BGE 118 IA 20 vom 27. Februar 1992

Datum: 27. Februar 1992

Artikelreferenzen:  Art. 6 EMRK, Art. 179 IPRG, Art. 186 IPRG, Art. 58 BV, Art. 113 BV , Art. 179 Abs. 3 IPRG, Art. 4 und 58 Abs. 1 BV, Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 84 Abs. 1 und 87 OG, Art. 179 Abs. 2 IPRG, Art. 84 Abs. 1 OG, Art. 44 ff. OG, Art. 180 Abs. 3 IPRG, § 281 Ziff. 3 ZPO, Art. 4 und 58 BV, Art. 180 IPRG, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 113 Abs. 3 BV, Art. 186 Abs. 1 IPRG, Art. 179 und N 1

BGE referenzen:  115 IA 414, 116 II 220, 119 IA 421, 120 II 155, 121 I 81, 122 I 370, 125 III 45, 129 I 74, 132 I 68, 133 III 439, 133 III 639, 141 III 444 , 115 II 295, 115 II 239, 113 IA 30, 116 IA 11, 116 IA 486, 115 IA 414, 114 IA 311, 117 IA 15, 117 IA 11, 116 II 220, 116 IA 486, 115 IA 414, 114 IA 311, 117 IA 15, 117 IA 11, 116 II 220

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

118 Ia 20


5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Februar 1992 i.S. F. Anstalt gegen T. Company Ltd. und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Internationales Schiedsgerichtsverfahren; Weigerung des staatlichen Richters, einen Schiedsrichter zu ernennen ( Art. 179 Abs. 3 IPRG ; Art. 4 und 58 Abs. 1 BV ; Art. 84 Abs. 1 und 87 OG ).
1. Ein Entscheid, mit dem ein staatlicher Richter aufgrund von Art. 179 Abs. 3 IPRG die Ernennung eines Schiedsrichters ablehnt, ist - im Gegensatz zum umgekehrten Fall - ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG . Es handelt sich überdies um einen staatlichen Hoheitsakt im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG , dagegen nicht um einen Entscheid über einen Zivilrechtsstreit gemäss Art. 44 ff. OG (E. 2).
2. Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht, die von der kantonalen Instanz vertretene Auslegung von Art. 179 Abs. 3 IPRG verletze die Garantie des verfassungsmässigen Richters gemäss Art. 58 Abs. 1 BV , so ist die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt (E. 3a).
3. Nicht willkürlich ist die Auffassung, dass der staatliche Richter die Ernennung eines Schiedsrichters gemäss Art. 179 Abs. 3 IPRG zwar stets vorzunehmen hat, wenn er aufgrund einer summarischen Prüfung zum Schluss gelangt, die geltend gemachten Ansprüche könnten unter die Schiedsabrede fallen, nicht aber auch dann, wenn sie nach seiner Überzeugung davon eindeutig nicht erfasst werden (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 21

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Die F. Anstalt mit Sitz in Liechtenstein und die T. Company Ltd., eine Gesellschaft nach panamaischem Recht, beschlossen mit Vereinbarung vom 18. August 1969, gemeinsam die liechtensteinische Gesellschaft F. Co. Ltd. zu gründen. In der Vereinbarung, auf die ausschliesslich schweizerisches Recht anwendbar sein sollte, wurde zudem die Vertretung beider Gesellschaften im Verwaltungsrat der F. Co. Ltd. und die Art der Geschäftsführung geregelt.
Unter Ziffer 4 nahmen die Parteien sodann folgende Schiedsklausel in den Vertrag auf:
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"If at any time within the period of this Agreement or thereafter, any doubt, difference or dispute shall arise between the parties concerning the validity, interpretation or execution of this Agreement or anything connected therewith or concerning the rights and liabilities of the parties hereunder, the same shall, failing any agreement to settle it by other means, be referred to arbitration."
In bezug auf das Vorgehen bei der Ernennung der Schiedsrichter wurde in der gleichen Ziffer festgehalten, jede Partei bestimme einen Schiedsrichter, der dann zusammen mit dem anderen einen dritten Schiedsrichter ernenne; im Fall, dass einer oder mehrere Schiedsrichter nicht bezeichnet werden könnten, sei jede Partei berechtigt, den Präsidenten des Handelsgerichts des Kantons Zürich um die Vornahme der Ernennung zu ersuchen.
Nachdem durch die F. Anstalt am 13. Januar 1989 ein Schiedsverfahren eingeleitet worden war und beide Parteien einen Schiedsrichter bezeichnet hatten, konnten sich diese nicht auf einen dritten Schiedsrichter einigen. Darauf ersuchte die F. Anstalt am 20. Dezember 1989 den Präsidenten des Handelsgerichts des Kantons Zürich um dessen Ernennung. Der Präsident wies das Gesuch indessen mit Verfügung vom 3. April 1990 ab. Zur Begründung berief er sich auf Art. 179 Abs. 3 IPRG und führte im wesentlichen aus, die Streitsache werde von der Schiedsklausel in der Vereinbarung vom 18. August 1969 nicht erfasst.
Die F. Anstalt focht die Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an, die vom Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 3. Juni 1991 abgewiesen wurde.
Die F. Anstalt reichte beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 58 BV ein, mit der sie beantragte, sowohl die Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts wie auch den Beschluss des Kassationsgerichts aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. a) Gemäss Art. 179 Abs. 3 IPRG muss ein staatlicher Richter, der mit der Ernennung eines Schiedsrichters betraut wird, diesem Begehren stattgeben, es sei denn eine summarische Prüfung ergebe, dass zwischen den Parteien keine Schiedsvereinbarung besteht.
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Ein Entscheid, mit dem ein staatlicher Richter gestützt auf Art. 179 Abs. 3 IPRG die Ernennung eines Schiedsrichters ablehnt, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG . Ein solcher Entscheid beendet nicht nur einen Abschnitt des Schiedsverfahrens, sondern schliesst dessen Durchführung durch die Verneinung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts endgültig aus. Damit entfällt - anders als im Fall, in dem der Richter dem Ernennungsgesuch stattgibt - die Möglichkeit, den Entscheid des Richters im Rahmen eines zukünftigen Schiedsverfahrens in Frage zu stellen. Es handelt sich deshalb nicht um einen blossen Zwischenentscheid, wie er dann vorliegt, wenn der Richter dem Gesuch Folge gebend einen Schiedsrichter ernennt (vgl. BGE 115 II 295 E. 2d: zur Kritik von POUDRET, L'irrecevabilité du recours au Tribunal fédéral contre une décision cantonale de nomination d'arbitres (art. 179 LDIP), in: Bull. ASA 1989, S. 371 ff., braucht im vorliegenden Fall nicht Stellung genommen zu werden).
Bei der Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts handelt es sich dagegen nicht um einen Entscheid über einen Zivilrechtsstreit im Sinne der Art. 44 ff. OG , da sie nicht in einem Verfahren ergangen ist, das auf die materielle und endgültige Entscheidung eines auf Bundeszivilrecht beruhenden Anspruchs durch den angerufenen Richter ausgelegt ist ( BGE 115 II 239 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin konnte deshalb die Verfügung des Handelsgerichtspräsidenten nicht mit Berufung beim Bundesgericht anfechten. Ebenfalls unzulässig war damit die Berufung gegen den Beschluss des Kassationsgerichts.
Ein Ausschluss der staatsrechtlichen Beschwerde lässt sich sodann auch nicht aus Art. 180 Abs. 3 IPRG ableiten. Gemäss dieser Bestimmung urteilt der Richter endgültig über die Ablehnung eines Schiedsrichters, wobei nach zutreffender Auffassung ein solcher Entscheid auch nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV angefochten werden kann (LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage, N 12 zu Art. 180 IPRG ). Dabei handelt es sich indessen um einen Zwischenentscheid, da er das Schiedsverfahren nicht beendet. Selbst wenn Art. 180 Abs. 3 IPRG aufgrund einer systematischen Auslegung auch auf das Ernennungsverfahren anwendbar wäre (so KARRER, Les rapports entre le tribunal arbitral, les tribunaux étatiques et l'institution arbitrale, in: Revue de droit des affaires internationales 1989, S. 766 f.), bliebe aus diesem Grund der Ausschluss der staatsrechtlichen Beschwerde auf Fälle beschränkt, wo sich diese gegen einen Zwischenentscheid
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richtet; auf Endentscheide liesse sich der Ausschluss dagegen mit dieser Begründung nicht ausdehnen.
b) Fraglich ist indessen, ob es sich bei der Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts und dem Beschluss des Kassationsgerichts um kantonale Hoheitsakte im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG handelt, gegen die allein staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden kann. Aus dem unstreitigen Umstand, dass der Handelsgerichtspräsident nach der kantonalen Verfahrensordnung jedenfalls für die Anordnung einer Massnahme gemäss Art. 179 Abs. 2 IPRG nicht zuständig ist, könnte vielmehr abgeleitet werden, er habe nicht als staatlicher Richter, sondern als Privatmann gehandelt, wie die Beschwerdegegnerin denn auch geltend macht.
Art. 179 Abs. 3 IPRG verpflichtet den staatlichen Richter grundsätzlich, einem Ernennungsbegehren stattzugeben. Damit wollte der Gesetzgeber der - insbesondere auch von den Präsidenten des Bundesgerichts befolgten - Praxis entgegentreten, die Ernennung eines Schiedsrichters abzulehnen, wenn eine Partei die Gültigkeit der Schiedsabrede bestritt und die Streitsache ausser dem Sitz des Schiedsgerichts keine Inlandbeziehung aufwies (ANDREAS BUCHER, Die neue internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, S. 62 Rz. 149; LALIVE/POUDRET/REYMOND, N 5 zu Art. 179 IPRG ). Trotz der nun bundesgesetzlich festgelegten Entscheidungspflicht wird in einem Teil der Literatur immer noch die Ansicht vertreten, der Richter urteile nicht in amtlicher Funktion, so dass sein Entscheid mit keinem Rechtsmittel der staatlich organisierten Rechtspflege angefochten werden könne; im Fall der Verweigerung der Schiedsrichterernennung sei vielmehr der gemäss Art. 179 Abs. 2 IPRG zuständige Richter anzurufen (ANDREAS BUCHER, a.a.O., S. 62/3 Rz. 150; WENGER, Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, BJM 1989, S. 346; vgl. auch WALTER/BOSCH/BRÖNNIMANN, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, S. 106/7). Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen. Nach seinem Wortlaut und aufgrund seiner selbständigen Stellung innerhalb des Artikels verpflichtet Abs. 3 von Art. 179 IPRG eindeutig sowohl den vereinbarten wie auch den gesetzlich zuständigen staatlichen Richter als Ernennungsbehörde. Dagegen erfasst die Bestimmung bloss den staatlichen Richter und nicht auch eine andere von den Schiedsparteien prorogierte Ernennungsinstanz. Dem staatlichen Richter wird unabhängig von der Regelung des kantonalen Rechts die Pflicht zum Tätigwerden auferlegt. Insoweit stellt Art. 179 Abs. 3 IPRG eine bundesrechtliche Prozessvorschrift dar, deren Verletzung mit einem Rechtsmittel an das
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Bundesgericht gerügt werden kann, falls dem nicht andere prozessuale Hindernisse entgegenstehen.
Die Beschwerdegegnerin wendet zwar ein, diese Betrachtungsweise sei vom Ergebnis her unbefriedigend, und zwar besonders dann, wenn der Präsident des Bundesgerichts gestützt auf Art. 179 Abs. 3 IPRG mit der Schiedsrichterernennung beauftragt worden sei; in einem solchen Fall sei ein abweisender Entscheid der gerichtlichen Überprüfung entzogen, da der gesuchstellenden Partei sowohl ein Vorgehen nach Art. 179 Abs. 2 IPRG wie eine staatsrechtliche Beschwerde verschlossen sei. Das zwingt indessen nicht zu einer abweichenden Auslegung, sondern ist die Folge einer von den Parteien frei vereinbarten Verfahrensordnung, die insoweit einem Rechtsmittelverzicht gleichkommt, wie er wohl auch im Fall der Bezeichnung eines kantonalen Richters im Rahmen von Art. 179 Abs. 3 IPRG zulässig wäre (zum Rechtsmittelverzicht: BGE 113 Ia 30 E. 3b).

3. a) Wird mit einer staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter im Sinne von Art. 58 Abs. 1 BV geltend gemacht, so überprüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung kantonalen Gesetzesrechts lediglich auf Willkür ( BGE 116 Ia 11 E. 2b, 33 E. 2a). Gleiches hat hinsichtlich des Bundesgesetzesrechts zu gelten, wenn wie im vorliegenden Fall mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt wird, dessen Anwendung durch den kantonalen Richter verstosse gegen Art. 58 Abs. 1 BV . Nur dann, wenn die willkürfreie Auslegung des Bundesrechts nicht mit den Garantien von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar wäre, müsste innerhalb der Schranken von Art. 113 Abs. 3 BV geprüft werden, ob eine freie, verfassungs- und konventionskonforme Auslegung den Grundrechtsanspruch zu verwirklichen vermöchte (vgl. BGE 116 Ia 486 E. 2a). Im vorliegenden Fall deckt sich indessen die Rüge einer Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV mit dem Vorwurf willkürlicher Anwendung von Art. 179 Abs. 3 IPRG . Aus diesem Grund ist allein zu prüfen, ob die Gesetzesanwendung gegen Art. 4 BV verstösst.
b) Ist die Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts somit auf Willkür beschränkt, so entspricht sie im wesentlichen jener, mit welcher das Kassationsgericht die Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts überprüft hat ( § 281 Ziff. 3 ZPO /ZH; STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., N 45 zu § 281). Damit kann sich die Beschwerde nach ständiger Praxis lediglich gegen den Beschluss des Kassationsgerichts richten ( BGE 115 Ia 414 /5, BGE 114 Ia 311 E. 3a). Der Antrag der Beschwerdeführerin,
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auch die Verfügung des Präsidenten des Handelsgerichts aufzuheben, ist deshalb unzulässig.

5. Der Präsident des Handelsgerichts hat die Ernennung eines Schiedsrichters mit der Begründung abgelehnt, die Streitsache werde offensichtlich von der Schiedsklausel nicht erfasst, da sie weder die Auslegung, die Gültigkeit oder Erfüllung bzw. damit zusammenhängende Fragen der Vereinbarung vom 18. August 1969 noch die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten der Parteien hinsichtlich Gründung, Organisation und Geschäftsführung der F. Co. Ltd. betreffe. Das Kassationsgericht erblickte darin keine Verletzung klaren materiellen Rechts im Sinne von § 281 Ziff. 3 ZPO /ZH, was mit der Beschwerde als willkürlich gerügt wird.
a) Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt den angefochtenen Entscheid vielmehr nur dann wegen Verletzung von Art. 4 BV auf, wenn er im Ergebnis mit den tatsächlichen Verhältnissen in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 117 Ia 15 E. 2c, 20 E. 3c mit Hinweisen).
In einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV sind neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen grundsätzlich unzulässig ( BGE 114 Ia 205 E. 1a mit Hinweis). Das bedeutet, dass das Bundesgericht bei der Überprüfung einer als willkürlich ausgegebenen Rechtsanwendung vom Sachverhalt auszugehen hat, wie er dem angefochtenen Entscheid zugrunde gelegt worden ist, es sei denn, der Beschwerdeführer weise nach, dass die kantonale Instanz verfassungswidrig unrichtige oder unvollständige tatsächliche Feststellungen getroffen hat.
b) Das Kassationsgericht legt Art. 179 Abs. 3 IPRG in dem Sinne aus, dass der staatliche Richter die Ernennung eines Schiedsrichters zwar stets vorzunehmen habe, wenn er aufgrund einer summarischen Prüfung zum Schluss gelangt, die geltend gemachten Ansprüche könnten allenfalls unter die Schiedsabrede fallen, nicht aber auch dann, wenn sie nach seiner Überzeugung davon eindeutig nicht erfasst werden. Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber die Auffassung, der gemäss Art. 179 Abs. 3 IPRG angerufene staatliche Richter habe lediglich den formalen Bestand einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien, nicht aber deren Tragweite zu prüfen.
Gemäss Art. 186 Abs. 1 IPRG entscheidet ein Schiedsgericht selbst über seine Zuständigkeit. Es verfügt somit über die sogenannte
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Kompetenz-Kompetenz. Der mit der Ernennung eines Schiedsrichters befasste staatliche Richter hat daher mit summarischer oder prima facie Prüfung lediglich über den Bestand, nicht aber über die Gültigkeit oder die genaue Tragweite der Schiedsabrede zu befinden (LALIVE/POUDRET/REYMOND, N 5 zu Art. 179 und N 1 zu Art. 186 IPRG ; BUCHER, a.a.O., S. 56 Rz. 130). Anderseits will Art. 179 Abs. 3 IPRG eine Partei aber davor bewahren, sich selbst dann auf ein Schiedsverfahren einlassen zu müssen, wenn nicht einmal der Anschein einer Schiedsabrede besteht. Aus diesen Gründen lässt sich die Bestimmung willkürfrei so auslegen, dass die Ernennung eines Schiedsrichters dann abgelehnt werden darf, wenn zwischen den Parteien zwar eine Schiedsvereinbarung besteht, jedoch kein Zweifel bestehen kann, dass sie sich einzig auf Rechtsverhältnisse bezieht, die mit den tatsächlich geltend gemachten Ansprüchen offensichtlich in keinem Zusammenhang stehen. Insbesondere beim Vorliegen internationaler Verhältnisse hat eine Partei ein schützenswertes Interesse daran, von vornherein nicht in ein Schiedsverfahren hineingezogen zu werden, falls die streitigen Ansprüche eindeutig nicht unter die Schiedsvereinbarung fallen. Diese Auffassung ist jedenfalls nicht unhaltbar; die Rüge einer willkürlichen Auslegung von Art. 179 Abs. 3 IPRG erweist sich deshalb als unbegründet.
c) Im Entscheid des Kassationsgerichts wird festgehalten, die Vereinbarung vom 18. August 1969 betreffe eindeutig nur die Beziehungen der - zukünftigen - Aktionärinnen der F. Co. Ltd. unter sich, nicht aber deren Geschäfte mit Dritten oder mit einer der Aktionärinnen. Die Beschwerdeführerin habe sich bei ihrer eigenen Darstellung behaften zu lassen, wonach sie die streitigen Ansprüche aus einem Kaufgeschäft über Erdöl zwischen der National I. Company Ltd. und der F. Co. Ltd. sowie dem Weiterverkauf dieses Erdöls an die Beschwerdegegnerin und dem zessionsweisen Erwerb der Kaufpreisforderung ableite. Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht von diesem Sachverhalt abweicht, insbesondere hinsichtlich der Tragweite der von ihr als "Joint-Venture-Vertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 18. August 1969, ist sie nicht zu hören, da sie eine verfassungswidrige Ermittlung des massgeblichen Sachverhalts nicht nachweist, sondern dem angefochtenen Entscheid lediglich ihre eigene Darstellung entgegensetzt, damit aber nur appellatorische Kritik vorbringt, die im Beschwerdeverfahren wegen Verletzung von Art. 4 BV unbeachtlich ist ( BGE 117 Ia 11 /12 E. 4b mit Hinweisen).
Die tatsächlichen Feststellungen des Kassationsgerichts müssen demnach auch für die Beurteilung durch das Bundesgericht
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massgebend sein. Auf dieser Grundlage kann indessen von einer willkürlichen Anwendung von Art. 179 Abs. 3 IPRG keine Rede sein. Die der Beschwerdeführerin abgetretene Kaufpreisforderung weist offensichtlich keinen Zusammenhang mit der gesellschaftsbezogenen Rechtsstellung der beiden Aktionärinnen auf. Damit fehlt aber auch eine Verbindung zur Schiedsklausel unter Ziffer 4 der Vereinbarung vom 18. August 1969. Das gilt namentlich auch insoweit, als die Beschwerdeführerin rügt, ihr in den Schiedsanträgen enthaltenes Begehren, die Beschwerdegegnerin habe über die Verwendung der Öllieferungen Rechenschaft abzulegen und darüber abzurechnen, sei nicht berücksichtigt worden. Das Kassationsgericht hat ihr mit Recht auch hier ihre eigene Darstellung entgegengehalten, wonach die geforderte Rechenschaftsablage die Lieferung des Erdöls durch die F. Co. Ltd. an die Beschwerdegegnerin betreffe. Soweit im übrigen eine Abrechnung über die Lieferungen verlangt worden ist, handelt es sich um ein blosses Stufenbegehren zur Leistungsklage auf Zahlung des Kaufpreises (vgl. BGE 116 II 220 Nr. 40). Es ist nicht ersichtlich, warum dieses Stufenbegehren - dem letztlich keine selbständige Bedeutung zukommt - anders zu behandeln wäre als der Antrag auf Zahlung des Kaufpreises. Von einer formellen Rechtsverweigerung durch das Kassationsgericht kann somit keine Rede sein. Aus den angeführten Gründen durfte das Kassationsgericht zudem willkürfrei annehmen, eine summarische Prüfung im Sinne von Art. 179 Abs. 3 IPRG ergebe, dass der streitige Anspruch nicht unter die zwischen den Prozessparteien abgeschlossene Schiedsvereinbarung falle. Auch insoweit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

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