BGE 122 III 150 vom 14. Mai 1996

Datum: 14. Mai 1996

Artikelreferenzen:  Art. 9 ZGB, Art. 48 ZGB, Art. 602 ZGB, Art. 634 ZGB, Art. 662 ZGB, Art. 731 ZGB, Art. 732 ZGB, Art. 972 ZGB , Art. 731 Abs. 3 ZGB, Art. 662 Abs. 1 ZGB, Art. 602 Abs. 1 ZGB, Art. 972 ff. ZGB, Art. 662 Abs. 3 ZGB, Art. 48 SchlT ZGB, Art. 43 OG, Art. 63 Abs. 3 OG

BGE referenzen:  87 I 311, 100 IB 121, 102 II 197, 114 II 318, 116 II 267, 124 III 293, 126 III 59, 135 III 496, 138 III 150, 141 III 522 , 116 II 267, 102 II 197, 100 IB 121, 114 II 318, 87 I 311, 87 I 311

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

122 III 150


31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Mai 1996 i.S. Reto und Christina M. gegen Guido und Frida R. (Berufung)

Regeste

Art. 731 Abs. 3 ZGB ; Ersitzung einer Grunddienstbarkeit.
Gehört ein Grundstück zum unverteilten Nachlass, ist eine Ersitzung des Alleineigentums durch einen Erben ausgeschlossen. Fällt eine Eigentumsersitzung ausser Betracht, kann nach Art. 731 Abs. 3 ZGB auch eine Ersitzung einer Grunddienstbarkeit nicht in Frage kommen. Daran ändert nichts, dass die Eigentumsersitzung im Grundbuch vollzogen wurde (E. 2).
Ein Teil eines ungültigen Erbteilungsvertrages kann als Dienstbarkeitsvertrag selbständigen Bestand haben, wenn dieser Teil hinsichtlich Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen an einen Dienstbarkeitsvertrag entspricht (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 151

BGE 122 III 150 S. 151

A.- Auf den Grundstücken Parzellen Nr. 204 und 205 in Flims-Dorf steht ein altes Bündner Haus, welches seinerzeit Placidus S. gehörte. Bei seinem Tod im Jahr 1912 hinterliess Placidus S. vier Töchter. Am 18. Januar 1913 schlossen die vier Töchtern des Placidus S. die folgende Vereinbarung ab:
"Entelgienscha
Denter las soras S. ei sentelgiu il savundont.
1. L'Agnes ha il dretg da cumprar anavos la mezzadat dil
curtgin della purteglia engiu, per fr. Duamilli sche quei
daventa enteifer il temps da Diesch onns.
2. Tiers la part casa dadens sauda.
a. La stiva cun combra,
b. la combra sura gronda cun la combra visavi,
c. la combra sisum davart dadens e la combra da carn,
d. ils dus tschalèrs della part dadens cun comunabel della
gudiment veulta (Vorplatz),
e. il locus (Abtritt) sut,
f. igl "Estrich" dadens,
g. la part pastrin della "fanteuna Gliott"
h. ils vaus en casa e la veulta vegnen gudi comunablamein
[ganze Litera durchgestrichen]
h. il nuel sut,
i. en clavau la foppa et ils dus ladritschs gronds entadim
cun ina teuna da paglia oradim clavau davart dadens,
3. La part dador compeglia
tut ils locals ch'ein sura buc manai si.
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4. Ils vaus en casa e la veulta, sco era il curtgin e tut posses
enturn ils bagetgs vegnien gudi comunablamein.
Quella partgida eis fatgia en preschienscha e cun cuntentienscha dellas
suttascrittas soras S. entras igl incombensan
Flem, ils 18 da Schanèr 1913
(sig. Y.)
N.B. Per partiala midada e definaziun da quei chei cunteneu sut Ziff.1
ei fatg ina speziala entelgienscha denter las soras Agnes, Anna e
Christina, tenor la quala il temps ei fixaus definitiv sin quindisch onns.
L'Agnes sa dentont haver il platz mo per seza baghegiar sin quel.
[Letzter Satz durchgestrichen.]
Flem, ils 18 da Schanèr 1913
(sig. Anna S.
Christina S.
Maria C.-S.
Agnes S.)."
In der Folge wurde der Hausteil West von Christina R.-S. und der Hausteil Ost von Anna M.-S. übernommen; im seinerzeitigen Kauf- und Pfandprotokoll der Gemeinde Flims wurde diesbezüglich nichts verurkundet. Kurz vor Einführung des Liegenschaften- und Servitutenregisters am 1. Mai 1956 wurden kraft einer Verfügung des Kreisamtes Trins vom 7. Februar 1955 "im Ersitzungsverfahren" Christina R.-S. als Eigentümerin der Parzelle 204 (Hausteil West) und Anna M.-S. als Eigentümerin der Parzelle 205 (Hausteil Ost) im Grundbuch Flims eingetragen.
Nach dem Tod von Christina R.-S. ging der Hausteil West im Jahr 1973 durch Erbteilung auf Guido R. über; seit 1980 steht dieser Hausteil infolge Begründung des Ehegüterstandes der Gütergemeinschaft im gemeinschaftlichen Eigentum von Guido und Frida R. In bezug auf den Hausteil Ost wurden nach dem Tod von Anna M.-S. die Geschwister Reto und Christina M. im Jahr 1973 aufgrund eines Erbteilungsvertrages als Miteigentümer eingetragen.

B.- Im Erdgeschoss des Hauses befinden sich zwei Hauseingänge, nämlich der Nordeingang im Hausteil Ost und der Westeingang im Hausteil West. Die beiden Eingänge sind durch einen Korridor verbunden, der auf der Grenze zwischen den Hausteilen West und Ost durch eine Verbindungstür unterbrochen wird. Von jenem Teil des Korridors, welcher sich im Hausteil Ost befindet, führt eine erste Treppe hinunter in die Veulta und eine zweite Treppe hinauf ins erste Obergeschoss. Eine dritte, sehr schmale und steile Treppe
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führt direkt von der Stube des Hausteils West in ein darüber liegendes Schlafzimmer. Zwischen den Parteien herrscht Streit darüber, ob die Bewohner des Hausteils West den Korridor im Hausteil Ost benützen dürfen, um über den Hauseingang im Norden ins Freie und um über die beiden ersterwähnten Treppen ins erste Obergeschoss bzw. in die Veulta gelangen zu können; umstritten ist ferner, ob den Bewohnern des Hausteils West ein Nutzungsrecht an der Veulta zustehe. In bezug auf die Nutzung der Durchgänge im Haus und der Veulta bestehen im Grundbuch keine Eintragungen. Die Eheleute Guido und Frida R. machen geltend, ihnen stünden entsprechende Rechte kraft ausserordentlicher Ersitzung einer Grunddienstbarkeit zu.

C.- Mit Urteil vom 14. Dezember 1994 stellte das Bezirksgericht Imboden fest, dass zugunsten des Grundstückes der Eheleute Guido und Frida R. und zulasten des Grundstückes der Geschwister Reto und Christina M. eine Grunddienstbarkeit "in Form eines Durchgangsrechtes durch die Korridore und die Veulta sowie eines Nutzungsrechtes an der Veulta" bestehe; das Grundbuchamt Flims/Trin wurde angewiesen, eine entsprechende Grunddienstbarkeit im Liegenschaften- und Servitutenregister einzutragen. Eine dagegen von den Geschwistern Reto und Christina M. erhobene Berufung wurde vom Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 17. Oktober 1995 abgewiesen.

D.- Mit Berufung vom 31. Januar 1996 beantragen die Geschwister Reto und Christina M. dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichtes von Graubünden vom 17. Oktober 1995 aufzuheben und die Klage auf Feststellung des Bestehens und auf Eintragung einer Dienstbarkeit zulasten ihres Grundstückes abzuweisen.
Die Eheleute Guido und Frida R. beantragen dem Bundesgericht die Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei; das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Kantonsgericht geht in seiner Begründung davon aus, dass die Mutter des Klägers 1 - Christina R.S. - die Parzelle Nr. 204 (Hausteil West) durch Ersitzung erworben habe. Während der Dauer der Eigentumsersitzung habe Christina R.-S. auch den Korridor und die Veulta im Hausteil Ost unangefochten und ununterbrochen als Dienstbarkeitsberechtigte benutzt. Gestützt auf Art. 731 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 662 Abs. 1 ZGB
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schliesst das Kantonsgericht daraus, dass Christina R.-S. nicht nur das Eigentum am Grundstück Nr. 204 mit dem darauf stehenden Hausteil West, sondern auch die Dienstbarkeit zur Nutzung der genannten Gebäudeteile des Hausteils Ost vor dem 1. Mai 1956 ersessen habe. Die Beklagten halten die Auffassung des Kantonsgerichtes in verschiedener Hinsicht für bundesrechtswidrig. Sie wenden im wesentlichen ein, die Ersitzung einer Dienstbarkeit scheitere bereits daran, dass während der angeblichen Ersitzungsdauer nur ein Grundstück und nicht deren zwei - nämlich ein belastetes und ein berechtigtes - bestanden hätten. Abgesehen davon sei das (altrechtliche) Kauf- und Pfandprotokoll mit negativer Rechtskraft ausgestattet, weshalb Grunddienstbarkeiten nur durch Registereintrag und nicht auch durch (ausserordentliche) Ersitzung rechtsgültig entstehen könnten.
a) Gemäss Art. 731 Abs. 3 ZGB ist die Ersitzung einer Dienstbarkeit nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an denen das Eigentum ersessen werden kann. Für die hier zu beurteilende Frage der Ersitzung einer Dienstbarkeit ist daher vorweg zu prüfen, ob die Ersitzung des Eigentums durch Christina R.-S. und Anna M.-S. an den jeweiligen Hausteilen möglich war.
Gehört ein Grundstück zum unverteilten Nachlass, ist eine Ersitzung des Alleineigentums durch einen Erben ausgeschlossen, da der Erbteilungsanspruch einer Ersitzung zum vornherein entgegensteht ( BGE 116 II 267 mit weiteren Hinweisen). In bezug auf das seinerzeit Placidus S. gehörende Grundstück fand keine rechtsgültige Teilung statt. Einerseits kann die anscheinend nach der Vereinbarung vom 18. Januar 1913 erfolgte Übertragung der beiden Haushälften in den Eigenbesitz von Christina R.-S. und Anna M.-S. nicht als Realteilung qualifiziert werden. Für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Grundeigentum gilt das absolute Eintragungsprinzip, weshalb ein Erbe durch blosse Besitzübertragung kein Alleineigentum erwerben kann ( BGE 102 II 197 E.3 S. 203 ff.). Andererseits kann die von den damaligen Erbinnen am 18. Januar 1913 unterzeichnete Vereinbarung, die zwar als Erbteilung konzipiert war - sie wird ausdrücklich als das bezeichnet ("partgida") -, nicht als gültiger Teilungsvertrag im Sinne von Art. 634 ZGB qualifiziert werden, da ihr nicht zu entnehmen ist, welchen der vier Erbinnen die beiden Hausteile zuzuweisen sind. Damit entbehrt sie eines unabdingbaren Elementes ( BGE 100 Ib 121 E. 2 S. 124 mit Hinweis). Daher stand das Grundstück des Placidus S. (bzw. standen im Falle einer vorgängigen Parzellierung die beiden Grundstücke Nr. 204 und 205) bis zur kreisamtlichen Ersitzungsverfügung im Gesamteigentum
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der vier Töchter des Placidus S. ( Art. 602 Abs. 1 ZGB ). Weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den Akten ergibt sich, ob vor der kreisamtlichen Ersitzungsverfügung - und gegebenenfalls wann - das Grundstück in die beiden Parzellen 204 und 205 aufgeteilt wurde. Ist aber ein Grundstück der Ersitzung nicht zugänglich, folgt aus Art. 731 Abs. 3 ZGB ohne weiteres, dass auch die Ersitzung einer Dienstbarkeit zulasten eines solchen Grundstückes nicht möglich ist. Die Ersitzung der in Frage stehenden Dienstbarkeit war daher nicht möglich.
b) Daran ändert auch der Hinweis des Kantonsgerichtes nichts, das der Grundbucheintrag gemäss Art. 9 ZGB den Nachweis für die Eigentumsersitzung erbringe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann dieser Bestimmung keineswegs entnommen werden, dass mit der Verurkundung der Ersitzung des Eigentums die Frage der ausserordentlichen Ersitzung von Grunddienstbarkeiten präjudiziert werde. Art. 9 ZGB bezieht sich nur auf den Beweis von Tatsachen, während sich die Rechtswirkungen des Grundbucheintrages nicht aus Art. 9 ZGB , sondern aus den Art. 972 ff. ZGB ergeben; diesen Bestimmungen kann für die mit der Anwendung von Art. 731 Abs. 3 ZGB verbundene Fragestellung nichts entnommen werden. Im übrigen handelt es sich bei der im Auskündungsverfahren gemäss Art. 662 Abs. 3 ZGB ergangenen Verfügung des Kreisamts Trins vom 7. Februar 1955, Anna M.-S. und Christina R.-S. als Eigentümerinnen der beiden Grundstücke 204 und 205 im Grundbuch einzutragen, nicht um einen Entscheid, der bei der Anwendung von Art. 731 Abs. 3 ZGB zu berücksichtigen ist. Das Auskündungsverfahren ist ein nichtstreitiges Verfahren, in welchem die Voraussetzungen der Ersitzung nicht geprüft werden, sondern nur allfällige Mängel am Ersitzungstatbestand mangels Einsprache geheilt werden (HEINZ REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, Band I, Bern 1991, N. 1634 ff.; PETER LIVER, Das Eigentum, Schweizerisches Privatrecht V/1, Basel 1977, S. 155). Wenn die Behörde aber keine Kognition zur Prüfung der materiellen Rechtsfragen hat, kann ihr Entscheid auch keine Bindungswirkung in einem späteren Verfahren haben, in dem der Richter über volle Kognition verfügt (OSKAR VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechtes, 4. Auflage, Zürich 1995, 8. Kapitel, Rz. 75). Der kreisamtlichen Ersitzungsverfügung kommt somit keine präjudizielle Wirkung zu.
c) Der Vollständigkeit halber ist schliesslich festzuhalten, dass eine Ersitzung der Grunddienstbarkeit auch für den Zeitraum nach Erlass der
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kreisamtlichen Ersitzungsverfügung ausser Betracht fällt. Erkennt ein Kanton bis zur Einführung des eidgenössischen Grundbuches einzelne Wirkungen auch den kantonalen Publizitätseinrichtungen zu ( Art. 48 SchlT ZGB ), so kommt dem provisorischen Grundbuch für die Zeit nach Inkrafttreten desselben - trotz fehlender Bereinigung der altrechtlichen Verhältnisse - die negative Grundbuchwirkung zu ( BGE 114 II 318 E.4 S. 322 ff.). Zwar versagt das Kantonsgericht Graubünden in ständiger Praxis den in bezug auf Bestand oder Nichtbestand von Dienstbarkeiten unzuverlässigen Kauf- und Pfandprotokollen die negative Grundbuchwirkung. Hingegen erkennt es den Liegenschafts- und Servitutenregistern hinsichtlich der Dienstbarkeiten die negative Rechtskraft zu, weil diese Register bereits wie das eidgenössische Grundbuch nach dem Realfolienprinzip aufgebaut sind und ihrer Einführung ein umfassendes Bereinigungs- und Einspracheverfahren vorausgegangen ist (PKG 1991, Nr. 16; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts vom 6. November 1992, publiziert in ZGBR 75/1994, S. 80 ff.). Das Liegenschafts- und Servitutenregisters trat für die Gemeinde Flims am 1. Mai 1956 in Kraft.

3. Ist die Ersitzung der beanspruchten Grunddienstbarkeiten ausgeschlossen, stellt sich die Frage, ob deren Eintragung nicht direkt gestützt auf die von den Töchtern des Placidus S. getroffene Vereinbarung vom 18. Januar 1913 verlangt werden kann. Dabei steht namentlich dessen Ziff. 4 im Vordergrund. Darin wurde vereinbart, die Durchgänge im Haus und die Veulta gemeinsam zu benutzen. Zu prüfen ist dabei einerseits, ob Ziff. 4 als selbständiger Teil der Vereinbarung vom 18. Januar 1913 Bestand haben kann; anderseits ist zu beurteilen, ob sie den Anforderungen an Form und Inhalt eines Dienstbarkeitsvertrages genüge. Zu diesen Fragen hat sich die Vorinstanz zwar nicht geäussert; doch wendet das Bundesgericht das Bundesrecht von Amtes wegen an und hat insoweit die Befugnis, den verbindlich festgestellten Sachverhalt im Rahmen von Art. 43 OG frei zu würdigen ( Art. 63 Abs. 3 OG ).
a) Der von den Töchtern des Placidus S. am 18. Januar 1913 schriftlich geschlossene Vertrag war als Erbteilungsvertrag konzipiert; als solcher war er indessen nicht gültig, weil ihm nicht zu entnehmen ist, wem die beiden Hausteile zu Alleineigentum zuzuweisen sind (siehe E. 2a). Es stellt sich die Frage, ob die Vereinbarung einer gemeinsamen Nutzung bestimmter Teile des Hauses - für sich allein genommen - Bestand haben kann, war sie doch mit der gleichzeitig vorgesehenen erbrechtlichen Teilung des ursprünglichen
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Grundstückes und der Zuweisung der zu bildenden Parzellen zu Alleineigentum verbunden.
Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Erbinnen und Gesamteigentümerinnen mit der in Ziff. 4 der Vereinbarung getroffenen Regelung im Hinblick auf die Teilung ("partgida") und Parzellierung der Liegenschaft die gemeinsame Nutzung ("gudi comunablamein") bestimmter Teile des Hauses durch deren Alleineigentümer ordnen wollten. Die Zuweisung der beiden Hausteile bzw. der Parzellen, auf der diese stehen, zu Alleineigentum erfolgte zwar nicht aufgrund der Vereinbarung vom 18. Januar 1913, sondern durch Verfügung im amtlichen Auskündungsverfahren. Der Umstand allein, dass keine Erbteilung zustande gekommen ist und in der Folge die Zuweisung der beiden Hausteile zu Alleineigentum schliesslich unter einem andern Titel als von den Vertragsparteien ursprünglich vorgesehen erfolgte, kann der Verbindlichkeit der 1913 vereinbarten Nutzungsordnung nicht entgegenstehen. Es gibt keine Anhaltspunkte, die Vereinbarung so auszulegen, dass sie dann nicht gelten sollte, wenn die Eigentumszuweisung nicht wie vorgesehen aufgrund des Erbteilungsvertrages, sondern eines anderen Titels erfolgen würde. Für die Vereinbarung der in Frage stehenden Nutzungsordnung konnte daher nur entscheidend sein, dass die aufzuteilende Liegenschaft ins Alleineigentum übergehen würde, nicht aber, kraft welchen Titels dies geschehen würde. Im Ergebnis wurde mit der Eigentumseinweisung im amtlichen Auskündungsverfahren denn auch keine andere Rechtslage - nämlich Zuweisung der beiden Hausteile zu Alleineigentum - bewirkt als jene, für welche die Vertragsparteien seinerzeit die gemeinsame Nutzungsordnung für bestimmte Teile des Hauses vereinbart hatten. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 18. Januar 1913 hat somit als selbständiger Vertrag Bestand.
b) Zu prüfen ist des weiteren, ob die Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Form und Inhalt eines Dienstbarkeitsvertrages entspricht. Ziff. 4 entspricht ohne weiteres der gesetzlichen Formvorschrift gemäss Art. 732 ZGB , da die Vereinbarung schriftlich abgefasst ist und die Unterschrift aller durch sie verpflichteten Gesamteigentümerinnen trägt. In bezug auf den Inhalt des Dienstbarkeitsvertrages ist zunächst festzuhalten, dass Grunddienstbarkeiten zwei Grundstücke - ein berechtigtes und ein belastetes - voraussetzen. Freilich ist nicht erforderlich, dass diese bereits bei Abschluss des Vertrages bestehen; vielmehr kann ein Grunddienstbarkeitsvertrag auch im Hinblick auf erst noch zu bildende Grundstücke vereinbart werden; vorausgesetzt ist allerdings, dass aufgrund
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des Vertrages das belastete und das berechtigte Grundstück bestimmt oder bestimmbar sind ( BGE 44 II 394 S. 397; PETER LIVER, Zürcher Kommentar, N. 17 zu Art. 732 ZGB ). Weiter müssen dem Dienstbarkeitsvertrag der Inhalt und der Umfang der Dienstbarkeit zu entnehmen sein, wobei an die Umschreibung des Inhalts keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind ( BGE 87 I 311 E. 1 S. 313 f.; P. LIVER, N. 25 zu Art. 732 ZGB ). Schliesslich muss der Dienstbarkeitsvertrag auch eine Willenseinigung über die dingliche Natur des zu begründenden Rechts enthalten (P. LIVER, N. 32 zu Art. 732 ZGB ).
Die zwischen den Töchtern des Placidus S. am 18. Januar 1913 abgeschlossene Vereinbarung genügt den Anforderungen an den Inhalt eines Grunddienstbarkeitsvertrages. Die beteiligten Grundstücke sind zumindest bestimmbar, da der Hausteil West genau bezeichnet wird und die übrigen Räume dem Hausteil Ost zugewiesen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die den beiden Schwestern im Auskündungsverfahren zu Eigentum zugewiesenen Grundstücke, soweit das Wohnhaus betreffend, anders gebildet wurden als gemäss der in der Vereinbarung vom 18. Januar 1913 vorgesehenen räumlichen Ausscheidung. Auch der Inhalt der Dienstbarkeit lässt sich der Vereinbarung genügend klar entnehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie die Nutzung seit der im Anschluss an die Übertragung zu Eigenbesitz der Hausteile West und Ost auf die beiden Schwestern Christina R.-S. und Anna M.-S. seit 1913 tatsächlich erfolgte; den vom Kantonsgericht im Zusammenhang mit der Behandlung der Ersitzungsfrage getroffenen verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen ist zu entnehmen, dass der Nordeingang, der Korridor und die Veulta von den Bewohnern des Hausteils West im Bewusstsein genutzt wurden, dass ihnen diese Nutzung dauernd und ohne Einschränkung zustehe. Schliesslich ist der Vereinbarung auch eine Willenseinigung über die dingliche Natur des zu begründenden Rechts zu entnehmen. Es wurde nicht etwa bloss ein gegenseitiges Benutzungsrecht zugunsten bestimmter Personen vereinbart; vielmehr einigten sich die Parteien im Hinblick auf die Teilung des Hauses unter Zuweisung der dabei zu bildenden Teile zu Alleineigentum - mithin im Bewusstsein, dass die beiden Hausteile verschiedenen Eigentümern gehören würden - auf die gemeinsame Nutzung der Durchgänge im Haus und der Veulta.
c) Dies kann nichts anderes heissen, als dass der jeweilige Eigentümer des Hauses West - heute auf Parzelle 204 - berechtigt ist, das Haus Ost - heute auf Parzelle 205 - zu betreten bzw. dass ihm eine Grunddienstbarkeit nach
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Massgabe der Ziff. 1 des Dispositivs des Urteils des Bezirksgerichtes Imboden vom 14. Dezember 1994 eingeräumt wurde. Gestützt auf die Ziff. 4 der Vereinbarung vom 18. Januar 1913 können die Kläger daher die Eintragung der Grunddienstbarkeit verlangen. Das angefochtene Urteil erweist sich somit im Ergebnis als richtig. Die Berufung wird deshalb abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

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