEGNAUER, ZZW 51/1983, S. 274, HEGNAUER in Grundriss des Eherechts, 2. A. 1987, S. 131 Rz. 13.25). Demgegenüber glaubt freilich eine Mehrheit von Autoren, dass
Art. 44 lit. a OG
zufolge eines gesetzgeberischen Versehens unvollständig geblieben sei (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, N. 60 zu
Art. 160 ZGB
mit Hinweisen; sinngemäss auch DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, 1987, S. 42 f.). Diese Annahme findet sich in den Materialien bestätigt (Amtl.Bull. NR 1983, 639 sowie Amtl.Bull. SR 1981, 69 ff., 76). Mit der gegenwärtigen Revision der Bundesrechtspflege soll diese Unklarheit behoben werden (vgl. BBl 1989 II S. 877). Da indessen auch nach geltendem Recht keine zwingenden Gründe ersichtlich sind, die im Falle von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
gegen die Zulässigkeit der Berufung sprächen, ist es gerechtfertigt,
Art. 44 lit. a OG
gleicherweise auf beide Tatbestände des
Art. 30 ZGB
anzuwenden.
Auf die Berufung ist daher einzutreten.
2.
Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt hat das Gesuch um Änderung des Familiennamens abgewiesen, da es an wichtigen Gründen im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
fehle. Dass die Gesuchsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen anderen Familiennamen führten und ihnen daraus Unannehmlichkeiten erwachsen können, genüge zum Nachweis des erforderlichen ernsthaften und dauerhaften Nachteils nicht. Die rückwirkende Anwendung von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
auf diejenigen Ehepaare, deren Ehe noch unter der Geltung des alten Rechts geschlossen
BGE 115 II 193 S. 196
worden sei, stehe ausser Frage. Desgleichen gewährte
Art. 160 Abs. 2 ZGB
nach seinem klaren Wortlaut bloss der Ehefrau - nicht aber dem Mann - das Recht, den bisherigen Namen dem Familiennamen voranzustellen.
Die Berufungskläger halten dafür, das Justizdepartement habe
Art. 30 Abs. 2 ZGB
,
Art. 160 Abs. 2 ZGB
und
Art. 8a SchlT ZGB
, alle in Verbindung mit
Art. 4 Abs. 2 BV
, missachtet. Gleichzeitig wird auch die Verletzung von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
gerügt.
3.
a) Der Name der Familie richtet sich auch nach dem revidierten Eherecht vom 5. Oktober 1984, in Kraft seit dem 1. Januar 1988, grundsätzlich nach demjenigen des Ehemannes (
Art. 160 Abs. 1 ZGB
). Gemäss
Art. 160 Abs. 2 ZGB
kann jedoch die Braut gegenüber dem Zivilstandsbeamten erklären, sie wolle ihren bisherigen Namen dem Familiennamen voranstellen. Diese Möglichkeit bot sich nach Art. 8a SchlT während Jahresfrist ab Inkrafttreten des revidierten Eherechts auch denjenigen Frauen, die sich unter altem Recht verheiratet hatten. Überdies wurde mit
Art. 30 Abs. 2 ZGB
eine Bestimmung ins Gesetz aufgenommen, die es den Brautleuten erlaubt, von der Trauung an den Namen der Ehefrau als Familiennamen zu führen; ein solches Gesuch ist zu bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.
b) In den Übergangsbestimmungen zum revidierten Eherecht fehlt es an einer Bestimmung, die auch bereits verheirateten Paaren die Möglichkeit eröffnen würde, den Familiennamen nach
Art. 30 Abs. 2 ZGB
zu ändern. Diese Regelung beruht auf einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers, weshalb die Annahme einer Gesetzeslücke nicht gerechtfertigt ist. Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck sprechen gegen die von den Berufungsklägern verlangte Anwendung des
Art. 30 Abs. 2 ZGB
auf ihre noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts geschlossene Ehe. Die gegenüber
Art. 30 Abs. 1 ZGB
erleichterte Möglichkeit, aus achtenswerten Gründen von der allgemeinen Namensgebung abzuweichen, findet ihre Rechtfertigung im wesentlichen darin, dass die Heirat ohnehin einen Ehegatten zur Aufgabe seines Namens zwingt, weshalb das öffentliche Interesse an der Unveränderlichkeit des Namens geringer einzustufen ist als bei der Änderung gemäss
Art. 30 Abs. 1 ZGB
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 27 zu
Art. 160 ZGB
; vgl. auch THOMAS GEISER, Der Name und das Bürgerrecht im neuen Eherecht, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse, St. Gallen 1987, S. 88). Dass der Entschluss zur Namensänderung von den Brautleuten, mithin noch vor der
BGE 115 II 193 S. 197
Verheiratung, gefasst werden muss, ist in der parlamentarischen Beratung insbesondere im Ständerat ausdrücklich festgehalten worden (Amtl.Bull. SR 1981, 68). Ist demnach
Art. 30 Abs. 2 ZGB
auf die besondere Situation des Eheschlusses zugeschnitten, kann dem Begehren um sinngemässe Anwendung auf bereits bestehende Ehen nicht stattgegeben werden. In diesen Fällen verlangen Verkehrs- und Rechtssicherheit, dass die Änderung des ehelichen Namens nur unter den Voraussetzungen des
Art. 30 Abs. 1 ZGB
, demnach bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, zugestanden werden darf. Diese Auffassung ist auch dem Schrifttum zu entnehmen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 28 zu Art. 8a SchlT, vgl. auch THOMAS GEISER, Die Namensänderung nach
Art. 30 Abs. 1 ZGB
unter dem Einfluss des neuen Eherechts, ZZW 57/1989, S. 34 ff., insb. S. 42, sinngemäss auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 42). Abgesehen davon, dass es bei altrechtlich geschlossenen Ehen, denen Kinder oder gar Kindeskinder entsprossen sind, durch die erleichterte Zulassung der Familiennamensänderung zu kaum überschaubaren Schwierigkeiten kommen könnte, findet die von den Berufungsklägern vorgeschlagene Lösung keine Stütze im Gesetz. Entstehungsgeschichte und unmissverständlicher Wortlaut des Gesetzes, insbesondere die abschliessende Regelung des Übergangsrechts (Art. 8a und 8b, 9a SchlT), lassen eine Ausdehnung der Rückwirkung nicht zu. Auch für die Berufung auf
Art. 4 Abs. 2 BV
bleibt unter diesen Umständen kein Raum. Zwar liegt auf der Hand, dass die folgerichtige Durchsetzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes nach einer anderen Ausgestaltung des Namensrechts verlangt hätte, doch kann sich das Bundesgericht deswegen nicht dazu veranlasst sehen, durch ausdehnende Auslegung eine vom Gesetzgeber klar verworfene Namensregelung einzuführen (
Art. 113 Abs. 3 BV
).
Bestand somit für die Vorinstanz keine Veranlassung, das Gesuch der Berufungskläger auch im Lichte von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
zu prüfen, erweist sich die Berufung insofern als unbegründet, als damit eine Verletzung von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
und Art. 8a SchlT geltend gemacht wird.
5.
Noch unter der Herrschaft des alten Eherechts hatte sich das Bundesgericht wiederholt mit Fällen zu befassen, in denen die Gesuchsteller ihren schweizerischen Familiennamen an den im Ausland registrierten, abweichenden Namen angleichen wollten. Das Bundesgericht vertrat dabei die Auffassung, dass
Art. 30 ZGB
nicht dazu benützt werden dürfe, die zwingende Ordnung des
BGE 115 II 193 S. 198
Art. 161 Abs. 1 altZGB, wonach die Ehefrau stets den Familiennamen des Ehemannes erhielt, zu umgehen (
BGE 108 II 164
mit Hinweisen). Mit der Revision des Eherechts hat diese Begründung ihre wesentliche Grundlage verloren. Wie bereits dargelegt, richtet sich heute der Familienname nicht mehr ausschliesslich nach demjenigen des Ehemannes; zumindest hat das früher absolut geltende Prinzip durch
Art. 30 Abs. 2 ZGB
eine erhebliche Lockerung erfahren. Wird jedoch die rückwirkende Anwendung des
Art. 30 Abs. 2 ZGB
auf die bei Inkraftsetzung des geltenden Rechts bereits verheirateten Ehepaare ausgeschlossen, kann eine gewisse Benachteiligung dieser Paare tatsächlich nicht von der Hand gewiesen werden. Dem soll bei der Auslegung des
Art. 30 Abs. 1 ZGB
Rechnung getragen werden, indem verhältnismässig jung, aber noch unter der Geltung des alten Rechts verheirateten Paaren, die sich mit der Wahl des Frauennamens zum Familiennamen um dessen Angleichung im internationalen Verhältnis bemühen, ein wichtiger Grund im Sinne des
Art. 30 Abs. 1 ZGB
zuerkannt wird; zu verlangen ist freilich, dass das Gesuch der Eheleute, in Anlehnung an die Übergangsfrist gemäss Art. 8a SchlT, binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des revidierten Eherechts gestellt worden ist (in diesem Sinne auch THOMAS GEISER, ZZW, a.a.O., S. 42).
All diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Das baselstädtische Justizdepartement hat demgegenüber den zeitlichen und räumlichen Besonderheiten des Falles zuwenig Beachtung geschenkt. Die vorinstanzliche Beurteilung ist ausschliesslich mit Blick auf die innerhalb der Schweiz bestehende Rechts- und Sachlage erfolgt. Unter diesem Blickwinkel lässt sich ein wichtiger Grund im Sinne des
Art. 30 Abs. 1 ZGB
in der Tat nicht begründen. Diese Sichtweise - so verständlich sie sein mag - wird der durch die uneinheitliche Namensführung im zwischenstaatlichen Verhältnis geschaffenen Situation jedoch nicht gerecht. Nicht zuletzt auch wegen der Nähe der Grenzstadt Basel zur Bundesrepublik Deutschland wirkt sich die hier gegebene Sachlage weit nachteiliger aus als in anderen Fällen. Wird überdies das ohne weiteres den Akten zu entnehmende Alter sowie das berufliche Wirkungsfeld der Eheleute in Betracht gezogen, vermag der angefochtene Entscheid nicht zu befriedigen. In Berücksichtigung sämtlicher Umstände sind deshalb die Gründe der Berufungskläger als hinreichend wichtig im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
zu werten, weshalb ihnen zugestanden werden kann, fortan den Namen Burghartz als Familiennamen zu tragen. Was hingegen die erst nach Einreichung
BGE 115 II 193 S. 199
des Namensänderungsgesuchs geborenen Kinder anbelangt, muss für diese aus formellen Gründen ein gesondertes Gesuch gestellt werden (
Art. 55 lit. b und c OG
); die zuständige Behörde wird dabei nicht umhin können, einem solchen Gesuch stattzugeben.
6.
Die Berufungskläger halten auch vor Bundesgericht an ihrer Auffassung fest, wonach die in
Art. 160 Abs. 2 ZGB
in Verbindung mit Art. 8a SchlT für die Ehefrau vorgesehene Möglichkeit, den früheren Namen dem Familiennamen voranzustellen, auch zugunsten des Ehemannes zuzulassen sei. Ob das Gesetz in diesem Sinne, mithin entgegen seinem Wortlaut auszulegen ist, gilt es abschliessend zu erwägen.
a) Die Lehre ist sich in der Beantwortung dieser Frage nicht einig (eine Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut lehnen HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34 zu
Art. 160 ZGB
, THOMAS GEISER, in Veröffentlichungen, a.a.O., S. 92; THOMAS GEISER, ZZW, a.a.O., S. 35 ab, auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 43 Fn. 12 wollen das Voranstellen des bisherigen Namens durch den Ehemann nur ausserhalb des offiziellen Registernamens zulassen; anders hingegen HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., S. 132, Rz. 13.28).
b) Mit
Art. 160 Abs. 2 ZGB
und Art. 8a SchlT sollte ein Ausgleich zugunsten der Frau geschaffen werden, weil ihr - von der Ausnahme nach
Art. 30 Abs. 2 ZGB
abgesehen - mit der Eheschliessung auch nach dem revidierten Recht der Verzicht auf den eigenen Namen zugemutet wird. Demgegenüber wird der Mann durch die Heirat nicht zur Namensänderung gezwungen; ohne besondere Vorkehren seinerseits wird sein Name zwangsläufig zu demjenigen der Familie (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34 zu
Art. 160 ZGB
). Infolgedessen gewährt der Gesetzestext die Möglichkeit des Voranstellens des bisherigen Namens ausdrücklich nur der Braut (
Art. 160 Abs. 2 ZGB
) oder der Frau (Art. 8a SchlT). Dass dieser Wortlaut des Gesetzes nicht zufällig, sondern bewusst geschlechtsspezifisch ausgefallen ist, erhellt auch aus der Entstehungsgeschichte.
c) Es trifft zu, dass der Gesetzgeber mit der Revision des Eherechts den in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau auch im Familienrecht verwirklichen wollte. Die Gesetzesmaterialien zeigen aber, dass dieses Bestreben in den Bereichen des Namens- und Bürgerrechts an Grenzen stiess: Das Prinzip der Familieneinheit für Name und Bürgerrecht erwies sich vorerst aufgrund der in der Bundesverfassung verankerten Regelung des Bürgerrechts als
BGE 115 II 193 S. 200
unüberwindbar, weshalb auch eine Lösung, die der Heirat jegliche Auswirkung auf die Namensführung versagt hätte, nicht in Frage kam. Bereits der Entwurf des Bundesrates hielt daher weiterhin am Grundsatz der Namenseinheit in der Familie fest. Die verheiratete Frau sollte grundsätzlich den gleichen Namen wie der Ehemann und die Kinder tragen. Ein freies Wahlrecht zwischen dem Namen des Mannes und demjenigen der Frau hätte zwar der Forderung nach Gleichberechtigung der Ehegatten entsprochen, wurde indessen vom Bundesrat verworfen, weil damit ganz wesentlich von der Tradition abgewichen und ein Ehegatte gleichwohl zur Aufgabe seines angestammten Namens gezwungen worden wäre (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht] vom 11. Juli 1977, Ziff. 212.1, S. 51 ff.). Der bundesrätliche Entwurf wurde vom Ständerat übernommen, der aber mit der Neufassung von
Art. 30 Abs. 2 ZGB
den Brautleuten zugleich die Möglichkeit einräumen wollte, anlässlich der Eheschliessung mit einer erleichterten Namensänderung den Namen der Braut anzunehmen (Amtl.Bull. SR 1981, 69 ff., 76). Der geltende
Art. 30 Abs. 2 ZGB
ist auf diese ständerätliche Fassung zurückzuführen. Eine Änderung erfuhr ferner
Art. 160 Abs. 2 ZGB
, indem der Ständerat das der Frau zugestandene Recht ohne Rücksicht auf das Geschlecht stets jenem Ehegatten zuerkennen wollte, dessen Name nicht Familienname würde. In der nationalrätlichen Kommission stiess diese Anregung freilich nicht auf Zustimmung; die Kommission unterbreitete dem Ratsplenum vielmehr den Vorschlag eines Wahlrechts, wonach die Braut zwischen dem Namen des Mannes oder dem Voranstellen ihres bisherigen bzw. angestammten Namens wählen könnte. Dieses Recht wurde ausdrücklich nur der Frau - nicht aber dem Mann, der seinen Namen nach
Art. 30 Abs. 2 ZGB
ändern würde - zugestanden (Prot. Komm. NR, S. 1398). Im Nationalrat vermochte sich dieser Vorschlag zumindest vorläufig nicht durchzusetzen; den Vorzug erhielt ein Antrag, der es der Braut gestattet hätte, den Namen des Mannes anzunehmen oder aber ihren bisherigen Familiennamen beizubehalten (Amtl.Bull. NR 1983, 624 ff., 638, 640). Diesem Beschluss widersetzte sich wiederum der Ständerat, weil damit die Einheit des Namens in der Familie preisgegeben worden wäre (Amtl.Bull. SR 1984, 124 ff.). Er übernahm die bereits von der nationalrätlichen Kommission vorgeschlagene Fassung, die schliesslich Gesetz wurde (vgl. zur
BGE 115 II 193 S. 201
Entstehungsgeschichte HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., NN. 6-11 zu
Art. 160 ZGB
).
d) Sowohl Sinn und Zweck als auch die Entstehungsgeschichte des
Art. 160 Abs. 2 ZGB
sprechen gegen eine dem Wortlaut zuwiderlaufende Auslegung und somit gegen dessen sinngemässe Anwendung auf den Mann, welcher der Wahl des Frauennamens zum Familiennamen zugestimmt hat. Zwar ist verständlich, dass sich die Berufungskläger auf den Grundsatz der Rechtsgleichheit berufen und einer verfassungskonformen Auslegung das Wort reden (vgl. auch HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., S. 132, Rz. 13.28). Überdies lässt sich kaum übersehen, dass auch der Mann, der seinen angestammten Namen durch die Wahl gemäss
Art. 30 Abs. 2 ZGB
oder die Abänderung gemäss
Art. 30 Abs. 1 ZGB
verliert, ebenfalls aus Gründen des Persönlichkeitsrechts am Voranstellen seines bisherigen Namens interessiert ist. Das vermag aber daran nichts zu ändern, dass die ursprünglich im Ständerat vertretene Auffassung, wonach
Art. 160 Abs. 2 ZGB
geschlechtsunabhängig ausgestaltet werden sollte, trotz eingehender Diskussion in beiden Räten nicht mehr aufgegriffen worden ist. Hat sich der Gesetzgeber mit der Aufnahme des
Art. 160 Abs. 2 ZGB
in seiner heutigen Formulierung letztlich eindeutig für eine geschlechtsspezifische Lösung entschieden, kommt eine in erster Linie von
Art. 4 Abs. 2 BV
ausgehende Auslegung nicht in Frage.