Urteilskopf
115 II 264
46. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Juli 1989 i.S. Basler Versicherungsgesellschaft gegen Z. AG (Berufung)
Regeste
Versicherungsvertrag und
Art. 164 Abs. 1 OR
. Frage der Abtretbarkeit des Befreiungsanspruchs des Versicherten. Auslegung einer Versicherungsvertragsbestimmung über den Umfang der Gefahr (
Art. 33 VVG
).
1. Auch wenn die Haftpflicht noch nicht anerkannt oder durch gerichtliches Urteil festgestellt ist, kann der Befreiungsanspruch des Versicherten gegenüber der Versicherung an den Geschädigten abgetreten werden (E. 3).
2. Auslegung der Vertragsbestimmung, wonach Schäden nicht gedeckt sind, die der Versicherte bei der vorsätzlichen Begehung eines Verbrechens oder Vergehens verursacht hat (E. 5).
A.-
a) Am 6. November 1983 drangen die damals 16 bzw. 15 Jahre alten Brüder Markus und Ernst H. in die Sägerei der Z. AG ein und stahlen Werkzeuge. Anschliessend begaben sie sich auf den Dachboden eines der Gebäude und rauchten dort je eine Zigarette. Nachdem sie die Zigarettenstummel mit Speichel gelöscht zu haben glaubten, warfen sie sie auf den staubbedeckten Boden und verliessen den Betrieb.
Am Abend brach in der Sägerei ein Brand aus, der offensichtlich durch die noch glimmenden Zigarettenstummel verursacht worden war.
b) Mit Strafverfügung vom 20. August 1984 erklärte der Jugendanwalt beide Brüder u.a. des wiederholten Diebstahls
BGE 115 II 264 S. 265
(
Art. 137 Ziff. 1 StGB
), Hausfriedensbruchs (
Art. 186 StGB
) sowie der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst (
Art. 222 Abs. 1 StGB
) für schuldig und verurteilte sie zu Bussen und bedingten Einschliessungsstrafen. Die Schadenersatzforderung der Z. AG wurde auf den Zivilweg verwiesen.
B.-
a) Nachdem sich die Z. AG mit der Haftpflichtversicherung der Familie H. nicht gütlich hatte einigen können, leitete sie am 19. Februar 1986 beim Bezirksgericht Einsiedeln gegen die Basler Versicherungsgesellschaft Klage ein. Sie stellte das Begehren, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 222'634.-- zuzüglich Schadenszins zu verurteilen und in einem Vor-Urteil sei festzustellen, dass die Haftpflicht der Beklagten aus Versicherungsvertrag bestehe. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, und stellte ihrerseits das Begehren, durch Vor-Urteil festzustellen, dass die Haftpflicht der Beklagten im konkreten Fall nicht bestehe.
Das Bezirksgericht wies mit Entscheid vom 7. April 1987 die Klage ab und trat auf das Begehren nicht ein, einen Vor-Entscheid zu erlassen.
b) Gegen diesen Entscheid erklärte die Klägerin die Berufung an das Kantonsgericht, welches mit Urteil vom 15. Dezember 1988 das angefochtene Urteil aufhob, feststellte, dass die Haftpflicht der Beklagten aus Versicherungsvertrag gegeben sei, und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens sowie zu neuem Entscheid an das Bezirksgericht zurückwies.
D.-
Gegen dieses Urteil hat die Basler Versicherungsgesellschaft Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, den Entscheid der kantonalen Instanz aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eventualiter sei die Sache an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Die Z. AG beantragt, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht weist die Berufung ab aus folgenden
Erwägungen:
3.
a) Die Beklagte rügt, das Kantonsgericht habe
Art. 164 OR
verletzt, weil die eingeklagte Forderung ihrer Natur nach nicht abtretbar sei. Sie macht geltend, der Anspruch des Versicherten gegen die Versicherung sei erst zedierbar, wenn die Haftpflicht der Versicherung feststehe. Vorher bestehe ausschliesslich ein Befreiungsanspruch (zum Begriff vgl. MAURER, Schweizerisches
BGE 115 II 264 S. 266
Privatversicherungsrecht, Bern 1986, S. 520), der seiner Natur nach nicht abtretbar sei.
Die Frage, ob der Befreiungsanspruch abtretbar sei oder nicht, scheint in der Lehre umstritten. Während ROELLI/JAEGER (Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Bd. II, Bern 1932, N. 24 zu
Art. 59 VVG
) die Abtretbarkeit verneinen, lässt sie KOENIG (Der Versicherungsvertrag, in: SPR Bd. VII/2, Basel 1979, S. 564) uneingeschränkt zu (so auch MAURER, a.a.O., S. 372; VIRET, Droit des Assurances privées, Zürich 1985, S. 141). Die Meinungsverschiedenheiten haben ihre Ursache teilweise in der Umschreibung des Befreiungsanspruchs. Während MAURER (a.a.O., S. 521 f.) den Anspruch auf Rechtsschutz neben dem Befreiungsanspruch als selbständiges Recht aus dem Versicherungsvertrag ansieht, schliessen ROELLI/ JAEGER (a.a.O., N. 20 zu
Art. 59 VVG
) diesen im Befreiungsanspruch ein. Auch die Rechtsprechung ist in diesem Punkt nicht einheitlich (Abtretbarkeit verneinend: Obergericht Solothurn, SVA Bd. VIII, Nr. 244; Abtretbarkeit bejahend: Obergericht Solothurn, SVA Bd. VIII, Nr. 245; Amtsgericht Balsthal, SVA Bd. IX, Nr. 133; einschränkend: Tribunal cantonal de Fribourg, SVA Bd. X, Nr. 59).
b) Durch die Natur der Forderung ist die Abtretung ausgeschlossen, wenn die Leistung an den Zessionar nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn der Zweck der Forderung durch die Abtretung vereitelt oder gefährdet wäre (VON TUHR/ESCHER, OR Allg. Teil, S. 344).
Dominik H. hat der Klägerin seine und seiner Söhne Ansprüche gegen die Versicherung abgetreten, damit die Geschädigte ihren Schaden direkt gegen die Versicherung geltend machen kann. Die Abtretung erfasst somit nur den Anspruch auf Bezahlung der Haftpflichtsumme. Allfällige weitergehende Rechte, wie den Anspruch auf Rechtsschutz (vgl. MAURER, a.a.O., S. 521 f.; ROELLI/ JAEGER, a.a.O., N. 20 zu
Art. 59 VVG
), macht die Klägerin aus der Zession nicht geltend. Inwiefern die Natur des geltend gemachten Anspruchs einer Abtretung entgegenstehen soll, ist nicht ersichtlich. Er geht ausschliesslich auf Zahlung einer Geldsumme.
Der Schuldner kann dem Zessionar alle Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die er auch gegenüber seinem ursprünglichen Gläubiger hatte (
Art. 169 OR
; VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 365 ff.). Die Haftpflichtversicherung kann somit auch gegenüber dem Geschädigten, der sich die Forderung des Versicherten abtreten
BGE 115 II 264 S. 267
liess, alle Einwendungen und Einreden aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, einschliesslich der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten und Pflichten durch den Schädiger bzw. den Versicherungsnehmer. Ihre Rechtsstellung wird von daher durch die Abtretung nicht beeinträchtigt.
Die Beklagte befürchtet, dass mit der Abtretung eine Interessenkollision entstehe, weil der Versicherte nun kein Interesse mehr habe, sich seiner Haftpflicht zu widersetzen. Das überzeugt nicht. Ob die Forderung abgetreten ist und der Geschädigte direkt gegen die Versicherung klagt, oder ob der Geschädigte ohne Abtretung zuerst gegen den Versicherten vorgehen muss, ändert am Interesse nichts, das letzterer am Ausgang des Prozesses hat. Sein Risiko ist in beiden Fällen durch die Versicherung gedeckt. Auch ohne Abtretung trägt der Versicherte grundsätzlich kein Risiko im Prozess, den der Geschädigte gegen ihn führt, weil er einen Anspruch darauf hat, dass die Versicherung ihm beistehe (Art. 18 Buchst. c AVB) und den Schaden übernehme. Wird sie am Prozess beteiligt, muss sie aber auch das Prozessergebnis mit Bezug auf die Haftung des Versicherten anerkennen.
c) Gegen die Abtretbarkeit der Forderung aus Versicherungsvertrag spricht auch nicht die Tatsache, dass im Bereich der Automobilhaftpflichtversicherung das Gesetz dem Geschädigten einen direkten Anspruch gegen den Versicherer gibt (
Art. 65 SVG
), eine analoge Bestimmung aber im VVG fehlt. Das selbständige Forderungsrecht des Geschädigten gemäss SVG verschafft diesem eine wesentlich stärkere Stellung, als ihm zustünde, wenn er die Forderung nur durch Abtretung erworben hätte.
Art. 65 Abs. 2 SVG
verwehrt es dem Versicherer grundsätzlich, dem Geschädigten Einreden aus dem Versicherungsverhältnis entgegenzuhalten (MAURER, a.a.O., S. 527 ff.; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, BT, Bd. II/2, Zürich 1989, S. 426 ff. und zur Rechtsnatur S. 363 f.).
d) Die Beklagte macht schliesslich geltend, die Abtretbarkeit der Forderung sei durch die allgemeinen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. Gemäss Art. 18 Buchst. b der allgemeinen Vertragsbedingungen sind "die Versicherten (...) verpflichtet, direkte Verhandlungen mit dem Geschädigten (...) über Ersatzansprüche, jede Anerkennung einer Forderung, den Abschluss eines Vergleichs und die Leistung von Entschädigungen zu unterlassen, sofern nicht die Gesellschaft hiezu ihre Zustimmung gibt." Sie haben zudem "bei der Behandlung des Schadens nach
BGE 115 II 264 S. 268
Möglichkeit" die Versicherungsgesellschaft "zu unterstützen (Vertragstreue)".
Diese Bestimmung hat offensichtlich zum Zweck zu verhindern, dass der Versicherte durch irgendwelche Verhandlungen die Einreden und Einwendungen präjudiziert, die dem Schadenersatzanspruch entgegengehalten werden könnten, und damit die Stellung der Versicherung verschlechtert. Mit der Abtretung des Anspruchs wird aber die Stellung der Versicherung in keiner Weise verschlechtert. Alle Einreden und Einwendungen bleiben ihr erhalten. Anders würde es sich nur verhalten, wenn mit der Zession eine Schuldanerkennung verbunden würde, was aber im vorliegenden Fall von keiner Seite behauptet wird.
Die Z. AG ist somit berechtigt, die Forderung aufgrund der Haftpflichtversicherung der Gebrüder Markus und Ernst H. gegenüber der Basler Versicherungsgesellschaft direkt geltend zu machen. Es ist nunmehr zu prüfen, ob die Versicherung grundsätzlich für den eingeklagten Schaden aufzukommen hat.
5.
a) Die Beklagte macht geltend, ihre Leistungspflicht sei aufgrund der Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht gegeben, weil diese in Art. 7 Buchst. c Ansprüche aus Schäden von der Versicherung ausnehmen, "die der Versicherte bei der vorsätzlichen Begehung eines Verbrechens oder Vergehens verursacht hat".
Für die Auslegung einer Versicherungsvertragsbestimmung ist wie bei jedem Vertrag (
BGE 112 II 253
) grundsätzlich der wirkliche Wille der Parteien zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, ist auf den mutmasslichen Willen abzustellen. Er ist nach dem Vertrauensgrundsatz aufgrund aller Umstände des Vertragsschlusses zu ermitteln (
BGE 113 II 51
;
BGE 107 II 418
und 476). Dabei hat der Richter zu berücksichtigen, was sachgerecht ist, weil nicht anzunehmen ist, dass die Parteien eine unangemessene Lösung gewollt haben. Da das dispositive Recht in der Regel die Interessen der Parteien ausgewogen wahrt, hat die Partei, die davon abweichen will, dies mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen (
BGE 113 II 51
; JÄGGI/GAUCH, N. 447 zu
Art. 18 OR
; KRAMER, N. 48 zu
Art. 18 OR
). Schliesslich gilt nach konstanter Rechtsprechung (
BGE 87 II 95
f.;
BGE 92 II 348
;
BGE 97 II 73
f.;
BGE 99 II 75
f.;
BGE 99 II 90
;
BGE 99 II 292
f.;
BGE 100 II 153
; vgl. auch
BGE 112 II 254
), dass gemäss der sogenannten Unklarheitsregel zweideutige Wendungen in allgemeinen, formularmässig vorgeformten Vertragsbedingungen im Zweifel zu Lasten ihres Verfassers auszulegen sind (JÄGGI/GAUCH, N. 451 ff. zu
Art. 18 OR
; KRAMER, N. 109 zu
Art. 1 OR
, bestreitet
BGE 115 II 264 S. 269
nicht die Regel, sondern nur ihre Begründung mit dem Vertrauensprinzip; einschränkend: MAURER, a.a.O., S. 146 f.).
Für den Versicherungsvertrag konkretisiert
Art. 33 VVG
die Unklarheitsregel insofern, als der Versicherer für alle Ereignisse haftet, welche die Merkmale der versicherten Gefahr an sich tragen, es sei denn, dass der Vertrag einzelne Ereignisse in "bestimmter, unzweideutiger Fassung" von der Versicherung ausschliesse. Ob diese Voraussetzung im einzelnen Fall erfüllt ist, beurteilt sich nach der Bedeutung, die den verwendeten Wörtern im täglichen Sprachgebrauch üblicherweise zukommt (
BGE 104 II 283
). Wie der Text auszulegen ist und ob er als unzweideutig bezeichnet werden kann, sind Rechtsfragen, die das Bundesgericht im Berufungsverfahren frei überprüfen kann, wobei es aber an die Feststellungen der Vorinstanz hinsichtlich äusserer Tatsachen und des inneren Willens der Parteien gebunden ist (
BGE 107 II 476
;
BGE 105 II 18
; vgl. auch
BGE 112 II 253
).
b) Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem Wort "bei" beizumessen ist. Während die Beklagte darunter "im Zusammenhang mit" oder "während" verstehen will, macht die Klägerin geltend, "bei" heisse auch "durch" bzw. "infolge". Nach Meinung der Beklagten sind somit alle Schäden ausgeschlossen, die anlässlich der Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens verursacht werden, während für die Klägerin der Haftungsausschluss nur Schäden erfasst, die durch das Delikt selber entstanden sind.
Das Vorwort "bei" ist in der Tat mehrdeutig. Neben einem räumlichen Sinn hat es auch zeitliche Bedeutung und kann zur Angabe von Begleitumständen dienen. "Bei" kann insbesondere mit modalem Nebensinn das gleiche ausdrücken wie "verbunden mit" oder mit kausalem Nebensinn die Bedeutung von "wegen" oder "infolge" haben (vgl. DUDEN, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim/Wien/Zürich 1976). Es zeigt sich somit, dass besagtes Wort sowohl den Sinn hat, den ihm die Beklagte beimessen will, als auch die Bedeutung, die die Klägerin geltend macht. Ist ein Wort mehrdeutig, muss aus dem Zusammenhang, in dem es steht, ermittelt werden, welche Bedeutung dem Willen der Vertragsparteien entspricht.
Gemäss
Art. 14 Abs. 1 VVG
haftet der Versicherer nicht, wenn der Versicherte das befürchtete Ereignis absichtlich herbeigeführt hat. Der vorsätzlich deliktische Akt selber ist somit von Gesetzes wegen von der Versicherung ausgenommen. Allerdings muss sich die
BGE 115 II 264 S. 270
Absicht auf die Herbeiführung des Erfolgs bezogen haben. Der Täter muss den Erfolg, nicht nur das schadenbegründende Ereignis gewollt haben. Die neuere Lehre geht deshalb davon aus, dass Eventualvorsatz nicht ausreicht (MAURER, a.a.O., S. 329 f.; KOENIG, a.a.O., S. 651). Die AVB müssen über diesen Haftungsausschluss hinausgehen, wenn sie einen selbständigen Sinn haben wollen. Das ist aber bei beiden Interpretationen der Fall. Die Vertragsbestimmung hat gemäss der von der Klägerin vertretenen engeren Auslegung die Bedeutung, nicht nur jene Schäden von der Versicherung auszunehmen, die vom Täter tatsächlich gewollt sind, sondern auch jene, die durch das Begehen des Delikts ungewollt entstanden sind.
Das von der Beklagten aufgeführte Zitat aus MÜLLER, Haftpflichtversicherung, Zürich 1985, S. 75, ist keineswegs eindeutig. Im entscheidenden Satzteil ("... indem sie alle Schädigungen bei solchem Anlass, auch unbeabsichtigte, erfasst") verwendet er wiederum das mehrdeutige Wort "bei". Zudem führt dieser Autor anschliessend an den von der Beklagten zitierten Satz als Beispiel den Dieb auf, der einer Frau die Handtasche entreisst, so dass sie stürzt und sich dabei die Hand bricht. In diesem Beispiel ist aber der Schaden nicht nur anlässlich des vorsätzlich begangenen Delikts entstanden, sondern durch dieses, wenn ihn auch der Täter nicht direkt wollte.
Sind beide Auslegungen gleichermassen möglich, hat das Kantonsgericht zu Recht die für die Versicherung günstigere verworfen. Es ist somit davon auszugehen, dass Art. 7 Buchst. c der Allgemeinen Vertragsbedingungen die Haftung nur für Schäden ausschliesst, die durch das vorsätzliche Begehen eines Verbrechens oder Vergehens verursacht wurden.
c) Zu Recht bestreitet die Beklagte nicht mehr, dass die Feuersbrunst nicht als durch den Diebstahl herbeigeführt angesehen werden kann. Sie hat nur einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit diesem Delikt, nicht aber einen direkten kausalen.
Das kantonale Gericht hat auch den Zusammenhang zwischen dem Hausfriedensbruch und dem eingetretenen Schaden verneint. Nicht das Rauchen, sondern das Eindringen und Verweilen im Gebäude erfülle den Tatbestand dieses Delikts. Die Täter hätten den Hausfriedensbruch begehen können, ohne zu rauchen und damit auch ohne den eingeklagten Schaden zu verursachen. Es führt zudem aus, der Brand hätte auch ohne Hausfriedensbruch entstehen können, "indem sie (die Schädiger) etwa von aussen her unbedacht Zigarettenstummel ins Gebäudeinnere geworfen hätten". Das scheint zweifelhaft. Handelte es sich doch immerhin um
BGE 115 II 264 S. 271
den Dachboden des Gebäudes. Überdies scheint es fraglich, ob ein derart stark von den tatsächlichen Geschehnissen abweichender Sachverhalt als Argument dienen kann. Dass ein Brand auch bei einem völlig anderen Sachverhalt hätte entstehen können, lässt sich niemals ausschliessen.
Es steht ausser Zweifel, dass Markus und Ernst H. dadurch, dass sie auf dem Dachboden des Gebäudes verweilten, den Tatbestand des Hausfriedensbruches begingen. Es ist aber zu beachten, dass der Hausfriedensbruch als Rechtsgut nicht das Eigentum, sondern die Freiheit, bzw. den privaten Bereich schützt (vgl. HAFTER, Schweizerisches Strafrecht, BT Bd. I, Berlin 1937, S. 109 f.; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, BT Bd. I, Bern 1983, S. 110; SCHUBARTH, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Bern 1984, N. 1 zu Art. 186). Der Hausfriedensbruch erfasst nicht allfällige Folgedelikte, wie Diebstähle, Sachbeschädigungen usw., die anschliessend oder vorgängig zu diesem Delikt begangen werden. Diese erfolgen nicht durch, sondern nur anlässlich des Hausfriedensbruchs. Das muss aber auch für fahrlässige Delikte gelten, die während eines Hausfriedensbruchs begangen werden. Die fahrlässige Feuersbrunst ist somit nicht durch, sondern nur anlässlich des Hausfriedensbruchs begangen worden.
Das kantonale Gericht geht zudem davon aus, dass der Hausfriedensbruch - obgleich Vorsatzdelikt - nicht vom Ausschluss in Art. 7 Buchst. c der allgemeinen Versicherungsbedingungen erfasst werde. Wird in einem Versicherungsvertrag die Gefahr mit juristischen Begriffen umschrieben, darf diesen Wörtern nur dann der rechtstechnische Sinn beigemessen werden, wenn ihnen diese Bedeutung auch im gewöhnlichen Sprachgebrauch zukommt (
BGE 104 II 283
; vgl. auch KOENIG, a.a.O., S. 577 ff.). Wohl sieht
Art. 186 StGB
als Strafe Gefängnis oder Busse vor; wenn aber zwei Jugendliche in ein mehr oder weniger leerstehendes Gebäude eindringen, ist dies für den Laien eher ein Bubenstreich als ein vorsätzliches Vergehen. Unter einem "vorsätzlichen Verbrechen oder Vergehen" versteht der Laie Delikte von einer gewissen Schwere. Dass es für ihn dabei nicht ausschliesslich auf den Strafrahmen ankommen kann, ergibt sich schon daraus, dass er diesen im allgemeinen gar nicht kennt. Wenn ein 15- und ein 16jähriger Jugendlicher an einem Wochenende in Werkräume eindringen, kann dies aber ohne weiteres als ein Jungenstreich aufgefasst werden. Auch aus diesem Grund ist Art. 7 Buchst. c der allgemeinen Vertragsbedingungen hier nicht anwendbar.