Urteilskopf
125 II 152
14. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Februar 1999 i.S. Kanton St. Gallen gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (staatsrechtliche Klage)
Regeste
Art. 83 lit. a OG
; Abgrenzung der eidgenössischen und der kantonalen Kompetenzen bei der Zulassung von Geldspielautomaten.
Eintretensvoraussetzungen im Verfahren der staatsrechtlichen Klage, zulässige Rügen und Begehren, Kognition des Bundesgerichtes (E. 1-3). Der Bundesrat hat durch den Erlass der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung nicht in die kantonale Zuständigkeit eingegriffen. Es besteht kein Anspruch der Kantone auf Weiterführung der bisherigen Praxis der Homologation von Geschicklichkeitsspielautomaten, die sich als bundesrechtswidrig erweist (E. 4 u. 5). Kostenfolgen des bundesgerichtlichen Verfahrens (E. 6).
A.-
Nach
Art. 35 BV
in der Fassung vom 14. Dezember 1927/7. Dezember 1958 und dem Bundesgesetz über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929 (SBG, SR 935.52) sind Spielbanken - das heisst Unternehmen, die Glücksspiele betreiben - grundsätzlich verboten. Ausnahmsweise können die Kantonsregierungen den Betrieb des Boulespiels in Kursälen bewilligen (
Art. 35 Abs. 2 BV
,
Art. 5 SBG
, Art. 1 der Verordnung über den Spielbetrieb in Kursälen vom 1. März 1929, SR 935.53), doch bedürfen solche Bewilligungen der bundesrätlichen Genehmigung (
Art. 35 Abs. 4 BV
, Art. 1 Abs. 4 der genannten Verordnung). Die Regelung über Geschicklichkeitsspiele mit Gewinnmöglichkeit belässt das Bundesrecht dagegen seit jeher den Kantonen. Das Aufstellen von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten gilt nach
Art. 3 Abs. 1 SBG
dann als Geschicklichkeitsspiel und nicht als Glücksspiel, wenn der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Den Entscheid darüber, welche Apparate als Geschicklichkeitsautomaten gelten können und welche dem Glücksspiel dienen, trifft gemäss
Art. 3 Abs. 2 SBG
das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement.
Durch den neuen Art. 35 der Bundesverfassung, der in der eidgenössischen Abstimmung vom 7. März 1993 angenommen wurde, aber noch nicht in Kraft gesetzt worden ist, wird das Spielbankenverbot aufgehoben und die Gesetzgebung über die Errichtung und den Betrieb von Spielbanken einschliesslich Glücksspielautomaten mit Geldgewinn dem Bund übertragen. Nach
Art. 35 Abs. 4 BV
bleibt die Zulassung von Geschicklichkeitsspielautomaten der kantonalen Gesetzgebung vorbehalten.
B.-
Die Vorarbeiten für die Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel wurden 1993 an die Hand genommen. Im Jahre 1995 ging ein erster Gesetzesentwurf in Vernehmlassung, wurde aber in der Folge durch ein neues Konzept ersetzt. Am 24. April 1996 gelangte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement angesichts der seit Annahme des Verfassungsartikels eingetretenen Entwicklung - es waren inzwischen zahlreiche neue Bewilligungsgesuche für Kursäle mit Boulespiel und Geldspielautomaten eingegangen - mit einem Orientierungsschreiben an
BGE 125 II 152 S. 154
die Kantone. In diesem wurde ausgeführt, der Bundesrat befürchte, dass das ganze Glücksspielwesen ausser Kontrolle geraten und die Spielbankengesetzgebung präjudiziert werden könnte. Die Landesregierung habe daher eine Lageanalyse vorgenommen und sei zum Schluss gelangt, dass die bisherige sehr liberale Praxis der Genehmigung kantonaler Kursaalbewilligungen und der Homologierung sogenannter Geschicklichkeitsspielautomaten einer grundsätzlichen Überprüfung bedürfe. Der erwähnten Präjudizierung solle dadurch begegnet werden, dass bis auf weiteres keine neuen kantonalen Boulespielbewilligungen mehr genehmigt würden; die Zulassungspraxis auf dem Gebiet der Geldspielautomaten werde überprüft.
C.-
Im Kanton St. Gallen ist nach Art. 4 lit. a des kantonalen Gesetzes über Spielgeräte und Spiellokale vom 6. Juni 1982 (kantonale Gesetzessammlung 554.3) die Verwendung von Spielgeräten, die Geld oder geldwerte Gegenstände als Gewinn abgeben, verboten. Dieses generelle Verbot wurde vom Grossen Rat im Anschluss an die Änderung von
Art. 35 BV
in Frage gestellt und die Regierung im Mai 1995 mit der Überarbeitung des kantonalen Gesetzes beauftragt. Nach der parlamentarischen Motion sollte das Verbot von Geldspielautomaten in dem Sinne gelockert werden, dass solche Apparate inskünftig in Kursälen mit Boulespiel - insbesondere im Kursaal Bad Ragaz als bisher einzigem Kursaal auf Kantonsgebiet - ebenfalls betrieben werden könnten.
Am 11. Juni 1996 erteilte die St. Galler Regierung dem Seerestaurant in Rorschach eine Bewilligung zum Boulespiel, eine weitere wurde am 27. August 1996 der Überbauung «Adlerberg» in St. Gallen gewährt. Beide Bewilligungen fielen jedoch unter das vom Bundesrat im April 1996 beschlossene Genehmigungsmoratorium.
Am 18. März 1997 legte die St. Galler Regierung die Botschaft und den Entwurf zu einem Nachtragsgesetz zum Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale vor. Der Entwurf sieht vor, dass die Inhaber von Kursälen mit Boulespielbewilligung auch Geschicklichkeitsspiele mit Gewinnmöglichkeiten betreiben dürfen; darüber hinaus können Bewilligungen für Geschicklichkeitsspiele an Gesuchsteller erteilt werden, welche im gleichen Gebäude eine vielseitige Unterhaltung auf Dauer anbieten, die den Tourismus fördern kann. In ihrer Botschaft zum Gesetzesentwurf hielt die Regierung fest, der Bund wolle durch eine Änderung der bisherigen Homologierungspraxis die zur Zeit in zahlreichen Kantonen zugelassenen Geschicklichkeitsspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit neu als Glücksspielgeräte qualifizieren. Dadurch würde auf kaltem Wege
BGE 125 II 152 S. 155
die bisherige Zuständigkeit der Kantone im Bereich der Geschicklichkeitsspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit ausgehöhlt. Sollte der Bund die beabsichtigte Neuhomologierung gegen den Widerstand der Kantone durchsetzen, könnten die heutigen Geschicklichkeitsspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit unter der Geltung des künftigen Bundesrechts voraussichtlich nur noch als Glücksspielgeräte in vom Bund bewilligten Spielbanken betrieben werden. Bei der Bewerbung um künftige Spielbankenbewilligungen des Bundes würden Betriebe und Standorte einen faktischen Vorteil geniessen, die bereits über dannzumal altrechtliche kantonale Bewilligungen für Geschicklichkeitsspielgeräte verfügten. Da der Kanton St. Gallen dabei nicht zurückstehen wolle, rechtfertige es sich nicht, das geltende kantonale Verbot von Spielautomaten weiter aufrechtzuerhalten.
D.-
Im Anschluss an die Vorlage der Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbanken im Februar 1997 wandte sich der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes mit Schreiben vom 27. Juni 1997 erneut an die Kantone. Er wies auf das vom Bundesrat beschlossene Moratorium für die Genehmigung kantonaler Boulespielbewilligungen hin und stellte fest, in einigen Kantonen seien Tendenzen erkennbar, diese Massnahme zu unterlaufen. Solche Bestrebungen liefen der Übereinkunft von Bund und Kantonen zuwider, wonach für das Glücksspiel eine gemeinsame ganzheitliche Regelung zu treffen sei. Was die Geldspielautomaten anbelange, so sei im Rahmen des Moratoriumsbeschlusses eine eingehende Überprüfung der Homologationspraxis angeordnet worden, wobei sich schon heute zeige, dass die Praxis geändert werden müsse. Wer sich daher nicht diesem Beschluss entsprechend verhalte, tue dies auf eigenes Risiko.
E.-
Der Grosse Rat des Kantons St. Gallen stimmte dem Nachtragsgesetz zum kantonalen Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale am 27. November 1997 zu. Die Gesetzesänderung sollte am 1. Januar 1998 in Kraft treten. Da jedoch gegen das Nachtragsgesetz das Referendum ergriffen wurde, setzte die Regierung die Volksabstimmung auf den 7. Juni 1998 fest.
F.-
Am 22. April 1998 erliess der Bundesrat eine Verordnung über Geldspielautomaten (Geldspielautomatenverordnung, GSAV; SR 935.522, AS 1998 S. 1518), die er am selben Tag in Kraft setzte. In dieser Verordnung werden die Geldspielautomaten - Glücksspielautomaten einerseits und Geschicklichkeitsspielautomaten andererseits - sowie die Jackpotsysteme umschrieben, wobei Art. 2
BGE 125 II 152 S. 156
Abs. 3 für die Geschicklichkeitsspielautomaten verlangt, dass die spielentscheidenden Phasen von der Spielerin oder dem Spieler gesteuert werden und die Entscheidung über Gewinn und Verlust in unverkennbarer Weise von der Geschicklichkeit der Spielerin oder des Spielers abhängen muss. Im Weiteren werden die Prüfung der Automaten durch das Bundesamt für Polizeiwesen und das Entscheidverfahren vor dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement geregelt (Art. 5 bis 8 GSAV).
In den Schlussbestimmungen der Verordnung wird Folgendes festgelegt:
«Art. 9: Bisherige Homologationen und hängige Gesuche
1 Die vom Departement für Geldspielautomaten und Jackpotsysteme erteilten Homologationen verlieren mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung ihre Gültigkeit.
2 Homologationsgesuche, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung eingereicht wurden, sind nach den Artikeln 1-8 dieser Verordnung zu beurteilen.
Art. 10: Bereits in Betrieb stehende Geldspielautomaten und Jackpotsysteme
Homologierte Geldspielautomaten und Jackpotsysteme, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung bereits in einem Kursaal im Sinne der Verordnung vom 1. März 1929 über den Spielbetrieb in Kursälen, in einem Spielsalon oder in einer Gaststätte in Betrieb waren, sind vom Erlöschen der Gültigkeit der bisherigen Homologation nach Artikel 9 Absatz 1 nicht betroffen. Sie können im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen an ihrem bisherigen Standort und in bisherigem Umfang weiter betrieben werden.»
Die Verordnung gilt gemäss Art. 13 bis zum Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über das Glücksspiel und die Spielbanken und insbesondere dessen eigene Übergangsbestimmungen. Sie ist den Kantonen mit Schreiben des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 22. April 1998 und den interessierten Branchenverbänden und Unternehmen mit Brief des Bundesamtes für Polizeiwesen vom gleichen Tage bekanntgegeben worden. Die Veröffentlichung erfolgte in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts vom 2. Juni 1998 (AS 1998 II S. 1518).
In seinem den neuen Erlass begleitenden Schreiben wies der Departementsvorsteher darauf hin, dass in der Verordnung die seit längerem angekündigte Änderung der Homologationspraxis verankert sei, welche die Begriffsdefinitionen von Glücks- und Geschicklichkeitsspiel wieder in bessere Übereinstimmung mit Verfassung
BGE 125 II 152 S. 157
und Gesetz bringe. Dies habe unter anderem zur Folge, dass keine Geldspielautomaten mehr gemäss bisheriger Praxis homologiert werden könnten und keine nach bisheriger Praxis homologierte Geldspielautomaten mehr an neuen Standorten in Betrieb genommen werden könnten. Die Eröffnung reiner Automatencasinos ohne eine durch den Bund genehmigte Boulespielbewilligung sei damit nicht mehr möglich.
G.-
Angesichts der sofort in Kraft gesetzten eidgenössischen Übergangsregelung beschloss die St. Galler Regierung am 28. April 1998, die Volksabstimmung über das Nachtragsgesetz zum kantonalen Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale bis auf weiteres zu verschieben. Gleichzeitig wandte sie sich mit einem Schreiben an den Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, in welchem sie ihr Erstaunen und Unverständnis gegenüber dem Vorgehen des Bundesrates ausdrückte.
Am 19. Mai 1998 fand eine Aussprache zwischen einer Delegation der St. Galler Regierung und von Parlamentariern einerseits und dem Vorsteher sowie weiteren Vertretern des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes andererseits statt. An dieser legte die St. Galler Vertretung den Bundesbehörden einen neu formulierten Text der Verordnungs-Übergangsbestimmungen vor, gemäss welchem gewissen Kantonen unter bestimmten Voraussetzungen noch die Inbetriebnahme einer beschränkten Anzahl bereits homologierter Automaten erlaubt werden könnte. Dem Vorschlag wurde jedoch keine Folge gegeben.
H.-
Die St. Galler Regierung hat am 30. September 1998 namens des Kantons St. Gallen gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft gestützt auf
Art. 83 lit. a OG
staatsrechtliche Klage mit folgenden Anträgen erhoben:
«1. Feststellungsanträge
1.1.
Es sei festzustellen, dass die Beklagte mit dem Erlass von
Art. 9 und 10 GSAV
in die Kompetenz des Klägers im Bereich der Geldspielautomaten eingegriffen hat.
1.2.
Insbesondere sei festzustellen, dass die Beklagte beim Erlass von
Art. 9 und 10 GSAV
verfassungsrechtlich gebotene sachgerechte Differenzierungen unterliess und dadurch ihre Kompetenzen im Bereich der Geldspielautomaten willkürlich von den Kompetenzen des Klägers im gleichen Bereich abgegrenzt hat: in einer Weise, die eine rechtsungleiche Behandlung der Kantone bewirkt und den Kläger benachteiligt.
2. Aufhebungs- und Gestaltungsanträge
2.1.
Art. 9 und 10 GSAV
seien aufzuheben. Die Beklagte sei einzuladen,
Art. 9 und 10 GSAV
im Sinn der Erwägungen neu zu erlassen.
2.2.
Bis dahin sei die GSAV ausser Kraft zu setzen.
3. Kosten- und Entschädigungsantrag
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.»
Auf die Klagebegründung wird in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
I.-
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellt namens des Bundesrates bzw. der Eidgenossenschaft den Antrag, auf die staatsrechtliche Klage sei nicht einzutreten; eventuell sei die Klage abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Dem Kanton St. Gallen ist in sinngemässer Anwendung von
Art. 93 Abs. 2 OG
Gelegenheit gegeben worden, seine Klage zu ergänzen. Die Eidgenossenschaft hat sich zu den ergänzenden Bemerkungen nochmals geäussert.
K.-
Die Eidgenössischen Räte haben am 18. Dezember 1998 dem Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken zugestimmt (vgl. BBl 1998 S. 5726). Dieses sieht in Art. 60 vor, dass nach bisheriger Praxis homologierte Geschicklichkeitsspielautomaten, die nach der neuen Gesetzgebung als Glücksspielautomaten gelten, nur noch in Grands Casinos und Kursälen betrieben werden dürfen. An anderen Orten können je höchstens fünf bereits installierte Automaten während einer Übergangsfrist von fünf Jahren in Betrieb bleiben, sofern sie bereits vor dem 1. November 1997 in Betrieb waren.
Das Bundesgesetz untersteht dem fakultativen Referendum. Über das Inkrafttreten bestimmt der Bundesrat.
Aus den Erwägungen:
1.
Nach
Art. 113 Abs. 1 Ziff. 1 BV
und
Art. 83 lit. a OG
beurteilt das Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Klage Kompetenzkonflikte zwischen Bundesbehörden einerseits und kantonalen Behörden andererseits. Der Kanton St. Gallen hat seine Klage im Anschluss an den Erlass der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung und die nachfolgenden fruchtlosen Bemühungen um eine Verordnungsänderung erhoben. In der Klage wird geltend gemacht, mit der Verordnung und der durch diese eingeleitete
BGE 125 II 152 S. 159
Änderung der Homologationspraxis werde in kantonale Zuständigkeiten eingegriffen, die der Kläger durch das Nachtragsgesetz zum kantonalen Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale habe ausüben wollen. Tatsächlich ist dieses Nachtragsgesetz, das eine beschränkte Zulassung von nach alter Praxis homologierten Geldspielautomaten vorsieht, vom Grossen Rat verabschiedet und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt worden. Die Kompetenzstreitigkeit ist somit konkreter und aktueller Natur und das vom Kanton St. Gallen ergriffene Rechtsmittel grundsätzlich zulässig (vgl.
BGE 103 Ia 333
E. 2;
BGE 117 Ia 202
E. 1b, je mit Hinweisen).
Der Bundesrat wendet allerdings gegen ein Eintreten auf die Klage ein, da die eidgenössische Verordnung mit keiner geltenden kantonalen Norm kollidiere, könne gar kein aktueller und konkreter Kompetenzkonflikt gegeben sein. Weiter sei die Umsetzung der kantonalen Gesetzesvorlage auch nach Erlass der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung nicht ausgeschlossen, da ja den Kantonen die Bewilligung echter Geschicklichkeitsspiele weiterhin erlaubt sei. Im Übrigen berühre der behauptete Konflikt die Kompetenzen des Klägers schon deshalb nicht, weil dieser nach geltender Zuständigkeitsordnung erst nach der vom Bund vorgenommenen Homologierung der Spielautomaten über deren Inbetriebnahme entscheiden könne; durch die Änderung der Homologationspraxis werde die Erteilung von Betriebsbewilligungen nicht betroffen.
Diese Einwände ändern jedoch an der Existenz des dem Bundesgericht vorgelegten Konflikts nichts. Ein Kompetenzkonflikt kann nicht nur gegeben sein, wenn beide Seiten auf einem bestimmten Gebiet Recht setzen oder gesetzt haben, sondern auch dann, wenn sie sich zur Rechtsetzung anschicken und entsprechende Verfahren eingeleitet haben (
BGE 103 Ia 329
E. 2a;
BGE 65 I 114
E. 1). Im vorliegenden Fall hat, wie geschildert, der Bundesrat mit seiner im April 1998 erlassenen Verordnung eine Materie geregelt, für die im Kanton St. Gallen ebenfalls ein Gesetzgebungsverfahren im Gange war. Ob dadurch die Kompetenzordnung verletzt worden sei, ist Sache der materiellen Beurteilung, nicht Eintretensfrage.
Auf die vom Kanton St. Gallen eingereichte staatsrechtliche Klage ist somit dem Grundsatze nach einzutreten. Zu prüfen bleibt, inwieweit auf die einzelnen Anträge und Vorbringen eingegangen werden kann.
2.
Der Kläger stellt nicht nur Antrag auf Aufhebung von Art. 9 und 10 der Geldspielautomatenverordnung, sondern ersucht gleichzeitig um Feststellung, dass die beiden Bestimmungen verfassungswidrig
BGE 125 II 152 S. 160
und mit der Kompetenzordnung unvereinbar seien. Feststellungsbegehren sind zwar im staatsrechtlichen Klageverfahren an sich zulässig (vgl.
BGE 117 Ia 202
E. 1b S. 207, mit Hinweisen), doch gilt auch in diesem Verfahren die Voraussetzung, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung haben muss, das er nicht durch ein Gestaltungs- oder Leistungsbegehren wahrnehmen kann. Den hier neben dem Gestaltungsbegehren gestellten Feststellungsanträgen kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu.
3.
Ob der Bundesrat durch den Erlass von Art. 9 und 10 der Verordnung über die Geldspielautomaten in die kantonale Zuständigkeit eingegriffen habe, prüft das Bundesgericht frei. Nicht zu untersuchen ist dagegen, ob die beanstandeten Bestimmungen allgemein mit der Verfassung in Einklang stünden. Die Frage, ob der Bund von seiner Rechtsetzungskompetenz in der richtigen Art und Weise Gebrauch gemacht habe, kann nur insofern Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein, als in der unrichtigen Kompetenzausübung ein Übergriff in kantonale Zuständigkeiten liegen könnte, nicht dagegen insoweit, als andere Verfassungsgrundsätze verletzt sein könnten (vgl.
BGE 117 Ia 202
E. 2b; 221 E. 1b, je mit Hinweisen). Insbesondere ist hier nicht erheblich, ob die getroffene Übergangslösung mit den verfassungsmässigen Individualrechten vereinbar sei oder vor weiteren verfassungsmässigen Prinzipen - wie dem Legalitätsprinzip und dem Gebot der Verhältnismässigkeit - standhalte. Ebenso wenig kann das Bundesgericht über die Angemessenheit und die politische Opportunität der getroffenen Lösung befinden (vgl. WILHELM BIRCHMEIER, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, S. 287 f.).
4.
Der Kanton St. Gallen weist in seiner Klage auf die jahrzehntelange Homologationspraxis hin, wonach eine für den Gesamtverlauf des Spiels unwesentliche Geschicklichkeitsphase ausgereicht habe, damit ein Geldspielautomat als Geschicklichkeitsspielautomat qualifiziert worden sei. Demnach seien die Kantone zuständig gewesen, auch für Spielautomaten, die nicht als reine Geschicklichkeitsspielautomaten gelten könnten, Betriebsbewilligungen zu erteilen. Diese seit langem bestehende Kompetenzaufteilung, welche im neuen
Art. 35 Abs. 4 BV
übernommen worden sei, sei nun durch die Neudefinition der Glücksspielautomaten in der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung geändert und die bisher von den Kantonen ausgeübte Kompetenz auf den Bund übertragen worden. Jedenfalls werde die den Kantonen zustehende Befugnis zur Bewilligung
BGE 125 II 152 S. 161
von Spielautomaten durch die eidgenössische Verordnung ihres wirtschaftlichen Gehalts beraubt und damit bedeutungslos. Die Kantone hätten aber gemäss dem neuen
Art. 35 Abs. 4 BV
, der die bisherige Praxis festschreibe, und aufgrund des Gebotes der Bundestreue einen Anspruch darauf, dass ihnen auf dem Gebiet der Spielautomaten eine wirtschaftlich bedeutsame Bewilligungskompetenz verbleibe.
a) Hiezu ist vorweg festzuhalten, dass die Vereinbarkeit der Geldspielautomatenverordnung mit der bundesrechtlichen Kompetenzordnung aufgrund von
Art. 35 BV
in der Fassung vom 14. Dezember 1927/7. Dezember 1958 und den Bestimmungen des Spielbankengesetzes vom 1. März 1929 zu beurteilen ist. Der neue
Art. 35 Abs. 4 BV
und das von den Eidgenössischen Räten am 18. Dezember 1998 beschlossene Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken stehen noch nicht in Kraft, und die umstrittene Verordnung ist ja gerade als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des neuen Verfassungs- und Gesetzesrechts geschaffen worden.
b)
Art. 35 BV
in der bisherigen Fassung spricht wie dargelegt ein grundsätzliches Verbot von Spielbanken aus und äussert sich nicht zu den Geschicklichkeitsspielen. Nach Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Spielbanken von 1929 gilt als - verbotene - Spielbank jede Unternehmung, die Glücksspiele betreibt. Als Glücksspiele bezeichnet das Gesetz diejenigen Spiele, bei welchen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht steht, der ganz oder vorwiegend vom Zufall abhängt (
Art. 2 Abs. 2 SBG
). Weiter gilt nach
Art. 3 Abs. 1 SBG
das Aufstellen von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten als Glücksspielunternehmung, sofern nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Aus diesen Umschreibungen ergibt sich, dass nach bisheriger Bundesgesetzgebung jene Apparate als Geschicklichkeitsspielautomaten zu betrachten sind, bei denen der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Die Bewilligung allein solcher Automaten wird durch die geltende eidgenössische Gesetzgebung nicht geregelt und ist daher den Kantonen überlassen (vgl.
BGE 97 I 748
E. 6).
Art. 2 Abs. 3 der vom Kläger beanstandeten Geldspielautomatenverordnung beschreibt den Geschicklichkeitsspielautomat als Automat oder ähnlichen Apparat, der gegen Leistung eines Einsatzes ein Geschicklichkeitsspiel anbietet und bei dem die spielentscheidenden Phasen von der Spielerin oder dem Spieler gesteuert werden; die Entscheidung über Gewinn und Verlust muss in unverkennbarer
BGE 125 II 152 S. 162
Weise von der Geschicklichkeit der Spielerin oder des Spielers abhängen. Diese Definition stimmt mit den Umschreibungen im Spielbankengesetz und der durch diese vorgezeichneten Kompetenzabgrenzung überein. Der Kanton St. Gallen behauptet denn auch nicht, dass
Art. 2 Abs. 3 GSAV
den bundesgesetzlichen Rahmen sprenge, und stellt kein Begehren um dessen Aufhebung. Lässt sich aber
Art. 2 Abs. 3 GSAV
ohne weiteres mit den massgebenden Gesetzesbestimmungen vereinbaren, so kann die vom Kläger beanspruchte Zuständigkeit zur Bewilligung von Geldspielautomaten, die der gesetzlichen Definition von Geschicklichkeitsspielautomaten nicht entsprechen, jedenfalls nicht aus der geltenden Rechtsordnung hergeleitet werden.
c) Wie dargelegt beruft sich der Kanton St. Gallen auf die jahrzehntelange Praxis des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, nach welcher eine für den Gesamtverlauf des Spiels unwesentliche Geschicklichkeitsphase ausreichte, um einen Geldspielautomaten als Geschicklichkeitsspielautomaten zu homologieren. Diese Praxis stand - wie sich aus dem Gesagten ergibt und der Bundesrat in seiner Botschaft zum neuen Bundesgesetz sinngemäss selbst einräumt (Botschaft zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbanken vom 26. Februar 1997, BBl 1997 III 149 ff., 159) - mit dem Spielbankengesetz im Widerspruch. Es kann sich daher hier nur fragen, ob sich aus der nun als rechtswidrig erkannten Praxis, die zur Folge hatte, dass die kantonale Kompetenz über den gesetzlichen Rahmen hinaus ausgeübt werden konnte, ein Anspruch der Kantone gegenüber dem eidgenössischen Gesetz- und Verordnungsgeber auf Weiterbehandlung wider die Rechtsordnung und Gewährleistung der «überschiessenden» Zuständigkeit entstanden ist. Dies ist offensichtlich nicht der Fall.
aa) Der Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes darüber, dass ein bestimmter Geldspielautomat als Geschicklichkeitsspielgerät gelten kann, die sog. Homologation, ergeht in Form einer Verfügung. Beim Erlass gleichartiger Verfügungen, die auf ähnlichen Sachverhalten beruhen und in Anwendung der gleichen Rechtsnormen ergehen, hat die Behörde nach einheitlichen, über den Einzelfall hinaus gültigen Kriterien vorzugehen, mit anderen Worten eine Praxis zu bilden. Eine Praxis ist indes nicht unwandelbar, sondern muss sogar geändert werden, wenn die Behörde zur Einsicht gelangt, dass das Recht bisher unrichtig angewendet worden ist oder eine andere Rechtsanwendung dem Sinne des Gesetzes oder veränderten Verhältnissen besser entspricht. Die Praxisänderung
BGE 125 II 152 S. 163
muss sich jedoch auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung praktiziert worden ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, steht eine Praxisänderung weder mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit noch der Rechtsgleichheit im Widerspruch, obschon jede Änderung der bisherigen Rechtsanwendung zwangsläufig mit einer Ungleichbehandlung der früheren und der neuen Fälle verbunden ist (vgl. zum Ganzen ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. A. 1998, S. 103 f., FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, S. 158, THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, N. 5 zu Art. 51, EUGEN WETTSTEIN, Die Praxisänderung im Verwaltungsrecht, Diss. Zürich 1983, S. 6 ff.; vgl. zur Praxisänderung durch Gerichte:
BGE 122 I 57
E. 3c/aa;
BGE 122 V 125
E. 4;
BGE 120 II 137
E. 3f, je mit Verweisungen).
Besteht aber gegenüber der rechtsanwendenden Verwaltungsbehörde kein Recht auf Beibehaltung einer als rechtswidrig oder als unzweckmässig erkannten Praxis, so kann ein solcher Anspruch auch nicht gegenüber der Aufsichtsinstanz erhoben werden, die - wie hier - die überholte Praxis als Verordnungsgeber auf dem Wege der Normsetzung korrigiert. Die Tatsache, dass durch die Änderung in bisher ausgeübte Rechte und vor allem wirtschaftliche Interessen eingegriffen wird, ändert an deren Zulässigkeit nichts. Übrigens bestreitet der Kanton St. Gallen nicht, dass es ernsthafte und sachliche Gründe für eine Praxisänderung bei der Homologierung der Geldspielautomaten gibt, und räumt ein, dass berechtigterweise Massnahmen ergriffen worden sind, um eine Präjudizierung der laufenden Spielbankengesetzgebung zu verhindern. Es kann daher offen bleiben, inwieweit der Kanton dem eidgenössischen Verordnungsgeber im Verfahren nach
Art. 83 lit. a OG
überhaupt vorwerfen könnte, er habe eine als rechtswidrig erkannte Praxis ohne genügenden Anlass geändert.
bb) In der Klage wird zur Begründung des Anspruchs auf Fortsetzung der bisherigen Bewilligungspraxis auf das Prinzip der Bundestreue verwiesen, das dem Bund zurückhaltende Ausübung seiner Kompetenzen gebiete. Diesem Grundsatz kommt jedoch keine selbständige rechtliche Bedeutung zu. Bundestreue im hier geltend gemachten Sinn will heissen, dass Bund und Kantone zu gegenseitiger Achtung und Rücksichtnahme verpflichtet sind. In rechtlicher Hinsicht hält sich jedoch das Gebot der Rücksichtnahme
BGE 125 II 152 S. 164
innerhalb der Grenzen von Verfassung und Gesetz; insbesondere ergibt sich aus ihm keine Rechtspflicht zum positiven Handeln eines Partners zugunsten des anderen, sofern eine solche Pflicht nicht durch eine Rechtsnorm vorgesehen ist. Die Kantone können daher aus dem Grundsatz der Bundestreue gegenüber dem Bund kein Recht darauf herleiten, dass dieser ihnen einen bisher belassenen wirtschaftlichen Vorteil - gleichsam bestandesschutzmässig - weiterhin gewähren müsse. Auch schliesst die Bundestreue einen Zielkonflikt von Bundesrecht und kantonalem Recht zum Beispiel auf wirtschaftlichem Gebiet nicht aus (vgl.
BGE 111 Ia 303
E. 6c). Der Grundsatz stellt nicht mehr als eine besondere Ausgestaltung des an die Gemeinwesen gerichteten Gebotes dar, sich nicht nur ihren Bürgern gegenüber, sondern auch im gegenseitigen Verkehr jeden missbräuchlichen und widersprüchlichen Handelns zu enthalten (zum Begriff der Bundestreue vgl. PETER SALADIN, Kommentar zur Bundesverfassung, N. 24-36 zu
Art. 3 BV
, ALFRED KÖLZ, Bundestreue als Verfassungsprinzip? in: ZBl 81/1980 S. 145 ff., insbes. S. 167 ff.).
cc) Der Standpunkt des Klägers erwiese sich somit nur als richtig, wenn mit dem Erlass der Geldspielautomatenverordnung gegen die Verbote widersprüchlichen Verhaltens oder des Rechtsmissbrauchs - beide Ausflüsse aus dem Prinzip von Treu und Glauben (vgl. etwa HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O. N. 522) - verstossen worden wäre. Das trifft jedoch nicht zu.
Dass in der Änderung einer selbst langjährigen Praxis kein widersprüchliches Verhalten gesehen werden kann, wenn hiefür ernsthafte, sachliche Gründe vorliegen, ist bereits dargelegt worden. Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass der Bundesrat - wie der Kläger hervorhebt - im Vorfeld der Volksabstimmung über den neuen Verfassungsartikel versichert hat, dass über die Zulassung von Geschicklichkeitsspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit «wie bisher» die Kantone entscheiden würden. Damit ist keine Garantie für die Weiterführung der bisherigen Homologationspraxis abgegeben worden. Selbst wenn aber der Bundesrat im Jahre 1993 und noch später davon ausging, dass die Praxis einstweilen werde beibehalten werden können, war es ihm nicht verwehrt, der in den folgenden Jahren eintretenden Entwicklung und den veränderten Verhältnissen durch eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts Rechnung zu tragen. Er hat die in Aussicht genommene Änderung der Homologierungspraxis den Kantonen denn auch frühzeitig, erstmals durch Schreiben des Eidgenössischen Justiz- und
BGE 125 II 152 S. 165
Polizeidepartementes vom 24. April 1996, bekanntgegeben. Die St. Galler Regierung, die ihren Entwurf zu einem Nachtragsgesetz zum kantonalen Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale erst nach diesem Zeitpunkt - am 18. März 1997 - dem Grossen Rat unterbreitete (vgl. Sachverhalt lit. C), kann demnach dem Bundesrat kein widersprüchliches Verhalten vorwerfen.
Im Weiteren macht der Kläger selbst nicht geltend, dass der Bundesrat mit der Geldspielautomatenverordnung als Übergangslösung andere Zwecke verfolgt hätte, als die von ihm angegebenen, nämlich eine Entwicklung stoppen zu wollen, welche die Wirksamkeit der neu ausgearbeiteten gesetzlichen Regelung über die Geldspielgeräte gefährden könnte. Es kann somit auch von Rechtsmissbrauch nicht die Rede sein (vgl.
BGE 110 Ib 332
E. 3a).
5.
In der Klage wird weiter ausgeführt, selbst wenn man anerkennen würde, dass der Bund die Kompetenzabgrenzung im Bereich der Geldspielautomaten ändern dürfe, so hätte er dies in sachgerechter und differenzierter Weise tun müssen. Insbesondere hätte keine Übergangslösung getroffen werden dürfen, welche die «bundestreuen» Kantone, die sich an das bundesrätliche Moratorium gehalten hätten, benachteilige, während durch
Art. 10 GSAV
und die darin enthaltene Besitzstandgarantie gerade jene Kantone belohnt würden, die für den vom Bundesrat bekämpften «Missstand» verantwortlich seien. Anstelle der Schlussbestimmungen der GSAV, die eine Ungleichbehandlung der Kantone bewirkten, müsse eine angemessene Übergangsordnung geschaffen werden, die den sonst benachteiligten Kantonen zum Beispiel die Bewilligung eines «Restkontingents» bisher homologierter Geldspielautomaten und Jackpotsysteme erlaube.
Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch klar, dass der Bund durch den Erlass der Artikel 9 und 10 der Geldspielautomatenverordnung - nur diese Frage kann hier im Streite liegen - keine kantonalen Zuständigkeiten verletzt hat. Ist der Bund kompetent, auf dem Verordnungsweg eine Änderung der Homologationspraxis vorzunehmen, so ist er auch befugt, die Praxisänderung mit einer Übergangsregelung zu verbinden. Von dieser dürfen die Privaten, die noch während der alten Praxis und vor Ankündigung der Wende in Geschicklichkeitsspielautomaten investiert haben, erwarten, dass sie verhältnismässig sei und eine angemessene Übergangsfrist zur Amortisation der Kosten vorsehe (vgl.
BGE 106 Ia 191
E. 7;
BGE 107 Ib 89
E. 3b, s.a.
BGE 118 Ib 241
E. 5e S. 251). Dagegen können die Kantone, die bisher Geldspielautomaten verboten haben, nicht verlangen,
BGE 125 II 152 S. 166
dass das alte Regime zu ihren Gunsten in beschränktem Umfang weitergeführt werde, damit sie mit den übrigen Kantonen gleichziehen könnten. Ein solcher Anspruch ergibt sich entgegen der Meinung des Klägers auch nicht aus der Gleichheit der Kantone. Dieser Grundsatz bezieht sich allein auf die Stellung der Kantone als Gliedstaaten im Bundesstaat und bedeutet, dass die Kantone gleiche Kompetenzen, gleiche Rechte und Pflichten untereinander und im Verhältnis zum Bund haben (ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 4.A. 1998, N. 194; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Bd. I, N. 562-565). Aus diesem Prinzip der bundesstaatlichen Organisation kann der Kanton St. Gallen nichts für sich herleiten. Ebenso wenig vermag ihm das aus
Art. 4 BV
fliessende Gleichbehandlungsgebot zu helfen. Abgesehen davon, dass sich die Kantone im Rahmen eines Kompetenzkonfliktsverfahrens nicht auf verfassungsmässige Individualrechte berufen können (vgl. oben E. 2), liegt in einer Praxis- oder Gesetzesänderung, wie ebenfalls bereits dargelegt (E. 3c/aa), kein Verstoss gegen die Rechtsgleichheit, wenn auch für die Rechtsunterworfenen unterschiedliche Regelungen gelten je nachdem, ob der rechtlich erfasste Tatbestand für sie vor oder nach der Revision wirksam wird (
BGE 122 II 113
E. 2b, mit Hinweisen;
BGE 118 Ia 245
E. 5d S. 257 f.).
Da die bisherige Homologationspraxis wie gesehen nicht als bundesrechtskonform gelten kann, verlangt der Kanton St. Gallen im Grunde genommen nichts anderes als eine - nachträgliche - Gleichbehandlung im Unrecht. Eine solche könnte aber als Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmässigkeit nur in Betracht fallen, wenn die zuständige Behörde zu erkennen gäbe, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden werde (
BGE 122 II 446
E. 4a;
123 II 248
E. 3c, je mit Hinweisen). Eine Weiterführung der gesetzwidrigen Praxis hat hier aber der Bundesrat durch die Geldspielautomatenverordnung gerade unterbunden.
Ob schliesslich die vom Bundesrat getroffene Übergangsregelung wirtschafts- und sozialpolitisch angemessen sei, hat das Bundesgericht nicht zu untersuchen. Hängt die gesetzgeberische Lösung in weitem Mass von politischen Wertungen ab und geniesst daher der Gesetzgeber einen breiten Spielraum der Gestaltungsfreiheit, ist es weder im Klage- noch im Beschwerdeverfahren Sache des Bundesgerichts, sein Ermessen an die Stelle desjenigen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zu setzen (
BGE 122 II 113
E. 2b S. 118, mit Verweisungen).
Den Begehren des Klägers kann somit nicht entsprochen werden.
6.
Praxisgemäss ist in Verfahren gemäss
Art. 83 lit. a OG
von einer Kostenerhebung und der Zusprechung von Parteientschädigungen abzusehen.