BGE 115 III 91 vom 26. Oktober 1989

Datum: 26. Oktober 1989

Artikelreferenzen:  Art. 31 SchKG, Art. 56 SchKG, Art. 63 SchKG , Art. 56 Ziff. 3, 63 und 83 Abs. 2 SchKG, Art. 56 Ziff. 3 SchKG, Art. 25 Ziff. 2 SchKG, Art. 31 Abs. 1 und 3 SchKG

BGE referenzen:  100 III 76, 104 II 141, 138 III 483, 143 III 38 , 104 II 141, 100 III 76, 80 III 105, 96 III 49

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

115 III 91


20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. Oktober 1989 i.S. A. gegen B. (Berufung).

Regeste

Art. 56 Ziff. 3, 63 und 83 Abs. 2 SchKG .
Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein ordentliches Rechtsmittel vor und fällt das Ende der Rechtsmittelfrist in die Betreibungsferien, ist Art. 63 SchKG anwendbar (Bestätigung der Rechtsprechung); Auswirkungen auf die Frist zur Aberkennungsklage ( Art. 83 Abs. 2 SchKG ).

Sachverhalt ab Seite 92

BGE 115 III 91 S. 92

A.- Am 5. Januar 1988 eröffnete B. die Betreibung gegen A. im Betrag von Fr. 14'000.--. Nachdem A. Rechtsvorschlag erhoben hatte, gab der Einzelrichter für Schuldbetreibung und Konkurs Nidwalden dem Rechtsöffnungsgesuch des B. mit Entscheid vom 14. März 1988 statt.

B.- Mit Eingabe vom 25. April 1988 erhob A. beim Kantonsgericht Nidwalden Aberkennungsklage gegen B. Am 13. Juli 1988 erkannte die Zivilabteilung I des Kantonsgerichts Nidwalden im Sinne eines Teilentscheides, dass auf die Aberkennungsklage nicht eingetreten werde,

C.- Die dagegen von A. erhobene Appellation wies das Obergericht (II. Zivilabteilung) des Kantons Nidwalden mit Urteil vom 16. März 1989 ab.

D.- Gegen dieses Urteil hat A. Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur einlässlichen Beurteilung an das Obergericht oder vielmehr an das Kantonsgericht des Kantons Nidwalden.
B. schliesst auf Abweisung der Berufung, während das Obergericht auf Gegenbemerkungen verzichtet hat.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG kann der Betriebene binnen zehn Tagen seit Erteilung der Rechtsöffnung auf dem Wege des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen. Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein ordentliches Rechtsmittel vor, so beginnt die Frist für die Einreichung der Aberkennungsklage erst mit dem Entscheid der oberen Instanz oder aber mit dem unbenutzten Ablauf der Rechtsmittelfrist zu laufen ( BGE 104 II 141 ff.; BGE 100 III 76 /77 mit Hinweisen).
a) Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist vom Obergericht des Kantons Nidwalden verbindlich festgehalten worden, dass der Kläger den gegen ihn ausgefällten Rechtsöffnungsentscheid am 21. März 1988 zugestellt erhalten hat. Die zehntägige Frist des vom kantonalen Recht als ordentliches Rechtsmittel vorgesehenen Rekurses ist somit am 22. März 1988 in Gang gesetzt worden, um am 31. März 1988 zu enden. Da dieser Termin in die Ostergerichtsferien gefallen und der Fristenlauf nach dem damals anwendbaren kantonalen Recht während der Gerichtsferien nicht gehemmt
BGE 115 III 91 S. 93
worden sei, habe sich die Rekursfrist bis zum ersten Werktag nach den Gerichtsferien, somit bis zum 11. April 1988, verlängert. Zu diesem Zeitpunkt sei der Rechtsöffnungsentscheid zufolge unbenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und habe gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG zugleich die Aberkennungsklagefrist zu laufen begonnen. Die Klageanhebung hätte demnach bis am 21. April 1988 erfolgen müssen, weshalb das Kantonsgericht auf die erst am 25. April 1988 erfolgte Eingabe zu Recht nicht eingetreten sei.
b) Streitig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob vom Obergericht Bundesrecht verletzt worden ist, indem es bei der Bestimmung des den Fristenlauf gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG auslösenden Zeitpunktes die Art. 56 Ziff. 3 und 63 SchKG ausser acht gelassen hat.

3. Nach Art. 56 Ziff. 3 SchKG dürfen - abgesehen von vorliegend nicht interessierenden Ausnahmen - während der Betreibungsferien keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden. Art. 63 SchKG sieht vor, dass die Betreibungsferien den Fristenlauf nicht hemmen; wenn indessen das Ende einer Frist in die Zeit der Ferien fällt, so wird die Frist bis zum dritten Werktage nach dem Ende der Ferienzeit verlängert ( Art. 63 SchKG in Verb. mit BGE 80 III 105 /106).
a) Nach herrschender Lehre und gefestigter Rechtsprechung gilt die Erteilung der Rechtsöffnung als Betreibungshandlung ( BGE 96 III 49 E. 3 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; vgl. aus dem neueren Schrifttum etwa AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. 1988, § 11, Rz. 27, S. 96; GILLIERON Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. A. 1988, S. 99 unten; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, § 13 Rz. 21, Anm. 39, S. 129). Während der Betreibungsferien darf deshalb keine Rechtsöffnungsverhandlung abgehalten und die Rechtsöffnung nicht ausgesprochen werden. Folgerichtig hat die Rechtsprechung bereits früh festgehalten, dass für das Rekursverfahren in Rechtsöffnungssachen gleiches zu gelten hat, sofern nach kantonalem Recht ein solches Rechtsmittelverfahren vorgesehen ist. Endlich hat sie es als naheliegend erachtet, Art. 63 SchKG gleichermassen auf die Rekursfrist anzuwenden, denn diese Bestimmung soll nicht nur die Fristen im Auge haben, innert denen eine behördliche Handlung im Sinne von Art. 56 SchKG vorzunehmen ist, sondern auch diejenigen, die dem Schuldner zur Wahrung seiner Interessen
BGE 115 III 91 S. 94
gesetzt Sind ( BGE 50 I 226 f. E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 50 III 11 ). Dabei ist nicht übersehen worden, dass die Einführung der Rekursmöglichkeit in Rechtsöffnungssachen und damit die Ausgestaltung der Rekursfrist dem kantonalen Recht anheimgestellt bleiben; obwohl aber die Kantone nach Art. 25 Ziff. 2 SchKG zur Regelung des summarischen Prozessverfahrens befugt sind, soll eine allgemeine Verfahrensvorschrift des SchKG dann zur Anwendung gelangen, wenn Sinn und Zweck des Gesetzes dies erfordern. Dies trifft nach der Rechtsprechung auf Art. 63 SchKG zu, und zwar in Rechtsöffnungssachen auch gegenüber der kantonalrechtlich geregelten Rekursfrist ( BGE 50 I 227 /228). Wird damit dem Schuldner nicht zugemutet, sich während der Betreibungsferien Klarheit darüber zu verschaffen, ob er den Rechtsöffnungsentscheid anfechten will, muss dies notwendigerweise auch Auswirkungen auf die Frist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG zeitigen. Diese Soll erst zu laufen beginnen, wenn der Entschluss des Schuldners, den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters in Rechtskraft erwachsen zu lassen, als gesichert feststeht. Letzteres aber ist bei Rechtsöffnungsentscheiden, bei denen die Rekursfrist wie vorliegend innerhalb der Betreibungsferien abläuft, gemäss Art. 63 SchKG erst nach Ablauf der Betreibungsferien sowie weiterer drei Tage der Fall.
b) Die dargelegte Rechtsprechung, die ihren Niederschlag in kantonalen Urteilen gefunden hat (etwa ZR 82/1983 Nr. 29, S. 60 ff.; BlSchK 46/1982, Nr. 13, S. 56 ff.), ist auch von der Lehre gebilligt worden (AMONN, a.a.O., § 11 Rz. 44 sowie GILLIERON, a.a.O., S. 99; kritisch jedoch FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 13 Rz. 5, Anm. 6, S. 122). Auch im vorliegenden Fall besteht keine Veranlassung, von dieser langjährigen Praxis abzuweichen. Demgemäss hätte der Kläger - in Anwendung von § 16 Ziff. 2 der nidwaldischen Einführungsverordnung zum SchKG in Verbindung mit Art. 63 SchKG - bis zehn Tage nach Ostern, mithin bis zum 13. April 1988 Zeit gehabt, den Rechtsöffnungsentscheid mittels Rekurs anzufechten. Die für die Klagefrist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG entscheidende Rechtskraft trat somit erst am 14. April 1988 ein, weshalb die Vorinstanz die am Montag, den 25. April 1988, nach Art. 31 Abs. 1 und 3 SchKG fristgerecht angehobene Aberkennungsklage zu Unrecht als verspätet erachtet hat.
Der angefochtene Entscheid ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben.

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden