BGE 122 III 237 vom 4. Juni 1996

Datum: 4. Juni 1996

Artikelreferenzen:  Art. 117 IPRG, Art. 466 OR, Art. 468 OR, Art. 470 OR , Art. 468 Abs. 1 OR, Art. 466 ff. OR, Art. 41 OG, Art. 41 Abs. 1 lit. b OG, Art. 42 OG, Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG, Art. 470 Abs. 2 OR

BGE referenzen:  92 II 335, 103 II 314, 105 II 104, 111 IB 150, 115 II 67, 115 II 237, 117 II 404, 118 II 206, 119 II 173, 119 II 398, 120 II 412, 126 III 431, 132 III 609, 135 III 562 , 92 II 335, 105 II 104, 117 II 404, 118 II 206, 103 II 314, 120 II 414, 119 II 398, 115 II 237, 120 II 412, 119 II 173, 111 IB 150, 115 II 67, 103 II 314, 120 II 414, 119 II 398, 115 II 237, 120 II 412, 119 II 173, 111 IB 150, 115 II 67

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

122 III 237


42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Juni 1996 i.S. Firma X. GmbH gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (PTT) und Staat Peru (Direktprozess)

Regeste

Art. 466 ff. OR . Anweisung.
Ansprüche aus Anweisung, die der Anweisungsempfänger gegenüber dem Angewiesenen geltend macht, sind zivilrechtlich im Sinne von Art. 41 OG , unabhängig davon, ob die Rechtsbeziehungen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen (Deckungsverhältnis) sowie zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis) dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind (E. 1).
Umstände, unter denen von einer Annahme der Anweisung im Sinne von Art. 468 Abs. 1 OR auszugehen ist (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 237

BGE 122 III 237 S. 237

A.- Die Firma X. GmbH mit Sitz in Viernheim, Deutschland, schloss am 7. Mai 1986 mit dem Staat Peru bzw. mit der peruanischen Postverwaltung einen Kaufvertrag über die Lieferung einer Briefmarkendruckmaschine zum Preis von DM 8'301'800.-- sowie einer Briefsortiermaschine zum Preis von DM 6'370'000.--. Der Vertrag sah die Zahlungstermine und für den Fall, dass diese nicht eingehalten werden sollten, einen Zinssatz von 1% über dem Libor für DM vor.
BGE 122 III 237 S. 238
Als sich Schwierigkeiten mit der Einhaltung der vereinbarten Zahlungstermine ergaben, ersuchte der Direktor der peruanischen Postverwaltung auf Drängen der Firma X. GmbH die Postverwaltungen verschiedener anderer Länder, Guthaben Perus aus der internationalen Postabrechnung der Firma X. GmbH zu überweisen. So forderte er mit Schreiben vom 4. März 1987 auch die Schweizerischen Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe (nachstehend: PTT) auf, den damaligen Saldo zugunsten Perus per 31. Dezember 1986 der Firma X. GmbH als Teilzahlung des fälligen Betrages aus dem Kaufvertrag auszuzahlen und künftige Saldi gleich zu behandeln, bis zur Erfüllung des Kaufvertrages, wovon ihnen die peruanische Postverwaltung Kenntnis geben werde. Die PTT leisteten daraufhin zwischen dem 27. März 1987 und dem 7. Juni 1990 acht Zahlungen in der Höhe von insgesamt DM 585'026.89 bzw. Fr. 499'527.-- an die Firma X. GmbH. Am 17./22. Mai 1990 vereinbarten die peruanische Postverwaltung und die Firma X. GmbH in einem sogenannten "Vertragsratifizierungsabkommen", dass die noch ausstehenden Zahlungen von DM 6'717'001.18 unter Aufrechterhaltung des jährlichen Zinsfusses zum Liborsatz in DM zu Lasten der Ausgleichskonten erfolgen sollten und dass die peruanische Postverwaltung dies den betreffenden ausländischen Postverwaltungen mitteilen werde.
Im Dezember 1990 kam die peruanische Postverwaltung gegenüber den PTT auf ihr Schreiben vom 4. März 1987 zurück und forderte diese auf, künftige Guthaben nicht mehr an die Firma X. GmbH, sondern wiederum an sie zu bezahlen.

B.- In einem direkt beim Bundesgericht anhängig gemachten Forderungsprozess stellte die Firma X. GmbH im wesentlichen die Begehren, die Schweizerische Eidgenossenschaft, PTT, sei zu verpflichten, die zur Zeit der Klageeinreichung vorhandenen und die später entstehenden Guthaben der peruanischen Postverwaltung aus internationalen Postabrechnungen der Klägerin auszuzahlen bis zur vollständigen Erlegung des vertragsgemäss geschuldeten Kaufpreises in der Höhe von DM 6'717'001.18 zuzüglich Zins und abzüglich der aus diversen Arresten erzielten Erlöse. Die Beklagte beantragte Nichteintreten auf die Klage, eventuell deren Abweisung.
Dem Staat Peru wurde auf Antrag der Beklagten der Streit verkündet, worauf er dem Verfahren als Nebenintervenient beitrat.

C.- Das Bundesgericht weist die Klage ab, soweit es darauf eintritt.
BGE 122 III 237 S. 239

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. a) Das Bundesgericht beurteilt nach Art. 41 Abs. 1 lit. b OG als einzige Instanz zivilrechtliche Ansprüche von Privaten oder Korporationen gegen den Bund, wenn der Streitwert wenigstens Fr. 8'000.-- beträgt. Als zivilrechtlich gelten im Rahmen von Art. 41 OG - im Gegensatz zum weiteren Begriff des Art. 42 OG ( BGE 118 II 206 E. 2c S. 209 f., mit Hinweisen) - nur Ansprüche, die ihrer inneren Natur nach dem Bundesprivatrecht zuzuordnen sind ( BGE 103 II 314 E. 2 S. 316 f.; vgl. auch BGE 120 II 414 E. 1b). Ob eine zivilrechtliche Streitigkeit in diesem Sinne vorliegt, entscheidet sich nach dem Streitgegenstand, wie er sich aus den Anträgen und den Sachvorbringen der klagenden Partei ergibt ( BGE 119 II 398 E. 2a S. 399; BGE 115 II 237 E. 1a S. 239; vgl. auch BGE 120 II 412 E. 1b S. 414).
b) Die Klägerin behauptet, gegen die Beklagte eine Forderung aus Anweisung zu haben. Durch die Anweisung wird der Angewiesene ermächtigt, Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen auf Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten, und dieser, die Leistung von jenem in eigenem Namen zu erheben ( Art. 466 OR ). Es handelt sich somit um eine Doppelermächtigung, an der drei Personen beteiligt sind: der Anweisende, der Angewiesene und der Anweisungsempfänger. Zu unterscheiden sind dementsprechend drei Rechtsverhältnisse: dasjenige zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen (Deckungsverhältnis), dasjenige zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis) und dasjenige zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger (Anweisungsverhältnis bzw. Leistungsverhältnis oder Einlösungsverhältnis). Die drei Rechtsbeziehungen sind jeweils getrennt zu betrachten. Sie brauchen nicht alle ausschliesslich privatrechtlicher Natur zu sein und sie unterstehen im internationalen Verhältnis nicht notwendigerweise derselben Rechtsordnung. Unter dem Gesichtspunkt des internationalen Privatrechts ist für die Anknüpfung zu berücksichtigen, dass die Leistung des Angewiesenen als die charakteristische im Sinne von Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG (SR 291) gilt (KELLER/KREN KOSTKIEWICZ, in: Heini et al., IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 67 zu Art. 117; AMSTUTZ/VOGT/WANG, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel, N. 40 zu Art. 117 IPRG ; PATOCCHI/GEISINGER, Code de droit international privé suisse annoté, N. 21 zu Art. 117; vgl. auch BGE 119 II 173 E. 2 S. 176 f.).
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Die Anweisung kennzeichnet sich durch ihre Abstraktheit. Sie ist blosses Mittel, eine Leistung herbeizuführen; Grund und Zweck der Leistung umfasst sie nicht ( BGE 105 II 104 E. 2 S. 106). Das bedeutet insbesondere, dass der Angewiesene gegen seine Leistungspflicht im Anweisungsverhältnis weder Einreden aus dem Deckungs-, noch solche aus dem Valutaverhältnis vorbringen kann ( BGE 92 II 335 E. 3 S. 338; vgl. auch BGE 117 II 404 E. 3b S. 407 f.). Das Anweisungsverhältnis ist demnach in seinem Bestand und in seiner Rechtsnatur vom Deckungs- und vom Valutaverhältnis unabhängig.
c) Wären die Sachvorbringen der Klägerin begründet, so wäre sie als Anweisungsempfängerin gegenüber der Beklagten als Angewiesener aus einem Anweisungsverhältnis forderungsberechtigt. Der Kaufvertrag der Klägerin mit dem Nebenintervenienten beschlägt einzig das Valutaverhältnis und vermag daher die Rechtsnatur des behaupteten Anweisungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht zu beeinflussen. Für die Qualifizierung der vorliegenden Streitsache kann deshalb keine Rolle spielen, ob der Kaufvertrag deutschem oder peruanischem Recht untersteht und ob er nach der massgebenden Rechtsordnung dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Ebensowenig kann massgebend sein, dass im Deckungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Nebenintervenienten ein öffentlichrechtliches Abrechnungssystem nach dem Weltpostvertrag (AS 1991 II 1693) besteht. Die Beklagte geht fehl, wenn sie unter Hinweis auf BGE 111 Ib 150 E. 1d S. 155 vorbringt, ihr Verhältnis zur Klägerin könne angesichts des Deckungsverhältnisses zum Nebenintervenienten nur öffentlichrechtlicher Natur sein. Das genannte Urteil betrifft den Fall einer Zession, während als Rechtsgrund der vorliegend eingeklagten Forderung eine Anweisung behauptet wird. Die Anweisung hat jedoch im Gegensatz zur Zession keine bereits bestehende Forderung zu Gegenstand, die übertragen würde und deren Rechtsnatur dabei unverändert bliebe; sie schafft vielmehr, wenn sie angenommen wird, erst eine Forderung des Anweisungsempfängers gegenüber dem Angewiesenen ( BGE 92 II 335 E. 3 S. 338).
d) Die Anweisung gehört dem Privatrecht an. Die vorliegende Streitsache ist jedoch auch dann als zivilrechtliche zu qualifizieren, wenn die Anweisung als Rechtsinstitut allgemeiner Natur aufgefasst wird, das im Bereich des öffentlichen Rechts ebenfalls vorkommt. Dass die Beklagte mit der Gewährleistung der Post- und Telefonverbindungen im Inland und ins Ausland einen öffentlichen Dienst versieht und öffentlichrechtlich verfasst ist, schliesst nicht aus, dass sie privatrechtlich handeln kann. Nach der
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Sachdarstellung in der Klage dreht sich der Streit der Parteien denn auch nicht um Dienstleistungen, welche die Beklagte im Rahmen ihrer öffentlichrechtlichen Zuständigkeiten zu erbringen hat, oder gar um hoheitliches Handeln. Sollte es zutreffen, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber eine Anweisung des Nebenintervenienten angenommen hat, so kann das dadurch geschaffene Forderungsrecht vielmehr nur ein privatrechtliches sein, ist doch die Klägerin eine Privatperson, die mit der Beklagten im hier streitigen Zusammenhang in keinerlei öffentlichrechtlicher Beziehung steht. Im übrigen vermag die Beklagte auch keine öffentlichrechtlichen Normen zu benennen, welche die vorliegende Streitsache regeln würden. Ist somit aufgrund der Sachvorbringen der Klägerin von einer Zivilrechtsstreitigkeit auszugehen, so ist die direkte Klage nach Art. 41 Abs. 1 lit. b OG grundsätzlich zulässig.

3. Die Klägerin behauptet, der Nebenintervenient habe sie ermächtigt, in eigenem Namen Zahlungen der Beklagten entgegenzunehmen, zugleich habe er die Beklagte unwiderruflich angewiesen, seine Guthaben aus dem internationalen Postverkehr der Klägerin zu überweisen. Diese Anweisung habe die Beklagte ihr gegenüber angenommen.
a) Zum Beweis ihrer eigenen Ermächtigung, Auszahlungen von Guthaben des Nebenintervenienten aus dem internationalen Postverkehr von anderen Postverwaltungen entgegenzunehmen, beruft sich die Klägerin zunächst auf ein sogenanntes "Vertragsratifizierungsübereinkommen" vom 17. bzw. 22. Mai 1990 zwischen dem Nebenintervenienten und ihr, worin die Vertragsparteien unter anderem bestimmt hätten, dass die Klägerin die Zahlungen für die ausstehenden DM 6'717'001.18 samt Zins zu Lasten der Ausgleichskonten der Post erhalte und die peruanische Post dies den ausländischen Postverwaltungen mitteile. Der Nebenintervenient bestreitet nicht ausdrücklich, die Klägerin damals ermächtigt zu haben, entsprechende Teilzahlungen anderer Postverwaltungen in eigenem Namen entgegenzunehmen; er macht jedoch sinngemäss geltend, die Ermächtigung sei nach dem anwendbaren peruanischen Recht nicht rechtsgültig. Ob eine rechtsgültige Ermächtigung zur Entgegennahme von Zahlungen in eigenem Namen vorliegt oder ob mangels einer solchen zum vornherein nur die Angabe einer Zahlstelle in Betracht fällt (vgl. BGE 117 II 404 E. 3d S. 407; BGE 92 II 335 E. 2 S. 337), kann offenbleiben, wenn die eingeklagte Forderung aus Anweisung aus anderen Gründen nicht besteht.
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b) Die Ermächtigung der Beklagten zur Überweisung der Guthaben des Nebenintervenienten aus dem internationalen Postverkehr an sie leitet die Klägerin aus Schreiben des Nebenintervenienten vom 4. März 1987 und vom 19. Juli 1990 ab. Der Zugang des ersten Schreibens ist unbestritten. In bezug auf das zweite Schreiben behauptet die Klägerin, die Beklagte habe es jedenfalls als Beilage zu einem Brief vom 31. Juli 1990 erhalten, den sie selbst ihr gesandt habe. Die Beklagte bestreitet, dass eine derartige Sendung bei ihr eingetroffen ist, und stellt überdies auch die Echtheit des Schreibens vom 19. Juli 1990 in Frage.
Der Beweis dafür, dass das umstrittene Schreiben der Beklagten zugegangen ist, obliegt der Klägerin. Sie kann sich jedoch einzig auf die Aussage ihres Geschäftsführers berufen, der am 31. Juli 1990 einen Brief an die Beklagte gerichtet und dabei das Schreiben des Nebenintervenienten vom 19. Juli 1990 beigelegt haben will. Dieser Behauptung stehen die Aussagen der Auskunftsperson D. (Beamter der Beklagten) und des Zeugen A. (pensionierter Beamter der Beklagten) entgegen, dass sie sich an diese Schreiben nicht zu erinnern vermögen und dass trotz Recherchen in den Archiven der Beklagten nichts gefunden worden ist, obwohl angesichts des formellen internen Dienstweges bei der Beklagten Spuren davon vorhanden sein müssten. Unter diesen Umständen ist der der Klägerin obliegende Beweis als gescheitert zu betrachten, zumal diese keinerlei Indizien für den Zugang ihres Briefs vom 31. Juli 1990 nennt und insbesondere auch ihr Geschäftsführer sich nicht an eine Reaktion der Beklagten auf die behauptete Sendung zu erinnern vermag. Es erübrigt sich daher auch, auf die Fragen der Echtheit und der allfälligen Tragweite des Schreibens vom 19. Juli 1990 näher einzugehen. Zu prüfen ist allein, ob die Klägerin die von ihr behauptete Anweisung aus dem Schreiben des Nebenintervenienten vom 4. März 1987 abzuleiten vermag, dessen Echtheit und Massgeblichkeit alle Parteien anerkennen.
Ausgehend davon ist zu beurteilen, ob die Beklagte, wie die Klägerin geltend macht, die Anweisung im Sinne von Art. 468 Abs. 1 OR ohne Vorbehalt angenommen hat. Die Annahme bedarf der Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gegenüber dem Anweisungsempfänger. Diese Erklärung kann zwar auch durch konkludentes Verhalten erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Anweisungsempfänger aufgrund des Erklärungsverhaltens des Angewiesenen in guten Treuen davon ausgehen durfte, dieser habe sich ihm gegenüber zur Zahlung verpflichten wollen ( BGE 92 II 335 E. 4 S. 339, mit
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Hinweis; vgl. auch 113 II 522 E. 3 S. 523; 105 II 104 E. 3d S. 109). Solange der Angewiesene kein ausdrückliches oder konkludentes Zahlungsversprechen gegenüber dem Anweisungsempfänger abgegeben hat, ist er aufgrund der Anweisung zur Zahlung bloss ermächtigt und nicht auch verpflichtet. Fehlt es an einer Annahmeerklärung des Angewiesenen, so steht daher dem Anweisungsempfänger aus der Anweisung kein Forderungsrecht zu (THOMAS KOLLER, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, N. 3 zu Art. 468 OR ; GUHL/KUMMER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl. 1991, S. 542 f.; TERCIER, Les contrats spéciaux, 2. Aufl. 1995, S. 561 Rz. 4597 f.).
c) Das Schreiben des Nebenintervenienten an die Beklagte vom 4. März 1987 lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:
"Mit diesem Schreiben möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die peruanische Postverwaltung von der deutschen Gesellschaft X. GMBH Einrichtungen bestehend aus einer Briefmarkendruckmaschine und einem automatischen Briefsortiersystem gekauft hat, um ihre Einrichtungen zu modernisieren.
Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn unser gegenwärtiger Saldo per 31. Dezember 1986 dieser Gesellschaft als Teilzahlung des per 31.12.1986 fälligen Betrages überwiesen würde. Ausserdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn unsere künftigen Saldi gleich behandelt würden, wobei Sie uns über die überwiesenen Beträge informieren würden, bis zur Erfüllung unseres Vertrages, was Ihnen von unserer Verwaltung mitgeteilt würde."
Daraus ergibt sich, dass der Nebenintervenient die Beklagte zwar einerseits zur Überweisung künftiger Saldi an die Klägerin bis zur Erfüllung des Vertrages, also bis zur Bezahlung des Kaufpreises ermächtigt hat, dass er aber anderseits auch ausdrücklich erklärt hat, er selbst werde der Beklagten mitteilen, wenn diese Bezahlung erfolgt sei. Das kann nur bedeuten, dass der Nebenintervenient sich den Widerruf der Ermächtigung für künftige, noch nicht ausgeführte Zahlungen ausdrücklich vorbehielt. Der Widerruf wird im Schreiben zwar mit der Erfüllung des Kaufvertrages in Verbindung gebracht. Dies ist jedoch bloss als Erklärung für das Ersuchen aufzufassen, nicht nur das gegenwärtige, sondern auch künftige Guthaben an die Klägerin zu bezahlen. Eine Beschränkung des Widerrufsvorbehalts kann darin entgegen der Ansicht der Klägerin in guten Treuen nicht gesehen werden. Der Bezug zur Erfüllung des Kaufvertrages kann insbesondere nicht in dem Sinne verstanden werden, dass damit die Beklagte verpflichtet oder auch nur ermächtigt worden wäre, sich bei einem Widerruf der
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Zahlungsermächtigung zunächst zu erkundigen, ob der Kaufvertrag wirklich erfüllt sei, oder gar den Widerruf der Zahlungsermächtigung durch den Nebenintervenienten zu missachten mit der Begründung, dieser sei seinen Verpflichtungen aus dem Valutaverhältnis nicht nachgekommen. Eine derartige Abhängigkeit einer Anweisung vom Valutaverhältnis widerstrebt deren Natur als blosses Zahlungsmittel und kommt jedenfalls ohne besondere Vereinbarungen über entsprechende Prüfungsverpflichtungen des Angewiesenen, wie sie etwa bei Dokumentenakkreditiven in beschränktem Umfang bestehen (vgl. BGE 115 II 67 E. 2a S. 70 f.), nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall aber fehlen jegliche Anhaltspunkte für konkrete Prüfungspflichten der Beklagten in bezug auf das Valutaverhältnis. Wie sich aus den Aussagen des Zeugen A. ergibt, hatte die Beklagte überhaupt keine Kenntnis vom Vertragsinhalt und von der Vertragsabwicklung der Parteien des Valutaverhältnisses. Unter diesen Umständen durfte die Klägerin aus dem Schreiben des Nebenintervenienten vom 4. März 1987 in guten Treuen nicht ableiten, die Beklagte sei bis zur vollständigen Bezahlung ihrer Kaufpreisforderung unwiderruflich zur Überweisung sämtlicher künftiger Guthaben angewiesen worden. Zudem ist zu beachten, dass nach der zwingenden Vorschrift von Art. 470 Abs. 2 OR das Widerrufsrecht des Anweisenden gegenüber dem Angewiesenen ohnehin vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann (THOMAS KOLLER, a.a.O., N. 4 zu Art. 470 OR ).
d) Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Behauptung der Klägerin als unhaltbar, die Beklagte habe die Anweisung zur Zahlung künftiger Guthaben gemäss Art. 468 Abs. 1 OR angenommen. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Beklagten behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie stellt sich jedoch auf den Standpunkt, die Beklagte habe die Annahme der Anweisung durch konkludentes Verhalten erklärt, indem sie im Zeitraum vom 27. März 1987 bis zum 7. Juni 1990 gestützt auf das Schreiben des Nebenintervenienten vom 4. März 1987 acht Überweisungen in der Höhe von insgesamt Fr. 499'527.-- vorgenommen habe. Dieser Argumentation kann indessen nicht gefolgt werden. Der Klägerin musste klar sein, dass die Beklagte gar nicht wissen konnte, wie hoch die noch nicht beglichene Kaufpreisforderung war. Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens beschränkten sich die Kontakte unter den Parteien denn auch auf Anfragen der Klägerin, ob und allenfalls in welcher Höhe bei der Beklagten Guthaben des Nebenintervenienten beständen und wann mit der Überweisung zu rechnen sei; über den Stand der Vertragsabwicklung mit dem Nebenintervenienten wurde die Beklagte offenbar in keiner Weise auf
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dem laufenden gehalten. Im übrigen hat der Geschäftsführer der Klägerin in der Parteibefragung selbst geschildert, wie es zur Anweisung gemäss dem Schreiben des Nebenintervenienten vom 4. März 1987 gekommen ist. Er hat erklärt, dass Peru keine bankenfähige Garantie habe stellen können und dass die Idee der Anweisungen an andere Postverwaltungen entstanden sei, nachdem die peruanische Postverwaltung einen Check auf die britische Postverwaltung gezogen habe, der honoriert worden sei, worauf sich die Klägerin überlegt habe, dass Ähnliches auch mit den Postverwaltungen anderer Länder möglich sein müsse; verschiedene Postverwaltungen hätten daraufhin Schreiben des Nebenintervenienten entsprechend demjenigen erhalten, das am 4. März 1987 an die Beklagte ging. Da somit die Klägerin dieses Vorgehen selbst angeregt hatte, musste ihr bewusst sein, dass die Beklagte, ganz abgesehen von der Unkenntnis der Vertragsbeziehungen im Valutaverhältnis, schon wegen der aus mehreren Ländern fliessenden Zahlungen den jeweiligen Ausstand der Kaufpreisforderung nicht kennen konnte. Die Klägerin durfte daher auch aus den acht Überweisungen der Beklagten in guten Treuen nicht auf eine Annahme der Anweisung schliessen, die über die getätigten Überweisungen hinausging.
e) Schliesslich musste der Klägerin bewusst sein, dass die Beklagte als Postverwaltung einen öffentlichen Dienst versieht. Dazu gehört auch der Abrechnungsverkehr mit anderen Postverwaltungen gemäss den Satzungen des Weltpostvereins (AS 1966 I 167) und dem gestützt darauf geschlossenen Weltpostvertrag (AS 1991 II 1693) sowie den diesen näher ausführenden zwischenstaatlichen Abkommen. Die öffentliche Funktion der internationalen Postabrechnung schliesst zwar Anweisungen zur Zahlung bestimmter Guthaben aus Ausgleichsrechnungen an Dritte grundsätzlich nicht aus, und nach Aussage des Zeugen A. (pensionierter Beamter der Beklagten) kommt es auch öfters vor, dass eine Postverwaltung Zahlung an Dritte wünscht. Fraglich erscheint jedoch, wieweit dies auch für Überweisungen von Abrechnungsguthaben an Private gilt, die nach Aussage der Auskunftsperson D. (Beamter der Beklagten) jedenfalls eine sehr seltene Ausnahme bilden. Solche Überweisungen entsprechen nicht dem eigentlichen Zweck des Abrechnungsverkehrs unter den Postverwaltungen. Es ist daher zumindest zweifelhaft, ob die Beklagte überhaupt berechtigt gewesen wäre, eine Anweisung anzunehmen und auszuführen, die über eine reine Zahlungsmodalität
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hinausgegangen wäre und - ähnlich einem Akkreditiv - einen Bezug zum Valutaverhältnis geschaffen hätte; für derartige Geschäfte fehlt jeder Zusammenhang mit der eigentlichen staatsvertraglichen Aufgabe der internationalen Postdienste, deren Funktionsfähigkeit der Ausgleichs- und Verrechnungsverkehr sicherstellen soll. Auch daraus wird klar, dass die Klägerin nach Treu und Glauben nicht ohne weiteres davon ausgehen durfte, die Beklagte habe ihr, indem sie acht Überweisungen tätigte, durch konkludentes Verhalten im Ergebnis Garantien für die Bezahlung ihrer Kaufpreisforderung gewährt, zu welchen Geschäftsbanken offenbar gerade nicht bereit waren.

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