Urteilskopf
116 Ia 305
47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Juni 1990 i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste
1.
Art. 4 und
Art. 58 BV
,
Art. 168 StPO
/BS; Unmittelbarkeitsprinzip.
Eine Einschränkung des Unmittelbarkeitsprinzips durch Vorlage von Beweisstücken an die Richter schon vor dem Verhandlungstag verstösst in willkürlicher Weise gegen
§ 168 StPO
/BS (E. 3b).
Haben die urteilenden Richter (mit Ausnahme des Präsidenten) ohne vorherige Aktenkenntnis in der Hauptverhandlung die für das Urteil wesentlichen Beweiserhebungen vorgenommen, so ist eine willkürliche Anwendung von
§ 168 StPO
/BS zu verneinen, selbst wenn sie aus einem vorangegangenen konnexen Verfahren, in welchem der Unmittelbarkeitsgrundsatz beachtet worden war, Kenntnis vom Prozessstoff hatten (E. 3d).
2.
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
, Art. 4; faires Verfahren (Waffengleichheit).
Stehen die Taten mehrerer Angeschuldigter in einem nahen sachlichen Zusammenhang, sollten die Strafverfolgungsbehörden nicht leichthin eine Verfahrenstrennung vornehmen. Dies gilt insbesondere in Fällen der Teilnahme, wenn Umfang und Art der Beteiligung wechselseitig bestritten sind und die Gefahr besteht, dass der eine Teilnehmer die Schuld dem andern zuweisen will (E. 4b).
Wird ein Angeschuldigter von einem sachlich zusammenhängenden Verfahren mit der Begründung ausgeschlossen, er werde eventuell als Zeuge oder als Auskunftsperson benötigt, und wird er in jenem Verfahren belastet ohne dazu Stellung nehmen zu können, so verletzt dies den Grundsatz des fairen Verfahrens (Waffengleichheit; E. 4c).
Zur Problematik des Auflegens von Kassibern zu Verhandlungsbeginn (E. 4d).
Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte A. am 4. September 1986 wegen gewerbsmässiger Hehlerei, Betrugs sowie einfacher und qualifizierter Urkundenfälschung zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus und Fr. 50'000.-- Busse. Dieses Urteil bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 16. November 1988.
A. führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung von der Anklage der gewerbsmässigen Hehlerei an das Appellationsgericht zurückzuweisen.
Das Appellationsgericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt beantragen Abweisung der Beschwerde.
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des in
§ 168 StPO
/BS verankerten Unmittelbarkeitsprinzips. Diese Bestimmung lautet wie folgt: $ 168. Die Hauptverhandlung ist mündlich.
2 Das Gericht nimmt in der Verhandlung unmittelbar die für sein Urteil wesentlichen Beweiserhebungen vor. Die Akten des Ermittlungsverfahrens und des Überweisungsverfahrens werden den Richtern nicht zur Kenntnis gebracht. Hievon finden jedoch folgende Ausnahmen statt:
a) zur Abklärung von minderwichtigen Umständen können die Aussagen, die von Zeugen oder Sachverständigen im Ermittlungsverfahren oder im Überweisungsverfahren gemacht worden sind, aus den Akten verlesen werden;
sind jedoch die Zeugen oder Sachverständigen vorgeladen worden, so sollen sie abgehört werden;
b) ebenso können die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen verlesen werden, wenn deren Erscheinen in der
BGE 116 Ia 305 S. 308
Hauptverhandlung aus irgend welchen Gründen nicht erwirkt werden konnte oder mit unverhältnismässig hohen Kosten verbunden wäre;
c) macht der Angeklagte,
ein Zeuge oder ein Sachverständiger in der Hauptverhandlung Aussagen, die mit den im Ermittlungsverfahren oder Überweisungsverfahren gemachten in wesentlichem Widerspruch stehen, so darf die protokollierte Aussage verlesen und der Einvernommene zu einer Erklärung über den Widerspruch veranlasst werden;
d) weiterhin können verlesen werden alle Bescheinigungen von Beamten und Behörden über amtlich gemachte Wahrnehmungen, wie Zivilstandsurkunden, Leumundszeugnisse usw., sowie die im Ermittlungsverfahren und Überweisungsverfahren aufgenommenen Protokolle oder Berichte über Augenscheine, Haussuchungen, Beschlagnahmen und anderweitige Erhebungen. In besonders wichtigen Fällen ist jedoch der Beamte, der die Massnahme vorgenommen hat, selber darüber zu hören.
3 Pläne und andere Darstellungen zur Veranschaulichung der Ergebnisse eines Augenscheines sind dem Gerichte vorzulegen.
3.
Gemäss dem Unmittelbarkeitsgrundsatz hat das Gericht alle für die Urteilsbildung wesentlichen Fakten möglichst selbst, unvermittelt und direkt in der Hauptverhandlung zur Kenntnis zu nehmen. Die richterliche Überzeugung soll sich auf eigene sinnliche Wahrnehmung stützen (PETER NOLL, Strafprozessrecht, Vorlesungsskriptum Zürich 1976, S. 91; ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, S. 138 f.; ROBERT HAUSER, Zum Prinzip der Unmittelbarkeit, ZStR 98/1981, S. 170 f.; DETLEF KRAUSS, Die Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung im schweizerischen Strafverfahren, recht 5/1987, S. 42 ff.; MARK PIETH, Der Beweisantrag des Beschuldigten im Schweizer Strafprozessrecht, Basel und Frankfurt a. M. 1984, S. 21).
a) Das in
§ 168 StPO
/BS festgehaltene Unmittelbarkeitsprinzip ist zu unterscheiden vom Gebot der richterlichen Unbefangenheit, wie es insbesondere durch
Art. 58 BV
gewährleistet ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Prozessordnung, die das Unmittelbarkeitsprinzip nicht vorsieht und es deshalb als zulässig ansieht, dass die beteiligten Richter bereits vor der Verhandlung von den Akten teilweise oder sogar vollständige Kenntnis erhalten, nicht im Widerspruch zum Prinzip der Unbefangenheit des urteilenden Richters steht. Entsprechend hat das Bundesgericht (unveröffentlichtes Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. März 1989 in Sachen H.) erkannt, dass nicht generell von einer unzulässigen Vorbefassung des Richters gesprochen werden könne, wenn er in einem abgetrennten Verfahren gegen einen Mitangeklagten bereits mit der Sache befasst gewesen sei. Soweit
BGE 116 Ia 305 S. 309
das Appellationsgericht die Frage der Verletzung des Unmittelbarkeitsprinzips unter dem Gesichtspunkt der Befangenheit der beteiligten Richter prüft, gehen somit seine Ausführungen an der Sache vorbei.
Dasselbe gilt, soweit das Appellationsgericht auf Vorkenntnisse von Richtern hinweist, die aufgrund der Berichterstattung in den Medien bereits über einen Fall oder aufgrund der Lektüre eines Strafurteils in einem Parallelfall orientiert sind. Vom Verbot der vorgängigen Aktenkenntnis gemäss
§ 168 Abs. 2 StPO
/BS ist das Problem der Vorinformation aufgrund der Berichterstattung in den Medien oder der fachlichen Lektüre zu trennen. Letzteres beschlägt allenfalls die Frage der Befangenheit des Richters, nicht jedoch das Prinzip der Unmittelbarkeit (vgl. KLAUS GRISEBACH, Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im deutschen und schweizerischen Strafprozessrecht, Diss. Freiburg im Breisgau 1979, S. 113 ff.).
b) Soweit sich das Appellationsgericht auf ein Urteil des Strafgerichtes vom 7. April 1982 (BJM 1986, S. 53 f.) beruft, ist zu bemerken, dass dieses Urteil mit dem klaren Wortlaut der StPO nicht zu vereinbaren ist. Das Appellationsgericht äussert ja auch selbst Bedenken an der Aussage des Strafgerichts, das Unmittelbarkeitsprinzip müsse im Hinblick auf die Erreichung des Zwecks der Wahrheitsfindung eingeschränkt werden. Die Auffassung, es könne dem Präsidenten nicht versagt werden, in Ausnahmefällen schon vor dem Verhandlungstage den Richtern Beweisstücke vorzulegen, deren Kenntnisnahme während der Verhandlung selbst aus praktischen Gründen unmöglich wäre, findet im Gesetz keine Grundlage. Ob ein solches Vorgehen im Einverständnis mit den Parteien zulässig wäre, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Im übrigen ist das in diesem Zusammenhang genannte Beispiel - eine Schrift, deren Unzüchtigkeit zu beurteilen ist - nicht mit der vorliegenden Konstellation vergleichbar, wo behauptet wird, vier der erstinstanzlichen Richter hätten einen bedeutenden Teil der Verfahrensakten bereits im voraus zur Kenntnis erhalten. Es kann deshalb offenbleiben, ob eine Ausnahme bei der vorgängigen Lektüre einer inkriminierten Schrift - also bei einer Beschränkung der vorgängigen Aktenkenntnis auf das "corpus delicti" - willkürfrei mit
§ 168 StPO
/BS zu vereinbaren wäre. Dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der StPO vom 15. Oktober 1931 die Problematik komplizierter, häufig mehrere Wochen dauernder Wirtschaftsprozesse noch nicht kannte, rechtfertigt ebenfalls nicht ein
BGE 116 Ia 305 S. 310
grundsätzliches Abweichen von
§ 168 StPO
. Soweit sich das Unmittelbarkeitsprinzip, wie es in § 168 seinen Ausdruck gefunden hat, insbesondere aber das Verbot der vorgängigen Aktenkenntnis der beteiligten Richter in der heutigen Zeit nicht mehr rechtfertigen liesse, wäre es Sache des Gesetzgebers, das Gesetz zu ändern. Im übrigen gibt es gute Gründe, auch bei einer Modifikation des Unmittelbarkeitsprinzips im Hinblick auf Grossverfahren am Verbot der vorgängigen Aktenkenntnis festzuhalten und die Unmittelbarkeit nur insoweit einzuschränken, als den Richtern während des Prozesses gestattet wird, kompliziertere Schriftstücke in eigener Lektüre zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend auf eine unmittelbare vollständige Verlesung zu verzichten (vgl. zu diesem sogenannten Selbstleseverfahren den 1979 eingeführten und 1987 umgestalteten Abs. 2 von § 249 der deutschen Strafprozessordnung; dazu LÖWE/ROSENBERG/GOLLWITZER, 24. A. § 249 N. 53 ff. und Nachtrag N. 1 ff.; KLEINKNECHT/MEYER, 39. A. § 249 N. 16 ff.).
c) Zu Recht beanstandet der Beschwerdeführer die Argumentation des Appellationsgerichts, im Zeitpunkt der Verhandlung in Sachen C. seien die Richter für das Verfahren gegen A./B. noch nicht aufgeboten gewesen, weshalb sie auch nicht gezielt Informationen für diesen zweiten Fall hätten sammeln können. Tatsache ist, dass bereits vorgängig der Hauptverhandlung in Sachen C. die instruierende Vorsitzende angeordnet hatte: "Kammer, wenn möglich wie in Nr. 316/85 insbesondere Statthalter", woraus sich ergibt, dass die Vorsitzende, die ebenfalls in beiden Verfahren identisch war, bereits vorgängig der Verhandlung in Sachen C. eine identische Besetzung anstrebte. Ob die konkreten Aufgebote an die beteiligten Richter bereits vor der Verhandlung in Sachen C. erfolgten oder nicht, erscheint deshalb als unerheblich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bereits anlässlich der Verhandlung in Sachen C. die beteiligten Richter (mit einer Ausnahme) darüber im Bilde waren, dass sie später auch an der Verhandlung in Sachen A. und B. teilnehmen würden.
d) Der Beschwerdeführer rügt, vier der fünf Richter hätten im vorangegangenen abgetrennten Verfahren gegen C. mitgewirkt und dadurch insbesondere hinsichtlich des Hehlereitatbestands einen grossen und entscheidenden Teil des Prozessstoffes bereits vor der Hauptverhandlung gekannt; ihre Mitwirkung im gegen ihn gerichteten Verfahren verletze in willkürlicher Weise
§ 168 StPO
/BS.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die baselstädtische Strafprozessordnung bestimmt, dass das Gericht in der mündlichen Hauptverhandlung unmittelbar die für sein Urteil wesentlichen Beweiserhebungen vornimmt (§ 168 Abs. 1 und 2 Satz 1). Damit erfüllt sie die Ansprüche des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, der positiv verlangt, dass das Gericht durch eigene sinnliche Wahrnehmung alle für die Urteilsbildung wesentlichen Fakten möglichst selbst, unvermittelt und direkt in der Hauptverhandlung zur Kenntnis nimmt (PETER NOLL, Strafprozessrecht, Vorlesungsskriptum Zürich 1976, S. 91).
§ 168 Abs. 2 Satz 2 StPO
/BS schreibt negativ vor, dass die Akten des Ermittlungs- und des Überweisungsverfahrens den Richtern nicht zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Soweit der Beschwerdeführer verlangt, dass die Kenntnisnahme des entscheidenden Sachverhalts eine erstmalige sein müsse (auch wenn dies der Regelfall ist), überdehnt er den Begriff der Unmittelbarkeit. In der eingangs angeführten Literatur findet sich jedenfalls keine solche Forderung und entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers erwähnt auch HAUSER die Erstmaligkeit nicht; an der fraglichen Stelle schreibt dieser bloss, die unmittelbare, eigene sinnliche Wahrnehmung der Beweismittel stehe im Vordergrund (Kurzlehrbuch, S. 138 oben). Dass das Unmittelbarkeitsprinzip im Verfahren gegen C. verletzt worden wäre, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Haben aber die vier Richter ohne vorherige Aktenkenntnis in der Hauptverhandlung die für das Urteil des Beschwerdeführers wesentlichen Beweiserhebungen vorgenommen und hatten sie auch aus dem vorangegangenen Verfahren keine unerlaubte Aktenkenntnis, so erweist sich der Vorwurf der willkürlichen Anwendung von
§ 168 StPO
/BS als unbegründet. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Gebot der sogenannten "Ausschliesslichkeit der Hauptverhandlung", ändert daran nichts; denn dieses Gebot bedeutet bloss, das Gericht dürfe bei der Urteilsfindung nur berücksichtigen, was ihm mündlich durch die Beteiligten oder durch Vorlesen aus den Akten zur Kenntnis gebracht worden sei (HAUSER, Kurzlehrbuch, S. 138 lit. a). Die 346 deckungsgleichen Seiten wurden aber offenbar im Verfahren des Beschwerdeführers vorgetragen, womit das Gebot der Ausschliesslichkeit der Hauptverhandlung beachtet wurde.
Im Ergebnis ist damit eine willkürliche Auslegung von
§ 168 StPO
/BS zu verneinen. Ob allenfalls andere Verfahrensgrundsätze verletzt wurden (vgl. E. 4 hienach), ist nicht bei der Frage willkürlicher Anwendung von
§ 168 StPO
/BS zu prüfen.
4.
a) Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des in
Art. 6 EMRK
enthaltenen Prinzips des fairen Verfahrens in dreierlei Hinsicht geltend:
- durch die Trennung des Verfahrens gegen ihn und den Mitangeklagten B. von demjenigen gegen C.,
- durch seine faktische Nichtzulassung als Zuhörer im Verfahren gegen C. und
- durch das Auflegen von Kassibern zu Verhandlungsbeginn.
Als Konsequenz der behaupteten Verstösse müsse das Verfahren in korrekter Art und Weise mit neuen Richtern noch einmal durchgeführt werden.
b) Zu den allgemeinen Verfahrensgarantien, die
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
gewährleistet, gehört das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. MIEHSLER/VOGLER, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, N. 341 ff. zu
Art. 6 EMRK
). Der Inhalt dieser Garantie lässt sich nicht abstrakt umschreiben; vielmehr ist jeweils im konkreten Zusammenhang zu überprüfen, ob dem Gedanken dieser Garantie nachgelebt worden ist. Zur Garantie des fairen Prozesses gehört insbesondere der Grundsatz der Waffengleichheit (
BGE 104 Ia 316
E. b; vgl. MIEHSLER/VOGLER, a.a.O., N. 353 ff.; URSULA KOHLBACHER, Verteidigung und Verteidigungsrechte unter dem Aspekt der Waffengleichheit, Zürich 1978, S. 23 ff.; TRECHSEL, ZStR 95/1979 S. 376 ff.).
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verfahren gegen C. einerseits und gegen ihn und B. andererseits seien lange Zeit zusammen geführt worden und es habe keine Veranlassung bestanden, diese schliesslich zu trennen. Es hätte der Wahrheitsfindung viel eher gedient und wäre wesentlich prozessökonomischer gewesen, die drei Angeschuldigten gemeinsam zu beurteilen und in einer Hauptverhandlung einander zu konfrontieren. Sachliche Gründe für eine Trennung der beiden Verfahren habe es nicht gegeben. Das Verfahren sei in einer gegen
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verstossenden Weise manipuliert worden, weil das Ziel verfolgt worden sei, den Beschwerdeführer zu isolieren und seine Verurteilung zu erzwingen. Mit der vorzeitigen Aburteilung von C. habe die Staatsanwaltschaft ein für den Beschwerdeführer negatives Präjudiz herbeiführen und sich die Möglichkeit schaffen wollen, C. als Kronzeugen verwenden zu können. Nun habe das Appellationsgericht eingewendet, es sei nicht belegt, dass eine gemeinsame Beurteilung des Beschwerdeführers und von B. mit C. für den Beschwerdeführer mit Vorteilen verbunden gewesen wäre. Ebenfalls
BGE 116 Ia 305 S. 313
sei es eine reine Vermutung, dass sich die Staatsanwaltschaft mit C. einen Kronzeugen habe verschaffen wollen. Überdies sei C. kurz nach Abschluss der erstinstanzlichen Verhandlung verstorben und habe deshalb nicht mehr als Zeuge angehört werden können, weshalb ein mit der Verfahrenstrennung verbundener Nachteil für den Beschwerdeführer ohnehin nicht mehr auszumachen sei. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, dass die gemeinsame Beurteilung der drei Angeschuldigten es ihm immerhin ermöglicht hätte, den Aussagen von C. sofort zu widersprechen und den Gegenbeweis anzutreten. So aber habe er nie eingreifen können, da er nicht einmal als Zeuge im Verfahren gegen C. geladen worden sei. Gerade der Tod von C. habe die Nachteile der Verfahrenstrennung deutlich gemacht, weil nun die Aussagen von C. nicht mehr in einer Konfrontation hätten in Frage gestellt werden können. Die Verfahrenstrennung sei ohne sachlichen Grund erfolgt.
Das Appellationsgericht führt zur aufgeworfenen Frage aus, dass die Ermittlungen zu den inkriminierten Liratransaktionen von der Staatsanwaltschaft zunächst offenbar unter einer einzigen Verfahrensnummer geführt worden seien. In der Folge habe sich aber herausgestellt, dass den rund ein Dutzend Angeschuldigten kein gemeinsames Komplott nachzuweisen gewesen sei, weshalb die Verfahren insoweit abgetrennt wurden, als selbständige Straftaten zur Debatte gestanden seien.
Mit dieser Begründung des Appellationsgerichts setzt sich der Beschwerdeführer in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht auseinander. Insoweit muss deshalb angenommen werden, dass ein sachlicher Grund für die Abtrennung gegeben war. Damit sei nicht verkannt, dass die dem Beschwerdeführer und B. vorgeworfene gewerbsmässige Hehlerei in einem nahen sachlichen Zusammenhang mit den C. vorgeworfenen Delikten steht, wird doch die Hehlerei häufig als Teilnahme nach der Tat charakterisiert und ist gerade bei Teilnehmern eine Abtrennung des Verfahrens äusserst problematisch, wenn der Umfang und die Art der Beteiligung wechselseitig bestritten ist und somit die Gefahr besteht, dass der eine Teilnehmer die Schuld dem andern zuweisen will. Auch fällt auf, dass das Appellationsgericht nicht darlegt, weshalb eine gleichzeitige Aburteilung der drei Angeschuldigten nicht möglich gewesen sein soll.
Die Beschwerde ist jedoch, soweit darauf einzutreten ist, abzuweisen, weil der Beschwerdeführer nicht substantiiert darlegt, dass
BGE 116 Ia 305 S. 314
als Folge der Verfahrenstrennung Aussagen des C. zu seinen Lasten berücksichtigt worden sind, ohne dass das Strafgericht der Tatsache Rechnung getragen hätte, dass C. nicht unter Zeugenpflicht stand und dass der Beschwerdeführer keine Möglichkeit der Konfrontation mit C. hatte. Doch werden die kantonalen Instanzen eingeladen, in ähnlich gelagerten Fällen nicht leichthin eine Verfahrenstrennung vorzunehmen.
c) Der Beschwerdeführer macht geltend, ein weiteres Element, welches auf eine Verurteilung um jeden Preis unter Ausschaltung eines fairen Verfahrens hinweise, sei die Tatsache, dass ihm zwar die Teilnahme an der Verhandlung von C. formell zugestanden sei, dass er aber tatsächlich schon zu Beginn der Verhandlung aus dem Saal gewiesen worden sei mit der Begründung, er könne eventuell als Auskunftsperson oder Zeuge benötigt werden. Es sei ihm dann aber während der Verhandlung gegen C. keine Gelegenheit geboten worden, dessen Aussagen zu widerlegen.
Das Appellationsgericht ist der Ansicht, insofern liege nicht ein unfaires Verhalten im Prozess gegen den Beschwerdeführer vor, sondern allenfalls ein solches im Verfahren gegen C., was aber im damaligen Zeitpunkt hätte gerügt werden müssen. Mit einem gewissen Recht wendet der Beschwerdeführer dagegen ein, dass die beiden Verfahren insoweit nicht getrennt werden könnten; der Ausschluss im damaligen Verfahren sei gleichzeitig eine Verletzung des Fairness-Gebotes im eigenen Prozess des Beschwerdeführers, in welchem sich der Ausschluss erst ausgewirkt habe. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer im Verfahren gegen C. keinen Anspruch auf ein gerechtes Verfahren gehabt habe, da er ja dort formell nicht Verfahrensbeteiligter gewesen sei. Mangels Legitimation hätte er gegen die prozessleitende Verfügung des Ausschlusses keine Beschwerde erheben können. Überdies wäre seiner Beschwerde sicherlich keine aufschiebende Wirkung zugestanden worden.
Die Begründung des Appellationsgerichts ist unhaltbar. In der Tat ist nicht ersichtlich und wird vom Appellationsgericht, das auch in diesem Punkt auf Vernehmlassung verzichtet hat, nicht dargelegt, woher sich die Legitimation des Beschwerdeführers zu einer Beschwerde im Verfahren gegen C. hätte herleiten lassen. Kommt hinzu, dass der Ausschluss des Beschwerdeführers mit der vom Strafgericht gegebenen Begründung, er werde gegebenenfalls als Auskunftsperson benötigt, äusserst fragwürdig ist: Wäre das Verfahren in einer Hauptverhandlung gegen alle drei Beschuldigten
BGE 116 Ia 305 S. 315
durchgeführt worden, hätte der Beschwerdeführer ein Anwesenheitsrecht während der ganzen Verhandlung gehabt und es ist nicht ersichtlich, wie man ihn mit der genannten Begründung von der Anwesenheit während der Befragung von C. hätte ausschliessen können.
Wenn die Beschwerde im Ergebnis auch in diesem Punkte, soweit darauf einzutreten, abzuweisen ist, so deshalb, weil der Beschwerdeführer einerseits die Unhaltbarkeit der vom Appellationsgericht gegebenen Begründung als solche nicht rügt und zum andern, weil er nicht substantiiert darlegt, inwiefern die von ihm behauptete Verletzung der Waffengleichheit sich in concreto im Verfahren gegen ihn ausgewirkt haben soll.
d) Der Beschwerdeführer macht geltend, die instruierende Präsidentin habe vor der Verhandlung einen Kassiber des Beschwerdeführers für jeden einzelnen Richter fotokopiert und am ersten Tag der Hauptverhandlung aufgelegt. Mit dieser unlauteren Massnahme sei den einzelnen Richtern schon vor Verhandlungsbeginn ein denkbar schlechtes Bild des Beschwerdeführers vermittelt worden, ohne dass ihm Gelegenheit eingeräumt worden sei, zu den Kassibern Stellung zu nehmen.
Das Appellationsgericht meint dazu, mit diesem Vorgehen sei dem Beschwerdeführer eine Verlesung der Schriftstücke vor den Zuhörern und der Presse erspart worden, ein Vorgehen, das mit ebensogutem Grund als unfair hätte gewertet werden können. Dass die Kassiber überhaupt zu verlesen waren, habe sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben.
Diese Begründung geht, zumindest teilweise, an der Sache vorbei. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht behauptet, dass die Kassiber in der Hauptverhandlung unbeachtet bleiben müssten. Er rügt vielmehr die Art und Weise, wie diese Aktenstücke in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien. Es ist in der Tat wenig verständlich, weshalb eine Hauptverhandlung mit dem Auflegen von Kassibern eröffnet werden soll. Soweit aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer einen Kassiber an seinen Sohn zu schmuggeln versucht hat, oder soweit aus dem Inhalt des Kassibers Schlüsse in bezug auf den Anklagevorwurf gezogen werden sollen, müssten die Kassiber im Zusammenhang mit der jeweiligen Beweisführung zum Gegenstand des Beweises erhoben werden. In diesem Zusammenhang wären sie, soweit nötig, zu verlesen oder, soweit prozessual zulässig, im Einverständnis mit den Verfahrensbeteiligten den Richtern zur Kenntnis vorzulegen. Dass bestimmte
BGE 116 Ia 305 S. 316
Beweismittel den Richtern zu Beginn der Verhandlung in Kopie aufgelegt werden, dass dies insbesondere mit Kassibern geschieht, ist schwer verständlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei jedoch allenfalls um eine Verletzung von Grundsätzen der kantonalen Strafprozessordnung, die vom Beschwerdeführer nicht substantiiert gerügt worden sind. Dass darüberhinaus, so merkwürdig das beanstandete Vorgehen auch erscheint, das Prinzip des fairen Prozesses gemäss
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verletzt wäre, muss jedoch verneint werden. Denn nicht jedes rückblickend gesehen fragwürdige Vorgehen verletzt dieses Prinzip.