Urteilskopf
118 V 129
16. Urteil vom 28. Juli 1992 i.S. Z. gegen Ausgleichskasse für die Seiden-, Chemiefaser- und Textilveredelungs-Industrie (ASTI) und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste
Art. 22 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, 4, Art. 31 Abs. 2 und
Art. 32 Abs. 1, 2 AHVG
.
Berechnung der Ehepaar-Altersrente im Falle eines Versicherten, der einen entsprechenden Anspruch bereits auf den 1. Januar 1972 erlangt hatte und sich nach dem Hinschied seiner Frau mit einer ebenfalls verwitweten Altersrentenbezügerin wieder verheiratete.
A.-
Der am 14. Dezember 1906 geborene Walter Z. bezog seit 1. Januar 1972 eine Ehepaar-Altersrente, die sich ab 1986 auf Fr. 2'117.-- belief. Nach dem Hinschied seiner Ehefrau erhielt er ab 1. September 1987 eine einfache Altersrente von monatlich Fr. 1'411.-- ausgerichtet (Verfügung vom 21. September 1987), welcher Betrag im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen bis 1990 auf insgesamt Fr. 1'568.-- erhöht wurde. Nachdem sich Walter Z. am 20. Juli 1990 mit der am 2. Juni 1918 geborenen, seit 22. März 1987 ebenfalls verwitweten Elisabeth M.-K. verehelicht hatte, sprach ihm die Ausgleichskasse ASTI ab 1. August 1990 eine Ehepaar-Altersrente von monatlich Fr. 1'608.-- zu (Verfügung vom 8. August 1990). Die Berechnung dieser Rente erfolgte nach Vollrentenskala
BGE 118 V 129 S. 130
44 aufgrund eines massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 25'920.-- und einer Beitragsdauer von 24 Jahren.
B.-
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 3. Oktober 1991 ab.
C.-
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Walter Z., es sei das für die Berechnung seiner Ehepaar-Altersrente massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen nicht nach den 1990 geltenden Vorschriften, sondern nach denjenigen bei Erreichen des AHV-Alters im Jahr 1972 zu bestimmen; es sei in analoger Weise bei der Ermittlung des - mitzuberücksichtigenden - Erwerbseinkommens seiner heutigen Ehefrau zu verfahren.
Während die Ausgleichskasse auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) eines Antrags.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Im vorliegenden Fall steht ausser Frage, dass der Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug einer Ehepaar-Altersrente gemäss
Art. 22 Abs. 1 AHVG
erfüllt. Im weiteren ist unbestritten, dass er aufgrund seiner vollständigen Beitragsdauer (
Art. 29bis Abs. 1 AHVG
) eine Vollrente gemäss Rentenskala 44 beanspruchen kann (
Art. 29 Abs. 2 lit. a AHVG
).
Streitig ist die Rentenhöhe, und zwar insbesondere die Ermittlung des für die Rentenberechnung massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im wesentlichen bemängelt, dass die Berechnung der nunmehr ausgerichteten Rente wegen der Verwendung der in diesem Zeitpunkt geltenden Rententabellen - einschliesslich des 1990 anwendbaren Aufwertungsfaktors - zu einem Ergebnis führe, welches im Vergleich zur bereits früher bezogenen Ehepaar-Altersrente weit ungünstiger ausfalle.
2.
Das kantonale Gericht hat die hier anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung der Ehepaar-Altersrente zutreffend dargelegt. Dies gilt namentlich in bezug auf die Massgeblichkeit des durchschnittlichen Jahreseinkommens des Ehemannes (
Art. 32 Abs. 1 AHVG
), die für die Ermittlung dieses Einkommens geltenden Regeln (
Art. 30 Abs. 2 AHVG
), insbesondere die Hinzurechnung der von der Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen
BGE 118 V 129 S. 131
(
Art. 32 Abs. 2 AHVG
) und die Aufwertung der Summe der Erwerbseinkommen entsprechend dem Rentenindex gemäss
Art. 33ter AHVG
(
Art. 30 Abs. 4 AHVG
). - Es kann auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsentscheid verwiesen werden.
3.
a) Der vorinstanzliche Entscheid und die Kassenverfügung vom 8. August 1990 stehen in Einklang mit der vom Eidg. Versicherungsgericht mehrfach bestätigten Verwaltungspraxis, wonach bei einer durch Änderungen der Rentenart oder der Berechnungsgrundlagen notwendig gewordenen Neuberechnung einer Rente die in diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsregeln zur Anwendung gelangen (
BGE 108 V 206
Erw. 2a,
BGE 103 V 62
mit Hinweisen; ZAK 1979 S. 220 Erw. 1; vgl. ferner Rz. 693 des ab 1. Januar 1990 gültigen, hier anwendbaren Nachtrages 4 zur Wegleitung über die Renten [RWL] der AHV/IV sowie die dort (Rz. 694) erwähnten Mutationsregeln des Kreisschreibens III an die Ausgleichskassen über die Rentenerhöhungen auf den 1. Januar 1990, nachfolgend: KS III/90). - Auch in diesem Zusammenhang kann auf die Darlegungen im vorinstanzlichen Entscheid, vor allem hinsichtlich der begrenzten Wirkung der in den Übergangsbestimmungen zu den AHV-Revisionen jeweils enthaltenen Besitzstandsgarantien, verwiesen werden.
Zu ergänzen bleibt, dass die im hier anwendbaren Kreisschreiben (KS III/90) enthaltenen Mutationsregeln, die im wesentlichen auf den 1. Januar 1992 Eingang in die Rentenwegleitung (Rz. 694.1 ff. RWL) gefunden haben, als Verwaltungsweisungen kein objektives Recht darstellen (
BGE 117 Ib 231
Erw. 4b) und für den Sozialversicherungsrichter nicht verbindlich sind. Er soll diese Weisungen bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Anderseits weicht er insoweit davon ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (
BGE 116 V 19
Erw. 3c mit Hinweisen).
b) Nachdem die der angefochtenen Verfügung zugrunde liegende Berechnungsweise namentlich im Anschluss an Ehescheidungen gegenüber solchen Versicherten, die bereits vor der Entstehung des scheidungsbedingt dahinfallenden Ehepaar-Altersrentenanspruchs eine einfache Altersrente bezogen hatten, im Vergleich zu letzterer ungünstigere Rentenbetreffnisse ergab, ist die einschlägige Rechtsprechung kürzlich geändert worden. Bezogen auf diese Fälle hat das Eidg. Versicherungsgericht - nicht zuletzt unter dem Eindruck des
BGE 118 V 129 S. 132
bundesrätlichen Reformvorschlages zur hängigen 10. AHV-Revision (Botschaft über die 10. Revision der AHV vom 5. März 1990, BBl 1990 II 92, 158, 178) - entschieden, dass der Neuberechnung der einfachen Altersrente zwar grundsätzlich weiterhin die in diesem Zeitpunkt massgebenden Berechnungsfaktoren zugrunde zu legen sind, jedoch die so berechnete Rente betragsmässig zumindest der zuletzt bezogenen einfachen Rente unter Einschluss seitheriger Rentenanpassungen (
Art. 33ter AHVG
) zu entsprechen hat (
BGE 118 V 1
, bestätigt mit Urteil M. vom 27. März 1992, H 187/91; vgl. dazu ZBJV 128/1992 S. 224 f.; vgl. ferner die der alten Rechtsprechung im Schrifttum erwachsene Kritik: TH. KOLLER, Die AHV im Verhältnis zum schweizerischen Eherecht, Berner Diss. 1983, S. 194 ff.; CATHERINE PAUCHARD, Femmes divorcées et sécurité sociale, Lausanne 1991, S. 99).
c) Der hier zu beurteilende Fall liegt insofern ähnlich, als der Altersrentenanspruch des Beschwerdeführers mit der Vollendung seines 65. Altersjahres auf den 1. Januar 1972 in Gestalt einer Ehepaar-Altersrente entstanden war und dieser Rentenanspruch nach einer ersten Änderung der Rentenart wegen Zivilstandswechsels nunmehr ein weiteres Mal neu festgesetzt werden muss. Während der Hinschied der ersten Ehefrau in bezug auf die Berechnungsgrundlagen (Beitragsdauer, anrechenbares Erwerbseinkommen) von vornherein ohne Folgen blieb, weil die einfache Altersrente des Beschwerdeführers weiterhin aufgrund des für die Berechnung der abgelösten Ehepaar-Altersrente massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens festzusetzen war (
Art. 31 Abs. 2 AHVG
), verhält es sich mit der Wiederverheiratung anders. Ihr zufolge unterscheiden sich die Berechnungsgrundlagen der neuen Ehepaar-Altersrente gegenüber denjenigen der nunmehr abgelösten einfachen Altersrente gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen fallen die Erwerbseinkünfte der vorverstorbenen Ehefrau bei der Ermittlung des massgebenden durchschnittlichen Erwerbseinkommens ausser Betracht, weil der Anwendbarkeit von
Art. 31 Abs. 2 AHVG
über den Zeitpunkt der Wiederverheiratung hinaus jede Grundlage fehlt. Zum andern gilt es statt dessen, den Einkünften der zweiten Ehefrau im Sinne von
Art. 32 Abs. 2 AHVG
Rechnung zu tragen (VALTERIO, Commentaire de la loi sur l'AVS, Lausanne 1988, S. 137 II/1), wobei - da sie ihrerseits bereits verwitwet war - den Erwerbseinkommen ihres verstorbenen Mannes ebenfalls keine rentenbildende Kraft mehr zukommen kann (vgl.
Art. 31 Abs. 2, 3 und 4 AHVG
).
d) Hingegen unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den erwähnten kürzlich beurteilten Fällen im wesentlichen dadurch, dass der Zivilstandswechsel damals zwar eine Änderung von Rentenart und -berechnungsgrundlagen bedingte (Art. 32 Abs. 1 und 2,
Art. 31 AHVG
), indes bei der anschliessenden Festsetzung der neuen Rente auf unverändert gebliebene Grundlagen (Beitragsdauer; Summe der Erwerbseinkommen) zurückgegriffen werden konnte, wie sie bereits für die Berechnung einer früher ausgerichteten einfachen Altersrente verwendet worden waren. Dabei wurde vor allem als stossend empfunden, dass trotz Beizugs derselben Berechnungsgrundlagen die neue Rente betraglich ungünstiger ausfiel als die frühere, und dies einzig deshalb, weil das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen und der Rentenbetrag praxisgemäss anhand der im Zeitpunkt der Neuberechnung geltenden Berechnungsregeln (Aufwertungsfaktor; Rententabellen) ermittelt werden mussten.
Demgegenüber kann im Falle des Beschwerdeführers nicht ohne weiteres an einer bereits früher - gestützt auf vollkommen identische Grundlagen - ergangenen Rentenberechnung angeknüpft werden, sondern es ist wegen der Wiederverheiratung und der gemäss
Art. 32 Abs. 2 AHVG
hinzuzurechnenden Einkünfte der (zweiten) Ehefrau von veränderten Berechnungsgrundlagen auszugehen. Mit Blick hierauf mag sich die von der Vorinstanz zur Anwendung gebrachte Praxis, wonach in diesen Fällen zu einer umfassenden - das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen miteinschliessenden - Rentenneuberechnung aufgrund der in diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsregeln zu schreiten ist (vgl. Rz. 62 ff. des hier anwendbaren KS III/90 bzw. Rz. 694.10 ff. RWL in der Fassung ab 1. Januar 1992), ohne Zweifel als einfach in ihrer Umsetzung erweisen. Indes lässt sich nicht verkennen, dass damit auch in Fällen wie dem vorliegenden sehr unbefriedigende Ergebnisse erzielt werden, deren Ursache - wie zu zeigen ist - nicht in erster Linie in den veränderten Grundlagen, sondern gerade in der Verwendung der aktuellen Berechnungsregeln zu finden ist.
4.
a) Die von der Verwaltung nach der Wiederverheiratung vorgenommene Rentenberechnung baute im Vergleich zu 1972, als der Beschwerdeführer den Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente erlangt hatte, insofern auf veränderten Grundlagen auf, als zu seinem eigenen, in 24 Beitragsjahren verabgabten Gesamteinkommen von Fr. 278'768.-- statt der anrechenbaren Einkünfte der verstorbenen Ehefrau von Fr. 24'750.-- (1972) nur mehr Fr. 14'040.-- (1990) im Sinne von
Art. 32 Abs. 2 AHVG
hinzuzurechnen waren. Dieser
BGE 118 V 129 S. 134
einzige Unterschied aufgrund des tieferen Erwerbseinkommens der heutigen Ehefrau erscheint - in Anbetracht der unverändert gebliebenen Summe der vom Beschwerdeführer selbst erzielten Einkünfte (Fr. 278'768.--) - eher als gering. Jedenfalls kann darin nicht die Hauptursache dafür erblickt werden, dass die hier strittige Ehepaar-Altersrente mit Fr. 1'608.-- lediglich um Fr. 40.-- höher ausfiel als die unmittelbar zuvor bezogene, gemäss
Art. 31 Abs. 2 AHVG
berechnete einfache Altersrente des Beschwerdeführers und sie ganz wesentlich unter dem Betrag der Ehepaar-Altersrente (Fr. 2'117.--) liegt, den er bis zum Hinschied seiner ersten Ehefrau erhalten hatte.
b) Anders als in den Fällen, die das Eidg. Versicherungsgericht zur kürzlichen Änderung seiner Rechtsprechung bewogen, liegt diese Ursache hier indes nicht unmittelbar in der Verwendung eines tieferen Aufwertungsfaktors. Das Gesamteinkommen der Eheleute Z.-K. (erster IK-Eintrag im Jahre 1948) wurde mit dem 1990 geltenden Faktor 2,072 aufgewertet (Rententabellen 1990, Bd. 1, S. 28). Dieser Multiplikand ist höher als derjenige, der im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenbemessung im Jahre 1972 verwendet worden war. Denn im Unterschied zur heutigen - mit der 9. AHV-Revision auf den 1. Januar 1979 eingeführten - Methode der Einkommensaufwertung (Art. 30 Abs. 4 in Verbindung mit
Art. 33ter AHVG
) bewegte sich der Aufwertungsfaktor nach dem damals geltenden System - ohne Rücksicht auf die Beitragsdauer des Versicherten - je nach Rentenskala zwischen 1,25 und 1,75 (ZAK 1980 S. 357; vgl. auch ZAK 1990 S. 272 und 1983 S. 517 ff. sowie die Botschaft über die 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976, BBl 1976 III 16 ff., 57 f.).
Allerdings wirkt sich das System der Einkommensaufwertung im vorliegenden Fall insofern nachteilig für die Versicherten aus, als es sich beim Beschwerdeführer um einen älteren Rentner handelt, der bereits seit 1972 keiner (beitragspflichtigen) Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Der 1990 verwendete Aufwertungsfaktor von 2,072 konnte sich daher nicht auf jüngere, dem aktuellen Stand der Lohnentwicklung entsprechende und durch die Teuerung noch kaum geschmälerte Einkünfte beziehen, sondern von vornherein nur auf solche, die zwischen 1948 und 1972 erzielt worden und naturgemäss erheblich tiefer ausgefallen waren (zur Lohnentwicklung vgl. ZAK 1980 S. 355 f. und 1990 S. 330 unten). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass die im Rahmen der 9. AHV-Revision wieder eingeführte Beitragspflicht der Altersrentner nicht rentenbildend ist (
BGE 107 V 195
ff.; ZAK 1985 S. 525 Erw. 3a mit Hinweisen). Damit steht der Beschwerdeführer im Vergleich zum Neurentner von
BGE 118 V 129 S. 135
vornherein wesentlich ungünstiger da, zumal die zur Bemessung der Rente verwendeten aktuellen Tabellen an Durchschnittseinkommen ("Bestimmungsgrösse" gemäss Tabellenserie IV) anknüpfen, über die ein bereits 84jähriger Versicherter mit lange zurückliegender Erwerbszeit regelmässig nicht (mehr) in einer Weise verfügt, welche die Zusprechung einer maximalen oder an der oberen Grenze liegenden Rente erlauben würde.
Diese Benachteiligung des Beschwerdeführers erhellt eindrücklich aus dem Umstand, dass die Verwaltung auf den 1. August 1990 - ausgehend von einem Gesamteinkommen von Fr. 292'808.-- (einschliesslich des Verdienstes der zweiten Ehefrau von Fr. 14'040.--) - ein massgebendes jährliches Durchschnittseinkommen von nur mehr Fr. 25'920.-- (Aufwertungsfaktor 2,072; 24 Beitragsjahre) errechnete. Demgegenüber hatte sich das frühere jährliche Durchschnittseinkommen, welches auf der Grundlage eines Gesamteinkommens von Fr. 303'518.-- (einschliesslich des Verdienstes der ersten Ehefrau von Fr. 24'750.--) ermittelt worden war, im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen von anfänglich Fr. 22'800.-- (Stand 1972) auf Fr. 50'112.-- (1986) erhöht (vgl. etwa KS II/90 des BSV an die Ausgleichskassen über die Rentenerhöhungen auf den 1. Januar 1990 [Umrechnung laufender Renten]). Mit diesen Anpassungen seines eigenen durchschnittlichen Jahreseinkommens vermochte der Beschwerdeführer mit den periodisch neu aufgelegten Rententabellen, die als "Bestimmungsgrössen" jeweils höhere Durchschnittseinkommen verlangten, Schritt zu halten.
5.
Nach dem Gesagten kann festgehalten werden, dass das für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau nachteilig ausgefallene Ergebnis der Rentenberechnung im wesentlichen nicht auf den Umstand der tatsächlich veränderten Berechnungsgrundlagen zurückzuführen ist. Obgleich zwar gewisse Unterschiede zu den vom Eidg. Versicherungsgericht am 26. und 27. März 1992 beurteilten Fällen (ZBJV 128/1992 S. 224 f.) nicht zu übersehen sind, hat vielmehr auch hier die Verwendung der aktuellen Berechnungsregeln, insbesondere ein dadurch bewirkter ungünstiger Aufwertungsvorgang den Ausschlag gegeben. Diese Sachlage vermag nicht zu befriedigen. Denn sie beruht gleichermassen auf sachfremden Zufälligkeiten, denen die in erster Linie durch die Verwaltungspraxis definierten Mutationsregeln nicht angemessen Rechnung tragen.
a) Eine solche Zufälligkeit besteht zunächst darin, dass mit einem im Rentenalter erfolgenden Zivilstandswechsel nicht zwangsläufig eine Änderung der Berechnungsgrundlagen verbunden sein muss. -
BGE 118 V 129 S. 136
Zur Verdeutlichung kann auf die von der Ausgleichskasse im vorinstanzlichen Verfahren geschilderte Situation verwiesen werden, wie sie sich gestalten würde, wenn die Ehefrauen des Beschwerdeführers nie mit eigenen Erwerbseinkünften zur Rentenfinanzierung beigetragen hätten. Diesfalls müsste die Bemessung der Ehepaar-Altersrente notgedrungen allein nach dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Ehemannes erfolgen (
Art. 32 Abs. 1 AHVG
), und es würden gemäss Verwaltungspraxis die Rentenskala und das durchschnittliche Jahreseinkommen, wie sie nach der auf den 1. Januar 1990 erfolgten Umrechnung gegolten haben, unverändert auch für die Rente neuer Art massgebend bleiben (vgl. Rz. 48 KS III/90). Bedenkt man die Entwicklung des früheren massgebenden Durchschnittseinkommens aufgrund dessen mehrmaliger Anpassung bis zur Wiederverheiratung (Erw. 4b am Ende), steht ausser Frage, dass das Rentenbetreffnis nach dieser ihrerseits nicht zu beanstandenden Berechnungsweise für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wesentlich erfreulicher ausfiele (
Art. 35 AHVG
), als wenn unter Hinzurechnung des Fraueneinkommens (
Art. 32 Abs. 2 AHVG
) gemäss der von Verwaltung und Vorinstanz befolgten Praxis verfahren wird (Rz. 62/63 KS III/90). Dies befremdet; denn das vom Kreisschreiben für den Fall der Hinzurechnung von Fraueneinkommen gebotene Vorgehen zeitigt vorliegend ein Ergebnis, das Sinn und Zweck des
Art. 32 Abs. 2 AHVG
- welche Bestimmung die Stellung der Ehegatten gerade verbessern möchte - krass zuwiderläuft (vgl. BINSWANGER, AHVG-Kommentar, Zürich 1950, N. 1 zu Art. 32, S. 156; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. II, Bern 1981, S. 111).
b) Ebenso zufallsabhängig gestaltet sich die Rentenneuberechnung bei geschiedenen männlichen Versicherten. Denn auch in diesen Fällen zieht die Ehescheidung bloss dann eine Änderung der Berechnungsgrundlagen nach sich, wenn die Ehefrau im Sinne von
Art. 32 Abs. 2 AHVG
zur Rentenfinanzierung beigetragen hatte (vgl. ZAK 1978 S. 408, Anm. 1). Während es somit nur unter dieser Voraussetzung zu einer - das massgebende jährliche Durchschnittseinkommen erfassenden - Rentenneuberechnung gestützt auf die im Berechnungszeitpunkt geltenden Faktoren kommen soll (Rz. 63 KS III/90), wird die Rente in den übrigen Fällen weiterhin nach Massgabe der Rentenskala und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen festgesetzt, wie sie nach der letztmaligen Umrechnung gegolten hatten (Rz. 48 KS III/90).
c) Vermerkt sei schliesslich die Berechnungsweise, die gemäss Verwaltungspraxis dann zum Tragen käme, wenn der Beschwerdeführer
BGE 118 V 129 S. 137
vor seiner jetzigen Ehe nicht bereits verheiratet gewesen wäre [1], wenn lediglich seine frühere Ehefrau kein Einkommen erzielt hätte [2], wenn diese bereits vor Vollendung ihres 62. Altersjahres verstorben wäre [3], oder wie sie ganz allgemein angewandt würde, wenn eine erwerbstätig gewesene Ehefrau ihr 62. Altersjahr erst vollendet, nachdem ihr Mann das anspruchsbegründende Alter längst erreicht hatte und bereits eine einfache Altersrente bezog [4]. - Diesen Fällen ist gemeinsam, dass mit der Wiederverheiratung [1, 2, 3] oder mit dem Erreichen des Rentenalters [4] bei der Festsetzung der neuen Ehepaar-Altersrente von veränderten Berechnungsgrundlagen (
Art. 32 Abs. 2 AHVG
) ausgegangen werden muss. Dennoch sieht hier die Verwaltungspraxis auffallenderweise keine umfassende Neuberechnung vor. Vielmehr bleibt auch in diesen Fällen grundsätzlich das bisherige, im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen nachgeführte, durchschnittliche Jahreseinkommen des Mannes massgebend, wobei lediglich das Einkommen der Ehefrau anhand der im Mutationszeitpunkt geltenden Regeln zu errechnen und hinzuzuschlagen ist ("Durchschnitt + Durchschnitt-Methode", vgl. Rz. 52 KS III/90 bzw. Rz. 694.3 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung).
6.
a) Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen lassen keine Zweifel offen, dass den Auswirkungen des Zivilstandswechsels, insbesondere der dadurch veränderten Summe der gesamten Erwerbseinkommen (Art. 30 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 32 Abs. 2 AHVG
), bei der Festsetzung der neuen Rente Rechnung getragen werden muss. Wie dies im einzelnen zu geschehen hat, ist von Gesetz- und Verordnungsgeber nicht selbst geregelt, sondern weitestgehend der Verwaltungspraxis überlassen worden. Diese hat sich indes aus der Sicht des objektiven Rechts um eine Lösung zu bemühen, die den Grundsätzen des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes (
BGE 117 Ia 259
mit Hinweisen) gerecht wird und insbesondere die betroffenen gesetzlichen Bestimmungen nicht ihres Sinnes entleert.
Gerade aus der Einsicht, dass ungeachtet seiner Art nicht jeder Zivilstandswechsel notwendigerweise die Grundlagen der Rentenberechnung beschlägt, diese Folge vielmehr je nach den konkreten Umständen eintritt und insofern zufallsabhängig ist, darf allfälligen entsprechenden Änderungen nicht eine Wirkung beigemessen werden, die zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Versicherten führt. In diesem Sinne hat es die Verwaltungspraxis verstanden, für zahlreiche Mutationsgründe angemessene Regeln zu entwerfen, und zwar - wie dargelegt (Erw. 5c
BGE 118 V 129 S. 138
hievor) - selbst für solche Fälle, in denen die neue Rente gestützt auf geänderte Berechnungsgrundlagen zu ermitteln ist. Hingegen führt die Anwendung der hier in Frage stehenden Rz. 62/63 KS III/90 (Rz. 694.10/11 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung) in einem Fall wie dem vorliegenden zu einem Ergebnis, welches sich im Lichte von
Art. 32 Abs. 2 AHVG
(Erw. 5b) und
Art. 4 BV
nicht halten lässt, selbst aus der Sicht der grundrechtlich gewährleisteten Ehefreiheit (
Art. 54 BV
und
Art. 12 EMRK
) Bedenken weckt und um so weniger mehr hinzunehmen ist, als die Verwaltungspraxis durchaus gangbare Alternativen aufzeigt (Erw. 5c).
b) Für die Änderung der Rechtsprechung vom 26. März 1992 ist mitentscheidend gewesen, dass gesetzgeberische Reformbestrebungen dahingehen, in ähnlich gelagerten Fällen als massgebendes Einkommen das auf den neusten Stand gebrachte durchschnittliche Jahreseinkommen gelten zu lassen, welches im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Rentenanspruchs festgesetzt wurde (Art. 31 Abs. 3 des Entwurfs zum revidierten AHVG, BBl 1990 II 92, 158). Indes fällt auf - was zuhanden des Gesetzgebers vermerkt sei -, dass die auf die Berechnung einfacher Altersrenten zugeschnittene bundesrätliche Reformvorlage - entgegen der vom BSV in der Vernehmlassung offenbar vertretenen Auffassung - jedenfalls nach dem Wortlaut gerade dem vorliegenden Fall nicht gerecht zu werden vermöchte.
7.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und die Verwaltung zur neuen Berechnung der Ehepaar-Altersrente anzuhalten ist. - Dabei wird sie - wie die Kasse in ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz aufgezeigt hat - in sinngemässer Anwendung von Rz. 68 und 52 KS III/90 (vgl. Rz. 694.9 und 694.4 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung) zu verfahren haben. Im einzelnen wird es mithin darum gehen, das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen des Beschwerdeführers aufgrund der im Zeitpunkt des ersten Versicherungsfalls geltenden (1. Januar 1972) Berechnungsregeln festzusetzen, um alsdann die so ermittelten Berechnungsgrundlagen unter Berücksichtigung der seitherigen Rentenanpassungen auf den im Zeitpunkt der hier streitigen Neuberechnung (1. August 1990) geltenden Stand zu bringen (Rz. 68 KS III/90). Zu dem auf diese Weise bestimmten durchschnittlichen Jahreseinkommen des Beschwerdeführers wird die Verwaltung schliesslich die von der heutigen Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen hinzuzurechnen haben (
Art. 32 Abs. 2 AHVG
). - Mit dieser Berechnungsweise werden
BGE 118 V 129 S. 139
die AHV-rechtlichen Folgen der ersten Ehe beseitigt, und es erhält der Beschwerdeführer im Ergebnis eine Ehepaar-Altersrente zugesprochen, wie wenn er vor seiner jetzigen Ehe nie verheiratet gewesen wäre.