BGE 116 III 96 vom 28. Juni 1990

Datum: 28. Juni 1990

Artikelreferenzen:  Art. 47 KOV, Art. 51 KOV, Art. 96 KOV, Art. 755 OR, Art. 200 SchKG, Art. 235 SchKG, Art. 240 SchKG, Art. 242 SchKG, Art. 260 SchKG, Art. 269 SchKG, Art. 288 SchKG , Art. 260 Abs. 1 SchKG, Art. 200, 285 ff. SchKG, Art. 755 OR, Art. 269 BGE 116 III 96 S. 100, Art. 269 Abs. 1 SchKG, Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG, Art. 5, 241 SchKG, Art. 63 Abs. 2 OG, Art. 64 Abs. 2 OG, Art. 235 Abs. 3 und 4 SchKG, Art. 235 Abs. 4 SchKG

BGE referenzen:  122 III 176, 136 V 7 , 90 III 44, 103 III 11, 80 III 52, 111 II 83, 109 III 28, 102 III 82, 107 III 86, 90 III 46, 109 III 28, 102 III 82, 107 III 86, 90 III 46

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

116 III 96


21. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Juni 1990 i.S. SBG gegen Heinz P. (Berufung)

Regeste

Nachkonkurs ( Art. 269 SchKG ).
Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachkonkurses; Übersicht über die bisherige Rechtsprechung (E. 2).
Der Ausschluss des Nachkonkurses setzt voraus, dass eine Mehrheit der zur Teilnahme an der zweiten Gläubigerversammlung berechtigten Gläubiger vor Abschluss des Konkursverfahrens um Existenz und Massezugehörigkeit der nachträglich ausfindig gemachten Vermögenswerte wusste. Das Wissen eines einzelnen Gläubigers genügt nicht (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3-6).
Offengelassen, ob bereits das blosse Kennenmüssen zum Ausschluss des Nachkonkurses führte (E. 7) und wie es sich bei fehlbarem Verhalten der Konkursverwaltung verhielte (E. 6c).

Sachverhalt ab Seite 97

BGE 116 III 96 S. 97

A.- Gemeinsam mit Emil E. und Hans H. gründete Heinz P. am 6. Februar 1975 die W.-AG mit Sitz in Zug, aus deren Verwaltungsrat er indessen am 4. November 1980 ausschied.
Mit Erklärung vom 10. April 1980 trat die W.-AG "alle Forderungen gegenüber der zu gründenden aussenstehenden Lizenzgesellschaft ALGE, einschliesslich derjenigen über Fr. 800'000.-- aus Patentveräusserungen", zahlungshalber an Heinz P. ab. Gemäss ihrem Schreiben vom 14. April 1980 übertrug alsdann die W.-AG "sämtliche Patente und laufenden Patentanmeldungen sowie die Markenrechte über die Marke Rolax" auf die gleichentags gegründete T.-SA in Luxemburg. In der Folge erhielt Heinz P. als Entschädigung für seine Rechte von der damals bereits in hohem Masse überschuldeten W.-AG Fr. 975'000.-- ausbezahlt.

B.- Am 24. November 1982 eröffnete der Konkursrichter des Kantons Zug über die W.-AG den Konkurs.
Nachdem die Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars am 8./9. September 1983 öffentlich bekanntgemacht worden war, ersuchte das Konkursamt Zug die Konkursgläubiger am 24. Mai 1984, von der Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen sowie von Ansprüchen aus anfechtbaren Rechtsgeschäften mit der T.-SA abzusehen. Die Schweizerische Bankgesellschaft und mit ihr weitere Gläubiger liessen sich diese Ansprüche in der Folge von der Konkursmasse abtreten, wobei ihnen für die gerichtliche Geltendmachung Frist bis zum 30. Juni 1985 angesetzt wurde. Am 17. August 1984 fand das summarische Konkursverfahren seinen Abschluss.
Am 25. Januar 1985 teilte die Schweizerische Bankgesellschaft dem Konkursamt Zug mit, dass sie im Verlaufe ihrer Abklärungen auf die Abtretungserklärung der W.-AG vom 10. April 1980 gestossen sei, die möglicherweise der Anfechtung im Sinne von Art. 288 SchKG unterliege. Die daraus entstehenden Ansprüche wurden vom Konkursamt Zug inventarisiert und schliesslich den Gläubigern zur Abtretung angeboten.

C.- Die Schweizerische Bankgesellschaft reichte beim Bezirksgericht Steckborn am 27. Juni 1985 Klage gegen Heinz P. ein. Nebst der Feststellung, dass die "Erklärung" der W.-AG vom 10. April 1980 ungültig sei, verlangte sie die Zahlung sämtlicher gestützt darauf erhaltener Beträge bzw. von Fr. 975'000.-- nebst Zins.
Mit Urteil vom 7. Juni 1988 gab das angerufene Gericht der Klage statt, soweit damit die Feststellung der Ungültigkeit und die
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Bezahlung von Fr. 975'000.-- nebst Zins verlangt worden war. Auf das nicht bezifferte Klagebegehren trat das Gericht nicht ein.
Am 18. Mai 1989 hiess das Obergericht des Kantons Thurgau die von Heinz P. gegen dieses Urteil gerichtete Berufung gut und wies die Klage ab, soweit es darauf eintreten konnte.

D.- Dagegen hat die Schweizerische Bankgesellschaft Berufung an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und wiederum die Zahlung von Fr. 975'000.-- nebst Zins. Eventuell ersucht sie um Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

2. Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, die zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben gemäss Art. 269 Abs. 1 SchKG in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeiten die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung. Handelt es sich um einen zweifelhaften Rechtsanspruch, so bringt das Konkursamt dies den Konkursgläubigern zur Kenntnis, die entweder die Geltendmachung durch die Gesamtheit der Gläubiger oder aber die Abtretung an einzelne von ihnen verlangen können (Art. 269 Abs. 3 in Verb. mit Art. 260 Abs. 1 SchKG ).
a) Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass dasjenige Vermögen, dessen Existenz und Massezugehörigkeit der Konkursverwaltung und den Gläubigern bereits vor Abschluss des Konkurses bekannt war oder bekannt gewesen sein sollte, nicht im Nachkonkurs im Sinne von Art. 269 SchKG liquidiert werden kann ( BGE 90 III 44 ; BGE 74 III 74 ; BGE 50 III 138 ; BGE 46 II 29 ; BGE 23 II 1724 ; BGE 23 I 399 ). Werde die Geltendmachung trotz Kenntnis hinreichender Anhaltspunkte für den Bestand dieser Ansprüche unterlassen, so sei zu vermuten, dass die Konkursmasse bewusst darauf verzichtet habe; dadurch sei der Konkursbeschlag entfallen und, in entsprechendem Umfang, die Verfügungsmacht der Masse wieder auf den Gemeinschuldner übergegangen ( BGE 90 III 44 f.). Diese Rechtsprechung nimmt sodann Rücksicht auf den Dritten, für den grundsätzlich Verlass darauf sein müsse, sich nach Abschluss des Konkursverfahrens nicht doch noch einer Klage ausgesetzt zu sehen. Ein solches Bedürfnis bestehe gerade bei zweifelhaften Rechtsansprüchen, zumal diese - wie die paulianische
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Anfechtung ( Art. 200, 285 ff. SchKG ) oder die Verantwortlichkeit gemäss Art. 755 OR - regelmässig nur klageweise durchgesetzt werden könnten (vgl. den Entscheid der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts vom 31. März 1977, veröffentlicht in ZR 78/1979 Nr. 78, S. 180 ff., S. 189).
b) Im letztgenannten Entscheid hat sich das Bundesgericht ausführlich mit der Frage befasst, inwieweit neben der Kenntnis der Konkursverwaltung auch das Wissen der Gläubiger zum Ausschluss des Nachkonkurses im Sinne von Art. 269 SchKG führen muss.
aa) Bereits in BGE 23 I 399 ist von Aktiven die Rede gewesen, von deren Bestand sowohl die Konkursverwaltung als auch die Gläubiger Kenntnis hatten. BGE 23 II 1725 /26 hat festgehalten, dass auf das Wissen der Gläubiger nichts ankomme, sofern nur die Konkursverwaltung den Anspruch gekannt habe; immerhin ist beigefügt worden, dass sich jedoch die den Anspruch geltend machenden Abtretungsgläubiger ihre Kenntnis entgegenhalten lassen müssten. Demgegenüber ist in BGE 50 III 138 ff. ausgeführt worden, die Kenntnis eines einzelnen Gläubigers, und wäre es auch desjenigen, der den Anspruch aufgrund einer Abtretung allein erhebe, genüge nicht, weil auch ein solcher Gläubiger lediglich Ansprüche der Masse verfolge und ihm deshalb nicht Einwendungen entgegengehalten werden könnten, die nur seine Person beträfen; wem schliesslich das Prozessergebnis zufallen soll, gehe den Beklagten nichts an. In BGE 80 III 52 hat sodann das Bundesgericht die Anwendung von Art. 269 SchKG ausgeschlossen, weil der Gläubigerausschuss in einem Nachlassliquidationsverfahren die streitige Forderung gekannt, auf deren Einbezug in die Liquidation indessen verzichtet hatte. Unter Hinweis auf die beiden letztgenannten Entscheide ist in BGE 90 III 44 ausgeführt worden, der Kenntnis der Konkursverwaltung sei jene eines Gläubigerausschusses gleichzusetzen, nicht aber jene eines einzelnen Gläubigers, auch nicht desjenigen, der die Abtretung verlange; anderseits sei nicht die Kenntnis sämtlicher Gläubiger erforderlich.
bb) Das Bundesgericht hat aus dieser in seinem Entscheid vom 31. März 1977 zusammengefasst wiedergegebenen Rechtsprechung den Schluss gezogen, dass jedenfalls das Wissen eines "massgebenden Teils" der Gläubiger der Kenntnis der Konkursverwaltung gleichzusetzen sei. Dabei hat es erneut die Frage aufgeworfen, ob nicht schon die Kenntnis jener Gläubiger genügen sollte, welche die Abtretung der Ansprüche gestützt auf Art. 269
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Abs. 3 SchKG
verlangen. Es treffe zwar zu, dass diese Gläubiger nicht eigene Ansprüche, sondern solche der Masse verfolgten und dass ihnen daher keine Einreden entgegengehalten werden können, die dem Beklagten nicht auch gegenüber der Masse zustehen ( BGE 90 III 44 ; BGE 50 III 140 ). Dennoch sei es stossend, wenn einzelne Gläubiger ihr Wissen um Konkursaktiven gegenüber der Konkursverwaltung verschweigen, um sie dann nach Schluss des Verfahrens für sich allein geltend zu machen. Die Frage musste indessen wiederum nicht abschliessend geklärt werden, da nebst einem Teil der Gläubiger auch die Konkursverwaltung um das Vorhandensein von Verantwortlichkeitsansprüchen noch vor Abschluss des Konkursverfahrens gewusst haben musste. Immerhin ist aber festgehalten worden, dass von insgesamt sechs Gläubigern mit Forderungen von total Fr. 900'000.-- deren drei mit einem Gesamtbetreffnis von Fr. 748'000.-- (= 5/6 der kollozierten Forderungen bzw. 15/16 des gesamten Konkursverlustes) als "massgebender Teil" bezeichnet werden könnten (vgl. dazu ZR 78/1979 Nr. 78, S. 188 f., S. 191).

3. a) Das Obergericht des Kantons Thurgau ist in Übereinstimmung mit der ersten Instanz zur Auffassung gelangt, dass das Konkursamt erst nach Abschluss des Konkursverfahrens vom strittigen Anspruch erfahren hat und ihm in dieser Hinsicht keine Versäumnisse vorgeworfen werden könnten. In der Überzeugung, die Rechtsprechung des Bundesgerichts weiterführen zu müssen, hat es sodann ausgeführt, dass bereits die Kenntnis oder das Kennenmüssen auf seiten des oder der jeweiligen Abtretungsgläubiger die Durchführung eines Nachkonkurses ausschliesse. Diesen Schluss hat das Obergericht jedoch wiederum mit der Bemerkung abgeschwächt, dass vorliegend die alleinige Kenntnis der Klägerin der nachträglichen Geltendmachung des umstrittenen Anspruchs selbst gemäss bisheriger Rechtsprechung entgegenstehe, da die Klägerin mit ihren eingegebenen Forderungen - die rund 44% der gesamthaft kollozierten Ansprüche betragen - einen "massgebenden Teil" der Konkursgläubigerschaft verkörpere.
b) In der Berufung wird dagegen eingewendet, das Bundesgericht habe mehrfach festgehalten, dass die Kenntnis eines einzelnen Gläubigers zur Annahme eines Verzichts auf die Geltendmachung des Anspruchs nicht genügen könne. Der klagende Abtretungsgläubiger müsse sich die gegen ihn persönlich gerichteten Einreden nicht gefallen lassen, weshalb ihm auch nicht entgegengehalten werden dürfe, den Anspruch bereits während des Konkursverfahrens
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gekannt und durch Unterlassen der Geltendmachung darauf verzichtet zu haben. Insbesondere sei nicht einsehbar, wie ein einzelner Gläubiger ohne entsprechende Ermächtigung namens der Konkursmasse auf deren Ansprüche verzichten könnte. Da diese Befugnis grundsätzlich der zweiten Gläubigerversammlung zustehe, bedürfe es dazu der Kenntnis bzw. des Verzichts desjenigen Teils der Gläubiger, der in der Versammlung oder bei einem Zirkularbeschluss genügend Stimmen auf sich vereinige, um den Gang des Konkursverfahrens zu bestimmen. Dies treffe für die Klägerin allein offensichtlich nicht zu, weshalb sie nicht als "massgebender Teil" der Gläubigerschaft bezeichnet werden dürfe.

4. Im einzelnen ist darüber zu befinden, ob die Durchführung des Nachkonkurses im Sinne von Art. 269 SchKG bereits deshalb scheitern muss und das Klagebegehren abzuweisen ist, weil die Klägerin - allein oder allenfalls gemeinsam mit der Konkursverwaltung - noch vor Abschluss des Konkursverfahrens von der gemäss Erklärung vom 10. April 1980 erfolgten Abtretung hätte Kenntnis haben müssen.
a) Die Durchführung des Konkursverfahrens obliegt verschiedenen gerichtlichen und aussergerichtlichen Organen, wobei der zweiten Gläubigerversammlung die wichtigsten Entscheidungsbefugnisse zustehen (vgl. Art. 252, 253, 256, 317 SchKG). Gegenüber der ersten hat das Gesetz den Zuständigkeitsbereich der zweiten Gläubigerversammlung wesentlich weiter gefasst, was sich darauf zurückführen lässt, dass ihr nur noch diejenigen Gläubiger angehören, die voraussichtlich an der Verteilung des Verwertungserlöses teilhaben werden. Ihr allein steht namentlich auch die Befugnis zu, auf die Geltendmachung von Forderungen und Rechten oder die Bestreitung eines gegen die Masse selbst erhobenen Anspruchs zu verzichten (vgl. BGE 103 III 11 E. 3a; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. Bern 1988, § 47, Rz. 7, S. 375; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. A. Lausanne 1988, S. 336; JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, Kommentar, 3. A. 1911, Bd. 2, N. 3 zu Art. 253, S. 245). Die Abtretung von Rechtsansprüchen gemäss Art. 260 SchKG , womit sich die Masse gemäss herrschender Auffassung nicht etwa des Rechts begibt, sondern dem erwerbenden Gläubiger lediglich die Befugnis zur Prozessführung und zur Vorausbefriedigung aus dem dabei anfallenden Gewinn einräumt, bedarf nach dem Wortlaut des Gesetzes des vorherigen Verzichts der Gesamtheit der Gläubiger (vgl. dazu BGE 113
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III 137 E. 3; BGE 111 II 83 E. 3a; BGE 109 III 28 f.). Das will indessen nicht heissen, dass das Einverständnis sämtlicher Gläubiger vorliegen müsste, vielmehr genügt ein Mehrheitsbeschluss der zweiten Gläubigerversammlung (AMONN, a.a.O., § 47, Rz. 34, S. 382; GILLIÉRON, a.a.O., S. 341; BGE 102 III 82 E. 3b).
b) Den umfassenden Befugnissen der zweiten Gläubigerversammlung entsprechend, ist der Zuständigkeitsbereich der Konkursverwaltung begrenzt. Diese hat gemäss Art. 240 SchKG alle der Erhaltung und Verwertung der Masse dienenden Geschäfte zu besorgen und die Masse vor Gericht zu vertreten. Trotz dieser Vertretungsbefugnis kann die Konkursverwaltung nicht über die Aufhebung oder Weiterführung von Prozessen befinden (AMONN, a.a.O., § 45, Rz. 21, S. 357; GILLIÉRON, a.a.O., S. 325 f.; JAEGER, N. 4 zu Art. 240, S. 200). Auf die Geltendmachung eines Aktivums vermag nicht sie, sondern - wie erwähnt - allein die zweite Gläubigerversammlung gültig zu verzichten ( BGE 103 III 11 E. 3a). Bezüglich der Herausgabe von Sachen, die von dritter Seite als Eigentum angesprochen werden, kommt der Konkursverwaltung nicht in dem Umfang Verfügungsmacht zu, wie es der Wortlaut von Art. 242 SchKG vermuten liesse. Entsprechend sieht Art. 47 KOV einschränkend vor, dass die Anzeige an den Drittansprecher und die Herausgabe des angesprochenen Gegenstandes zu unterbleiben hat, bis feststeht, ob die zweite Gläubigerversammlung etwas anderes beschliesst oder ob nicht einzelne Gläubiger nach Art. 260 SchKG die Abtretung der Ansprüche der Masse auf den Gegenstand verlangen (zur Ausnahme gemäss Art. 51 KOV , BGE 75 III 16 E. 1; im übrigen BGE 107 III 86 E. 2). Was schliesslich die Anfechtungsklage anbelangt, die nach Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG von der Konkursverwaltung zu erheben ist, liegt die Rechtszuständigkeit ebenfalls ausschliesslich bei der Masse selbst ( Art. 200 SchKG ; vgl. JAEGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 285, S. 365).
c) Dem Handeln der Konkursverwaltung als Vertreterin der Masse kommt dennoch grosse Bedeutung zu. Sie tritt nach aussen kraft Gesetzes selbständig auf (Fritzsche, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. A. Zürich 1968, S. 133; vgl. BGE 67 III 181 ). Dank der ihr zugedachten Aufgabe, das Konkursverfahren im einzelnen durchzuführen, verfügt sie regelmässig über die beste Übersicht über die Verhältnisse. Vor allem in nicht leicht überschaubaren Verhältnissen, wie sie bei Grosskonkursen üblich sind, oder aber im summarischen Konkursverfahren, wo regelmässig
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keine Gläubigerversammlungen stattfinden ( Art. 96 KOV ), hat die Konkursverwaltung als Ausführungsorgan und Mittlerin zwischen Masse und Dritten eine besonders starke Stellung inne. Dabei ist nicht auszuschliessen, dass ihr Fehler unterlaufen oder sie in einer Weise handelt, die ihren Befugnisbereich übersteigt; im Einzelfall kann sich daher die Frage stellen, ob dieses Handeln mit Rücksicht auf den Schutz des Dritten Wirksamkeit gegenüber der Masse zu erlangen vermag (vgl. etwa HINDERLING, Über die Vertretungsmacht der Konkursverwaltung, in SJZ 47/1951, S. 249 ff.). Auch im Zusammenhang mit Art. 269 SchKG dürfen daher die Versäumnisse der Konkursverwaltung - wie nach bisheriger Rechtsprechung - nicht zum vornherein ausser acht gelassen werden; käme es jedoch deswegen zum Ausschluss des Nachkonkurses, wird sich die Konkursverwaltung ihrer Verantwortlichkeit gegenüber der Masse kaum entziehen können ( Art. 5, 241 SchKG ).

5. Der Beklagte und dessen Rechtsnachfolger haben im kantonalen Verfahren eingewendet, dass der vorliegend geltend gemachte Anspruch auch der Konkursverwaltung bereits vor Abschluss des Konkursverfahrens bekannt gewesen ist oder sein musste.
Das Obergericht hat dazu tatsächliche Feststellungen getroffen, die das Bundesgericht im Verfahren der Berufung binden ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Als Rechtsfrage kann hingegen überprüft werden, ob die Vorinstanz bei der Beurteilung der von der Konkursverwaltung aufgewendeten Sorgfalt von falschen Anforderungen ausgegangen ist. In dieser Hinsicht lässt sich indessen dem Obergericht nichts vorwerfen. Zum einen hat es mit Recht darauf verwiesen, dass ein Verlust des Klagerechts zufolge Versäumnisses der Konkursverwaltung nicht leichthin angenommen werden darf ( BGE 90 III 46 ; BGE 50 III 139 ). Zum andern ist in Würdigung der Beweise verbindlich festgestellt worden, dass es der Konkursverwaltung während der Verfahrensabwicklung an hinreichenden Anhaltspunkten gefehlt habe, die auf den Bestand des fraglichen Anspruchs hingedeutet hätten. Inwieweit sich bei dieser Sachlage das als Konkursverwaltung tätige Konkursamt Zug in irgendeiner Weise fehlerhaft verhalten haben sollte, ist deshalb in der Tat nicht ersichtlich.

6. a) Im kantonalen Verfahren ist sodann verbindlich festgestellt worden, dass sich nach dem rechtskräftigen Kollokationsplan insgesamt sechs Gläubiger am Konkurs der W.-AG beteiligt haben. Weiter steht fest, dass die Konkursverwaltung mit Zirkular
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vom 30. Januar 1985 sämtliche Gläubiger über die gemäss Erklärung vom 10. April 1980 erfolgte Abtretung unterrichtet hat. Wie sich im übrigen ohne weiteres den Akten entnehmen lässt ( Art. 64 Abs. 2 OG ), hat laut Bescheinigung der Konkursverwaltung vom 21. Februar 1985 die Mehrheit der Gläubiger auf die Geltendmachung dieser Ansprüche verzichtet und - im Sinne von Art. 260 Abs. 1 SchKG - zu deren Abtretung an die Klägerin und an zwei weitere Gläubiger Hand geboten. Von letzteren ist freilich in der Folge keine Klage erhoben worden, was die Konkursverwaltung dazu bewogen hat, bezüglich dieser Gläubiger die Abtretung mit Verfügung vom 9. Dezember 1987 zu widerrufen.
Die Beklagte hat den Einwand des Verzichts auf den geltend gemachten Anspruch vor den kantonalen Gerichten ausschliesslich gegenüber der Klägerin und der Konkursverwaltung erhoben, während gegen sämtliche übrigen Gläubiger nichts dergleichen vorgebracht worden ist. Nachdem sich indessen der Konkursverwaltung vorliegend kein Fehlverhalten vorwerfen lässt und es auch hinsichtlich der übrigen Konkursgläubiger an entsprechenden Feststellungen fehlt, bleibt nur mehr zu prüfen, ob möglicherweise bereits aufgrund des Verhaltens eines einzelnen Gläubigers die Durchführung eines Nachkonkurses versagt bleiben muss.
b) Der Ausschluss des Nachkonkurses hat den endgültigen Verlust eines zur Konkursmasse gehörenden Rechtsanspruchs zur Folge, wodurch notwendigerweise die rechtlichen Interessen der Gesamtheit der Gläubiger beschlagen werden. Der Klägerin ist einzuräumen, dass diese Rechtsfolge nicht vom Verhalten eines einzelnen Gläubigers des Gemeinschuldners abhängig gemacht werden kann. Vielmehr muss von der Gesamtheit der Gläubiger (vgl. Art. 260 Abs. 1 SchKG ) bzw. von der zweiten Gläubigerversammlung ausgegangen werden. Der Einwand des belangbaren Dritten, wonach die Konkursgläubiger von der Existenz und Massezugehörigkeit der nach Abschluss des Konkurses ausfindig gemachten Vermögenswerte des Gemeinschuldners bereits vorher Kenntnis hatten oder haben mussten, ist somit dann zu schützen, wenn er sich gegenüber der Mehrheit der zur Teilnahme an der zweiten Gläubigerversammlung berechtigten Gläubiger als begründet erweist. Damit steht zugleich fest, dass es nicht auf die im konkreten Fall durchgeführte Gläubigerversammlung ankommen kann. Dies folgt einerseits aus dem Umstand, dass in den häufigen Fällen des summarischen Konkursverfahrens gar keine
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Gläubigerversammlungen stattfinden und die unter besonderen Umständen auf dem Zirkularweg durchzuführende Befragung sich ohnehin stets an die Gesamtheit der Gläubiger richten muss (vgl. Art. 96 KOV ); zum andern aber ist das an der zweiten Gläubigerversammlung massgebende Quorum innerhalb gewisser Schranken insofern beliebig, als es nicht der Teilnahme sämtlicher Gläubiger bedarf und nach der Rechtsprechung auch die sich der Stimme enthaltenden Gläubiger nicht mitgezählt werden (Art. 252 Abs. 3 in Verb. mit Art. 235 Abs. 3 und 4 SchKG ; BGE 40 III 4 ). In praktischer Hinsicht bietet im übrigen die Feststellung des dergestalt umschriebenen Gläubigerquorums keine Schwierigkeiten, weil über die Zulassung zur zweiten Gläubigerversammlung der Kollokationsplan sicheren Aufschluss vermittelt, zumal wenn er bereits in Rechtskraft erwachsen ist (AMONN, a.a.O., § 47, Rz. 3 ff., S. 374 f.; GILLIÉRON, a.a.O., S. 331/336). Dass dabei nicht Höhe oder Rang der kollozierten Forderungen den Ausschlag geben, sondern die Gläubiger nach Köpfen zu zählen sind, versteht sich mit Blick auf Art. 235 Abs. 4 SchKG von selbst (vgl. BGE 38 I 777 ).
c) Sollte sich im Einzelfall herausstellen, dass sich genau die Hälfte des massgebenden Quorums den Vorwurf gefallen lassen muss, um die Existenz der nachträglich geltend gemachten Vermögenswerte gewusst zu haben, fehlt es an der erforderlichen Mehrheit. Die nachträgliche Geltendmachung des fraglichen Anspruchs darf unter diesen Umständen jedenfalls so lange nicht ausgeschlossen werden, als in diesem Zusammenhang nicht zugleich auch der Konkursverwaltung Verfehlungen vorgehalten werden können. Wie diese im einzelnen beschaffen sein müssen, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, wie überhaupt die Frage auf sich beruhen mag, wie bei einer fehlbaren Konkursverwaltung - mit oder ohne Beteiligung einer Minderheit von Gläubigern - zu verfahren ist.
d) Damit steht fest, dass das Verhalten eines einzelnen Gläubigers für sich allein die Durchführung des Nachkonkurses nie abzuwenden vermag. Selbst wenn der Kollokationsplan insgesamt bloss zwei Gläubiger ausweist, fehlt es an einer für die Masse verbindlichen Mehrheit. Wohl kann nun - was stossend scheinen mag - ein einzelner Gläubiger sein Wissen um vorhandene Vermögenswerte verschweigen, um alsdann nach Art. 269 SchKG die Abtretung zu erwirken. Zumindest in rechtlicher Hinsicht wird er sich dadurch freilich keine Vorteile verschaffen können, da er sowohl vor als auch nach Abschluss des Konkursverfahrens die
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Abtretung nur dann erwirken kann, wenn die Mehrheit der Gläubiger dazu Hand bietet. Unabhängig vom Vorgehen des die Abtretung verlangenden Gläubigers wird dies gewöhnlich nicht der Fall sein, wenn die Geltendmachung des fraglichen Anspruchs Aussicht auf ein positives Ergebnis bietet und nicht mit allzu grossen Risiken verbunden ist (AMONN, a.a.O., § 47, Rz. 35, S. 382). Sollte erst nach erfolgter Übertragung zutage treten, dass der Abtretungsgläubiger bereits vor Abschluss des Konkurses um den erworbenen Anspruch wusste, mag ein Widerruf der Abtretung erwogen werden (vgl. Formular Nr. 7, Rückseite, Ziff. 6). Ist dagegen die Abtretung bereits im Wissen um die seitens der Abtretungsgläubiger geübte Verheimlichung durch die "Gesamtheit der Gläubiger" beschlossen (Art. 269 Abs. 3 in Verb. mit Art. 260 Abs. 1 SchKG ) oder von einem Widerruf der Abtretung abgesehen worden, muss es damit sein Bewenden haben.
Der aus dem abgetretenen Anspruch Belangbare kann somit dem einzelnen Abtretungsgläubiger die persönliche Einwendung der bereits lange währenden Kenntnis nicht entgegenhalten und daraus keinen Rechtsverzicht zu Lasten der noch immer berechtigten Konkursmasse ableiten (vgl. bereits BLUMENSTEIN, Handbuch des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, Bern 1911, S. 823, Anm. 7; BGE 90 III 44 ; BGE 50 III 140 ). Die gegenteilige Auffassung würde nur der Masse selbst schaden, was durch nichts zu rechtfertigen wäre. So ist insbesondere nicht ersehbar, weshalb das Interesse des Dritten höher bewertet werden sollte, zumal es sich bei der Abtretung nach Art. 269 Abs. 3 SchKG meistens um Ansprüche handelt, bei denen sich besondere Rücksicht gegenüber dem Dritten nicht geradezu aufdrängt (vgl. Art. 285 ff. SchKG , Art. 755 OR ).

7. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Klage nicht bereits deswegen abgewiesen werden kann, weil die Klägerin noch vor Schluss des Konkursverfahrens Kenntnis vom eingeklagten Anspruch hatte oder hätte haben sollen. Ob letzteres zutrifft, mag vorliegend offenbleiben. Selbst wenn dem so gewesen wäre, liesse sich der Verlust des Klagerechts nicht halten, da der Kollokationsplan neben der Klägerin weitere fünf Gläubiger ausweist, gegen die keine Vorwürfe erhoben und erstellt worden sind, und sich auch das Verhalten der Konkursverwaltung als unfehlbar erwiesen hat. Bei dieser Sachlage ist auch nicht weiter auf die an der Rechtsprechung geübte Kritik einzugehen, soweit sich diese gegen die Gleichsetzung des blossen Kennenmüssens mit der tatsächlichen
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Kenntnis richtet (vgl. WALDER, Der Nachkonkurs, in: BlSchK 45/1981, S. 1 ff., insb. S. 4 ff.).
Steht demnach fest, dass das Obergericht des Kantons Thurgau Art. 269 SchKG verletzt hat, ist die Berufung teilweise gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur Beurteilung der Klage an die Vorinstanz zurückzuweisen.

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