Urteilskopf
119 IV 138
25. Urteil des Kassationshofes vom 10. Juni 1993 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 187 Ziff. 4 StGB
; sexuelle Handlungen mit Kindern, Irrtum über das Alter, Vermeidbarkeit.
Wer unter den Umständen einer "Jugendliebe" nach mehrmaligem, bestimmtem Fragen nach dem Alter des Geschlechtspartners auf die erhaltene (falsche) Antwort vertraut, verletzt seine Sorgfaltspflichten nicht, wenn er keine weiteren Abklärungen über dessen Alter trifft.
Mit Urteil vom 25. November 1991 sprach das Amtsgericht Olten-Gösgen L. der fahrlässigen Unzucht mit einem Kind nach Art. 191 Ziff. 1 aStGB schuldig und verurteilte ihn zu zehn Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von zwei Jahren.
Auf Berufung des Beschuldigten hin befand das Obergericht Solothurn ihn mit Urteil vom 3. März 1993 der fahrlässigen sexuellen Handlung mit einem Kind gemäss
Art. 187 Ziff. 4 StGB
für schuldig und reduzierte die Gefängnisstrafe auf vier Tage, bedingt auf zwei Jahre.
Dagegen erhebt L. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft Solothurn beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) lernte der Beschwerdeführer das Mädchen H., das er bereits vorher schon gesehen hatte und dem Namen nach kannte, am 23. Juni 1991 in einem Pub näher kennen. Da es zu Hause Schwierigkeiten hatte und nicht dorthin zurückkehren wollte, fragte es den Beschwerdeführer nach einer Schlafgelegenheit, worauf dieser das Mädchen in die Wohnung eines abwesenden Kollegen brachte. Dort diskutierten sie miteinander und es bat ihn dann, ihm den Rücken zu massieren, was der Beschwerdeführer tat. In der Folge verkehrten in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1991 die beiden geschlechtlich. Das Mädchen stand damals drei bzw. zwei Tage vor seinem 16. Geburtstag. Der Beschwerdeführer wusste nicht, dass H. noch im Schutzalter war. Er fragte es während des Abends insgesamt dreimal nach seinem Alter, worauf H. ihm jedesmal antwortete, es werde in drei Tagen 17 Jahre alt.
b) Die Vorinstanz wandte das neue Sexualstrafrecht als lex mitior an und erachtete den Tatbestand von
Art. 187 Ziff. 4 StGB
als erfüllt. Danach ist die Strafe Gefängnis, wenn der Täter in der irrigen Vorstellung handelte, das Kind sei mindestens 16 Jahre alt, er jedoch bei pflichtgemässer Vorsicht den Irrtum hätte vermeiden können. Art. 191 Ziff. 3 aStGB hatte den gleichen Wortlaut.
Die Vorinstanz führte aus, das Bundesgericht stelle beim fahrlässigen Irrtum über das Alter des Kindes hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Täters. Eine blosse Erklärung des Opfers über sein Alter entbinde den Täter nicht von der Pflicht, sich darüber zu vergewissern. Wohl habe der Bundesrat in seiner Botschaft zur Revision des Sexualstrafrechts bei jugendlichen Tätern flexible Lösungen durch die Rechtsprechung verlangt, doch sei diesem Anliegen durch
Art. 187 Ziff. 3 StGB
Rechnung getragen worden. Da der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt 20 1/3 Jahre alt gewesen sei, gelange Ziff. 3 nicht zur Anwendung. Der Beschwerdeführer hätte sich nicht einfach auf die Altersangabe von H. verlassen dürfen.
BGE 119 IV 138 S. 140
Seine Aussage, er habe H. auf etwa 18 Jahre geschätzt, sei nicht objektivierbar und unglaubwürdig. Dass Zweifel angezeigt gewesen wären, gehe aus der Schlussverfügung der Untersuchungsrichterin sowie aus den Erwägungen der ersten Instanz hervor, welche beide zum Schluss gekommen seien, das Aussehen des Opfers entspreche in etwa dessen richtigem Alter. Das zweimalige Nachfragen nach dem Alter sei ein Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer gewisse Zweifel über das wahre Alter von H. gehegt habe. Er sei deshalb den vom Bundesgericht geforderten Vorsichtspflichten nur ungenügend nachgekommen.
c) Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Bundesrecht, da das Urteil der Vorinstanz noch auf der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum alten Recht beruhe, welche von der Lehre als unrealistisch kritisiert worden sei. Wenn auch der objektive Tatbestand von
Art. 187 Ziff. 4 StGB
erfüllt sei, so verhalte es sich anders bei der subjektiven Komponente; diese sei unter dem neuen Recht anders zu interpretieren und die erheblichen Änderungen des Gesetzes im Bereich des vorsätzlichen Tatbestands mitzuberücksichtigen. Die Anforderungen an die Überprüfungspflicht des Partners seien entsprechend dem Altersunterschied abzustufen. Den um vier Jahre älteren Partner treffe eine weit weniger strenge Prüfungspflicht als den Beteiligten, der den 50. Geburtstag bereits hinter sich habe. Nur so werde man den Gegebenheiten der sexuellen Beziehungen zwischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gerecht. Im zu beurteilenden Fall wirke die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung besonders stossend, weil die beiden Sexualpartner ihr Abenteuer eine Woche später wiederholt hätten, ohne dass dies jetzt strafbar gewesen wäre. Der Unterschied der beiden Handlungen aus der Sicht des geschützten Rechtsguts werde dabei nicht ersichtlich. Die beiden Beteiligten seien heute noch ein Paar, und es sei unverständlich, dass der Beschwerdeführer dafür bestraft werden solle, dass seine Freundin damals in bezug auf ihr Alter gelogen und ihn über den Wunsch nach einer Massage praktisch verführt habe.
2.
Am 1. Oktober 1992 ist das neue Sexualstrafrecht in Kraft getreten, wobei Art. 191 aStGB durch
Art. 187 StGB
ersetzt worden ist. Im Gegensatz zum alten Recht sieht der neue
Art. 187 StGB
in den Ziff. 3 und 2 vor, dass von Strafverfolgung oder Bestrafung abgesehen werden kann, wenn der Täter zur Zeit der Tat das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat und besondere Umstände vorliegen oder die verletzte Person mit dem Täter die Ehe schliesst; die Handlung
BGE 119 IV 138 S. 141
ist überhaupt nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.
Damit wollte der Gesetzgeber einerseits den veränderten gesellschaftlichen Auffassungen Rechnung tragen, andererseits Fälle von Jugendliebe flexibler als bisher handhaben. Entgegen dem Vorschlag der Expertenkommission beschloss der Bundesrat, den Tatbestand der Fahrlässigkeit beizubehalten, weil das Fehlen einer speziellen Fahrlässigkeitsvorschrift nicht dazu führen dürfe, in Zweifelsfällen Eventualvorsatz anzunehmen, wo dieser nicht gegeben sei (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 1985, BBl 1985 II 1067). Bezug nehmend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in
BGE 100 IV 230
und
BGE 85 IV 77
führt der Bundesrat weiter aus, dass der Täter erhöhte Vorsicht beobachten müsse, wenn das Opfer nahe an der Schutzaltersgrenze zu sein scheine. Anders hingegen dürften Fälle jugendlicher Täter zu beurteilen sein, liege es doch in der Natur ihrer Beziehungen, dass man von ihnen nicht dieselbe Wachsamkeit hinsichtlich der Erkundung des Alters ihres Geschlechtspartners verlangen dürfe; die Rechtsanwendung werde hier in Anlehnung an die vorgeschlagene Ziffer 2 flexible Lösungen finden müssen (Botschaft a.a.O., S. 1067 f.). Art. 187 Ziff. 2 der Botschaft sah die Möglichkeit der Strafausschliessung vor, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Handlungen das 18. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hatte.
In den parlamentarischen Debatten (Amtl.Bull. S 1987 373, S 1991 78, N 1990 II 2264, N 1991 I 854) wurde eingehend bezüglich der Festlegung eines starren Schutzalters diskutiert. Man war sich bewusst, dass eine solche Grenze zwar der Rechtssicherheit dienlich ist, in der Anwendung aber zu stossenden Entscheidungen führen kann. Es galt einerseits, dem erklärten Ziel des Sexualstrafrechts gerecht zu werden, die ungestörte Entwicklung des Kindes zu schützen, bis es die notwendige Reife zur verantwortlichen Einwilligung in sexuelle Handlungen erreicht hat; andererseits musste berücksichtigt werden, dass diese Reife von Person zu Person verschieden ist, und somit kein festgelegtes Schutzalter diesem Ziel eigentlich gerecht werden kann. Man sah auch, dass durch das Beibehalten der relativ hohen Grenze von 16 Jahren zusätzlich Probleme entstehen, hielt aber daran fest, weil man vor allem keine falschen Signale an die Jugend senden und sie nicht gewissermassen vor dem 16. Altersjahr zu sexuellen Handlungen animieren wollte. Mit den erwähnten neuen Lösungen wurde jedoch versucht,
BGE 119 IV 138 S. 142
wenigstens eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung des Strafrechts in diesem delikaten Bereich zu ermöglichen.
3.
Im Falle des Beschwerdeführers ist unbestritten, dass der objektive Tatbestand von
Art. 187 Ziff. 1 StGB
erfüllt ist, kein Vorsatz vorliegt und
Art. 187 Ziff. 2 und 3 StGB
nicht anwendbar sind. Es bleibt also zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer fahrlässiges Verhalten im Sinne von
Art. 187 Ziff. 4 StGB
vorgeworfen werden kann, d.h., ob er bei pflichtgemässer Vorsicht seinen Irrtum über das Alter des Mädchens hätte vermeiden können.
Aufgrund der entsprechenden verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist dabei davon auszugehen, dass er Zweifel daran hatte, ob das Mädchen dem Schutzalter entwachsen sei. Es fragt sich indessen, ob der Beschwerdeführer genügende Vorsicht walten liess, wenn er diese bereits zerstreute, nachdem das Mädchen ihm nach wiederholtem Fragen sein Alter stets mit 17 Jahren angegeben hatte.
a) Nach
Art. 18 Abs. 3 StGB
handelt fahrlässig, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist.
b) Das Bundesgericht hat sich unter dem alten Sexualstrafrecht verschiedentlich mit dem fahrlässigen Irrtum über das Alter des Kindes befasst: so hielt es in
BGE 84 IV 103
f. fest, dass das Bewusstsein, das wirkliche Alter des Mädchens könnte nahe der strafrechtlich massgeblichen Grenze liegen, zu besonderer Vorsicht veranlassen müsse. Es sei leichtfertig, sich erst kurz vor dem Beischlaf nach dem Alter des Mädchens zu erkundigen, und pflichtwidrig unvorsichtig, sich damit zu begnügen, die Zweifel bloss mit einer einzigen Frage zerstreuen zu wollen. Allerdings war in diesem Fall der Beschuldigte fast 15 Jahre älter als sein Opfer, und er hätte mehrmals Gelegenheit gehabt, über Dritte das Alter des Mädchens zu erfahren. In
BGE 85 IV 77
ging es um zwei Angeschuldigte im Alter von 39 Jahren. Das Bundesgericht hielt fest, dass diese sich nicht auf die Angabe des Mädchens, es sei 17 Jahre alt, hätten verlassen dürfen, weil junge Mädchen daran Gefallen fänden, von reiferen Männern ernst genommen und umworben zu werden, und dass sie oft geneigt seien, ihr jugendliches Alter durch Angabe eines höheren zu tarnen, um das ihnen bekundete Interesse wachzuhalten. Auch in
BGE 102 IV 277
durfte sich der Täter nicht mit der blossen Erklärung des Opfers begnügen, es sei 18 Jahre alt. Zu beurteilen
BGE 119 IV 138 S. 143
war eine homosexuelle Beziehung zwischen einem 37jährigen Mann mit einem noch nicht 16jährigen Knaben. In
BGE 100 IV 232
wurde ausgeführt, dass die Verpflichtung, das Alter in Erfahrung zu bringen, nicht allzu streng genommen werden dürfe; sie hänge von den Umständen ab und es könne auch von weiteren Erkundungen abgesehen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte den Täter ernsthaft glauben machten, dass die Person, mit welcher er eine sexuelle Beziehung haben möchte, bereits 16 Jahre alt sei.
c) Die strenge Praxis des Bundesgerichts wurde verschiedentlich kritisiert. Nach diesen Kriterien sei die Fahrlässigkeit praktisch immer gegeben, wenn der objektive Tatbestand erfüllt sei; Fälle eines entschuldbaren Irrtums über das Alter seien kaum noch denkbar (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, Bern 1984, § 25 N. 28). Nach GIRARDIN sollte der Richter Fahrlässigkeit nur zurückhaltend annehmen, da Art. 191 Ziff. 3 aStGB eine Ausnahme von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen darstelle und eine zu enge Auslegung der Rechtssicherheit nur schaden könne (Les dispositions de l'art. 191 CPS et la jurisprudence qui s'y rapporte sont-elles encore en harmonie avec la notion actuelle de la morale et des bonnes moeurs?, ZStR 86 (1970) 207; Kritik auch bei: WÜRGLER, Unzucht mit Kindern nach
Art. 191 StGB
, S. 231 ff.; GRAVEN, La pudeur enfantine, in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, S. 284 f.; TRECHSEL, Kurzkommentar, Zürich 1989, Art. 191 N. 21; REHBERG, Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 1993 S. 18, FN 14).
d) Die sexuelle Handlung mit einem Kind ist nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt (Ziff. 2 von
Art. 187 StGB
). Hat der Täter zur Zeit der Tat das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt und liegen besondere Umstände vor oder hat die verletzte Person mit ihm die Ehe geschlossen, so kann die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder von Bestrafung absehen (
Art. 187 Ziff. 3 StGB
).
Diese Gesetzesänderungen beim Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern zeigen - und das ergibt sich auch aus den Materialien -, dass der Gesetzgeber eine Entkriminalisierung von Fällen wollte, in denen die Beteiligten praktisch gleichaltrig sind und besondere Umstände vorliegen oder sich eine Liebesbeziehung entwickelt hat. Eine Strafnorm wird unter solchen Umständen als nicht mehr gerechtfertigt betrachtet. Dass sich diese Straffreiheit nach schematischen Gesichtspunkten, d.h. vorab nur objektiv nach
BGE 119 IV 138 S. 144
dem Alter und nicht nach dem schwer qualifizierbaren Begriff der Reife bzw. der Schutzbedürftigkeit des Kindes richtet, hat seinen Grund in der Praktikabilität und der Rechtssicherheit. Bei Vorsatz ist der Richter an die Altersgrenzen in
Art. 187 Ziff. 2 und 3 StGB
gebunden. Beim fahrlässigen Irrtum über das Alter nach
Art. 187 Ziff. 4 StGB
ist auch dort, wo die altersmässigen Voraussetzungen nur annähernd erfüllt sind, dem Grundgedanken der neuen Regelung im Rahmen des dem Richter gemäss
Art. 18 Abs. 3 StGB
zustehenden Ermessens Rechnung zu tragen.
e) Im zu beurteilenden Fall sind beide Beteiligte junge Menschen, auch wenn der Beschwerdeführer zur Tatzeit das 20. Altersjahr knapp überschritten hatte. Auch schliesst der Altersunterschied von etwas mehr als vier Jahren nicht aus, dass von "Jugendliebe" gesprochen werden kann. Die Beteiligten stehen ausserdem jetzt noch in einer Liebesbeziehung, und ein Ausnutzen des Mädchens oder ein Abhängigkeitsverhältnis ist von der Vorinstanz nicht festgestellt worden und ist auch nicht ersichtlich. Dagegen hielt sie fest, dass sich die angebahnte Beziehung, welche schliesslich in den Geschlechtsverkehr mündete, Schritt für Schritt entwickelte, dass beide Beteiligte das ihrige dazu beitrugen und beide auch den Geschlechtsverkehr wollten. Zudem suchte der Beschwerdeführer nicht nur ein kurzes Abenteuer, sondern handelte aus Gefühlen, die auch nach der Tat andauerten.
Unter diesen Umständen kann aber nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe es an der pflichtgemässen Vorsicht fehlen lassen, wenn er nach wiederholtem Nachfragen seine Zweifel daran, ob das Mädchen mindestens 16 Jahre alt sei, beseitigte, nachdem dieses sein Alter stets mit zwei Tagen vor dem 17. Geburtstag angegeben hatte. Unter fast gleichaltrigen jungen Menschen darf nicht dieselbe Strenge angewendet werden, als wenn der Altersunterschied zehn oder noch mehr Jahre beträgt. Insoweit ist, wie erwähnt, das aus
Art. 187 Ziff. 2 und 3 StGB
folgende Anliegen des Gesetzgebers bei der letzten Revision des Sexualstrafrechts zu berücksichtigen und folglich von besonderen Umständen und persönlichen Verhältnissen, wie sie nach
Art. 18 Abs. 3 StGB
massgebend sind, auszugehen. Der Beschwerdeführer hat nach den gegebenen Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen seiner Sorgfaltspflicht genügt, indem er in bestimmter Weise nach dem Alter der Geschlechtspartnerin gefragt und sodann auf die erhaltene deutliche Antwort vertraut hat. Es wird von der Vorinstanz nicht angeführt, wie er noch zusätzliche Erkundigungen hätte einholen können; die
BGE 119 IV 138 S. 145
Zumutbarkeit weiterer Abklärungen ist jedenfalls nicht ersichtlich. Trotz dieser Gründe, die zur Verneinung einer Sorgfaltspflichtverletzung führen, anders entscheiden zu wollen, weil sich der Beschwerdeführer mit dem Mädchen bereits nach nur sehr kurzer Bekanntschaft intim eingelassen hat, wäre realitätsfremd, haben sich doch die Voraussetzungen der Fahrlässigkeit an einer "nach den Umständen" zu beobachtenden Vorsicht auszurichten (
Art. 18 Abs. 3 StGB
).
Die Vorinstanz verletzte demnach Bundesrecht, wenn sie den Beschwerdeführer in Anwendung von
Art. 187 Ziff. 4 StGB
schuldig erklärte. Dies führt zur Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde.