Urteilskopf
129 V 472
73. Auszug aus dem Urteil i.S. C. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (U 35/00) und Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen C. (U 47/00) und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
U 35/00 + U 47/00 vom 28. August 2003
Regeste
Art. 18 Abs. 2 UVG
: Ermittlung des Invalideneinkommens gestützt auf Lohnangaben aus der Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA).
Das Abstellen auf DAP-Löhne setzt voraus, dass, zusätzlich zur Auflage von mindestens fünf DAP-Blättern, Angaben gemacht werden über die Gesamtzahl der auf Grund der gegebenen Behinderung in Frage kommenden dokumentierten Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den Durchschnittslohn der entsprechenden Gruppe. Allfällige Einwendungen der versicherten Person bezüglich des Auswahlermessens und der Repräsentativität der DAP-Blätter im Einzelfall sind grundsätzlich im Einspracheverfahren zu erheben. Ist die SUVA nicht in der Lage, den erwähnten verfahrensmässigen Anforderungen zu genügen, kann nicht auf den DAP-Lohnvergleich abgestellt werden.
Bei der Ermittlung des Invalideneinkommens gestützt auf DAP-Profile sind Abzüge vom System der DAP her nicht sachgerecht und nicht zulässig.
A.-
Der 1942 geborene C. arbeitete bei der Firma U. als Werkstatt-Schweisser und war in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 6. März 1990 stürzte er bei der Arbeit von einer Kiste auf die rechte Hand. Er zog sich dabei eine dislozierte Radiusfraktur rechts zu, welche am 12. März 1990 operiert wurde. Ab 5. Juni 1990 war er wieder voll arbeitsfähig. Anfangs 1994 wurde er arbeitslos. Im Mai 1995 erfolgte im Spital R. die Metallentfernung. Am 8. Juli 1996 meldete die Gemeinde X., für welche C. im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms der Arbeitslosenversicherung tätig war, einen Rückfall. (...) Nach Vornahme ergänzender Abklärungen schloss die SUVA den Fall am 18. April 1997 auf Ende Mai 1997 ab. Mit Verfügung vom 25. August 1997 sprach sie C. eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 10% ab 1. Juni 1997 sowie eine Integritätsentschädigung wegen einer Integritätseinbusse von 5% zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 2. Dezember 1997 fest.
B.-
In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde sprach das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (heute: Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht) C. mit Entscheid vom 6. Oktober 1999 eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 36% zu.
BGE 129 V 472 S. 474
C.-
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt C. sinngemäss beantragen, es sei ein medizinisches Gutachten einzuholen und es sei ihm in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sowie des Einspracheentscheids vom 2. Dezember 1997 eine Invalidenrente auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 80%, eventualiter von 50% zuzusprechen; ferner sei ihm die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
D.-
Auch die SUVA erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, soweit damit die Invalidenrente von 10% auf 36% erhöht worden sei.
C. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er stellt zudem verschiedene Verfahrensanträge, worauf in den Erwägungen einzugehen sein wird. Das BSV verzichtet auf eine Vernehmlassung.
E.-
Im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels hat das Eidgenössische Versicherungsgericht der SUVA und dem BSV Fragen im Zusammenhang mit der Invaliditätsbemessung aufgrund der internen Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) unterbreitet. C. hat sich zu den entsprechenden Eingaben vernehmen lassen.
F.-
Am 28. August 2003 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt.
Aus den Erwägungen:
4.
Streitig sind des Weiteren die für den Rentenanspruch massgebenden Vergleichseinkommen.
4.1
Das hypothetische Valideneinkommen wurde von der SUVA auf Fr. 54'600.- festgesetzt, was im vorinstanzlichen Verfahren unbestritten geblieben ist. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht der Versicherte nunmehr geltend, der Validenlohn sei auf Fr. 56'160.- (2'080 Stunden à Fr. 27.-) festzusetzen.
Weil die frühere Arbeitgeberin des Versicherten nicht mehr existiert, hat die SUVA bei andern Firmen Lohnangaben eingeholt. Nach Auskunft der Firma M. AG wurde einem gut qualifizierten Schweisser ab Herbst 1996 ein Monatslohn von Fr. 4'200.- bezahlt. Die Personalvermittlungsfirmen A. und O. nannten von der beruflichen
BGE 129 V 472 S. 475
Erfahrung und den Fachkenntnissen abhängige Stundenlöhne von Fr. 26.- bis 29.- und Fr. 25.- bis 27.-, einschliesslich Zulagen, Feriengeld und Gratifikation. Wenn die SUVA auf die Angaben der Firma M. AG abgestellt und das Valideneinkommen auf Fr. 54'600.- (Fr. 4'200.- x 13) festgesetzt hat, so lässt sich dies nicht beanstanden, zumal anzunehmen ist, dass die von den Personalvermittlungsfirmen angegebenen Löhne solche von Temporärarbeitnehmern umfassen. Im Übrigen ergibt sich aus den Angaben der Personalvermittlungsfirmen kein wesentlich anderes Resultat, indem sich der durchschnittliche Stundenlohn auf Fr. 26.75 belaufen würde, während der Stundenlohn nach den Angaben der Firma M. AG Fr. 26.25 (Fr. 54'600.- : 2'080 Std.) beträgt.
4.2
Das Invalideneinkommen wurde von der SUVA aufgrund von Lohnangaben aus der DAP auf Fr. 49'400.- und von der Vorinstanz aufgrund statistischer Tabellenlöhne auf Fr. 34'938.- (Fr. 46'584.- abzüglich 25%) festgesetzt. Während die SUVA die Bestätigung des Einspracheentscheids beantragt, erhebt der Versicherte grundsätzliche Einwendungen gegen die Festsetzung des Invalideneinkommens aufgrund von DAP-Lohnangaben und macht geltend, das Invalideneinkommen sei anhand von Tabellenlöhnen auf Fr. 29'640.- (75% von Fr. 39'520.-) festzusetzen. Es ist vorab zu prüfen, wie es sich hinsichtlich der grundsätzlichen Einwendungen verhält.
4.2.1
Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) oder die DAP-Zahlen herangezogen werden (
BGE 126 V 76
Erw. 3b mit Hinweisen; RKUV 1999 Nr. U 343 S. 412 f. Erw. 4b/aa).
BGE 129 V 472 S. 476
Die Lohnstrukturerhebung wird seit 1994 alle zwei Jahre im Oktober mittels schriftlicher Direkterhebung bei Unternehmen und Betrieben durchgeführt. Sie erlaubt eine regelmässige Beschreibung der schweizerischen Lohnstruktur auf der Basis repräsentativer Daten für sämtliche Wirtschaftszweige (mit Ausnahme der Landwirtschaft). Neben Branchenzugehörigkeit und Unternehmensgrösse werden auch personen- und arbeitsplatzbezogene Merkmale wie Ausbildung, berufliche Stellung, Dienstjahre, Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes und Art der Tätigkeit im Unternehmen erfasst (LSE 2000, S. 10). Für die LSE 1994 wurden Daten von rund 10'500 Unternehmen und 550'000 Beschäftigten (LSE 1994, S. 37), für die LSE 1996 von gut 8'200 Unternehmen und 560'000 Beschäftigten (LSE 1996, S. 5), für die LSE 1998 von 7'100 Unternehmen und 516'000 Beschäftigten (LSE 1998, S. 9) und für die LSE 2000 unter Mitwirkung von zwei Kantonen von 17'700 Unternehmen und 560'000 Beschäftigten (LSE 2000, S. 10) ausgewertet. Aufgrund der erhobenen Daten werden standardisierte monatliche Bruttolöhne (Zentralwert oder Median) sowie nicht standardisierte Nettolöhne ermittelt. Für die Invaliditätsbemessung wird praxisgemäss auf die standardisierten Bruttolöhne (Tabellengruppe A) abgestellt (
BGE 124 V 323
Erw. 3b/aa).
Unter der Bezeichnung DAP führt die SUVA eine interne Dokumentation zu ausgewählten Arbeitsplätzen mit Angaben zu den ausbildungsmässigen und körperlichen Anforderungen, der betriebsüblichen Arbeitszeit und dem Verdienst sowie zum konkreten Aufgabenbereich (Arbeitsplatzbeschrieb). Zurzeit sind nach den Angaben der SUVA mehr als 6'000 Arbeitsplätze erfasst. Die Dokumentation wird laufend aktualisiert und erweitert. Sie dient nicht der Vermittlung von Arbeitsplätzen, sondern der Invaliditätsbemessung anhand zumutbarer konkreter Arbeitsmöglichkeiten (SZS 1998 S. 487; KLAUS KORRODI, SUVA-Tabellenlöhne zur Ermittlung des Invalideneinkommens, in: SCHAFFHAUSER/SCHLAURI [Hrsg.], Rechtsfragen der Invalidität in der Sozialversicherung, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der Universität St. Gallen, St. Gallen 1999, S. 117 ff.). Aufgrund eines zwischen dem BSV und der SUVA abgeschlossenen Vertrages gelangt die DAP teilweise auch in der Invalidenversicherung zur Anwendung; einzelne IV-Stellen erfassen selbstständig Arbeitsplätze.
Zum Verhältnis der beiden Methoden hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in dem in RKUV 1999 Nr. U 343 S. 412 publizierten
BGE 129 V 472 S. 477
Urteil B. vom 1. März 1999, U 40/98, festgestellt, den DAP-Zahlen komme kein genereller Vorrang gegenüber den Tabellenlöhnen zu. Offen blieb, auf welche Methode im Einzelfall abzustellen ist. Dass ein ungeregeltes Nebeneinander der beiden Verfahren in dem Sinne, dass nach freiem Ermessen entweder die eine oder die andere Methode gewählt werden kann, nicht zu befriedigen vermag, bedarf keiner näheren Begründung. Auch kann der vom Versicherten im zweiten Schriftenwechsel geäusserten Auffassung, wonach im Streitfall ein Vergleich der Ergebnisse aus beiden Methoden stattzufinden hat und auf das für den Versicherten günstigere Ergebnis abzustellen ist, schon im Hinblick auf den sozialversicherungsrechtlich unzulässigen Grundsatz "in dubio pro assicurato" ("im Zweifel zu Gunsten des Versicherten"; ARV 1990 Nr. 12 S. 67 Erw. 1b; ZAK 1983 S. 259) nicht gefolgt werden. Eine einheitliche und rechtsgleiche Praxis liesse sich am ehesten über eine Prioritätenordnung gewährleisten. Diese abschliessend festzulegen ist beim gegenwärtigen Stand der Dinge indessen schwierig. Beide Methoden weisen je aus ihrer Entstehung und Eigenart heraus Vor- und Nachteile auf. Die LSE sind aufgrund der gesamtschweizerischen Erhebung repräsentativer und nicht anfällig bezüglich Extremabweichungen nach oben und unten. Auch stellen sie ein Werk auf gesicherter wissenschaftlich-statistischer Basis dar. Ferner sind sie in der Anwendung ausgesprochen praktikabel. Wegen ihres Grobrasters erlauben sie jedoch keine Feinabstufung, weder nach einzelnen Berufsgruppen noch nach den im Bereich der Schadenminderungspflicht (
BGE 113 V 28
Erw. 4) liegenden Arbeitsregionen. Als Durchschnittswerte schliessen sie je nach Art der Behinderung und der übrigen Umstände auch eine mehr oder weniger grosse Zahl von ungeeigneten Arbeitsplätzen mit ein. Demgegenüber beruht die DAP auf konkreten Arbeitsplätzen und ermöglicht eine differenzierte Zuweisung von zumutbaren Tätigkeiten unter Berücksichtigung der behinderungsbedingten Einschränkungen, der weiteren persönlichen und beruflichen Umstände sowie der regionalen Aspekte. Dementsprechend liefert sie auch eine konkretere Grundlage für die Festlegung des hypothetischen Invalideneinkommens. Nachteilig wirkt sich aus, dass die DAP nicht allgemein zugänglich ist, was zur Folge hat, dass einerseits die Invaliditätsbemessungen in den verschiedenen Gebieten der Sozialversicherung und - im Hinblick auf die bisher in das DAP-Projekt nicht einbezogenen anderen registrierten Unfallversicherer - selbst innerhalb der Unfallversicherung nicht gestützt auf die gleichen Grundlagen vorgenommen werden können
BGE 129 V 472 S. 478
und andererseits nach der bisherigen Praxis nur eine sehr beschränkte Überprüfbarkeit hinsichtlich des Auswahlermessens und der Repräsentativität der vorgelegten DAP-Profile im Einzelfall möglich ist.
4.2.2
Bezüglich der formellen Aspekte macht der Versicherte in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA geltend, der Betroffene könne zwar die ausgewählten DAP-Profile darauf prüfen, ob es sich um geeignete Arbeitsplätze handle; dagegen könne er nicht überprüfen, ob die DAP-Unterlagen nicht andere Arbeitsplätze enthielten, die geeigneter seien und zu einem für den Rentenansprecher günstigeren Ergebnis führten. Er erblickt darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Rechts auf Waffengleichheit nach
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
und beantragt, die SUVA sei zu verpflichten, die DAP in anonymisierter Form öffentlich zugänglich zu machen; desgleichen habe sie ihre interne Sammlung kantonaler und eidgenössischer Entscheide zum Unfallversicherungsrecht zugänglich zu machen. Im zweiten Schriftenwechsel beanstandet er die fehlende Repräsentativität und mangelnde Aktualität der DAP und macht geltend, die SUVA habe unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs Einsicht in die Originalakten (Datenerfassungsblätter) zu den verwendeten DAP-Profilen und - zwecks Überprüfung des Auswahlermessens - Einsicht in die gesamte (anonymisierte) Datenbank spätestens im Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Zu den Vorbringen des Versicherten ist zunächst festzustellen, dass es nicht in der Zuständigkeit des Eidgenössischen Versicherungsgerichts liegt, der SUVA verbindliche Weisungen zur Veröffentlichung interner Dokumentationen zu erteilen. Zu prüfen ist lediglich, ob es im Einzelfall gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (
Art. 29 Abs. 2 BV
) oder gegen das aus
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
fliessende Recht auf Waffengleichheit verstösst, wenn sich die SUVA bei der Festsetzung des Invalideneinkommens auf Lohnangaben aus einer internen Dokumentation stützt. Dabei ist davon auszugehen, dass zum Anspruch auf rechtliches Gehör und Fairness im Verfahren auch der Anspruch auf gleichen Aktenzugang gehört (
BGE 122 V 163
Erw. 2b mit Hinweisen). Das Recht auf Akteneinsicht und Aktenzugang beschränkt sich aber auf die für den Entscheid wesentlichen Tatsachen, d.h. auf jene Akten, die Grundlage einer Entscheidung bilden (
BGE 121 I 227
Erw. 2a mit Hinweisen). Es kann daraus keine Pflicht der Behörde zur umfassenden Veröffentlichung interner Dokumentationen abgeleitet werden. Des Weiteren
BGE 129 V 472 S. 479
ist die SUVA, wie im Bereich der medizinischen Abklärung durch ihre Ärzte, auch in der Erarbeitung der erwerblichen Grundlagen der Invaliditätsbemessung ein zur Objektivität verpflichtetes gesetzesvollziehendes Organ (vgl. statt vieler
BGE 122 V 161
Erw. 1c mit Hinweisen).
Was die Repräsentativität der DAP im Allgemeinen betrifft, hat die SUVA im zweiten Schriftenwechsel nähere Angaben zum Inhalt der Datenbank gemacht. Danach erfolgt die Auswahl und Erfassung der zu dokumentierenden Arbeitsplätze durch besonders geschulte Mitarbeitende aufgrund spezieller Richtlinien (Erhebung von Arbeitsplätzen für DAP) und unter Berücksichtigung international anerkannter Standards (Ergonomische Funktions- und Leistungsprüfung [EFL]) bezüglich der körperlichen Anforderungen an die jeweilige Tätigkeit. Zurzeit sind - wie bereits erwähnt - mehr als 6'000 Arbeitsplätze dokumentiert. Nach einer von der SUVA (bei einem Stand von 4'800 dokumentierten Arbeitsplätzen) durchgeführten statistischen Auswertung vom 26. Oktober 2001 liegt der mittlere Lohn der DAP-Arbeitsplätze mit Fr. 50'100.- leicht unter demjenigen von wenig qualifizierten Arbeitnehmern (mit abgeschlossener obligatorischer Grundschule oder Anlehre als höchster abgeschlossener Ausbildung) gemäss der vom Bundesamt für Statistik durchgeführten schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) für das Jahr 2000. Der Umstand, dass die DAP-Zahlen, bezogen auf leichte und einfache Tätigkeiten, weit gehend mit der SAKE übereinstimmen, lässt darauf schliessen, dass die DAP, ungeachtet des Umstandes, dass ihr weniger Informationen zugrunde liegen und es sich mehrheitlich um Arbeitsplätze von SUVA-versicherten Betrieben handelt (mit der Folge, dass der Dienstleistungs- und Verwaltungssektor untervertreten ist), an sich eine gesamthaft verlässliche Grundlage darstellt. Aus dem von der SUVA veranlassten statistischen Vergleich geht allerdings hervor, dass die Zahl der dokumentierten Arbeitsplätze regional sehr unterschiedlich ist (rund 47% in der Region Ost, rund 33% in der Region Mitte und lediglich rund 20% in der Region West-Süd), weshalb die Repräsentativität regional unterschiedlich ausfallen kann. Den Erläuterungen der SUVA zur fachlichen Anwendung der DAP ist zu entnehmen, dass für eine auch die regionalen Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigende Datenbank rund 10'000 dokumentierte Arbeitsplätze als erforderlich erachtet werden. Somit geht selbst die SUVA davon aus, dass bezüglich der generellen Repräsentativität der DAP noch Einschränkungen zu machen sind.
BGE 129 V 472 S. 480
Weil die Invaliditätsbemessung aufgrund hypothetischer Vergleichseinkommen und unter Berücksichtigung des in Betracht fallenden (ausgeglichenen) allgemeinen Arbeitsmarktes zu erfolgen hat, müssen die DAP auch im konkreten Einzelfall repräsentativ sein. Es genügt daher nicht, wenn lediglich ein einziger oder einige wenige zumutbare Arbeitsplätze angegeben werden, weil es sich dabei sowohl hinsichtlich der Tätigkeit als auch des bezahlten Lohnes um Sonder- oder Ausnahmefälle handeln kann. Unbeachtlich ist, ob der Arbeitsplatz frei oder besetzt ist, weil die Invaliditätsbemessung auf der Fiktion eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes beruht (
BGE 110 V 276
Erw. 4b; AHI 1998 S. 291 Erw. 3b). Wenn die Vorinstanz eine Mindestzahl von fünf zumutbaren Arbeitsplätzen voraussetzt, so erscheint dies in quantitativer Hinsicht in der Regel als genügend. Im Hinblick auf die geforderte Repräsentativität der DAP-Profile und der daraus abgeleiteten Lohnangaben hat der Unfallversicherer im Sinne einer qualitativen Anforderung jedoch, zusätzlich zur Auflage von mindestens fünf DAP-Blättern, Angaben zu machen über die Gesamtzahl der aufgrund der gegebenen Behinderung in Frage kommenden dokumentierten Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den Durchschnittslohn der dem jeweils verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gruppe. Damit wird auch die Überprüfung des Auswahlermessens hinreichend ermöglicht, und zwar in dem Sinne, dass die Kenntnis der dem verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gesamtzahl behinderungsbedingt in Frage kommender Arbeitsplätze sowie des Höchst-, Tiefst- und Durchschnittslohnes im Bereich des Suchergebnisses eine zuverlässige Beurteilung der von der SUVA verwendeten DAP-Löhne hinsichtlich ihrer Repräsentativität erlaubt. Das rechtliche Gehör ist dadurch zu wahren, dass die SUVA die für die Invaliditätsbemessung im konkreten Fall herangezogenen DAP-Profile mit den erwähnten zusätzlichen Angaben auflegt und die versicherte Person Gelegenheit hat, sich hiezu zu äussern (vgl.
Art. 122 lit. a UVV
, gültig gewesen bis 31. Dezember 2000 [AS 2000 2913] und
Art. 26 Abs. 1 lit. b VwVG
;
BGE 115 V 297
ff.). Allfällige Einwendungen der versicherten Person bezüglich des Auswahlermessens und der Repräsentativität der DAP-Blätter im Einzelfall sind grundsätzlich im Einspracheverfahren zu erheben, damit sich die SUVA im Einspracheentscheid damit auseinander setzen kann. Ist die SUVA nicht in der Lage, im Einzelfall den erwähnten Anforderungen zu genügen, kann im Bestreitungsfall nicht auf den DAP-Lohnvergleich abgestellt werden; die SUVA hat diesfalls im
BGE 129 V 472 S. 481
Einspracheentscheid die Invalidität aufgrund der LSE-Löhne zu ermitteln. Im Beschwerdeverfahren ist es Sache des angerufenen Gerichts, die Rechtskonformität der DAP-Invaliditätsbemessung zu prüfen, gegebenenfalls die Sache an den Versicherer zurückzuweisen oder an Stelle des DAP-Lohnvergleichs einen Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen.
4.2.3
Nach der Rechtsprechung ist beim Einkommensvergleich unter Verwendung statistischer Tabellenlöhne zu berücksichtigen, dass gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die selbst bei leichten Hilfsarbeitertätigkeiten behindert sind, im Vergleich zu voll leistungsfähigen und entsprechend einsetzbaren Arbeitnehmern lohnmässig benachteiligt sind und deshalb in der Regel mit unterdurchschnittlichen Lohnansätzen rechnen müssen (
BGE 124 V 323
Erw. 3b/bb mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 126 V 77
ff. Erw. 4 und 5). Sodann ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass weitere persönliche und berufliche Merkmale einer versicherten Person, wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können (AHI 2000 S. 81 Erw. 2b; vgl. auch
BGE 124 V 323
Erw. 3b/aa). In
BGE 126 V 75
ff. hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die bisherige Praxis dahin gehend präzisiert, dass die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalls (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) abhängig ist. Der Einfluss sämtlicher Merkmale auf das Invalideneinkommen ist nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen, wobei der Abzug auf höchstens 25% zu begrenzen ist (
BGE 126 V 79
Erw. 5b/aa-cc).
Die SUVA stellt sich auf den Standpunkt, bei der Ermittlung des Invalideneinkommens unter Beizug von DAP-Profilen seien keine Abzüge vorzunehmen. Sie beruft sich dabei auf das in RKUV 1999 Nr. U 343 S. 412 ff. publizierte Urteil B. vom 1. März 1999, U 40/98. In jenem Urteil ist das Eidgenössische Versicherungsgericht zwar zum Schluss gelangt, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz kein Anlass bestehe, die von der SUVA erhobenen Löhne um 25% herabzusetzen. Gleichzeitig wurde aber festgestellt, der SUVA könne nicht beigepflichtet werden, dass ein Abzug nur zulässig sei, wenn beim Einkommensvergleich auf Tabellenlöhne abgestellt werde, nicht dagegen, wenn das hypothetische Invalideneinkommen aufgrund konkreter Löhne in Verweisungsberufen ermittelt werde
BGE 129 V 472 S. 482
(RKUV 1999 Nr. U 343 S. 414 Erw. 4b/cc). Soweit daraus zu schliessen ist, dass auch bei der Festsetzung des Invalideneinkommens mittels DAP-Profilen Abzüge zulässig sind, kann daran nicht festgehalten werden. Der SUVA ist darin beizupflichten, dass im Rahmen des DAP-Systems, wo aufgrund der ärztlichen Zumutbarkeitsbeurteilung anhand von Arbeitsplatzbeschreibungen konkrete Verweisungstätigkeiten ermittelt werden, Abzüge grundsätzlich nicht sachgerecht sind. Zum einen wird spezifischen Beeinträchtigungen in der Leistungsfähigkeit bereits bei der Auswahl der zumutbaren DAP-Profile Rechnung getragen. Zum andern ist bezüglich der weiteren persönlichen und beruflichen Merkmale (Teilzeitarbeit, Alter, Anzahl Dienstjahre, Aufenthaltsstatus), die bei der Anwendung der LSE zu einem Abzug führen können, darauf hinzuweisen, dass auf den DAP-Blättern in der Regel nicht nur ein Durchschnittslohn, sondern ein Minimum und ein Maximum angegeben sind, innerhalb deren Spannbreite auf die konkreten Umstände Rücksicht genommen werden kann.
4.3.1
Die SUVA hat der Festsetzung des Invalideneinkommens gemäss Verfügung vom 25. August 1997 und Einspracheentscheid vom 2. Dezember 1997 fünf DAP-Blätter zu Grunde gelegt. Bei den angeführten Arbeitsplätzen handelt es sich um eine Stelle als Hilfsarbeiter/Betriebsarbeiter in einem Industriebetrieb (DAP-Nr. 746), eine Stelle als Magaziner (DAP-Nr. 899), eine Stelle als Portier in einem Industriebetrieb (DAP-Nr. 488), eine Stelle in einem feinmechanischen Betrieb (DAP-Nr. 753), sowie eine Stelle als Garderobenwart in einem Industriebetrieb (DAP-Nr. 1240). Nach Auffassung der Vorinstanz sind dem Versicherten lediglich die Stellen Nr. 746, 488 und 1240 zumutbar; Nr. 899 sei eventuell, Nr. 753 dagegen nicht zumutbar. Diese Einschränkungen lassen sich damit begründen, dass nach den Arbeitsplatzbeschreibungen gelegentlich Gewichte zu bewegen sind, welche die ärztlich genannte Traglimite von 8 kg übersteigen können. Dies führt jedoch insofern zu keinem wesentlich andern Ergebnis, als sich der Lohndurchschnitt aus allen fünf Stellen auf Fr. 49'160.- und derjenige aus den Stellen Nr. 746, 488 und 1240 auf Fr. 48'958.- beläuft. Was der Versicherte gegen die Zumutbarkeit der zuletzt genannten Stellen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Dass ihm eine körperlich leichte Arbeit in Form des Bestückens von halbautomatischen Maschinen und das Bedienen einfacher Werkzeugmaschinen in einem Betrieb, welcher Präzisionsdrehteile herstellt, nicht zumutbar sein soll, ist angesichts
BGE 129 V 472 S. 483
der ärztlichen Beurteilung, wonach er leichte manuelle Arbeiten auszuüben vermag, sofern sie von der rechten Hand nur wenig Kraft verlangen, nicht einzusehen. Einfache Maschinenbedienungsfunktionen sind von der Klinik B. ausdrücklich als zumutbar bezeichnet worden. Noch weniger ersichtlich ist, weshalb ihm Tätigkeiten als Portier oder als Garderobier in einem Industriebetrieb nicht zumutbar sein sollten. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die SUVA weitere DAP-Blätter zu Arbeitsplätzen eingereicht, zu denen der Versicherte vernehmlassungsweise Stellung genommen hat. Es handelt sich dabei um Stellen als Hilfsarbeiter/Abpacker in der Lohnadministration eines Spitals (DAP-Nr. 2651), als Betriebsarbeiter bei der Herstellung von Messapparaten (DAP-Nr. 2819) und als Filialmitarbeiter/Hilfsmagaziner bei einem Grossverteiler (DAP-Nr. 502). Aufgrund der ärztlichen Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit dürften auch diese Verweisungstätigkeiten als zumutbar zu betrachten sein. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, wie sich aus dem Folgenden ergibt.
4.3.2
Die Vorinstanz hat auf die DAP-Angaben nicht abgestellt, weil lediglich drei bis höchstens vier zumutbare Arbeitsplätze keine genügende Grundlage für die Festsetzung des Invalideneinkommens bildeten. Dieser Auffassung ist im Lichte von Erw. 4.2.2 hievor auch unter Berücksichtigung der im letztinstanzlichen Verfahren nachgereichten DAP-Blätter beizupflichten. Nachdem der Versicherte auch das Auswahlermessen der SUVA in Frage gestellt hat und sich dieses mangels der verlangten zusätzlichen Angaben und entsprechenden Unterlagen in diesem Verfahren nicht überprüfen lässt, ist mit der Vorinstanz ein Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen.
Das kantonale Gericht ist bei der Festsetzung des Invalideneinkommens vom monatlichen Bruttolohn (Zentralwert) im privaten Dienstleistungssektor für männliche Arbeitnehmer mit einfachen und repetitiven Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) von Fr. 3'882.- gemäss Tabelle TA1 der LSE 1996 ausgegangen mit der Feststellung, dass im Sektor Produktion häufig körperlich schwere Arbeiten oder Tätigkeiten mit Zwangshaltung zu verrichten seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Versicherten trotz des Gesundheitsschadens auch im Sektor Produktion zahlreiche Arbeitsplätze offen stehen, wie die von der SUVA aufgelegten Profile zumutbarer Arbeitsplätze bestätigen. Anderseits bleiben ihm aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner langjährigen manuellen Tätigkeit viele Arbeitsplätze im Sektor Dienstleistungen verschlossen.
BGE 129 V 472 S. 484
Es besteht unter diesen Umständen kein Anlass, vom Grundsatz abzuweichen, wonach für die Festsetzung des Invalideneinkommens aufgrund von Tabellenlöhnen in der Regel die Lohnverhältnisse im gesamten privaten Sektor massgebend sind (RKUV 2001 Nr. U 439 S. 347). Nach der LSE 1996 belief sich der Bruttolohn für männliche Arbeitnehmer bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten im privaten Sektor auf Fr. 4'294.- im Monat. Unter Berücksichtigung der betriebsüblichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden (Die Volkswirtschaft, 5/2003, S. 82 Tabelle B 9.2) und der Nominallohnentwicklung 1997 von 0,5% (Die Volkswirtschaft, 5/2003 S. 83 Tabelle B 10.2) ergibt sich ein Jahreseinkommen von Fr. 54'245.-. Nicht gefolgt werden kann der Vorinstanz auch, soweit sie vom Invalideneinkommen einen leidensbedingten Abzug in dem nach der Rechtsprechung höchstzulässigen Mass von 25% (
BGE 126 V 80
Erw. 5b/cc) vorgenommen hat. Zwar ist davon auszugehen, dass der Versicherte auch im Rahmen einer geeigneten leichteren Tätigkeit in der Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, indem er im Gebrauch der dominanten rechten Hand eingeschränkt ist und Drehbewegungen der Hand und des Unterarms möglichst zu vermeiden hat, was sich in einer entsprechenden Verdiensteinbusse auswirken kann. Dagegen entfällt ein Abzug wegen blosser Teilzeitbeschäftigung; zudem dürften sich die weiteren Merkmale (Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie) nicht wesentlich auf den Lohn auswirken. Der Versicherte war bei Eintritt des Unfalles 48 und im Zeitpunkt des Rentenbeginns 55 Jahre alt. Er verfügt zudem über die Niederlassungsbewilligung C. Es rechtfertigt sich unter diesen Umständen, den Abzug auf insgesamt 15% festzusetzen, was zu einem Invalideneinkommen von Fr. 46'108.- und im Vergleich zum Valideneinkommen von Fr. 54'600.- zu einem Invaliditätsgrad von 16% führt. Auf dieser Grundlage hat der Versicherte mit Wirkung ab 1. Juni 1997 Anspruch auf eine Invalidenrente.