Urteilskopf
121 IV 94
18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. März 1995 i.S. M. gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 273 Abs. 1 BStP
,
Art. 90 Abs. 1 OG
; Begründungsanforderungen, wenn der kantonale Entscheid zwei selbständige Begründungen enthält.
Beruht der kantonale Entscheid auf zwei selbständigen Begründungen, so müssen beide angefochten werden, gegebenenfalls die eine mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde, die andere mit staatsrechtlicher Beschwerde (E. 1b).
Am 23. Juni 1994 verurteilte der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich M. wegen Verletzung von Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 120.--. Eine von M. dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich am 14. Dezember 1994 ab.
M. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Aus den Erwägungen:
1.
a) Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Haupt- und einer Eventualbegründung. Nach der Hauptbegründung hätte der Beschwerdeführer auf den Tramschienen warten müssen, bis er die Gegenfahrbahn ohne Behinderung der vortrittsberechtigten Automobilisten hätte überqueren können. Indem er losgefahren sei, obwohl noch mehrere vortrittsberechtigte Auto- und Velofahrer auf der Gegenfahrbahn verkehrten, und zudem keineswegs sicher gewesen sei, dass er hinter dem letzten Fahrzeug und noch vor den Velofahrern würde durchfahren können, habe er das Vortrittsrecht verletzt. Er hätte nur wegfahren dürfen, wenn er die Gewissheit gehabt hätte, die Gegenfahrbahn nach dem letzten vortrittsberechtigten Fahrzeug und vor den von ihm ebenfalls bemerkten Velofahrern zu überqueren. Nach der Eventualbegründung hätte der Beschwerdeführer das Vortrittsrecht selbst dann verletzt, wenn man annehmen würde, er habe sich bis zu seinem zweiten Halt, als er sich bereits auf der Gegenfahrbahn befand, korrekt verhalten, was im einzelnen ausgeführt wird.
b) Beruht der angefochtene Entscheid auf zwei selbständigen Begründungen, so müssen beide angefochten werden, und zwar mit dem jeweils richtigen Rechtsmittel. Es muss also entweder in der Nichtigkeitsbeschwerde dargelegt werden, dass jede der beiden Begründungen Bundesrecht verletze; oder es muss gegebenenfalls, wenn eine Bundesrechtswidrigkeit nur in bezug auf eine der beiden Begründungen geltend gemacht wird, die zweite Begründung mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (analog für die Berufung
BGE 111 II 397
E. 2b und 398 E. 2b;
BGE 115 II 300
E. 2). Ficht der Beschwerdeführer nur eine von zwei selbständigen Begründungen an, bleibt der angefochtene Entscheid gestützt auf die unangefochtene Begründung im Ergebnis auch dann bestehen, wenn die in der Beschwerde erhobenen Einwände begründet sind. Die Beschwerde läuft in diesem Fall auf einen blossen Streit über Entscheidungsgründe hinaus, die für sich allein keine Beschwer bedeuten (BGE a.a.O.; SCHUBARTH, AJP 7/92, S. 854 N. 17; SCHWERI, Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Bern 1993, S. 140 N. 443).
c) Der angefochtene Beschluss beruht, wie gesagt, auf einer Haupt- und einer Eventualbegründung. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass und weshalb jede dieser beiden Alternativbegründungen Bundesrecht verletze. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.