Urteilskopf
121 IV 365
59. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Dezember 1995 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 270 BStP
; Art. 58bis aStGB. Legitimation des Angeklagten und des Dritteigentümers zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine Einziehung. Rechtliches Gehör des Dritten im Einziehungsverfahren.
Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Einziehung von angeblich einem Dritten gehörendem Kriegsmaterial (E. 7a und b).
Prozessrechtliche Stellung der an einzuziehenden Gegenständen und Vermögenswerten angeblich berechtigten Dritten (E. 7c).
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
;
Art. 20 Abs. 1 KMG
. Besondere Gründe, die einer Einziehung von Kriegsmaterial entgegenstehen; Rechte Dritter.
Auf die Einziehung von Kriegsmaterial gemäss
Art. 20 Abs. 1 KMG
ist
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
betreffend die Rechte Dritter nicht anwendbar (E. 8b).
Voraussetzungen, unter denen das Eigentum des Dritten, der im Inland Kriegsmaterial direkt vom tatbestandsmässig handelnden Verkäufer erworben hat, ein der Einziehung entgegenstehender besonderer Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
ist (E. 9b). Besonderer Grund im konkreten Fall verneint (E. 10).
Das Obergericht des Kantons Solothurn sprach S. am 3. Mai 1995 zweitinstanzlich der Einfuhr und des mehrfachen Vertriebs von
BGE 121 IV 365 S. 367
Kriegsmaterial ohne die erforderlichen Bewilligungen schuldig und verurteilte ihn deswegen in Anwendung von
Art. 17 Abs. 1 lit. a KMG
(SR 514.51) zu vier Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. S. wird zur Last gelegt, er habe in der Zeit vom 12. Oktober 1991 bis zum 18. August 1992 mit Waffenerwerbsscheinen insgesamt 26 Faustfeuerwaffen mit einem Kaliber von mehr als 6,2 mm erworben und sie in der Folge an Dritte weiterveräussert, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Grundbewilligung des Bundes (
Art. 4 KMG
) gewesen zu sein. Im weiteren wird S. vorgeworfen, er habe Anfang der 90er-Jahre in Deutschland fünf mit Tränengas (CS-Kampfstoff) ausgerüstete Schlagstöcke erworben, sie ohne Bewilligung des Bundes (
Art. 9 KMG
) in die Schweiz eingeführt und hier zwei davon weiterverkauft.
Mit Beschluss vom gleichen Tage wurden die bei S. beschlagnahmten Gegenstände (ein Revolver der Marke "Rossi", eine halbautomatische Maschinenpistole der Marke "Sites", drei CS-Reizstoffgeräte sowie insgesamt 120 Patronen unterschiedlicher Art) gestützt auf
Art. 20 Abs. 1 KMG
eingezogen und als dem Bund verfallen erklärt.
S. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Zudem ersucht er um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Die Schweizerische Bundesanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Aus den Erwägungen:
III. Einziehung
7.
a) Der Beschwerdeführer ist als Angeklagter gemäss
Art. 270 Abs. 1 BStP
zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert. Er kann in dieser Eigenschaft auch die von der Vorinstanz angeordnete Einziehung anfechten, unter der allgemeinen Legitimationsvoraussetzung, dass er durch diese Massnahme beschwert ist. Er ist durch die Einziehung beschwert, weil ihm erstens als Besitzer die Gegenstände weggenommen werden und er zweitens unter Umständen gegenüber dem angeblichen Eigentümer der unter anderem beschlagnahmten Schusswaffen schadenersatzpflichtig wird, wenn er die Schusswaffen diesem nicht zurückgeben kann.
b) Allerdings können die Rechte Dritter an den einzuziehenden Gegenständen nur von diesen Dritten selbst wahrgenommen werden. Daher kann nur der angebliche Dritteigentümer W. beantragen, dass der Staat ihm die beiden Schusswaffen aushändige, und kann nur W. den Entscheid betreffend Nicht-Herausgabe anfechten, da allein er durch diesen Entscheid direkt betroffen (siehe dazu
BGE 108 IV 154
) wird.
Dennoch kann der Beschwerdeführer den Entscheid betreffend die Einziehung der Gegenstände als dadurch beschwerter Angeklagter unter anderem auch mit dem Argument als bundesrechtswidrig anfechten, dass die beiden Schusswaffen dem Dritten W. gehörten. Die Eigentumsfrage ist hier, anders als im Verfahren betreffend die Aushändigung der Gegenstände an den Dritten, nicht die Hauptfrage, sondern eine möglicherweise relevante Vorfrage.
Daher ist es unerheblich, dass W., der als vom Beschwerdeführer angerufener Zeuge bestätigen sollte, der Beschwerdeführer habe die Waffen zum Selbstkostenpreis verkauft (und daher nicht gewerbsmässig gehandelt), an der Berufungsverhandlung in der insoweit ungewöhnlichen Stellung als Zeuge die Gelegenheit wahrnahm, die Aushändigung der beiden Schusswaffen zu beantragen, und dass die Vorinstanz diesen Antrag des Zeugen W. behandelt und abgewiesen hat. Nicht diesen Entscheid betreffend Nicht-Herausgabe der beiden Schusswaffen an W. ficht der Beschwerdeführer an, sondern allein den Entscheid betreffend die Einziehung unter anderem dieser Schusswaffen. Die Vorinstanz hat zudem die Aushändigung der beiden Schusswaffen an W. nicht mit der Begründung abgelehnt, dass er nicht der Eigentümer sei, sondern mit dem Argument, dass für die Einziehung gemäss
Art. 20 Abs. 1 KMG
die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse nicht massgebend seien. Die Vorinstanz hat demnach in dem vom Zeugen W. veranlassten Verfahren auf Aushändigung der beiden Schusswaffen die Eigentumsfrage nicht beurteilt.
c) Es fällt auf, dass der Dritte W. nur gewissermassen zufälligerweise und in der insoweit ungewöhnlichen Eigenschaft als Zeuge im Straf- bzw. Einziehungsverfahren die Aushändigung der u.a. einzuziehenden Schusswaffen beantragen konnte. Die Rechtsstellung des am einzuziehenden respektive bereits eingezogenen Gegenstand angeblich berechtigten Dritten ist in der Strafprozessordnung des Kantons Solothurn, wie auch in zahlreichen andern kantonalen Strafprozessordnungen und im BStP, nicht geregelt (siehe dazu LOUIS GAILLARD, La confiscation des gains illicites, Le droit des tiers,
BGE 121 IV 365 S. 369
art. 58 et 58bis CP, in: Le rôle sanctionnateur du droit pénal, 1985, p. 155 ss, 179 ss, 184, 189). Doch entspricht es allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass er angehört wird (SCHUBARTH, Grundfragen des Medienstrafrechtes im Lichte der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, ZStrR 113/1995 S. 141 ff., 159/160; N. SCHMID, Das neue Einziehungsrecht nach StGB Art. 58 ff., ZStrR 113/1995 S. 321 ff., 363; DENIS PIOTET, Les effets civils de la confiscation pénale, 1995, p. 7 ss, n. 14 ss). Art. 58bis aStGB (in der Fassung gemäss BG über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974, in Kraft getreten am 1. Januar 1975) berücksichtigte erstmals die Rechte Dritter an den einzuziehenden Gegenständen. Die notwendige Anpassung der Prozessordnungen an diese Änderung des materiellen Rechts ist bis heute weitgehend unterblieben. Es ist dringend geboten, dass die Strafprozessordnungen die Stellung des Dritten regeln, der seine Rechte am einzuziehenden oder am bereits eingezogenen Gegenstand geltend machen will.
d) Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist in diesem Punkt daher auch insoweit einzutreten, als der Beschwerdeführer die Einziehung der beiden Schusswaffen mit dem Argument anficht, dass sie nicht ihm, sondern W. gehörten.
8.
a) Ein der Einziehung von Kriegsmaterial entgegenstehender besonderer Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
kann dann gegeben sein, wenn die Massnahme im konkreten Fall in einem krassen Missverhältnis zur objektiven oder subjektiven Schwere der Widerhandlung gegen das KMG steht, sowie etwa dann, wenn das Kriegsmaterial im Eigentum eines an der Widerhandlung völlig unbeteiligten Dritten steht (
BGE 117 IV 336
E. 3b S. 343). Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt.
Der Beschwerdeführer hat sich vorsätzlich eines Vergehens im Sinne von
Art. 17 Abs. 1 lit. a KMG
schuldig gemacht, und eingezogen wurden einige Waffen und Munition. W. hat die beiden Schusswaffen direkt vom tatbestandsmässig handelnden Beschwerdeführer angeblich erworben; er ist damit gewissermassen notwendiger Teilnehmer an der vom Beschwerdeführer begangenen Widerhandlung, jedenfalls kein daran völlig unbeteiligter Dritter.
b) Das Bundesgericht hat in
BGE 117 IV 336
E. 3b S. 343 die Frage aufgeworfen, ob im Falle des Eigentums eines Dritten am einzuziehenden Kriegsmaterial nicht eher (der erst nach Inkrafttreten des KMG eingefügte) Art. 58bis (a)StGB betreffend die Rechte Dritter (in der damals, 1991, noch geltenden Fassung) ergänzend zum KMG zur Anwendung gelange. Die Frage stellt sich indessen in dieser Form nicht mehr, da
Art. 58 ff. StGB
BGE 121 IV 365 S. 370
inzwischen, durch Bundesgesetz vom 18. März 1994, in Kraft seit 1. August 1994, teilweise geändert worden sind.
Das neue Recht sieht nur noch für die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten im Sinne von
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
, unter anderem die durch eine strafbare Handlung erlangten Gegenstände, die Berücksichtigung der Rechte Dritter ausdrücklich vor (
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
), aber nicht mehr für die der Sicherungseinziehung im Sinne von
Art. 58 StGB
unterliegenden Gegenstände, unter anderem die Tatwerkzeuge. Dies wird in der bundesrätlichen Botschaft (BBl 1993 III 277ff.) unter Hinweis auf
BGE 116 IV 117
damit begründet, dass die Sicherungseinziehung nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ohnehin nur dann erfolgen dürfe, wenn ein ausreichendes Mass an Wahrscheinlichkeit bestehe, dass ohne diese Massnahme die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden. Gemäss den Ausführungen in der Botschaft kann aber ein in Täterhand gefährlicher Gegenstand nach der Rückgabe an den ursprünglichen Eigentümer durchaus als harmlos erscheinen. Daher sei die gesetzliche Regelung der Rechte Dritter an den der Sicherungseinziehung unterliegenden Gegenständen überflüssig (BBl 1993 III, S. 305 f.).
Kriegsmaterial, das ohne die erforderliche Bewilligung vertrieben worden ist oder vertrieben werden soll, ist jedenfalls kein Vermögenswert im Sinne von
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
. Es ist vielmehr allenfalls ein Gegenstand, der im Sinne von
Art. 58 Abs. 1 StGB
zur Begehung einer strafbaren Handlung gedient hat oder bestimmt war, worunter auch ein sogenannter Beziehungsgegenstand fällt, d.h. ein Gegenstand, der zur Begehung der Straftat notwendigerweise benützt werden muss (vgl. dazu N. SCHMID, op.cit., S. 329 f.). Eine direkte Anwendung von
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
, etwa in Verbindung mit
Art. 22 Abs. 1 KMG
, auf die Einziehung von Kriegsmaterial gemäss
Art. 20 Abs. 1 KMG
fällt schon aus diesem Grunde von vornherein ausser Betracht.
9.
Das Eigentum des Dritten am einzuziehenden Kriegsmaterial kann indessen unter gewissen Voraussetzungen auch dann ein der Einziehung entgegenstehender besonderer Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
sein, wenn der Dritte das Kriegsmaterial, wie im hier zu beurteilenden Fall, direkt vom nicht über die erforderliche Grundbewilligung verfügenden und damit tatbestandsmässig handelnden Verkäufer angeblich erworben hat und er somit nicht ein völlig unbeteiligter Dritter ist.
a) Vorauszuschicken ist, dass der vom Beschwerdeführer mit W. angeblich abgeschlossene Kaufvertrag über zwei unter das KMG fallende Schusswaffen nicht etwa wegen rechtswidrigen Inhalts im Sinne von
Art. 20 OR
nichtig ist.
Nichtig zufolge Widerrechtlichkeit ist ein Vertrag nach der Rechtsprechung dann, wenn entweder sein Gegenstand oder der Abschluss mit dem vereinbarten Inhalt oder der mittelbare Vertragszweck gegen objektives Recht verstösst. Keine Widerrechtlichkeit des Vertragsinhalts mit Nichtigkeitsfolge ist jedoch im allgemeinen dann gegeben, wenn sich die verletzte Norm nur gegen die persönliche Beteiligung einer der Parteien am Vertrag richtet. Ein gegen eine bestimmte Gesetzesnorm verstossender Vertrag ist zudem nur dann nichtig, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist oder sich aus Sinn und Zweck der verletzten Norm ergibt. Das gilt auch für den Fall, dass sich das Verbot gegen die Beteiligung bestimmter Personen an einem Vertrag richtet (
BGE 117 II 47
E. 2a, 286 E. 4a, mit Hinweisen; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1988, S. 250 ff.).
Der gelegentliche Verkauf und der gelegentliche Kauf von unter das KMG fallenden Schusswaffen im Landesinnern ist ohne Bewilligung im Sinne des KMG erlaubt. Übersteigen die Transaktionen einen gewissen Umfang, bedürfen der Verkäufer oder der Käufer einer Grundbewilligung. Diese wird nur vertrauenswürdigen Personen unter gewissen Voraussetzungen erteilt. Nicht die einzelne Transaktion im Inland ist bewilligungspflichtig, sondern der Verkäufer oder der Käufer benötigen eine Grundbewilligung, wenn sie im Inland Geschäfte über einen gewissen Umfang hinaus tätigen. Die im zu beurteilenden Fall verletzte Norm richtet sich somit nur gegen die persönliche Beteiligung von Personen am Vertrag, welche nicht über die unter gewissen Voraussetzungen erforderliche Grundbewilligung verfügen. Zudem sieht das KMG die Nichtigkeit nicht ausdrücklich vor. Auch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen des KMG, welche für den Vertrieb von Kriegsmaterial eine Grundbewilligung verlangen und den Vertrieb ohne diese Bewilligung unter Strafe stellen, ergibt sich nicht, dass jeder Kaufvertrag, den ein nicht über die erforderliche Grundbewilligung verfügender Händler mit einer anderen Person abschliesst, nichtig sei. Der Handel mit Kriegsmaterial im Inland ist nicht schon als solcher, etwa wegen der besonderen Art des Gegenstandes, verboten und strafbar, und
Art. 20 KMG
schreibt denn auch im übrigen nicht vor, dass das eingezogene Kriegsmaterial unbrauchbar zu machen oder zu vernichten sei.
Sollten der Beschwerdeführer und W. tatsächlich einen Kaufvertrag über die beiden Schusswaffen abgeschlossen haben, hätte W. gegen den Beschwerdeführer einen Anspruch auf die Verschaffung des Eigentums daran erworben. Sollte der Beschwerdeführer die beiden Kaufobjekte tatsächlich W. übergeben haben, hätte dieser das Eigentum daran erlangt. Sollte W. in der Folge die beiden Waffen lediglich zur Eingravierung seines Namens für zwei Wochen dem Beschwerdeführer überlassen haben, wäre W. Eigentümer geblieben.
b) Das KMG will unter anderem den unkontrollierten Vertrieb von Kriegsmaterial durch nicht vertrauenswürdige Personen im Inland aus sicherheitspolizeilichen Gründen verhindern und damit die Gefahr, dass solches Material in falsche Hände gerät, nach Möglichkeit beschränken. Daher bedarf einer Grundbewilligung, wer Kriegsmaterial in einem gewissen Umfang vertreibt, wird die Bewilligung nur vertrauenswürdigen Personen erteilt, welche gewisse Voraussetzungen erfüllen, ist der Vertrieb ohne die erforderliche Bewilligung als Vergehen strafbar und wird bei Feststellung einer Widerhandlung das Kriegsmaterial vorbehältlich besonderer Gründe eingezogen. Der Vertrieb von Kriegsmaterial durch Personen, welche nicht über die angesichts des Umfangs ihrer Transaktionen erforderliche Grundbewilligung verfügen, ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt.
Angesichts des Gesetzeszweckes und der besonderen Art des Gegenstandes kann im hier allein zu beurteilenden Fall, dass ein inländischer Käufer das Kriegsmaterial direkt von einem nicht über die erforderliche Grundbewilligung verfügenden inländischen Händler erworben hat, ein der Einziehung entgegenstehender besonderer Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
nicht etwa schon unter denjenigen Voraussetzungen angenommen werden, unter welchen das Recht des Dritten gemäss
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
die Einziehung ausschliesst. Es genügt mithin nicht, dass der Käufer das Kriegsmaterial in Unkenntnis des Einziehungsgrundes erworben und dafür eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat. Würde dies nämlich ausreichen, bliebe die Transaktion, welche das Gesetz verhindern will, nämlich der Vertrieb von Kriegsmaterial durch eine nicht über die erforderliche Grundbewilligung verfügende Person, im Ergebnis doch erfolgreich. Die darin liegende abstrakte Gefahr wird durch die in
Art. 21 KMG
vorgeschriebene Verpflichtung des Täters zur Bezahlung eines der ungerechtfertigten Bereicherung entsprechenden Betrages nicht beseitigt. Zudem wird der Käufer
BGE 121 IV 365 S. 373
das Kriegsmaterial nicht selten in Unkenntnis des Einziehungsgrundes, d.h. der Widerhandlung gegen das KMG, erworben haben, und kann auch deshalb diese Unkenntnis allein kein "besonderer" Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
sein. Für die Annahme eines besonderen Grundes müssen daher weitere Voraussetzungen erfüllt sein, welche dem Gesetzeszweck und der besonderen Art des Gegenstandes Rechnung tragen.
Erforderlich ist zusätzlich erstens, dass die Unkenntnis des Erwerbers betreffend den Einziehungsgrund nicht auf pflichtwidriger Unvorsichtigkeit beruht, dass sie also unverschuldet ist. Wer etwa eine unter das KMG fallende Schusswaffe erwirbt, ist zur Vorsicht verpflichtet. Das Mass der aufzuwendenden Sorgfalt hängt unter anderem von der Person des Verkäufers und der Art des Kriegsmaterials ab.
Voraussetzung ist sodann zweitens, dass das Kriegsmaterial in der Hand des Erwerbers weder eine konkrete noch eine abstrakte Gefahr darstellt. Das ist dann der Fall, wenn vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann, dass das Kriegsmaterial in der Hand des Erwerbers die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährdet. Es muss insbesondere auch ausgeschlossen werden können, dass der Erwerber das Kriegsmaterial dergestalt wieder in Verkehr bringt, dass es erneut in die Hände von Personen gelangen könnte, welche es tatbestandsmässig vertreiben. Ob eine konkrete oder eine abstrakte Gefahr in diesem Sinne vernünftigerweise ausgeschlossen werden könne, hängt unter anderem von der Person des Erwerbers, der Art des Kriegsmaterials und der ihm zugedachten Verwendung ab.
10.
Unter Berücksichtigung der massgebenden Gesichtspunkte ist das allfällige Eigentum des angeblichen Käufers W. kein der Einziehung der beiden Schusswaffen entgegenstehender besonderer Grund im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 KMG
.
W. hat die beiden Waffen direkt vom tatbestandsmässig handelnden Beschwerdeführer angeblich erworben. Er ist damit gewissermassen ein notwendiger Teilnehmer an der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlung, jedenfalls nicht ein an der Tat völlig unbeteiligter Dritter. W. mag die beiden Waffen in Unkenntnis des Einziehungsgrundes und gegen eine gleichwertige Gegenleistung erworben haben. Fraglich ist aber, ob diese allfällige Unkenntnis nicht auf pflichtwidriger Unvorsichtigkeit beruhte. Wer von einer Person, die nicht die Inhaberin eines Waffengeschäfts ist, u.a. eine halbautomatische Maschinenpistole kauft, ist zu besonderer
BGE 121 IV 365 S. 374
Vorsicht verpflichtet. Wie es sich damit im konkreten Fall verhält, kann jedoch offenbleiben. Entscheidend ist, dass eine Gefahr im dargestellten Sinne nicht vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann. Zwar mag es an einer konkreten Gefahr für die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit und die öffentliche Ordnung fehlen. Eine abstrakte Gefahr bleibt aber bestehen. Auch wenn W. offenbar Sammler ist und angeblich seinen Namen in die beiden Waffen eingravieren lassen wollte, kann nicht vernünftigerweise ausgeschlossen werden, dass er den Revolver und die halbautomatische Maschinenpistole eines Tages wieder veräussern wird und die beiden Waffen auf diesem Wege erneut auch in die Hände von Personen gelangen, welche sie tatbestandsmässig vertreiben.
Die von der Vorinstanz angeordnete Einziehung der beim Beschwerdeführer beschlagnahmten Gegenstände verstösst demnach auch insoweit nicht gegen Bundesrecht, als sie den Revolver "Rossi" und die halbautomatische Maschinenpistole "Sites" betrifft.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen.