BGE 116 II 471 vom 15. Oktober 1990

Datum: 15. Oktober 1990

Artikelreferenzen:  Art. 3 UWG, Art. 8 ZGB , Art. 63 Abs. 2 OG, Art. 3 lit. d UWG, Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG, Art. 9 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 und Abs. 3 UWG, Art. 6 aUWG

BGE referenzen:  120 II 144, 129 III 514, 131 III 384, 133 III 189, 136 III 232 , 108 II 75, 105 II 301, 104 II 332, 108 II 73, 103 II 215, 92 II 206, 95 II 477, 92 II 207, 113 II 85, 113 II 201, 83 II 161, 103 II 215, 92 II 206, 95 II 477, 92 II 207, 113 II 85, 113 II 201, 83 II 161

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

116 II 471


88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Oktober 1990 i.S. AB Volvo gegen Fritz Herren AG (Berufung)

Regeste

Unlauterer Wettbewerb durch Nachahmung fremder Erzeugnisse.
- Soweit nicht patent-, urheber- oder modellrechtliche Schutzansprüche entgegenstehen, ist die Nachahmung fremder Erzeugnisse grundsätzlich erlaubt. Ein Wettbewerbsverstoss liegt nur vor, wenn der Verbraucher vermeidbarerweise über den Hersteller eines nachgemachten Produktes irregeführt wird oder wenn der Nachahmer in schmarotzerischer Manier den guten Ruf der Erzeugnisse eines Mitbewerbers ausbeutet (E. 3a/aa).
- Anwendung dieser Grundsätze auf das Ersatzteilgeschäft (E. 3a/bb), insbesondere in der Automobilbranche (E. 3b und c).

Sachverhalt ab Seite 471

BGE 116 II 471 S. 471

A.- Die AB Volvo ist Inhaberin des am 3. Dezember 1974 hinterlegten Modells Nr. 107 439 für einen Kotflügel, der ab 1975
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in die Volvo-Automobile der 200er-Serie eingebaut wurde. Die Fritz Herren AG, die mit Autozubehör und -ersatzteilen handelt, bietet seit spätestens 1986 dem hinterlegten Modell entsprechende Kotflügel unter den Typennummern 804171/172 und 804271/272 auf dem Markt an.

B.- Mit Klage vom 16. März 1988 belangte die AB Volvo die Fritz Herren AG aus Modell und Wettbewerbsrecht. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 27. Februar 1990 ab.

C.- Das Bundesgericht weist die von der Klägerin eingelegte Berufung ab, soweit es darauf eintritt, und bestätigt den angefochtenen Entscheid.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. (Schutzfähigkeit des hinterlegten Kotflügels als Modell verneint.)

3. Die Klägerin rügt ferner, dass das Handelsgericht in Verletzung von Art. 3 lit. d UWG bzw. Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG einen Wettbewerbsverstoss der Beklagten verneine und die Sanktionen gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 und Abs. 3 UWG bzw. Art. 2 Abs. 1 lit. a, b und d sowie Art. 6 aUWG nicht ausspreche. Sie macht geltend, die Beklagte handle unlauter, wenn sie die klägerischen Kotflügel sklavisch nachahme und damit deren guten Ruf in schmarotzerischer Weise ausbeute.
a) aa) Nach altem wie nach neuem Wettbewerbsrecht handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen ( Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG ; Art. 3 lit. d UWG ). Ein generelles Verbot, fremde Erzeugnisse nachzuahmen, lässt sich aus dieser Vorschrift indessen nicht ableiten. Die Nachahmung ist vielmehr grundsätzlich erlaubt, soweit nicht patent-, urheber- oder modellrechtliche Schutzansprüche entgegenstehen. Es ginge nicht an, auf dem Umweg über das Wettbewerbsrecht als widerrechtlich zu bezeichnen, was nach den Spezialgesetzen des gewerblichen Rechtsschutzes erlaubt ist ( BGE 108 II 75 E. c; BGE 105 II 301 E. 4a; BGE 104 II 332 E. 5a). Daraus, dass die Rechtsordnung für bestimmte Kategorien geistiger Schöpfungen besondere - an die Erfüllung formeller Voraussetzungen geknüpfte und zeitlich beschränkte - Ausschliessungsrechte anerkennt, folgt zwingend, dass die wirtschaftliche Betätigung des
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einzelnen ausserhalb der geschützten Sonderbereiche frei sein soll (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. 1983, N. 388 zu § 1 dUWG).
Das Verwenden einer fremden Konstruktions- oder Gestaltungsidee verstösst demnach für sich allein nicht gegen das Gebot des lauteren Wettbewerbes; von einem solchen Verstoss kann vielmehr erst die Rede sein, wenn ein Wettbewerbsteilnehmer eine fremde geistige Leistung in einer Art und Weise verwendet, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbaren ist ( BGE 108 II 73 E. b; BGE 103 II 215 E. 3). Zur Tatsache der Nachahmung müssen daher weitere Umstände hinzutreten, um das Verhalten des Nachahmers als unlauter erscheinen zu lassen ( BGE 92 II 206 E. 6). Ausser Betracht haben dabei Momente zu bleiben, welche zwar sonst die Unlauterkeit einer Wettbewerbshandlung begründen, die aber die notwendige Folge jeder Nachahmung sind; denn würde man auf sie abstellen, wäre dem Grundsatz der Nachahmungsfreiheit die Substanz entzogen. So genügt es nicht, dass infolge der Nachahmung die Waren miteinander verwechselt werden können (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 388 f. zu § 1 dUWG). Durch die Nachahmungsfreiheit nicht mehr rechtfertigen lässt es sich hingegen, wenn der Konsument vermeidbarerweise über die betriebliche Herkunft irregeführt wird ( BGE 95 II 477 E. 2; BGE 92 II 207 E. 7a je mit Hinweisen; vgl. ferner BGE 113 II 85 ), oder wenn der Nachahmer in schmarotzerischer Manier den guten Ruf der Erzeugnisse eines Mitbewerbers ausbeutet ( BGE 113 II 201 f. mit Hinweisen; vgl. ferner VON BÜREN, Kommentar zum aUWG, N. 28 f. zu Art. 1 Abs. 1).
Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben durch Irreführung über die betriebliche Herkunft einer Ware und durch Ausbeutung des guten Rufes von Konkurrenzprodukten kommt allerdings nur dort in Betracht, wo sich der Konsument überhaupt für den Hersteller interessiert. Das ist beispielsweise bei billigen Artikeln des täglichen Gebrauchs oft nicht der Fall ( BGE 83 II 161 ). Anders verhält es sich dagegen insbesondere bei aufwendigeren technischen Geräten, deren Funktionstüchtigkeit, Sicherheit und Lebensdauer naturgemäss stark von der Qualität ihrer Bestandteile abhängt; hier verbindet der Konsument mit der betrieblichen Herkunft eines Erzeugnisses bestimmte Qualitätsvorstellungen, spielt für seine Wahl zwischen verschiedenen Konkurrenzprodukten der Hersteller mithin in der Regel eine wesentliche Rolle.
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Dennoch ist auch in diesen Bereichen die Nachahmung grundsätzlich erlaubt; der Vorwurf unlauteren Verhaltens kann dem Nachahmer erst gemacht werden, wenn er es unterlässt, im Rahmen des Zumutbaren geeignete Massnahmen zu treffen, um die Gefahr der Irreführung des Publikums über die Herkunft der Erzeugnisse zu beseitigen oder zu verringern (REIMER/VON GAMM, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht Bd. II, 4. Aufl. 1972, S. 163 Rz. 19; BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 399b zu § 1 dUWG; MALZER, zum Vertrieb von Ersatzteilen, Zubehörstücken und Zusatzgeräten zu fremden Erzeugnissen, in GRUR 79/1977, S. 643). Das kann dadurch geschehen, dass die äussere Form des Erzeugnisses, soweit dessen Verwendungszweck dies zulässt, vom Vorbild abweichend gestaltet ( BGE 108 II 75 f.) oder sonstwie hinreichend deutlich auf den Hersteller hingewiesen wird (vgl. z.B. BGE 105 II 301 E. 4a). Bei der Frage, ob der Nachahmer die zumutbaren Massnahmen zur Vermeidung von Verwechslungen getroffen hat, sind aber immer auch die berechtigten Interessen der Mitbewerber am freien Zugang zum allgemeinen Stand der Technik und zum allgemeinen Formenschatz zu berücksichtigen; dem Nachahmer kann grundsätzlich nicht verwehrt werden, den bekannten Stand der Technik zugrunde zu legen, Formen zu benutzen, die die Verbraucher für den Gebrauchszweck der Ware als wesentlich ansehen, oder naheliegende, dem Zeitgeschmack entsprechende Formgestaltungen zu wählen (REIMER/VON GAMM, a.a.O., S. 163). Die Pflicht, auf den Hersteller besonders hinzuweisen, entfällt zudem dort, wo eine Ware Fachkreisen angeboten wird, die sich in der Regel zu vergewissern pflegen oder darüber unterrichtet sind, woher die Ware stammt (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 399a zu § 1 dUWG; BGH in GRUR 79/1977, D. 667).
Wo genau die erlaubte Verwendung fremder geistiger Leistungen aufhört und die unlautere Irreführung des Konsumenten oder die schmarotzerische Ausbeutung des Mitbewerbers beginnt, lässt sich nicht generell bestimmen, sondern ist in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles und aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Abzuwägen sind dabei das Interesse des Erstherstellers an der Erhaltung seines wettbewerblichen Vorsprungs, das Interesse des Nachahmers an freier Benützung einer nicht geschützten Konstruktion oder Form sowie das Interesse der Allgemeinheit, vor Irreführung, aber auch vor ungerechtfertigter Monopolisierung einer Leistung,
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geschützt zu sein (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 399b zu § 1 dUWG).
bb) Diese Grundsätze gelten auch für das Ersatzteilgeschäft. Ersatzteile, d.h. Teile, die an die Stelle unbrauchbar gewordener oder abhanden gekommener Bestandteile eines Gesamterzeugnisses treten, müssen in aller Regel schon von ihrer Zweckbestimmung her den entsprechenden Bestandteilen des Ausgangserzeugnisses genau nachgebaut sein; die Verwechslungsgefahr ist ihnen daher gewissermassen immanent. Dennoch wird aber in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass die Herstellung und das Inverkehrbringen von Ersatzteilen für fremde Erzeugnisse grundsätzlich erlaubt sind, wenn für das betreffende Teil kein Sonderrechtsschutz besteht (ZR 45/1946 Nr. 201; BGH in GRUR 70/1968, S. 700 f. E. IV/2; VON BÜREN, a.a.O., N. 22 zu Art. 1 Abs. 1; BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 248 zu § 1 dUWG; HEISKE, Grenzfälle von Schutzrechtsverletzungen und unlauterem Wettbewerb, in WPR 1969, S. 53; MALZER, a.a.O., S. 643 f.). Hersteller oder Händler dürfen den Abnehmer allerdings nicht über die betriebliche Herkunft des Ersatzteiles täuschen, d.h. ihn nicht glauben machen, das Ersatzteil stamme vom Hersteller der Ausgangsware; auch hier besteht daher die Pflicht, im Rahmen des Zumutbaren das Erforderliche vorzukehren, um die Täuschungsgefahr zu beseitigen oder zu verringern (VON BÜREN, a.a.O., N. 23 zu Art. 1 Abs. 1; MALZER, a.a.O., S. 644).
Zulässig ist es ferner, in der Werbung auf den Namen der Hauptware hinzuweisen, zu welcher das Ersatzteil passt; sind Herstellung und Vertrieb von Ersatzteilen erlaubt, so muss der Hersteller oder Händler auch sagen können, was er anbietet. Der Hinweis auf die fremde Zweckbestimmung der Ware ist immerhin auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken; er darf nicht seinerseits den Eindruck erwecken, der Hersteller des Ersatzteiles decke sich mit demjenigen der Hauptware (VON BÜREN, a.a.O., N. 22 zu Art. 1 Abs. 1; BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 482 zu § 1 dUWG; vgl. ferner DAVID, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 1988, S. 94 Rz. 256; REIMER/TRÜSTEDT, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht Bd. I, 4. Aufl. 1966, S. 511 ff.; MALZER, a.a.O., S. 645). Unzulässig ist daher beispielsweise ein Hinweis auf die Bestellnummern des Herstellers der Hauptware, wenn dadurch der unrichtige Eindruck hervorgerufen wird, es handle sich um Originalersatzteile, die nur vom Hersteller der Hauptware vertrieben werden und für deren Qualität dieser mit
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seinem Ruf einsteht (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 482 zu § 1 dUWG).
Geringere Anforderungen an die Klarstellung der unterschiedlichen Herkunft sind dort zu stellen, wo ein Hersteller oder Händler Ersatzteile für eine Vielzahl von Hauptgegenständen verschiedener Fabrikanten verkauft, so dass der Kunde ohne weiteres sehen muss, dass die Herkunftsstätten der Hauptgegenstände und der Ersatzteile nicht dieselben sein können (REIMER/TRÜSTEDT, a.a.O., S. 514).
b) Das Handelsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht und damit für das Bundesgericht im Berufungsverfahren verbindlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ) festgestellt, die Beklagte führe in ihrem Sortiment Ersatzteile der verschiedensten Automarken. Die einzelnen Ersatzteile seien in ihrem Katalog aufgelistet und abgebildet. Den Abbildungen sei dabei jeweils eine Zeichnung des Fahrzeuges zugeordnet, für welches die betreffenden Ersatzteile bestimmt seien; ebenso werde jeweils die Modellreihe angegeben.
aa) Dass Garagisten und Karosseriewerkstätten als unmittelbare Kunden der Beklagten über die Herkunft der Kotflügel getäuscht werden könnten, kann unter diesen Umständen als ausgeschlossen gelten. Die Auffassung des Handelsgerichts, die Beklagte bringe in ihrem Katalog lediglich in sachlich-neutraler Form zum Ausdruck, dass die Ersatzteile zu einem bestimmten Wagen passten, und halte sich damit im Rahmen der erlaubten Angabe der Zweckbestimmung ihrer Ware, ist nicht zu beanstanden; die Klägerin bringt denn in ihrer Berufung auch nichts vor, was gegen die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen würde. Im übrigen verwendet die Beklagte auch nicht etwa die Bestellnummern der Klägerin, sondern sie vertreibt die Kotflügel unter ihren eigenen Typenbezeichnungen. Wenn die Beklagte in ihrem Katalog nicht ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich bei den von ihr angebotenen Ersatzteilen um nachgemachte Teile handelt, so schadet ihr das entgegen der Meinung der Klägerin nicht. Die Tatsache, dass im Automobilersatzteilgeschäft nachgemachte Teile weit verbreitet sind (vgl. dazu die Veröffentlichungen der schweizerischen Kartellkommission 13/1978, S. 77 ff., insbes. S. 99 f., 111, 115; ferner auch FRIGNANI in GRUR int. 1984, S. 19 ff.), ist in Fachkreisen zweifellos bekannt; ein Garagist oder Karossier wird daher nur bei Teilen, die ausdrücklich als solche bezeichnet sind, davon ausgehen, dass es sich um Originalersatzteile handelt, die entweder vom Automobilfabrikanten selbst hergestellt worden sind oder aus der
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regelmässigen Qualitätskontrollen des Automobilfabrikanten unterliegenden Produktion von Zulieferfirmen stammen. Der Schluss, dass ihm nicht Original-, sondern nachgemachte Teile angeboten werden, muss sich dem Fachmann schliesslich auch angesichts des breiten Sortiments von Ersatzteilen für die verschiedensten Automarken, das die Beklagte führt, aufdrängen.
bb) Zu prüfen bleibt die Frage, ob die Beklagte mit dem Vertrieb der zu den klägerischen Automobilen passenden Kotflügel in unlauterer Art und Weise die Gefahr herbeiführt, dass der Endabnehmer, d.h. der Automobilist, der in einer Garage oder Karosseriewerkstatt an seinem Wagen einen Kotflügel auswechseln lässt, über dessen Herkunft getäuscht wird. Dass die von der Beklagten verkauften Kotflügel mit den von der Klägerin hergestellten Originalkotflügeln verwechselt werden können, lässt sich nicht von der Hand weisen, sind sie diesen doch genau nachgebildet. Ausser Frage steht ferner, dass dem Wagenbesitzer in der Regel nicht gleichgültig ist, ob in seinen Wagen Original- oder nachgemachte Teile eingebaut werden, pflegt doch der Konsument gerade im Automobilsektor mit der betrieblichen Herkunft einer Ware bestimmte Qualitätsvorstellungen zu verbinden (BGH in GRUR 64/1962, S. 540).
Da für die klägerischen Kotflügel kein Sonderrechtsschutz besteht (E. 2 hievor), ist auf der anderen Seite den Mitbewerbern deren Nachahmung grundsätzlich erlaubt. Gegen das Verbot unlauteren Wettbewerbs verstösst die Beklagte nur, wenn sie mit dem Vertrieb der nachgeahmten Kotflügel auf eine Art und Weise, die sich durch die Nachahmungsfreiheit nicht mehr rechtfertigen lässt, eine Täuschungsgefahr herbeiführt oder den Ruf der Klägerin ausnützt. Ob dem so sei, ist aufgrund der gesamten Umstände zu entscheiden.
Autokotflügel erwirbt der Konsument in der Regel durch Vermittlung des Garagisten oder Karossiers, den er mit der Reparatur seines Wagens betraut. Das Handelsgericht hält dafür, die grundsätzlich bestehende Verwechslungsgefahr könne der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil sie sich darauf verlassen dürfe, dass der Garagist seinen Kunden über die Verwendung anderer als Originalteile aufklären werde. Ob davon ohne weiteres ausgegangen werden kann, erscheint allerdings fraglich. Der Einwand der Klägerin, dem Garagisten müsse daran gelegen sein, den Kunden nicht durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Verwendung von nachgemachten Teilen von der Erteilung des Reparaturauftrages
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abzuhalten, hat einiges für sich. Es mag durchaus zutreffen, dass aus diesem Grunde zuweilen nachgemachte Teile verwendet werden, ohne dass der Kunde davon erfährt. Das ändert indessen nichts daran, dass den Garagisten die Pflicht trifft, seinen Kunden, der in der Regel mit den sich stellenden technischen Fragen nicht vertraut ist und sich gerade deshalb auf das Wissen und Können des Fachmannes verlässt, auf wesentliche Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeitsausführung oder des bei der Reparatur zu verwendenden Materials aufmerksam zu machen. Wird der Konsument in Verletzung dieser Aufklärungspflicht über die betriebliche Herkunft eines Ersatzteils irregeführt, so ist dafür in erster Linie der Garagist verantwortlich. Gewiss wird im vorliegenden Fall die Täuschung von Kunden erst dadurch möglich, dass die Kotflügel hergestellt und auf den Markt gebracht worden sind. Die Gefahr, dass Dritte den Endabnehmer täuschen, rechtfertigt es jedoch für sich allein nicht, der Beklagten den Vertrieb nachgeahmter Kotflügel zu verbieten, deren Vorbild durch keinerlei Sonderrechte geschützt ist. Dies umso weniger, als auf der anderen Seite auch das Interesse der Allgemeinheit - und namentlich der Konsumenten - an der Vermeidung ungerechtfertigter Monopolisierungen ins Gewicht fällt. Ein solches Interesse an der Erhaltung des Wettbewerbs besteht gerade auch im Automobilersatzteilgeschäft; die Kartellkommission hat in einer einlässlichen Untersuchung dieses Marktbereiches festgestellt, dass der Wettbewerbsdruck hier eine erhebliche preissenkende Wirkung zeitigt (Veröffentlichungen der schweizerischen Kartellkommission, a.a.O., insbes. S. 99 f., 173, 174 f., 180).
Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, was die Beklagte hätte vorkehren können, um die Möglichkeit einer Irreführung des Konsumenten auszuschliessen. Die Form der Kotflügel zu verändern, um sie von den Originalkotflügeln der Klägerin unterscheidbar zu machen, wäre der Beklagten jedenfalls nicht zuzumuten. Für den durchschnittlichen Konsumenten ist für die Brauchbarkeit eines Kotflügels als Ersatzteil wesentlich, dass er gleich aussieht wie der ursprüngliche Kotflügel; ein abweichend gestalteter Kotflügel hätte daher auf dem Markt von vornherein keine Aussicht auf Erfolg, was auch die Klägerin zugibt. Dem Nachahmer kann aber nicht verwehrt werden, seinen Erzeugnissen diejenige Form zu geben, die sie in den Augen der Verbraucher aufweisen müssen, um ihrem Gebrauchszweck zu entsprechen (E. a/aa hievor). Der Beklagten kann deshalb auch nicht vorgeworfen werden, sie beute damit,
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dass sie Kotflügel vertreibe, die den von der Klägerin hergestellten genau nachgemacht seien, in unlauterer Art und Weise den Ruf der Klägerin aus.
c) Die Klägerin rügt schliesslich noch, die Vorinstanz gehe in Verletzung von Art. 8 ZGB und offensichtlich versehentlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ) davon aus, dass die Beklagte nur an Garagisten und Karossiers liefere und nicht auch direkt an die Endabnehmer.
Wie die Beklagte mit Recht geltend macht, wird jedoch ein durchschnittlicher Automobilbesitzer, der an seinem Wagen einen Kotflügel auswechseln muss, dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer durch eine Werkstatt ausführen lassen. Als direkte Kunden der Beklagten kämen daher von vorneherein nur Automobilbesitzer mit überdurchschnittlichen Sachkenntnissen in Frage. Bei solchen Käufern wäre aber - gleich wie bei Garagisten und Karossiers (E. b/aa hievor) - davon auszugehen, dass sie über die Verhältnisse im Automobilersatzteilhandel unterrichtet sind und deshalb nur bei ausdrücklich als solche bezeichneten Ersatzteilen annehmen würden, es handle sich um Originalteile. Im übrigen müssten auch sie bereits daraus, dass die Beklagte in ihrem Katalog eine Vielzahl von Ersatzteilen für die verschiedensten Automarken auflistet, die sie zudem mit ihren eigenen Typennummern bezeichnet, schliessen, dass ihnen nicht Original-, sondern nachgemachte Teile angeboten werden.
Der angefochtene Entscheid wäre demnach auch unter der Annahme, dass die Beklagte ebenfalls Direktkunden beliefert, nicht zu beanstanden. Die Rügen einer Verletzung von Art. 8 ZGB und eines offensichtlichen Versehens im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG stossen ins Leere, soweit sie überhaupt ausreichend begründet worden sind.

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