Urteilskopf
120 IV 330
55. Urteil des Kassationshofes vom 18. November 1994 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
;
Art. 63 StGB
; Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, schwerer Fall, Zusammentreffen mehrerer Qualifikationsgründe; Strafzumessung bei Zwischenhandel.
Ist ein Qualifikationsgrund gegeben, liegt ein schwerer Fall vor und kommt der dafür vorgesehene verschärfte Strafrahmen zur Anwendung. Ein weiterer Qualifikationsgrund kann sich deshalb nur innerhalb des verschärften Strafrahmens straferhöhend auswirken (E. 1).
Konsequenzen für die Strafzumessung bei einem Zwischenhändler, der den Heroinhandel in seinem Bereich mit beherrschenden Mitteln organisierte (E. 1c/bb u. 2).
A.-
B. bezog in der Zeit von Herbst 1991 bis zu seiner Anhaltung am 2. Februar 1993 in der Region Basel 9,2 kg Heroin und gab 7,87 kg Heroin weiter. Durch den Verkauf des Heroins erzielte er einen Gewinn von mindestens Fr. 55'000.--, den er für den Lebensunterhalt verwendete.
B.-
Das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft verurteilte B. am 13. November 1993 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen Verletzung von Verkehrsregeln zu 11 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der seit dem 2. Februar 1993 ausgestandenen Untersuchungshaft, und zu Fr. 10.-- Busse. Überdies ordnete es eine Landesverweisung von 15 Jahren an (unbedingt). Ferner erklärte es eine bedingte Vorstrafe von 6 Monaten Gefängnis für vollstreckbar.
C.-
Auf Appellation von B. und Anschlussappellation der Staatsanwaltschaft hin erkannte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft am 24. Mai 1994 auf eine Strafe von 10 Jahren Zuchthaus und Fr. 10.-- Busse. Im übrigen bestätigte es das Urteil des Strafgerichtes.
D.-
B. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Massgabe, dass keine Bandenmässigkeit anzunehmen und eine mildere Strafe auszufällen sei.
E.-
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen:
1.
a)
Art. 19 Ziff. 1 Satz 1 BetmG
(SR 812.121) stellt den unbefugten Anbau, Handel und Besitz von Betäubungsmitteln in allen seinen Formen unter Strafe. Für die vorsätzliche Tatbegehung droht das Gesetz Gefängnis oder Busse an. Nach
Art. 19 Ziff. 1 Satz 2 BetmG
ist in schweren Fällen die Strafe Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr, womit eine Busse bis zu einer Million Franken verbunden werden kann. Gemäss
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
liegt ein schwerer Fall insbesondere vor, wenn der Täter
BGE 120 IV 330 S. 332
(a) weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
(b) als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs zusammengefunden hat;
(c) durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
b) Die Vorinstanz hat den schweren Fall unter dem Gesichtspunkt aller drei Qualifikationsgründe gemäss Ziff. 2 lit. a-c bejaht. Der Beschwerdeführer stellt insoweit nur die Bandenmässigkeit nach lit. b in Frage.
aa) Nach den Ausführungen der Vorinstanz beteiligte sich der Beschwerdeführer ab Herbst 1991 bis zu seiner Anhaltung durch die Polizei am 2. Februar 1993 in der Rolle eines Zwischenhändlers am Drogenhandel. Mehrere Indizien sprächen dafür, dass er in die Organisation der Gebrüder S. eingebettet gewesen sei, unabhängig davon, ob er die Gebrüder S. persönlich gekannt habe. Der Beschwerdeführer sei erwiesenermassen mit einigen ihrer Mittelsmänner in der Schweiz bekannt gewesen. Von diesen habe er immer wieder einen grossen Teil seines Heroins bezogen, das er in kleine Portionen abgepackt bzw. durch Z. habe abpacken lassen, um es anschliessend an reine Dealer oder an Konsumenten, welche wiederum dealten, verkaufen zu lassen. Die Bandenmässigkeit gemäss lit. b sei damit erfüllt.
bb) Soweit der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz in Frage stellt, ist er nicht zu hören. Im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
).
cc) Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei nicht ersichtlich, weshalb bei der von ihm ausgeübten Zwischenhändlerrolle Bandenmässigkeit anzunehmen sei. Es sei selbstverständlich, dass ein Zwischenhändler Grosshändler kennen müsse, da er sonst gar nicht in der Lage wäre, mit Betäubungsmitteln zu handeln. Dass sich Grosshändler teilweise bandenmässig organisierten, mache die kleinen Zwischenhändler, die von diesen Personen Betäubungsmittel erwerben, nicht zu Mitgliedern dieser Bande.
c) aa)
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
umschreibt, wie sich aus dem Begriff "insbesondere" ergibt, den schweren Fall nicht abschliessend. Die Buchstaben a-c nennen dafür Beispiele. Der schwere Fall kann somit gegeben sein aufgrund der Menge (lit. a), der Bandenmässigkeit (lit. b), der
BGE 120 IV 330 S. 333
Gewerbsmässigkeit (lit. c) oder eines anderen qualifizierenden Umstands (BGE
BGE 114 IV 164
). Ist ein Qualifikationsgrund gegeben, liegt ein schwerer Fall vor und kommt der dafür vorgesehene verschärfte Strafrahmen zur Anwendung. Der Strafrahmen kann nicht noch weiter verschärft werden. Ob weitere Qualifikationsgründe erfüllt sind, ist insoweit belanglos. Die Annahme eines weiteren Qualifikationsgrundes kann sich nur innerhalb des verschärften Strafrahmens gemäss
Art. 63 StGB
straferhöhend auswirken (
BGE 112 IV 109
E. 2c;
BGE 116 IV 300
E. 2a).
bb) Der schwere Fall ist hier aufgrund von lit. a und c von
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
unstreitig gegeben. Damit ist bei der Strafzumessung vom verschärften Strafrahmen auszugehen, unabhängig davon, ob zusätzlich Bandenmässigkeit nach lit. b anzunehmen ist. Die Bandenmässigkeit kann nur zu einer Straferhöhung innerhalb des verschärften Strafrahmens führen. Straferhöhend berücksichtigen durfte die Vorinstanz die oben (E. 1b/aa) angeführten Umstände aber auch dann, wenn man annehmen wollte, dass sich daraus die Bandenmässigkeit nach lit. b nicht ergibt. Ob die Bejahung der Bandenmässigkeit hier mit dem Bundesrecht in Einklang steht, kann deshalb offenbleiben. Dass die Vorinstanz den streitigen Straferhöhungsgrund in Überschreitung ihres Ermessens zu stark gewichtet hätte (
BGE 120 IV 136
E. 3a mit Hinweisen), macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
2.
Der Beschwerdeführer macht überdies - unabhängig vom vorangegangenen Beschwerdepunkt - geltend, die Strafzumessung verletze Bundesrecht.
Der Einwand ist unbegründet. Die Vorinstanz hat die für die Strafzumessung massgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und keine unhaltbar harte Strafe ausgesprochen. Auf ihre Ausführungen sowie auf die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft kann verwiesen werden (vgl.
Art. 36a Abs. 3 OG
). Hinzuzufügen ist, dass der Beschwerdeführer bei den gegebenen Heroinmengen keineswegs nur als kleiner Zwischenhändler eingestuft werden kann. Die Art, wie er sich gegenüber Z. verhielt, durfte die Vorinstanz straferhöhend berücksichtigen. Denn daraus wird deutlich, dass der Beschwerdeführer den Zwischenhandel in seinem Bereich mit beherrschenden Mitteln organisierte. Zu Unrecht macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe sein Benehmen gegenüber den früheren Freundinnen straferhöhend berücksichtigt. Die Vorinstanz ist darauf nur eingegangen im Zusammenhang mit der
BGE 120 IV 330 S. 334
beweismässig umstrittenen Frage, wie sich der Beschwerdeführer gegenüber Z. verhalten habe.
3.
(Kosten- und Entschädigungsfolgen).