Urteilskopf
123 III 152
26. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1997 i.S. J. H. gegen R. H. (Berufung)
Regeste
Art. 9d SchlT ZGB
, Art. 206 Abs. 1 und 209 Abs. 3 ZGB; güterrechtliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einem Grundstück.
Das neue Ehegüterrecht ist gemäss
Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB
auch anwendbar, wenn im Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf vor dem 1. Januar 1988 die Berechnung der Ersatzforderungen anderer Gütermassen (
Art. 206 und 209 ZGB
) zu prüfen ist (E. 5b).
Da für die Berechnung der Ersatzforderung nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
auf den Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung abzustellen ist, erübrigt sich eine Hinzurechnung nach
Art. 208 ZGB
(E. 5c).
Die Arbeitsleistung eines Ehegatten, die zur Werterhöhung eines Vermögensgegenstandes führt, rechtfertigt eine entsprechende Ersatzforderung der Errungenschaft des betreffenden Ehegatten gegenüber der Gütermasse, welcher der Vermögensgegenstand angehört (E. 6a).
Haben das Eigengut und die Errungenschaft eines Ehegatten den Erwerbspreis aufgebracht, erfolgt die güterrechtliche Zuordnung der Liegenschaft nach dem Grundsatz des Übergewichtes des Beitrages; der anderen Gütermasse steht nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
eine Ersatzforderung zu. Ist an der Finanzierung zusätzlich ein Drittkredit beteiligt, ist dieser zum Zweck der Aufteilung allfälliger Mehr- oder Minderwerte auf die beteiligten Gütermassen anteilsmässig aufzuteilen (E. 6b).
Aus den Erwägungen:
4.
Im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung, die mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung nach den Regeln des ordentlichen Güterstandes vorzunehmen ist, sind namentlich die Ansprüche der Parteien im Zusammenhang mit der ehemaligen ehelichen Liegenschaft GB Nr. X. umstritten. Auf diesem Grundstück befindet sich ein Dreifamilienhaus, in welchem die Parteien bis zur Auflösung des gemeinsamen Haushaltes eine Wohnung bewohnten, und in welcher der Beklagte heute noch wohnt. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz konnte der Beklagte diese Liegenschaft 1972 von seinem Vater teilweise unentgeltlich übernehmen: während sich der Verkehrswert damals auf Fr. 311'000.-- belief, wurde nur ein Kaufpreis von Fr. 140'000.-- vereinbart, wobei dieser Betrag durch eine Barzahlung von Fr. 30'000.-- sowie durch die Übernahme bzw. Neubegründung einer Hypothek von Fr. 110'000.-- getilgt wurde; im Umfang von Fr. 171'000.-- liegt eine unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten vor. Bis zum Verkauf des Grundstückes im Jahr 1987 wurden durch Eigenleistungen der
BGE 123 III 152 S. 154
Parteien Verbesserungen an der Liegenschaft vorgenommen, die zu einem Mehrwert von Fr. 210'000.-- führten. Nachdem die Klägerin im September 1987 erstmals den Eheschutzrichter angerufen hatte, verkaufte der Beklagte am 23. November 1987 - d.h. kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Eherechtes und wenige Monate vor dem Auszug der Klägerin aus dem gemeinsamen Haushalt - das Dreifamilienhaus seinem Bruder für Fr. 160'000.--. Nach den Feststellungen der Vorinstanz betrug der Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Veräusserung am 23. November 1987 Fr. 675'000.--.
5.
Zunächst ist zu prüfen, ob die güterrechtliche Auseinandersetzung in bezug auf das Grundstück GB Nr. X. auf der Grundlage des Verkaufserlöses von Fr. 160'000.-- oder des Verkehrswertes von Fr. 675'000.-- durchzuführen ist.
a) Die Vorinstanz ging angesichts des krass tiefen Verkaufspreises von Fr. 160'000.-- für das Dreifamilienhaus davon aus, dass die Hinzurechnungstatbestände von
Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZGB
erfüllt seien, weshalb für die güterrechtliche Auseinandersetzung auf den massgebenden Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt von Fr. 675'000.-- abzustellen sei. Der Beklagte wendet dagegen ein, dass weder
Art. 208 ZGB
noch die
Art. 206 und
Art. 209 ZGB
übergangsrechtlich zur Anwendung kämen, weshalb die güterrechtliche Auseinandersetzung auf der Basis des Verkaufserlöses von Fr. 160'000.-- durchzuführen sei.
b) Gemäss
Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB
richtet sich die güterrechtliche Auseinandersetzung nach Inkrafttreten des neuen Eherechtes für die ganze Dauer des früheren und des neuen ordentlichen Güterstandes grundsätzlich nach den Vorschriften über die Errungenschaftsbeteiligung. Umstritten ist, ob diese Rückwirkung auch im Fall einer Veräusserung von Vermögensgegenständen vor dem Inkrafttreten des neuen Eherechtes am 1. Januar 1988 gilt, wenn in diesem Zusammenhang eine Hinzurechnung (
Art. 208 ZGB
) oder die Berechnung der Mehrwertanteile anderer Gütermassen (
Art. 206 und 209 ZGB
) in Frage steht. Während sich ein Teil der Lehre gegen eine Rückwirkung dieser Bestimmungen ausspricht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, N. 47 Vorbemerkungen vor
Art. 181 ff. ZGB
und N. 72 zu
Art. 208 ZGB
mit weiteren Hinweisen), will ein anderer Teil der Literatur eine Rückwirkung zulassen (DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 576 mit weiteren Hinweisen). Verschiedene Gründe sprechen dafür,
Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB
uneingeschränkt auf die
BGE 123 III 152 S. 155
Art. 206, 208 und 209 ZGB
anzuwenden. Einerseits können dem Wortlaut von
Art. 9 SchlT ZGB
keine Hinweise entnommen werden, dass gerade diese Bestimmungen nicht unter die spezifisch eherechtliche Übergangsregelung fallen sollen. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass es der Beklagte in der Hand gehabt hätte, sich durch eine Erklärung nach
Art. 9d Abs. 2 SchlT ZGB
einer Anwendung der neuen Bestimmungen zu entziehen. Deshalb steht der Anwendung von
Art. 206, 208 und 209 ZGB
aus intertemporalrechtlicher Sicht nichts entgegen, da
Art. 9 Abs. 1 SchlT ZGB
als "lex specialis" dem allgemeinen Rückwirkungsverbot nach
Art. 1 Abs. 1 und 2 SchlT ZGB
vorgeht (vgl.
BGE 120 Ia 157
E. 2c S. 162).
c) Unbestrittenermassen ist die Liegenschaft GB Nr. X. angesichts des überwiegenden unentgeltlichen Eigentumserwerbes nach
Art. 198 Ziff. 2 ZGB
dem Eigengut des Beklagten zuzuordnen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 41 zu
Art. 198 ZGB
), während denjenigen Gütermassen, die zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung der Eigengutsliegenschaft beigetragen haben, Ersatzforderungen für ihre Beiträge zustehen (
Art. 206 Abs. 1 und
Art. 209 Abs. 3 ZGB
). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Beklagten sind bei einer Veräusserung eines Vermögenswertes des Eigengutes für die Berechnung der Ersatzforderungen der Gütermassen, die einen Beitrag geleistet haben, nicht
Art. 208 ZGB
, sondern
Art. 206 und 209 ZGB
massgebend. Nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
entsteht bei der Investition einer Vermögensmasse in Vermögensgegenstände der anderen Masse des gleichen Ehegatten eine Ersatzforderung, die dem Anteil des Beitrages entspricht und "nach dem Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt ... der Veräusserung" berechnet wird; da bereits aufgrund dieser Bestimmung auf den Verkehrswert - und nicht etwa auf einen tieferen Erlös aufgrund einer Vermögensentäusserung - abzustellen ist, erübrigt sich eine Hinzurechnung nach
Art. 208 Abs. 1 ZGB
(WALTER OTT, Der Schutz der Anwartschaft auf den Vorschlagsanteil, FS für Cyril Hegnauer, Bern 1986, S. 294 f.; vgl. auch HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 15 zu
Art. 208 ZGB
a.E.). Wie es sich im übrigen in bezug auf eine Ersatzforderung nach
Art. 206 Abs. 1 ZGB
verhält, kann dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall die auf
Art. 206 ZGB
beruhende Forderung in quantitativer Hinsicht unbestritten und nur die Frage derer Massezugehörigkeit Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (vgl. nachfolgend E. 6a/bb).
d) Da nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
auf den Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt abzustellen ist, hat die Vorinstanz der güterrechtlichen
BGE 123 III 152 S. 156
Auseinandersetzung zutreffend den Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Veräusserung von Fr. 675'000.-- zugrunde gelegt.
6.
Nachdem sich ergeben hat, dass für die güterrechtliche Auseinandersetzung von einem Wert der dem Eigengut des Beklagten angehörenden Liegenschaft von Fr. 675'000.-- auszugehen ist, ist im folgenden zu prüfen, welche güterrechtlichen Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit Beiträgen anderer Gütermassen an der Finanzierung der Eigengutsliegenschaft des Beklagten zustehen.
a) In der Zeit zwischen 1972 bis 1987 wurden in der Liegenschaft wertvermehrende Investitionen getätigt, deren Wert sich aufgrund einer Schätzung per 1987 auf insgesamt Fr. 210'000.-- belief. Umstritten ist, ob diese Investitionen zum Eigengut des Beklagten gehören oder der Errungenschaft beider Parteien zuzuordnen sind.
aa) Zur Errungenschaft gehören nach
Art. 197 Abs. 1 ZGB
diejenigen Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. Dazu zählen nicht nur die Vermögenswerte, die in Art. 197 Abs. 2 Ziff. 1 bis 5 ZGB beispielhaft aufgezählt sind, sondern alle Werte, die nicht nach der abschliessenden Aufzählung von
Art. 198 ZGB
ins Eigengut eines Ehegatten fallen (
Art. 200 Abs. 3 ZGB
). Als entgeltlicher Erwerb und insofern als Errungenschaft gilt u.a. auch das Erwirtschaften von Vermögen aufgrund des Einsatzes der Ehegatten in der ehelichen Gemeinschaft (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 9 zu
Art. 197 ZGB
). Auch wertschöpfende Arbeiten, die zur Erhaltung oder Verbesserung eines Vermögenswertes des Eigengutes beigetragen haben, können wie Geldbeiträge zu einer Ersatzforderung der Errungenschaft gegen das Eigengut führen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 10 zu
Art. 206 ZGB
m.w.H.).
bb) Im vorliegenden Fall wurden in der Eigengutsliegenschaft des Beklagten Arbeitsleistungen erbracht, die - bewertet im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 1987 - zu einem Mehrwert von Fr. 210'000.-- führten. Die durch Arbeitsleistung vorgenommenen Verbesserungen, die nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz auf Eigenarbeiten beider Parteien und derer Verwandten zurückzuführen sind, rechtfertigen eine Ersatzforderung der Errungenschaft der Klägerin nach
Art. 206 Abs. 1 ZGB
und der Errungenschaft des Beklagten nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
gegenüber dem Eigengut des Beklagten. Da der Beklagte nur die Frage der Massenzugehörigkeit beanstandet, sich aber nicht gegen die von der Vorinstanz ermittelte Bewertung der Investitionen wendet, ist der Einwand des Beklagten
BGE 123 III 152 S. 157
unbegründet, der Mehrwert von Fr. 210'000.-- falle in sein Eigengut.
cc) Die Frage, ob diese Ersatzforderung an einem allfälligen konjunkturellen Mehrwert partizipiert, braucht nicht entschieden zu werden. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass namentlich bei zeitlich gestaffelten Investitionen äusserst aufwendige Berechnungen in bezug auf den Mehrwertanteil vorzunehmen wären (vgl. dazu ein Beispiel bei MARLIES UND HEINZ NÄF-HOFMANN, Das neue Ehe- und Erbrecht im Zivilgesetzbuch, 2. Auflage, Zürich 1989, Rz. 1568 ff.). Die Vorinstanz hat dies vermieden, indem sie der Ersatzforderung nicht den Nominalwert im Zeitpunkt der Investition, sondern den Zeitwert der Wertverbesserungen beim Verkauf der Liegenschaft zugrundegelegt und insoweit einen Mehrwertanteil berücksichtigt hat. Da der Beklagte gegen diese Bewertungsweise keine Einwände erhoben hat, hat sich das Bundesgericht dazu nicht zu äussern (
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
), und auch für eine Rechtsanwendung von Amtes wegen (
Art. 63 Abs. 3 OG
) besteht kein Anlass; einerseits liesse sich der Wert der durch Arbeitsleistung erbrachten Investitionen im Zeitpunkt ihrer Vornahme kaum mehr ermitteln, und anderseits dürfte die praktikable Lösung der Vorinstanz der gesonderten Mehrwertberechnung für jede einzelne Investition sehr nahekommen. Den Errungenschaften der Parteien steht somit eine Ersatzforderung gegen das Eigengut von Fr. 210'000.-- zu.
b) Ist von einem Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt des Verkaufs von Fr. 675'000.-- auszugehen und stehen diesem Betrag ein Wert beim Erwerb von Fr. 311'000.-- sowie wertvermehrende Investitionen von Fr. 210'000.-- gegenüber, resultiert ein konjunktureller Mehrwert von Fr. 154'000.--. Nachdem die den Errungenschaften der Parteien zuzuordnenden Arbeitsleistungen bereits mehrwertberichtigt in der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt worden sind, stellt sich im folgenden die Frage, wie der konjunkturelle Mehrwert von Fr. 154'000.-- auf die beim Erwerb des Grundstücks zusammenwirkenden Gütermassen aufzuteilen ist. Während der effektiv bezahlte Kaufpreis von Fr. 140'000.-- durch eine Leistung aus der Errungenschaft des Beklagten von Fr. 30'000.-- und durch eine Hypothek in der Höhe von Fr. 110'000.-- getilgt worden ist, ist von einer - dem Eigengut des Beklagten zuzurechnenden - unentgeltlichen Zuwendung von Fr. 171'000.-- auszugehen, weshalb die ganze Liegenschaft wie erwähnt zum Eigengut des Beklagten gehört. Umstritten ist, wie sich die Finanzierung durch ein hypothekarisch gesichertes Darlehen auf die Mehrwertbeteiligung
BGE 123 III 152 S. 158
auswirkt: Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, dass die Hypothekarschulden zwar dem Eigengut des Beklagten zuzuschlagen, der darauf entfallende Mehrwert aber auf dessen Eigengut und Errungenschaft proportional aufzuteilen sei; demgegenüber macht der Beklagte geltend, dass die Hypothek wie die Liegenschaft als ganzes seinem Eigengut zuzurechnen sei und demnach nur diese Gütermasse - unter Ausschluss seiner Errungenschaft - an dem auf die Hypothek entfallenden Mehrwert partizipiere.
aa) Die güterrechtliche Zuordnung einer Hypothek wird durch
Art. 209 Abs. 2 ZGB
geregelt. Gemäss dieser Bestimmung belastet eine Schuld jene Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel die Errungenschaft. Der Bestand einer Hypothek führt damit für sich allein im Unterschied zur Rechtsprechung zum alten Eherecht (vgl.
BGE 116 II 225
E. 3d S. 231 ff.) nicht ohne weiteres zur Annahme eines entgeltlichen Erwerbs zugunsten der Errungenschaft; vielmehr geht mit der Kreditgewährung eine entsprechende Wertverminderung des mit einem Grundpfandrecht belasteten Investitionsobjektes einher, weshalb es sich rechtfertigt, eine Hypothek als Schuld nach
Art. 209 Abs. 2 ZGB
der Masse zuzuordnen, der die Liegenschaft angehört (siehe statt vieler HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 54 und 65 zu
Art. 196 ZGB
; a.M. PAUL PIOTET, Biens acquis par un conjoint en assumant une dette et remploi partiel, ZSR 115/I [1996], S. 54 m.w.H. und NÄF-HOFMANN, a.a.O., Rz. 1085). Da die Liegenschaft zum Eigengut des Beklagten gehört, ist die darauf lastende Hypothek von Fr. 110'000.-- in Anwendung von
Art. 209 Abs. 2 ZGB
dem Eigengut des Beklagten zuzuordnen, ohne dass auf ausnahmsweise denkbare, hier aber nicht vorliegende Spezialfälle (siehe dazu HEINZ HAUSHEER, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch I, Basel/Frankfurt a.M. 1997, N. 27 ff. zu
Art. 209 ZGB
m.w.H.) einzugehen wäre.
bb) Die Zuordnung der Hypothek zur Gütermasse des Investitionsobjektes sagt indessen noch nichts über die Aufteilung der Mehr- und Minderwerte aus, die auf die Drittfinanzierung entfallen. Keine Probleme ergeben sich, wenn nur eine Gütermasse den Erwerbspreis aufgebracht hat, da mangels Beitrags einer anderen Gütermasse der gesamte Gewinn bzw. der ganze Verlust in diejenige Gütermasse fällt, der die Liegenschaft angehört. Sind hingegen wie im vorliegenden Fall beide Gütermassen eines Ehegatten am Erwerb beteiligt, steht der Vermögensmasse, die einen Beitrag geleistet hat, gemäss
Art. 209 Abs. 3 ZGB
eine Ersatzforderung zu, die
BGE 123 III 152 S. 159
"dem Anteil des Beitrages" entspricht; was hinsichtlich der auf die Hypothek entfallenden Wertveränderungen darunter zu verstehen ist, ist umstritten. Nach der einen Auffassung rechtfertigt das Zusammenwirken beider Gütermassen eines Ehegatten eine anteilsmässige Verteilung von Mehr- und Minderwerten auf die Gütermassen (HAUSHEER, a.a.O., N. 30 zu
Art. 209 ZGB
; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 61 und 65 zu
Art. 196 ZGB
; PIOTET, a.a.O., S. 54 f., der sowohl eine anteilsmässige Aufteilung der Hypothek als auch der damit verbundenen Mehr- und Minderwerte befürwortet). Im Unterschied dazu lehnt ein anderer Teil der Literatur eine proportionale Verteilung der auf die Drittfinanzierung entfallenden Mehr- oder Minderwerte auf die beteiligten Gütermassen ab und fordert eine ungeteilte Zuordnung dieser Wertveränderungen zu derjenigen Vermögensmasse, der das Investitionsobjekt angehört (SUZETTE SANDOZ, Régime matrimonial de la participation aux acquêts, Acquisition d'un bien à crédit avec constitution de gage, ZBGR 76 [1995], S. 204; grundsätzlich auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 258 ff.). Andere Autoren wiederum möchten zumindest für den Fall von "zufälligen Lösungen" eine proportionale Aufteilung auf die beteiligten Gütermassen vorbehalten (HINDERLING/STECK, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 4. Auflage, Zürich 1995, S. 224 f., Fn. 30a; ELISABETH ESCHER, Wertveränderung und eheliches Güterrecht, Diss. Bern 1989, S. 56 f.).
Aus verschiedenen Gründen ist der Begriff "Anteil des Beitrages" im Sinn von
Art. 209 Abs. 3 ZGB
so auszulegen, dass der auf eine Hypothek entfallende Mehr- bzw. Minderwert proportional auf das Eigengut und die Errungenschaft eines Ehegatten zu verteilen ist. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass eine einseitige Massezuordnung der auf eine Hypothek entfallenden Gewinne unter Umständen zu stossenden Ergebnissen führen könnte, wie die in der Literatur erwähnten Beispiele zeigen (z.B. PIOTET, a.a.O., S. 54 f.); dies gilt umso mehr, als die Zuordnung eines Vermögenswertes zu einer Gütermasse nach dem Kriterium des wirtschaftlichen Schwergewichtes von Zufälligkeiten abhängen kann. Zu beachten ist sodann, dass es im Anwendungsbereich von
Art. 209 Abs. 3 ZGB
im Belieben des betreffenden Ehegatten liegt, wie er seine Vermögensmassen an der Finanzierung beteiligen will, was für die Partizipation des anderen Ehegatten an allfälligen Mehr- oder Minderwerten über seine Beteiligung am Vorschlag von ausschlaggebender Bedeutung ist, ohne dass dieser darauf Einfluss nehmen könnte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass im Bereich von
Art. 209 ZGB
- im
BGE 123 III 152 S. 160
Unterschied zu den Verhältnissen im Rahmen von
Art. 206 ZGB
- das ganze Vermögen des gleichen Ehegatten für die Hypotheken haftet, weshalb sich auch eine anteilsmässige Aufteilung von Wertveränderungen auf die beteiligten Gütermassen rechtfertigt (HAUSHEER, a.a.O., N. 30 zu
Art. 209 ZGB
). Schliesslich sieht
Art. 209 Abs. 3 ZGB
eine zweiseitig variable Ersatzforderung mit Mehr- und Minderwertbeteiligung vor, während im Gegensatz dazu im Bereich von
Art. 206 Abs. 1 ZGB
die Forderung beim Eintritt eines Minderwertes dem ursprünglichen Betrag entspricht und nur für allfällige Mehrwerte eine Gewinnbeteiligung vorgesehen ist; auch dies spricht im Anwendungsbereich von
Art. 209 Abs. 3 ZGB
für eine Gleichbehandlung der beteiligten Gütermassen in bezug auf die Verteilung der auf die Drittfinanzierung entfallenden Mehr- oder Minderwerte. Aus diesen Gründen rechtfertigt es sich, beim Zusammenwirken zweier Gütermassen eines Ehegatten den auf eine Hypothek entfallenden Mehr- bzw. Minderwert proportional auf die beteiligten Gütermassen zu verteilen; zum gleichen Ergebnis führt eine Berechnung der Ersatzforderung nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
, die vom Nettowert der Liegenschaft - d.h. vom Wert minus hypothekarische Belastung - ausgeht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 61 zu
Art. 196 ZGB
).
c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Liegenschaft GB Nr. X. zum Eigengut des Beklagten gehört und zu ihrem Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt von Fr. 675'000.-- in der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu berücksichtigen ist. Gegenüber dem Eigengut des Beklagten haben die Errungenschaft der Klägerin und diejenige des Beklagten nach Art. 206 Abs. 1 bzw.
Art. 209 Abs. 3 ZGB
gesamthaft eine Ersatzforderung von Fr. 210'000.-- für die zwischen 1972 und 1987 vorgenommenen wertvermehrenden Investitionen (E. 6a). Weiter ist das Eigengut des Beklagten gemäss
Art. 209 Abs. 2 ZGB
mit der Hypothek von Fr. 110'000.-- belastet (E. 6b/aa). Schliesslich steht der Errungenschaft des Beklagten für das beim Erwerb bereitgestellte Eigenkapital eine variable Ersatzforderung nach
Art. 209 Abs. 3 ZGB
am verbleibenden Nettowert der Eigengutsliegenschaft von Fr. 355'000.-- (Fr. 675'000.-- minus Fr. 210'000.-- minus Fr. 110'000.--) zu. Daran partizipieren Errungenschaft und Eigengut nach Massgabe ihrer Beteiligung am Liegenschaftserwerb mit Fr. 30'000.-- und Fr. 171'000.--, d.h. im Verhältnis von 14,91% zu 85,09% (vgl. E. 6b/bb). Der Errungenschaft des Beklagten steht somit eine Ersatzforderung von gerundet Fr. 52'946.-- zu. Die den Errungenschaften der Parteien zustehenden
BGE 123 III 152 S. 161
Ersatzforderungen von Fr. 210'000.-- und Fr. 52'946.-- bilden nach
Art. 210 Abs. 1 ZGB
den Vorschlag, der sich somit auf Fr. 262'946.-- beläuft. Gemäss
Art. 215 Abs. 1 ZGB
steht jedem Ehegatten die Hälfte des Vorschlags zu, d.h. Fr. 131'473.--. Das Kantonsgericht hat daher die güterrechtliche Auseinandersetzung zutreffend vorgenommen, weshalb die Berufung auch in diesem Punkt abzuweisen ist.