Urteilskopf
122 IV 332
51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. September 1996 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen E. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 251 Ziff. 1 StGB
; Falschbeurkundung.
Das nachträgliche Ausstellen und Rückdatieren von Vollmachten stellt eine Falschbeurkundung dar, da nach der gesetzlichen Regelung über die Stellvertretung der schriftlichen Vollmachtsurkunde vom Adressaten ein besonderes Vertrauen entgegengebracht werden darf und diese somit in objektiver Weise die Wahrheit der Urkunde gewährleistet (E. 2c).
Das Strafamtsgericht von Thun erklärte E. mit Urteil vom 29. Juli 1993 des Betruges sowie der Urkundenfälschung schuldig und verurteilte sie zu 14 Monaten Gefängnis, abzüglich 1 Tag Untersuchungshaft, mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von 3 Jahren. Den E. mit Urteil des Gerichtspräsidenten VII von Bern vom 20. Dezember 1991 für die Strafe von 10 Tagen Gefängnis gewährten bedingten Strafvollzug widerrief es und ordnete die Vollstreckung dieser Strafe an. Ferner verfügte es die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände an die Berechtigten. Mit Urteil vom 7. April 1995 sprach der Gerichtspräsident II von Thun E. des Betruges sowie der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und verurteilte sie zu zwei Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von drei Jahren, als Zusatzurteil zum Entscheid des Strafamtsgerichts von Thun vom 29. Juli 1993. Auf Appellation der Beurteilten gegen die beiden Urteile des Strafamtsgerichts hin erklärte das Obergericht des Kantons Bern E. am 19. September 1995 in zwei Fällen des mehrfachen Betruges schuldig und verurteilte sie aufgrunddessen sowie gestützt auf den rechtskräftigen Schuldspruch des Gerichtspräsidenten II von Thun vom 7. April 1995 zu 10 Monaten Gefängnis, unter Gewährung
BGE 122 IV 332 S. 333
des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von 3 Jahren und Anrechnung von 1 Tag Untersuchungshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 150.--. Von der Anschuldigung des Betruges in einem Fall sowie der Urkundenfälschung sprach das Obergericht sie kostenlos frei. Hinsichtlich des Widerrufs des bedingten Strafvollzuges für die am 20. Dezember 1991 ausgesprochene Gefängnisstrafe von 10 Tagen bestätigte es den angefochtenen Entscheid.
Gegen diesen Entscheid führt der Generalprokurator des Kantons Bern eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Schuldigerklärung von E. auch wegen Urkundenfälschung und zur Neubemessung der Strafe an das Obergericht des Kantons Bern zurückzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Die Vorinstanz stellte für den Kassationshof verbindlich (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) fest, die Beschwerdegegnerin habe am 14. Dezember 1991 bei der Firma W. AG in Thun ein Collier zum Preis von Fr. 9'800.-- gegen eine Anzahlung von Fr. 500.-- sowie am 5. März 1992 beim Teppichgeschäft S. AG in Thun drei Orientteppiche im Wert von insgesamt Fr. 19'460.-- ertrogen. Den Verkäufern gegenüber habe sie angegeben, der Kauf erfolge im Auftrag und mit Wissen der Firma I. AG. In der Strafuntersuchung habe sie stets erklärt, der Verwaltungsratspräsident und Inhaber der Firma I. AG, A., habe ihr vorgängig eine entsprechende Ermächtigung zum Kauf gegeben und versprochen, er oder die Firma werde die Rechnungen bezahlen. Nachdem die Beschwerdegegnerin nach kurzer Zeit am 13. April 1992 aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei, habe sie tags darauf dem Untersuchungsrichter je eine Kopie von zwei als Vollmacht bezeichneten, mit dem Briefkopf der Firma I. AG versehenen und mit A. unterzeichneten Schriftstücken zugesandt. In dem mit Datum vom 12. Dezember 1991 versehenen Schreiben habe A. bestätigt, dass die Beschwerdegegnerin die Befugnis habe, im Juweliergeschäft W. AG einen Einkauf im Wert von Fr. 10'000.-- im Namen der I. AG zu tätigen. Gemäss dem anderen Schreiben mit Datum vom 28. Februar 1992 habe A. der Beschwerdegegnerin die Vollmacht erteilt, im Namen der I. AG bei der Firma S. AG Teppiche im Wert bis zu Fr. 18'000.-- zu erwerben. Die Vorinstanz gelangte in bezug auf die Vollmachten zum Schluss, die beiden Schreiben seien von A. unterzeichnet, jedoch
BGE 122 IV 332 S. 334
erst nach dem Erwerb der Teppiche und des Colliers im Hinblick auf das eingeleitete Strafverfahren verfasst und willkürlich rückdatiert worden. Der Beschwerdegegnerin sei klar gewesen, dass A. selber nicht über so viel Geld verfügt habe, dass er sich die Teppiche und das Schmuckstück hätte leisten können. A. wurde aufgrund dieses Sachverhalts vom Strafamtsgericht von Thun mit Urteil vom 29. Juli 1993 der Urkundenfälschung schuldig erklärt und zu 2 Monaten Gefängnis, abzüglich 1 Tag Untersuchungshaft, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von 2 Jahren, verurteilt.
Die Vorinstanz nahm in rechtlicher Hinsicht an, inhaltlich wahrheitswidrig bei den beiden Vollmachten sei ausschliesslich das Ausstellungsdatum. A. sei zur grundsätzlich rechtswirksamen Erteilung solcher Vollmachten an die Beschwerdegegnerin im Namen der I. AG berechtigt gewesen und habe diese im zu beurteilenden Fall - wenn auch erst nachträglich - tatsächlich ausgestellt. Die beiden von der Beschwerdegegnerin dem Untersuchungsrichter eingereichten Urkunden seien sowohl geeignet als auch bestimmt gewesen, die rechtserhebliche Tatsache zu beweisen, dass die Vollmachten am 12. Dezember 1991 bzw. 28. Februar 1992, mithin vor dem Erwerb des Colliers bzw. der Teppiche, ausgestellt worden seien. Dieses Vorgehen sei zweifellos in der Absicht gewählt worden, bei den Behörden den falschen Anschein zu erwecken, dass die Beschwerdegegnerin jeweils bereits vor dem Tatzeitpunkt über eine (schriftliche) Vollmacht verfügt habe. Dennoch käme den beiden Schriftstücken keine Urkundenqualität zu, weil eine erhöhte Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der beiden Dokumente nicht ersichtlich sei. Von der dazu geforderten, besonderen Stellung des Ausstellers könne bei einem Verwaltungsratspräsidenten einer kaum bekannten AG nicht die Rede sein. Ausserdem handle es sich um gewöhnliche Geschäftspapiere, welche nicht wie eine Bilanz von Gesetzes wegen erhöhten Anforderungen an die Richtigkeit genügen müssten. Unter diesen Umständen läge keine Falschbeurkundung vor.
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei bisher unbestritten gewesen, dass einer Vollmacht - insbesondere auch unter dem Aspekt des Zeitpunktes ihrer Errichtung bzw. Unterzeichnung -Urkundenqualität zukomme. Eine Vollmacht geniesse in der Konstellation wie der vorliegenden schon deswegen erhöhten strafrechtlichen Schutz, weil eine AG buchführungspflichtig sei und weil das Handeln eines Dritten, das zum Beispiel per Spezialvollmacht eine AG durch Kaufverträge in den Schuldnerstatus versetze, Eingang in
BGE 122 IV 332 S. 335
die Buchführung finde. Nach
Art. 957 Abs. 1 OR
solle die Buchführungspflicht unter anderem sicherstellen, dass die mit dem Geschäftsbetrieb zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältnisse festgestellt werden könnten. Diese Funktion sei zweifellos beeinträchtigt, wenn mit den nachträglich erstellten und rückdatierten Vollmachten vorgegaukelt werde, die I. AG sei am 14. Dezember 1991 und am 5. März 1992 Schuldnerin geworden, was in Tat und Wahrheit nicht der Fall gewesen sei, weil die Beschwerdegegnerin die Verpflichtungen (betrügerisch) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung eingegangen sei. Dass das Handeln eines Vertreters ohne Vollmacht nachträglich genehmigt werden könne, ändere nichts an der Urkundenqualität einer Vollmacht auch unter dem Aspekt des Zeitpunktes ihrer Erteilung, denn der Zeitpunkt der Entstehung einer Schuld sei nach buchhalterischen Grundsätzen als solcher relevant und es mache nach diesen Grundsätzen auch einen Unterschied, ob ein Vertreter im Zeitpunkt des Eingehens einer Schuldverpflichtung mit oder ohne Vertretungsvollmacht handle, selbst wenn nachträglich eine Genehmigung zustandekommen sollte. Wenn mit der Rückdatierung einer Vollmacht vorgetäuscht werde, sie habe im Zeitpunkt des rechtsgeschäftlichen Handelns eines Dritten bestanden, werde somit die Wahrheit der Buchführung tangiert.
2.
a) Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird. Mittel zum Beweis kann nur sein, was generell geeignet ist, Beweis zu erbringen. Als Urkunden gelten deshalb unter anderem nur Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (
Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB
;
BGE 117 IV 35
E. 1a mit Hinweisen;
BGE 101 IV 279
). Der Urkundencharakter eines Schriftstücks ist relativ. Es kann mit Bezug auf bestimmte Aspekte Urkundencharakter haben, mit Bezug auf andere nicht. So können Rechnungen unabhängig davon, ob sie inhaltlich richtig sind, Urkunden für den Beweis der Tatsache darstellen, dass die entsprechende Erklärung durch den Rechnungssteller abgegeben worden ist. An solchen Rechnungen können deshalb prinzipiell Urkundendelikte begangen werden, etwa durch ihre unzulässige Veränderung (Urkundenfälschung) oder, je nach den Umständen, durch ihre Beseitigung (Urkundenunterdrückung;
BGE 121 IV 131
E. 2c;
BGE 120 IV 25
E. 3b;
BGE 119 IV 54
E. 2 c/aa). Nach der Praxis kann sich die Beweisbestimmung eines Schriftstücks einerseits unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und andererseits aus
BGE 122 IV 332 S. 336
dessen Sinn oder Natur abgeleitet werden. Ebenfalls nach Gesetz oder aber nach der Verkehrsübung bestimmt sich, ob und inwieweit einer Schrift Beweiseignung zukommt (
BGE 120 IV 122
E. 4c;
BGE 118 IV 254
E. 3;
BGE 117 IV 35
E. 1a mit Hinweisen auf die Lehre und weitere Entscheide).
b) Eine Falschbeurkundung begeht sowohl nach der alten wie nach der neuen Fassung von
Art. 251 Ziff. 1 StGB
, wer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Derselben Strafdrohung untersteht die Verwendung einer von einem Dritten hergestellten Urkunde dieser Art zur Täuschung. Im Unterschied zur Urkundenfälschung im eigentlichen Sinn, welche das Herstellen einer unechten Urkunde erfasst, deren wirklicher Aussteller mit dem aus ihr ersichtlichen Autor nicht identisch ist, betrifft die Falschbeurkundung die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der also der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen, wobei nach allgemeiner Ansicht die einfache schriftliche Lüge keine Falschbeurkundung darstellt (
BGE 122 IV 25
E. 2a;
BGE 120 IV 122
E. 4c; vgl. schon
BGE 68 IV 87
E. 2;
BGE 75 IV 166
E. 1; im selben Sinn nun auch Art. 23/24 des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse [THG] vom 6. Oktober 1995; ferner Botschaft zum THG vom 15. Februar 1995, BBl 1995 II S. 618 f.). Das Vertrauen darauf, dass über die Person des Ausstellers nicht getäuscht wird, ist und darf grösser sein als das Vertrauen, dass jemand nicht in schriftlicher Form lügt. Aus diesem Grund werden an die Beweisbestimmung und Beweiseignung einer Urkunde bei der Falschbeurkundung höhere Anforderungen gestellt (
BGE 122 IV 25
E. 2a;
BGE 121 IV 131
E. 2c mit weiteren Hinweisen). Eine qualifizierte schriftliche Lüge im Sinne der Falschbeurkundung wird deshalb nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur angenommen, wenn der Urkunde eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihr aufgrunddessen ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Dies ist der Fall, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, wie sie unter anderem in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson oder in gesetzlichen Vorschriften liegen, die, wie etwa die Bilanzvorschriften der
Art. 958 ff. OR
, gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen
BGE 122 IV 332 S. 337
sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf entsprechende Angaben verlässt (
BGE 122 IV 25
E. 2a;
BGE 121 IV 131
E. 2c mit weiteren Hinweisen). Die Grenze zwischen Falschbeurkundung und schriftlicher Lüge muss für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände gezogen werden und ist zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die jedoch unumgänglich sind und darin begründet liegen, dass das Gesetz nicht eindeutig regelt, wann noch eine straflose und wann eine strafbare schriftliche Lüge vorliegt.
In seiner neueren Rechtsprechung verneinte das Bundesgericht etwa eine Falschbeurkundung beim Erstellen einer Rechnung für nicht ausgeführte Arbeiten (
BGE 117 IV 35
), beim Erstellen von inhaltlich unwahren Regierapporten (
BGE 117 IV 165
), bei der Errichtung einer inhaltlich falschen Vertragsurkunde, ohne dass besondere Garantien bestanden, dass die beiden übereinstimmend abgegebenen Erklärungen dem wirklichen Willen der Vertragsparteien entsprachen (
BGE 120 IV 25
) und beim Ausstellen einer fiktiven Rechnung mit dazugehöriger Quittung (
BGE 121 IV 131
E. 2c).
Umgekehrt bejahte das Bundesgericht den Tatbestand der Falschbeurkundung unter anderem im Falle der falschen Buchführung einer Aktiengesellschaft durch die unrichtige Verbuchung von Vergünstigungen und Ausgaben privater Art als geschäftsbedingte Auslagen sowie durch die Verbuchung von Lohnzahlungen auf einem sachfremden Aufwandkonto (
BGE 122 IV 25
E. 2b und c), ferner im Falle der Erstellung eines unrichtigen Protokolls einer Generalversammlung (
BGE 120 IV 199
E. 3c) sowie der Herausgabe eines freiwillig herausgegebenen Emissionsprospekts anlässlich der Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft nach dem Verfahren der Simultangründung (
BGE 120 IV 122
E. 4 d/bb). Falschbeurkundung nahm das Bundesgericht auch an bei einem bauleitenden Architekten, der die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen und überhöhte Rechnungen der Unternehmer geprüft und schriftlich genehmigt hatte (
BGE 119 IV 54
E. 2d), sowie bei einem Arzt, der einen unrichtigen Krankenschein erstellt und damit gegenüber der Krankenkasse Leistungen für sich oder für den Patienten geltend gemacht hatte (
BGE 117 IV 169
f. unter Hinweis auf
BGE 103 IV 184
).
c) Die Vorinstanz stellte verbindlich fest, dass A. nachträglich Vollmachten ausgestellt, diese jedoch nicht mit dem Datum ihrer Ausstellung versehen, sondern sie auf den 12. Dezember 1991 bzw. den 28. Februar 1992 rückdatiert hatte. Als einzelzeichnungsberechtigter
BGE 122 IV 332 S. 338
Verwaltungsrat war er zur Erteilung von Vollmachten im Namen der I. AG berechtigt. Wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, erklärte er mit der Rückdatierung konkludent, er habe bereits zum jeweilig angegebenen Datum Vollmacht erteilt (vgl. in diesem Zusammenhang
BGE 113 IV 77
E. 3c zu Art. 317 aStGB). Nach den Feststellungen der Vorinstanz traf dies indes nicht zu. Die in den Vollmachten verurkundeten Erklärungen waren demgemäss jedenfalls hinsichtlich des Datums inhaltlich unrichtig. Die Beschwerdegegnerin verwendete die Urkunden, um bei den Untersuchungsbehörden den Anschein zu erwecken, die Ermächtigung sei schon vor dem Erwerb des Schmucks bzw. der Teppiche erteilt worden und sie sei somit bereits vor dem Tatzeitpunkt zum Erwerb der betreffenden Gegenstände berechtigt gewesen. Die Vorinstanz nahm zu Recht an, dass bei beiden Vollmachten der wirkliche und der aus ihr ersichtliche Aussteller identisch, die Urkunden mithin echt waren, so dass eine Urkundenfälschung im engeren Sinn nicht in Frage kommt. Die Rückdatierung der Vollmachten ist somit im folgenden unter dem Gesichtspunkt der Falschbeurkundung zu würdigen (anders noch
BGE 102 IV 191
E. 1; vgl. auch CORBOZ, Le faux dans les titres, ZBJV 131/1995, S. 556 f.; kritisch STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 4. Aufl., Bern 1995, § 36 N. 17; REHBERG, Strafrecht IV, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 126).
Die Vorinstanz hat den schriftlichen Vollmachten zu Unrecht erhöhte Glaubwürdigkeit abgesprochen. Diese ergibt sich im zu beurteilenden Fall aus der Natur der Vollmacht als Ermächtigung, für einen andern zu handeln und den Vollmachtgeber gegenüber Dritten zu vertreten. Der schriftlich erteilten Vollmacht kommt daher grundsätzlich insoweit Urkundencharakter zu, als aus ihr hervorgeht, dass der Bevollmächtigte zur Vertretung des Vollmachtgebers befugt ist. Dabei beurteilt sich der Umfang der Ermächtigung, wenn sie vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt worden ist, gemäss
Art. 33 Abs. 3 OR
nach Massgabe der erfolgten Kundgabe (vgl. auch
Art. 34 Abs. 3 OR
zum Widerruf der Vollmacht; ferner
Art. 36 und 37 OR
). Insofern erfasst der Regelungsgedanke dieser Bestimmung den Tatbestand des Gutglaubensschutzes Dritter. Hat der Vertretene also eine Vollmacht kundgegeben, die in Wirklichkeit nicht oder nicht im kundgemachten Umfang besteht, kann er danach den Vollmachtsmangel gutgläubigen Dritten nicht entgegenhalten (ALFRED KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allg. Teil, Bd. I, S. 328 Rz. 1416; GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allg. Teil, 6. Aufl., Zürich 1995, Rz. 1396 ff.; ZÄCH, Berner
BGE 122 IV 332 S. 339
Kommentar, Art. 33 N. 133 ff.). Entsprechend ist der Vertretene auch auf einer bestimmt gearteten Äusserung zu behaften, wenn der gutgläubige Dritte, demgegenüber der Vertreter ohne Vollmacht handelt, sie in guten Treuen als Vollmachtskundgabe verstehen durfte und darauf vertraute. Das Vertrauen des Dritten ist somit auch demjenigen gegenüber geschützt, der den Rechtsschein hervorgerufen oder mitveranlasst und damit objektiv zu vertreten hat (vgl.
BGE 120 II 197
E. 2). Aus dieser gesetzlichen Regelung über die Stellvertretung erhellt, dass der Vollmacht, namentlich wenn sie in einer schriftlichen Urkunde verkörpert ist, vom Adressaten regelmässig ein besonderes Vertrauen entgegengebracht werden darf. Dieser hat keinen Anlass, die Vollmacht als blosse Behauptung aufzufassen. Eine Überprüfung der Vertretungsbefugnis ist daher nicht nötig und auch nicht zumutbar. Dies rechtfertigt die Annahme, die Stellvertretungsregeln gewährleisteten in objektiver Weise die Wahrheit der in der schriftlichen Vollmacht verurkundeten Erklärung. Daraus ergibt sich ihre erhöhte Glaubwürdigkeit und ihr Urkundencharakter unter dem Gesichtspunkt der Falschbeurkundung. Diese erhöhte Glaubwürdigkeit bezieht sich auf den gesamten Umfang des Vertretungsverhältnisses, mit Einschluss von Beginn und Ende. Die Vollmacht kann somit auch in bezug auf die Datierung erhöhte Beweiskraft erlangen.
Erhöhte Beweiskraft kommt der Vollmacht im zu beurteilenden Fall auch im Rahmen des Verkehrs mit Untersuchungsbehörden zu. Dies ergibt sich daraus, dass die im Zusammenhang der Strafuntersuchung eingereichten Vollmachtsurkunden den Zeitpunkt der Ermächtigung beweisen und damit die Angeschuldigte entlasten sollten. Insofern waren die Schriftstücke geeignet, im Strafverfahren die Einvernahme des Ausstellers als Zeuge zu ersetzen, und geniessen auch unter diesem Aspekt erhöhte Glaubwürdigkeit (vgl.
BGE 102 IV 29
E. 2;
BGE 103 IV 27
E. 10). Der Untersuchungsrichter durfte daher im zu beurteilenden Fall mit guten Gründen darauf vertrauen, dass die Vollmacht am angegebenen Datum erteilt worden war, da sie nicht von der Beschwerdegegnerin als Angeschuldigter ausgestellt worden und somit nicht bloss eine unbeachtliche Schutzbehauptung war, sondern vom Verwaltungsratspräsidenten der angeblich vertretenen Aktiengesellschaft, dem in dieser Hinsicht eine besondere Vertrauensstellung zukommt. Dass die Angeschuldigte im Strafverfahren nicht einer Wahrheitspflicht unterliegt, steht dem nicht entgegen, da das Lügen jedenfalls dort seine Grenze findet, wo dadurch Straftatbestände erfüllt werden (SCHMID, Strafprozessrecht,
BGE 122 IV 332 S. 340
2. Aufl., Zürich 1993, N. 272; PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, 2. Aufl., Lausanne 1994, N. 1160).
Somit kommt hier den Vollmachten aus den genannten Gründen erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Ob eine verstärkte Beweiskraft auch unter dem Gesichtspunkt der Buchführungspflicht darin erblickt werden könnte, dass der Zeitpunkt der Entstehung einer Schuld nach buchhalterischen Grundsätzen relevant sei, wie der Beschwerdeführer vorbringt, kann bei diesem Ergebnis offenbleiben.
Damit ergibt sich, dass die Vorinstanz, indem sie eine erhöhte Glaubwürdigkeit der Vollmachten verneinte und die Beschwerdegegnerin von der Anklage der Falschbeurkundung freisprach, Bundesrecht verletzt hat. Die Beschwerde ist daher begründet.