Urteilskopf
118 V 35
5. Urteil vom 16. März 1992 i.S. M. gegen BVG-Sammelstiftung der Basler-Leben für die berufliche Vorsorge im Kanton Freiburg und Rekurskommission für Sozialversicherungen des Kantons Freiburg
Regeste
Art. 10 Abs. 3 BVG
. Tragweite der Nachdeckung: Wird innerhalb der 30tägigen Nachdeckungsfrist ein neues Arbeitsverhältnis begründet, so ist der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt bei der Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers versichert (Erw. 2a).
Art. 26 BVG
. Eine reglementarische Bestimmung, welche den Anspruch auf eine Invaliditätsleistung im Obligatoriumsbereich erst nach Ablauf einer Wartezeit von 24 Monaten ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entstehen lässt, ist mit
Art. 26 BVG
nicht vereinbar (Erw. 2b/cc).
Art. 23 und 24 Abs. 1 BVG
.
- Die Grundsätze über die Massgeblichkeit des IVK-Beschlusses im Obligatoriumsbereich gelten nicht nur in bezug auf die Festlegung der Höhe des Invaliditätsgrades (
BGE 115 V 208
), sondern auch für den Eintritt der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit (Erw. 2b/aa).
- Unter den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, fällt auch eine erhebliche Zunahme der Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Ablauf der Nachdeckungsfrist. Schuldet die Vorsorgeeinrichtung aus Arbeitsunfähigkeit, welche während der Versicherungsdauer eingetreten ist, eine Invalidenleistung, so bleibt sie hiefür leistungspflichtig, wenn sich der Invaliditätsgrad nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses ändert (Erw. 5).
A.-
Die seit 1984 an Morbus Crohn mit schwersten Komplikationen leidende, deswegen mehrmals operierte Colette M. war vom 1. April bis Ende Juli 1985 bei der Firma G. AG tätig und bei einem Jahreslohn von Fr. 35'750.-- für den Betrag von Fr. 19'190.-- über das Vorsorgewerk ihres Arbeitgebers bei der BVG-Sammelstiftung der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft für die berufliche Vorsorge im Kanton Freiburg (nachstehend: Sammelstiftung) versichert.
BGE 118 V 35 S. 37
In der Zeit vom 19. August 1985 bis 31. Dezember 1986 arbeitete sie halbtags als kaufmännische Angestellte bei der Firma L., wo sie bei der Gemeinschaftsstiftung BVG der Vita Lebensversicherungs-Gesellschaft versichert war.
Wegen ihrer Krankheit meldete sich Colette M. am 4. April 1987 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Einholung von erwerblichen und medizinischen Berichten, insbesondere von Berichten der Poliklinik für Viszeralchirurgie vom Spital B. (vom 26. Juni und 18. November 1987), gelangte die Invalidenversicherungs-Kommission am 3. August 1987 zum Schluss, die Versicherte sei nach Ablauf der Wartezeit von 360 Tagen ab August bis Ende Oktober 1986 zur Hälfte und anschliessend bis 31. Juli 1988 vollständig invalid. Dementsprechend sprach die Ausgleichskasse des Kantons Bern mit Wirkung ab 1. August 1986 eine halbe und für die Zeit vom 1. November 1986 bis Ende Dezember 1987 eine ganze Invalidenrente zu (Verfügungen vom 30. September 1987 und 7. Januar 1988). Mit einer weiteren Verfügung vom 18. Februar 1988 gewährte sie der Versicherten ab 1. Januar 1988 eine unbefristete ganze Invalidenrente. Diese Rentenverfügungen sind unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
Im Rahmen einer am 16. September 1987 einsetzenden Korrespondenz forderte Colette M. von der Sammelstiftung die Zusprechung einer Invalidenrente von 50% ab August 1986 und einer solchen von 100% ab November 1986. In der Folge stellte die Stiftung die Zusprechung von Invalidenleistungen auf der Basis einer 50%igen Invalidität ab 18. August 1987 nach Ablauf der reglementarischen Wartezeit von 24 Monaten in Aussicht; für die die 50%ige Invalidität übersteigenden Invalidenleistungen verwies sie die Ansprecherin an die Gemeinschaftsstiftung der Vita.
B.-
Klageweise liess Colette M. die Zusprechung einer Invalidenrente auf der Grundlage einer 50%igen Invalidität ab 1. August 1986 und von einer solchen von 100% ab 1. Oktober 1986 geltend machen.
In ihrer Vernehmlassung bestritt die Sammelstiftung jegliche Leistungspflicht, da Colette M. bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt habe, nicht mehr im Sinne von
Art. 23 BVG
bei ihr vorsorgerechtlich versichert gewesen sei. Sie sei somit während der Zugehörigkeit zur Vorsorgekasse der Firma G. nicht arbeitsunfähig geworden, sondern erst am 8. August 1986 während des Arbeitsverhältnisses bei ihrem neuen Arbeitgeber, weshalb ein Leistungsanspruch nicht gegenüber der
BGE 118 V 35 S. 38
Vorsorgekasse des alten, sondern jener des neuen Arbeitgebers bestehe.
Die Rekurskommission für Sozialversicherungen des Kantons Freiburg erwog, Colette M. sei zwar bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im August 1985 im Rahmen der gesetzlichen Nachdeckungsfrist von 30 Tagen noch bei der Sammelstiftung versichert, indes ab 19. August 1985 bei der Firma L. angestellt und folglich ab diesem Datum berufsvorsorgerechtlich der Gemeinschaftsstiftung der Vita angeschlossen gewesen. Die Nachdeckungsfrist finde keine Anwendung, wenn das neue Arbeitsverhältnis, wie hier, vor Ablauf dieser Frist eingegangen werde. In einem solchen Fall sei die neue Vorsorgeeinrichtung rückwirkend ab Auflösung des früheren Arbeitsverhältnisses zuständig. Aus diesen Erwägungen heraus wies die Rekurskommission die Klage mit Entscheid vom 26. Juli 1991 ab.
C.-
Unter Beilegung eines Arbeitsunfähigkeitsattests des Dr. med. B., Arzt für allgemeine Medizin FMH (vom 20. März 1991), lässt Colette M. Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und im wesentlichen beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sammelstiftung zu verpflichten, ihr eine Invalidenrente auf der Grundlage einer 50%igen Invalidität ab 1. Juli 1986 und einer solchen von 100% ab 1. Oktober 1986 auszurichten.
Die Sammelstiftung trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) äussert sich zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, enthält sich jedoch eines formellen Antrages.
Auf die Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die vorliegende Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in
Art. 73 BVG
erwähnten richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher (
BGE 117 V 52
,
BGE 115 V 228
Erw. 1b und 247 Erw. 1a mit Hinweisen) als auch in sachlicher Hinsicht (
BGE 117 V 51
,
BGE 114 V 105
Erw. 1b) zuständig sind.
2.
a) Als für die obligatorische Versicherung von Arbeitnehmern nach den
Art. 2 ff. BVG
beachtliche Mindestvorschrift (
Art. 6 BVG
) begründet
Art. 23 BVG
den Anspruch auf Invalidenleistungen von Personen, die im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 50% invalid und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren
BGE 118 V 35 S. 39
Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert sind. Die obligatorische Versicherung beginnt mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses (
Art. 10 Abs. 1 BVG
). Aus dieser Bestimmung in Verbindung mit
Art. 11 BVG
ergibt sich der Beginn der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Vorsorgeeinrichtung mit dem Antritt desjenigen Arbeitsverhältnisses, welches dem entsprechenden Vorsorgevertrag zugrunde liegt. Die Versicherungspflicht endet nach
Art. 10 Abs. 2 BVG
unter anderem dann, wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Dabei kommt es praxisgemäss (
BGE 115 V 33
Erw. 5) darauf an, ob und wann das Arbeitsverhältnis rechtlich aufgehört hat zu existieren; nicht massgeblich ist die effektive Arbeitsausübung oder -niederlegung.
Für die Risiken Tod und Invalidität bleibt der Arbeitnehmer während 30 Tagen nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung versichert (sog. Nachdeckung;
Art. 10 Abs. 3 Satz 1 BVG
). Beginnt er vorher ein neues Arbeitsverhältnis, so ist die neue Vorsorgeeinrichtung zuständig, und zwar, wie das BSV unter Hinweis auf die Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975 (BBl 1976 I 223) richtig bemerkt, mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt (d.h. der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses), und nicht, wie die Rekurskommission meint, rückwirkend ab Auflösung des früheren Arbeitsverhältnisses.
b/aa) Nach
Art. 24 Abs. 1 BVG
hat der Versicherte Anspruch auf eine volle Invalidenrente, wenn er im Sinne der Invalidenversicherung mindestens zu zwei Dritteln, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid ist. Gemäss Abs. 1 von
Art. 26 BVG
gelten für den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen sinngemäss die entsprechenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (
Art. 29 IVG
). Die Invalidenleistungen nach BVG werden von derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, welcher der Ansprecher bei Eintritt des versicherten Ereignisses angeschlossen war. Im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge fällt dieser Zeitpunkt nicht mit dem Eintritt der Invalidität nach IVG, sondern mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zusammen, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (vgl.
Art. 23 BVG
;
BGE 115 V 214
, ZAK 1986 S. 500). Auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Versicherte meistens erst nach einer längeren Zeit der Arbeitsunfähigkeit (nach einer Wartezeit von 360 Tagen bzw. einem Jahr gemäss Art. 29 Abs. 1 Variante 2 alt IVG/
Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG
in Verbindung mit
Art. 26 BVG
) invalid
BGE 118 V 35 S. 40
wird. Damit nämlich der durch die zweite Säule bezweckte Schutz zum Tragen kommt, muss das Invaliditätsrisiko auch dann gedeckt sein, wenn es rechtlich gesehen erst nach einer langen Krankheit eintritt, während welcher der Ansprecher unter Umständen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und daher nicht mehr dem Obligatorium unterstanden hat (Botschaft zum BVG, BBl 1976 I 232).
Aus der engen Verbindung zwischen dem Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung und demjenigen auf eine Invalidenleistung nach BVG ergibt sich, dass der Invaliditätsbegriff im obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge und in der Invalidenversicherung grundsätzlich der gleiche ist. Aufgrund von
Art. 6 BVG
steht es den Vorsorgeeinrichtungen frei, den Invaliditätsbegriff bereits in der obligatorischen Versicherung zugunsten des Versicherten zu erweitern oder Invalidenrenten schon bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 50% auszurichten. Dabei bedeutet allerdings praxisgemäss die Gestaltungsfreiheit nach Art. 6 (und auch diejenige nach Art. 49 Abs. 2) BVG nicht uneingeschränktes Ermessen. Wenn die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Urkunden, Statuten oder Reglementen einen bestimmten Invaliditätsbegriff verwenden, so haben sie bei der Interpretation darauf abzustellen, was in anderen Gebieten der Sozialversicherung oder nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen darunter verstanden wird. Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit frei in der Wahl des Invaliditätsbegriffs; sie haben sich aber an eine einheitliche Begriffsanwendung zu halten. Gehen die Vorsorgeeinrichtungen ausdrücklich oder unter Hinweis auf das Gesetz vom gleichen Invaliditätsbegriff aus wie die Invalidenversicherung, sind sie hinsichtlich des versicherten Ereignisses an die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherungs-Kommission gebunden, es sei denn, dass diese sich als offensichtlich unhaltbar erweist. Verwenden die Vorsorgeeinrichtungen demgegenüber einen anderen Invaliditätsbegriff als die Invalidenversicherung, rechtfertigt sich eine selbständige Prüfung, wobei sich die Vorsorgeeinrichtungen diesfalls auf die medizinischen und erwerblichen Abklärungen der IV-Organe stützen können (
BGE 115 V 208
). Diese Grundsätze über die Massgeblichkeit des Beschlusses der Invalidenversicherungs-Kommission gelten nicht nur bei der Festlegung der Höhe des Invaliditätsgrades, sondern auch bei der Entstehung des Rentenanspruchs, mithin dort, wo sich die Frage stellt, wann die Arbeitsfähigkeit sich erheblich verschlechtert hat (
BGE 115 V 214
).
bb) Bei der Sammelstiftung handelt es sich um eine registrierte Vorsorgeeinrichtung, welche das Obligatorium durchführt (Art. 2
BGE 118 V 35 S. 41
des Reglements in der hier massgeblichen Fassung 1985), wobei der versicherte Jahreslohn um den gesetzlichen Koordinationsabzug vermindert (also keine unterobligatorische Vorsorge besteht), hingegen nach oben nicht begrenzt ist (Art. 9 Ziff. 1 des Reglements in Verbindung mit Ziff. 2 der Zusatzbestimmungen). Obwohl somit die Beschwerdeführerin Mitglied einer Vorsorgeeinrichtung war, welche statutengemäss auch überobligatorische (weitergehende) Vorsorge betreibt, war sie effektiv nur im Rahmen des Obligatoriums versichert. Dies ergibt sich aus ihren Verdienstverhältnissen, erreichte doch ihr Jahresgehalt von gemeldet Fr. 35'750.-- die damals geltende obere Grenze des koordinierten Lohnes nicht. Ihr Jahreslohn von Fr. 35'750.--, vermindert um den damals gültigen Koordinationsabzug von Fr. 16'560.-- (vgl.
Art. 5 BVV 2
in der Fassung vom 18. April 1984) auf Fr. 19'190.--, fiel somit ausschliesslich in die obligatorische Versicherung.
Entsprechend richtet sich der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenleistung nach den Bestimmungen der
Art. 23 ff. BVG
. Zu prüfen wird nach dem Gesagten (Erw. 2b/aa) andererseits sein, ob die Sammelstiftung auf dem Reglementsweg die Anspruchsvoraussetzungen bezüglich Invalidenleistungen im Vergleich zu den gesetzlichen Bestimmungen erleichtert hat - was zulässig ist - und ob die einschlägigen reglementarischen Bestimmungen den Mindestvorschriften des Gesetzes entsprechen.
cc) Gemäss Art. 20 des Reglementes hat der Versicherte bei Erwerbsunfähigkeit vor dem Rücktrittsalter Anspruch auf eine Invalidenrente und Befreiung von der Beitragszahlung (Ziff. 1). Erwerbsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge von Krankheit oder Unfall, einschliesslich Zerfall der geistigen oder körperlichen Kräfte, medizinisch objektiv feststellbar ganz oder teilweise ausserstande ist, seinen Beruf oder eine andere, seiner Lebensstellung, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten angemessene Tätigkeit auszuüben, oder er im Sinne der eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) invalid ist (Ziff. 2). Die Höhe der Invalidenleistungen bemisst sich nach dem Grade der Erwerbsunfähigkeit, jedoch mindestens nach dem von der Invalidenversicherung festgestellten Invaliditätsgrad. Beträgt die Erwerbsunfähigkeit 66 2/3% oder mehr, so werden die vollen Leistungen gewährt; eine Erwerbsunfähigkeit von weniger als 25% begründet dagegen keinen Anspruch auf Leistungen. Das Alterskonto wird unabhängig vom Grad der Erwerbsunfähigkeit weitergeführt (Ziff. 3). Hat eine Person im Zeitpunkt der Unterstellung unter dieses Reglement ein Leiden oder ein Gebrechen, verfügt aber
BGE 118 V 35 S. 42
gemäss den Angaben ihres Arbeitgebers über die volle Arbeitsfähigkeit, so kann aus dieser Ursache nur dann ein Anspruch auf Invalidenleistungen erhoben werden, wenn sich das Leiden oder Gebrechen nach Beginn der Versicherung verschlimmert und daraus eine Erwerbsunfähigkeit resultiert, die Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung gibt (Ziff. 5). Die Invalidenrente und die Befreiung von der Beitragszahlung setzen erstmals ein nach den Wartefristen, wie sie in den Zusatzbestimmungen geregelt sind (Ziff. 5). Laut Ziff. 9 dieser Zusatzbestimmungen setzt die Invalidenrente erstmals nach Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten ein, frühestens jedoch nach Erschöpfung des Anspruchs aus der vom Arbeitgeber abgeschlossenen Krankengeldversicherung. Die Befreiung von der Beitragszahlungspflicht tritt nach einer Wartefrist von drei Monaten ein. Gemäss Art. 20 Ziff. 7 des Reglements werden die Leistungen während der Dauer der Erwerbsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Beginn der Altersleistungen im Rücktrittsalter gewährt. Die gesetzlichen Mindestleistungen werden in jedem Fall garantiert.
Daraus erhellt, dass die Sammelstiftung selbst im Obligatoriumsbereich die Anforderungen an die Anerkennung einer Invalidität im Rechtssinne insoweit erleichtert hat, als für deren Ermittlung auch persönliche, berufliche und soziale Gesichtspunkte berücksichtigt werden und die Rente bereits bei Vorliegen einer mindestens 25%igen Erwerbsunfähigkeit gewährt wird. Beides lässt sich nicht beanstanden. Gesetzwidrig ist dagegen die Regelung, dass auch im Obligatoriumsbereich der Anspruch auf Invalidenleistungen bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50% grundsätzlich erst nach Ablauf einer Wartezeit von 24 Monaten entstehen soll, was mit
Art. 26 Abs. 1 BVG
in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 Variante 2 IVG in der hier anwendbaren, bis Ende 1987 gültig gewesenen Fassung (Wartezeit von 360 Tagen) bzw.
Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG
(Wartezeit von einem Jahr) unverträglich ist. Soweit der Anspruch auf eine Invalidenleistung bei einem Invaliditätsgrad von wenigstens 50% in Frage steht, ist kraft Gesetz die Wartezeit von 360 Tagen resp. von einem Jahr massgeblich, woran die Reglementsbestimmung nichts zu ändern vermag. Dagegen darf gegebenenfalls der Anspruch auf eine Invalidenleistung bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 50% vom Bestehen der reglementarischen Wartezeit von 24 Monaten abhängig gemacht werden.
3.
a) Im Lichte dieser Bestimmungen ist zu prüfen, wann die für die Entstehung des Invalidenleistungsanspruchs relevante Arbeitsunfähigkeit - eine bleibende Erwerbsunfähigkeit im Sinne von
BGE 118 V 35 S. 43
Art. 26 Abs. 1 BVG
in Verbindung mit
Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG
bzw. Art. 29 Abs. 1 Variante 1 alt IVG liegt angesichts des offensichtlich labilen Krankheitsgeschehens nicht vor - eingesetzt hat. Diesbezüglich ist die Invalidenversicherungs-Kommission, wie aus den beigezogenen IV-Akten, insbesondere den ergangenen IV-Rentenverfügungen hervorgeht, von der Eröffnung der Wartezeit im August 1985 ausgegangen. Dementsprechend hat sie den Anspruch auf eine halbe Invalidenrente der Invalidenversicherung auf den 1. August 1986 festgelegt (Art. 29 Abs. 1 Variante 2 in Verbindung mit Abs. 2 alt IVG). Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass diese Rentenfestsetzung offensichtlich unrichtig sei. In diesem Zusammenhang wirft sie der Vorinstanz eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs vor, indem die Rekurskommission auf die Einvernahme der Ärzte verzichtet habe, welche nähere Angaben zum Verlauf der Arbeitsunfähigkeit im Frühjahr 1985 hätten machen können. Dabei weist sie darauf hin, dass sie die Invalidenversicherung mittels prozessualer Revision zur Neuzusprechung von IV-Invalidenrenten ab Juli 1986 verhalten will.
b) Mit diesen Vorbringen dringt die Beschwerdeführerin nicht durch. Es ist der Sinn der in
BGE 115 V 208
und 214 publizierten Praxis, gerade in Fällen wie dem vorliegenden der IV-rechtlichen Beschlussfassung Bindungswirkung zuzuerkennen. Nur wenn sich der Entscheid der IV-Organe als offensichtlich unrichtig erweist, darf zu einer selbständigen Prüfung des Arbeitsunfähigkeitseintritts oder der Höhe des Invaliditätsgrades geschritten werden. Diese Voraussetzung für ein Abrücken vom IV-Entscheid ist hier jedoch aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen klar nicht gegeben. Von einer offensichtlichen Unrichtigkeit könnte im übrigen selbst dann nicht gesprochen werden, wenn Dr. med. B. die im Attest vom 20. März 1991 für die Zeit vom 21. Januar bis 10. August 1985 bescheinigte 50%ige Arbeitsunfähigkeit nachträglich noch substantiieren könnte. Der vorinstanzliche Entscheid, auf die Abnahme weiterer Beweise bezüglich des Verlaufs der Arbeitsunfähigkeit zu verzichten, lässt sich daher nicht beanstanden (siehe
BGE 104 V 210
Erw. a, RKUV 1987 Nr. K 720 S. 107 unten f.). Ein Verstoss gegen
Art. 4 Abs. 1 BV
liegt, entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, nicht vor (vgl.
BGE 106 Ia 162
Erw. 2b, RKUV 1985 Nr. K 646 S. 238 Erw. 2d = ZAK 1986 S. 190 Erw. 2d). Es muss deshalb bei der Massgeblichkeit der IV-rechtlichen Rentenzusprechung sein Bewenden haben, zumal es die Beschwerdeführerin selber zu verantworten hat, wenn sie
BGE 118 V 35 S. 44
seinerzeit die ergangenen IV-Rentenverfügungen nicht angefochten hat.
Dass die Sammelstiftung, wie dargelegt (Erw. 2b/cc), auch im Obligatoriumsbereich die Anspruchsentstehungsvoraussetzungen erleichtert hat, insbesondere Invalidenleistungen bereits bei einem Invaliditätsgrad von 25% gewährt, rechtfertigt hier keine selbständige Prüfung. Denn wegen der bezüglich dieser Leistungen nicht zu beanstandenden reglementarischen Wartezeit von 24 Monaten würden entsprechende erleichterte Invalidenleistungen im Obligatoriumsbereich erst fliessen können, nachdem die rein obligatorische Anspruchsberechtigung mit einer Wartezeit von 360 Tagen bzw. einem Jahr bereits zum Zuge gekommen ist. Schliesslich kann nicht gesagt werden, dass sich unter Berücksichtigung der beachtlichen Umstände gemäss dargelegtem Reglement (persönlicher, beruflicher und sozialer Natur) ein früherer Beginn der Arbeitsunfähigkeit ergibt.
c) Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin entsprechend der IV-Rentenverfügung auch berufsvorsorgerechtlich seit 18. August 1985 zu 50% arbeitsunfähig war, was die Ärzte der Abteilung für Viszerale Chirurgie am Spital B. in ihren Berichten vom 26. Juni und 18. November 1987 ausdrücklich und präzis angegeben haben.
4.
War die Beschwerdeführerin somit aber ab 18. August 1985 zu 50% arbeitsunfähig - welche andauernde und dann ab August 1986 verschlimmerte Einschränkung der Leistungsfähigkeit zur Invalidität und Berentung geführt hat -, so war sie damals noch im Sinne von
Art. 23 BVG
bei der Beschwerdegegnerin versichert. Das neue Arbeitsverhältnis mit der Firma L. AG hat sie nämlich erst am 19. August 1985 angetreten. Ob man von einem Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Firma G. AG am 25. Juli 1985 (letzter Arbeitstag) oder (wie die Vorinstanz) am 31. Juli 1985 ausgeht, der Eintritt der massgeblichen Arbeitsunfähigkeit von 50% am 18. August 1985 fällt so oder anders in die Nachdeckungsfrist des
Art. 10 Abs. 3 BVG
, welche nach dem Gesagten (Erw. 2a in fine), im Rahmen von 30 Tagen, bis zum Zeitpunkt wirkt, an dem die Beschwerdeführerin eine neue Stelle antrat und kraft dessen ein neues Vorsorgeverhältnis begründete. Das geschah hier erst am 19. August 1985. Damit hat die Beschwerdeführerin nach Ablauf der gesetzlichen Wartezeit und in Übereinstimmung mit dem auch diesbezüglich massgeblichen Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission ab August 1986 Anspruch auf eine BVG-Invalidenleistung von 50% der Beschwerdegegnerin.
BGE 118 V 35 S. 45
5.
Die Sammelstiftung hat sich wiederholt auf den Standpunkt gestellt, selbst wenn im Sinne von
Art. 23 BVG
der Eintritt der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit während der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zu ihr angenommen würde, so schulde sie jedenfalls nur eine halbe, nicht aber eine volle Invalidenleistung; denn die Arbeitsunfähigkeit habe sich erst lange nach Auflösung des Vorsorgeverhältnisses in einem den Anspruch auf eine halbe Invalidenleistung übersteigenden Masse erhöht. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Weder der Wortlaut des
Art. 23 BVG
noch die übrigen für die Auslegung wesentlichen Elemente (vgl. hiezu
BGE 116 V 193
Erw. 3a mit Hinweisen,
BGE 116 II 415
Erw. 5b mit weiteren Hinweisen) sprechen für diese Lösung. Nach
Art. 23 BVG
versichertes Ereignis ist einzig der Eintritt der relevanten Arbeitsunfähigkeit, unabhängig davon, in welchem Zeitpunkt und in welchem Masse daraus ein Anspruch auf Invalidenleistung entsteht. Die Versicherteneigenschaft muss nur bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gegeben sein, dagegen nicht notwendigerweise auch im Zeitpunkt des Eintritts oder der Verschlimmerung der Invalidität. Diese wörtliche Auslegung steht in Einklang mit Sinn und Zweck der Bestimmung, nämlich demjenigen Arbeitnehmer Versicherungsschutz angedeihen zu lassen, welcher nach einer längeren Krankheit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und erst später invalid wird (vgl. Erw. 2b/aa). Für eine einmal aus - während der Versicherungsdauer aufgetretener - Arbeitsunfähigkeit geschuldete Invalidenleistung bleibt die Vorsorgeeinrichtung somit leistungspflichtig, selbst wenn sich nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses der Invaliditätsgrad ändert. Entsprechend bildet denn auch der Wegfall der Versicherteneigenschaft keinen Erlöschungsgrund (
Art. 26 Abs. 3 BVG
e contrario). Damit stimmen auch die reglementarischen Bestimmungen der Beschwerdegegnerin überein, wonach die Leistungen "während der Dauer der Erwerbsunfähigkeit" gewährt werden (Art. 20 Ziff. 7 des Reglements). Dass die neue Vorsorgeeinrichtung, die Gemeinschaftsstiftung BVG der Vita, der Beschwerdeführerin eine Invalidenleistung zugesprochen hat, ist für die Beurteilung der hier streitigen Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin unerheblich. Die materielle Begründetheit der von der Vita zugesprochenen Leistungen ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Es ist Sache der Vita, mit Blick auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens gegebenenfalls auf ihre Leistungszusprechung zurückzukommen.
6.
(Kostenpunkt)
BGE 118 V 35 S. 46
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der Rekurskommission für Sozialversicherungen des Kantons Freiburg vom 26. Juli 1991 aufgehoben, und die Gemeinschaftsstiftung Basler-Leben wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin mit Wirkung ab August 1986 eine Invalidenleistung auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 50% und ab November 1986 auf der Grundlage eines solchen von 100% auszurichten.