BGE 132 III 155 vom 2. Dezember 2005

Datum: 2. Dezember 2005

Artikelreferenzen:  Art. 641 ZGB, Art. 714 ZGB, Art. 884 ZGB, Art. 922 ZGB, Art. 924 ZGB , Art. 922 ff. ZGB, Art. 641 Abs. 2 ZGB, Art. 924 Abs. 1 ZGB, Art. 922 Abs. 2 ZGB, Art. 920 ZGB, Art. 63 Abs. 2 OG, Art. 884 Abs. 1 ZGB, Art. 55 Abs. 1 lit. c OG

BGE referenzen:  102 III 94, 109 II 144, 112 II 406, 122 III 1, 131 III 217, 137 III 293, 141 III 7 , 109 II 144, 122 III 1, 131 III 217, 102 III 94, 112 II 406, 112 II 406

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

132 III 155


19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Y. GmbH und X. gegen V. und W. (Berufung)
5C.182/2005 vom 2. Dezember 2005

Regeste

Art. 641 Abs. 2 ZGB , Art. 922 ff. ZGB ; Übertragung von Besitz und Eigentum an einer Fahrnissache.
Eine Besitzanweisung ( Art. 924 Abs. 1 ZGB ) setzt gestuften Besitz voraus. Anerkennt der unmittelbare Besitzer die Herrschaft des mittelbaren Besitzers nicht (mehr) an, verliert dieser seinen Besitz und kann eine Sache nicht mittels Besitzanweisung übertragen (E. 4).
Die Übergabe einer Sache mittels longa manu traditio ( Art. 922 Abs. 2 ZGB ) setzt eine offene Besitzlage sowie den unmittelbaren Besitz des Veräusserers voraus. Fehlen diese Voraussetzungen ist eine Besitzübertragung durch longa manu traditio ausgeschlossen (E. 5).
Unzulässigkeit der unselbstständigen Vindikationszession: Die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB stellt kein zulässiges Traditionssurrogat dar. Durch die Abtretung des Vindikationsanspruchs kann kein Eigentum an einer Sache übertragen werden (E. 6.1).
Unzulässigkeit der selbstständigen Vindikationszession: Der Herausgabeanspruch gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB kann nicht selbstständig, d.h. ohne gleichzeitige Übertragung des Eigentums an der Sache, abgetreten werden (E. 6.2).
Der Kläger kann seine Legitimation zur Vindikationsklage nur dann auf eine Bevollmächtigung stützen, wenn dem Vollmachtgeber selber die Herausgabeklage überhaupt zustünde (E. 7).

Sachverhalt ab Seite 157

BGE 132 III 155 S. 157

A. Das Hotel H. in S. (S.-Gbbl. x) gehörte ursprünglich der L. AG. Im Rahmen von Neu- und Umbauarbeiten wurde die Liegenschaft gemäss Begründungsakt vom 10. September 1982 in 30 Stockwerkeinheiten aufgeteilt, wobei das Hotelgebäude neu zu der Stockwerkeinheit Gbbl. x-y wurde.
Mit Kaufvertrag vom 30. März 1988 verkaufte die L. AG der M. AG unter anderem das Hotel H. (Stockwerkeinheit Gbbl. x-y). Mit Vertrag vom gleichen Tag leaste die L. AG das eben verkaufte Grundstück von der M. AG zurück. In keinem der beiden Verträge findet sich ein expliziter Hinweis bezüglich des Hotelmobiliars.
Mit Schreiben vom 14. September 1994 teilte die M. AG der L. AG mit, dass der Anspruch auf Überlassung des Leasingobjekts infolge Nichtbezahlung der Leasingraten definitiv dahinfalle. In der Folge vermietete die M. AG das Hotel H. mit Vertrag vom 1. April 1995 an das Ehepaar V. und W. Mit Kaufvertrag vom 23. November 1998 erwarb V. schliesslich die Stockwerkeinheit Gbbl. x-y mit dem Hotel H. von der M. AG.

B. Bereits am 19. April 1996 schloss die L. AG mit E. einen Darlehens- und Pfandvertrag ab. Demnach gewährte E. der L. AG ein Darlehen von Fr. 130'000.-. Im Gegenzug räumte die L. AG E. am Grossinventar des Hotels H. ein Faustpfand ein. Im Vertrag wurde vermerkt, dass sich das Faustpfand im Besitz des jeweiligen Mieters des Hotels H. befinde. Zudem sei E. bei Fälligkeit des Darlehens berechtigt, das Faustpfand zwangsrechtlich oder freihändig zu verwerten und falls gewünscht auch selber zu erwerben.
Am 3. Juli 1997 kam es daraufhin zur privaten Versteigerung des Hotelmobiliars. E. erklärte sich bereit, das gesamte Grossinventar zum Pauschalpreis von Fr. 60'000.- zu übernehmen.
Am 30. Oktober 2002 schlossen die Erben des unterdessen verstorbenen E. mit der Y. GmbH und X. einen "Abtretungs- und Übereignungsvertrag" sowie eine "Beteiligungsvereinbarung" ab. Dieser Vertrag enthält eine Bestimmung, wonach die Erbengemeinschaft E. der Y. GmbH und X. unter anderem die Einforderung und gerichtliche Durchsetzung der ihr gegen V. und W. zustehenden Ansprüche überlässt: Der Y. GmbH und X. werden sämtliche durch die Faustpfandverwertung erworbenen dinglichen und obligatorischen Rechte am Hotel-Mobiliar übertragen. Darin ausdrücklich eingeschlossen ist die Übereignung des gesamten Grossinventars des Hotels H.
BGE 132 III 155 S. 158

C. Am 26. Juli 2004 reichten die Y. GmbH und X. (nachfolgend: Kläger) gegen V. und W. (nachfolgend: Beklagte) Klage ein. Sie verlangten im Wesentlichen, die Beklagten seien zu verurteilen, ihnen das im Hotel/Restaurant H. befindlich gewesene bzw. noch befindliche Hotel-Mobiliar (Grossinventar) unverzüglich herauszugeben.
Das Verfahren wurde in der Folge auf die Frage beschränkt, ob die Kläger aktivlegitimiert seien. Mit Urteil vom 29. November 2004 wies der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises S. die Klage ab. Auf Appellation der Kläger wies am 29. April 2005 auch das Obergericht des Kantons Bern die Klage ab.

D. Die Y. GmbH und X. gelangen mit eidgenössischer Berufung an das Bundesgericht. Sie verlangen im Wesentlichen, es sei ihre Aktivlegitimation zur Klage auf Herausgabe des Hotelmobiliars anzuerkennen und die Eigentumsklage gutzuheissen. Eventuell beantragen sie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Beklagten schliessen in ihrer Berufungsantwort auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Die Kläger behaupten zur Hauptsache, der Besitz - und damit auch das Eigentum - sei durch Besitzanweisung übertragen worden.

4.1 Nach Art. 924 Abs. 1 ZGB kann ohne Übergabe der Besitz an einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt. Voraussetzung einer solchen Besitzanweisung ist gestufter Besitz: Ein selbstständiger mittelbarer Besitzer (z.B. Vermieter) hat die Sache dem Gewahrsam eines Dritten (z.B. Mieter) überlassen, der unselbstständigen unmittelbaren Besitz daran hat. Der Besitz an der Sache geht über, sobald dies zwischen dem Veräusserer und dem Erwerber vereinbart worden ist. Die Benachrichtigung des Dritten ist für den Übergang der Sache auf den Erwerber als neuer selbstständiger mittelbarer Besitzer nicht nötig ( BGE 109 II 144 E. 3d S. 150; BGE 112 II 406 E. 5c S. 420).
Hingegen ist erforderlich, dass der Dritte (unselbstständiger unmittelbarer Besitzer) die Herrschaft des Veräusserers anerkennt.
BGE 132 III 155 S. 159
Er muss für diesen besitzen. Ist diese Voraussetzung nicht (mehr) gegeben, geht der Besitz des mittelbar Besitzenden unter - ungeachtet der Rechtmässigkeit des Handelns des Dritten ( BGE 54 II 244 E. 2 S. 246; EMIL W. STARK, Berner Kommentar, 2001, N. 20 zu Art. 920 ZGB ; A. HOMBERGER, Zürcher Kommentar, 1938, N. 7 zu Art. 920 ZGB ; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, 3. Aufl. 1997, N. 224). Er kann ihn damit auch nicht (mehr) durch Besitzanweisung übertragen.
So besitzt beispielsweise ein Dieb nicht für den Bestohlenen; er anerkennt dessen Herrschaft nicht. Der Bestohlene verliert damit den Besitz an der gestohlenen Sache und kann sie deshalb nicht mittels Besitzanweisung übertragen (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 8 f. zu Art. 924 ZGB ; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 924 ZGB ; JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 2. Aufl. 2003, N. 166; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 273a).

4.2 Im vorliegenden Fall haben nach verbindlicher Sachverhaltsfeststellung ( Art. 63 Abs. 2 OG ) die Beklagten die Herrschaft der Erbengemeinschaft E. über das strittige Mobiliar nie anerkannt. Sie haben das Mobiliar nicht für diese besessen. Vielmehr waren sie der Auffassung, die M. AG sei mittelbare und selbstständige Besitzerin der Sachen. Während der Dauer des Mietverhältnisses haben die Beklagten demnach für diese besessen. Nach dem Kauf des Hotelbetriebs im Jahr 1998 hielt sich schliesslich der Beklagte V. für den Eigenbesitzer des Mobiliars. Da folglich die Erbengemeinschaft E. keinen selbstständigen und mittelbaren Besitz an den Sachen haben konnte, erweist sich eine Besitzübertragung durch Besitzanweisung an die Kläger als ausgeschlossen. Damit konnte ihnen die Erbengemeinschaft auf diese Weise auch kein Eigentum daran verschaffen. Die Berufung erweist sich insoweit als unbegründet.

5. Die Kläger machen weiter geltend, das Hotelmobiliar sei ihnen durch Besitzvertrag übereignet worden. Es sei gleich zu behandeln wie Baumstämme oder Bausteine.

5.1 Nach Art. 922 Abs. 2 ZGB ist die Übergabe der Sache vollzogen, sobald sich der Empfänger mit Willen des bisherigen Besitzers in der Lage befindet, die Gewalt über die Sache auszuüben. Charakteristisch an dieser longa manu traditio (Übertragung der offenen Besitzlage; Besitzvertrag) ist die offene Besitzlage: Der Erwerber muss die Möglichkeit haben, ohne weiteres Zugriff auf die Sache
BGE 132 III 155 S. 160
zu nehmen und die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben. In der Lehre wird als Beispiel für eine offene Besitzlage regelmässig der im Wald gelegene Ster Holz angeführt (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 37 zu Art. 922 ZGB ; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 13 zu Art. 922 ZGB ; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 268). Zudem muss der Veräusserer unmittelbaren Besitz an der Sache haben, damit er diesen an den Erwerber übertragen kann (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 49 f. zu Art. 922 ZGB ; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 12 zu Art. 922 ZGB ; HEINZ REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. Aufl. 2000, N. 1721).

5.2 Im vorliegenden Fall sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt: Einerseits liegt keine offene Besitzlage vor; das strittige Mobiliar hat sich im Gewahrsam der Beklagten befunden und die Kläger hatten darauf nie eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit. Andererseits war die Erbengemeinschaft E. - wie oben ausgeführt (E. 4.2) - nicht unmittelbare Besitzerin des Mobiliars. Damit ist auch eine Besitzübertragung durch longa manu traditio ausgeschlossen.

6. Als Nächstes stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Vindikationszession, auf welche die Kläger sich berufen. Dabei sind zwei Formen auseinander zu halten: Erstens die Abtretung des dinglichen Herausgabeanspruchs als Traditionssurrogat zur Übertragung von Eigentum (unselbstständige Vindikationszession), und zweitens die Abtretung des Vindikationsanspruchs ohne Absicht der gleichzeitigen Eigentumsübertragung (selbstständige Vindikationszession).

6.1 Die Anerkennung der unselbstständigen Vindikationszession als Traditionssurrogat würde dem nicht besitzenden Eigentümer erlauben, sein Eigentumsrecht an einer Fahrnissache an einen Dritten zu übertragen. Namentlich könnte der Bestohlene, dem - wie oben dargelegt (E. 4.1) - die Besitzanweisung nicht zur Verfügung steht, auf diese Weise eine ihm gestohlene Sache veräussern.

6.1.1 Das deutsche Recht - welches grundsätzlich wie das schweizerische dem Traditionsprinzip folgt - anerkennt die Abtretung des Herausgabeanspruchs als Ersatz für eine Übergabe. Es regelt diesen Tatbestand ausdrücklich in § 931 BGB (vgl. WOLFGANG WIEGAND, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1989, N. 10 ff. zu § 931 BGB, mit zahlreichen Hinweisen).
Im ZGB fehlt eine solche rechtliche Grundlage. Namentlich lässt sich die Zulässigkeit der Vindikationszession nicht aus Art. 922
BGE 132 III 155 S. 161
Abs. 1, 2. Halbsatz ZGB ableiten. Unter "Mittel" gemäss dieser Bestimmung ist ein technisches Mittel wie beispielsweise ein Schlüssel zu einem Warenlager zu verstehen. Durch die Übergabe der Mittel wird unmittelbarer Besitz an der Sache verschafft ( BGE 109 II 144 E. 3b S. 148 f.). Diese Voraussetzung ist durch die Zession des Herausgabeanspruchs, welcher als rechtliches Mittel angesehen werden kann, nicht erfüllt (FELICITAS EINSELE-WILI, Die Vindikationszession, Diss. Zürich 1975, S. 100; EMIL W. STARK, a.a.O., N. 22 zu Art. 922 ZGB ; a.M.: KARL OFTINGER, Von der Eigentumsübertragung an Fahrnis, Diss. Bern 1933, S. 36 f.).

6.1.2 Es stellt sich die Frage, ob das Gesetz eine zu füllende Lücke enthält, da es dem nicht (unmittelbar oder mittelbar) besitzenden Eigentümer keine Möglichkeit zur Verfügung stellt, sein Recht auf einen Dritten zu übertragen, und diese Lücke durch die Zulassung der Eigentumsübertragung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs zu füllen ist. Im vorliegenden Fall steht die Konstellation im Vordergrund, in der ein Dritter die Sache in seinem Gewahrsam hat.
Dabei ist zu beachten, dass sich der historische Gesetzgeber bewusst für das Traditionsprinzip (und gegen das Vertragsprinzip) ausgesprochen hat. Gleichzeitig hat er erkannt, dass sich dieses nicht ohne Ausnahmen anwenden lässt und hat daher solche ausdrücklich geregelt (vgl. z.B. Votum Berichterstatter Huber vom 13. Juni 1906, Sten.Bull. 1906 N S. 565). Da er sich der Problematik bewusst gewesen ist und eine entsprechend differenzierte Lösung getroffen hat, lässt sich aus der Nichterwähnung der Vindikationszession eher auf ein qualifiziertes Schweigen schliessen. Zudem ist die praktische Bedeutung gering, und als zulässige Alternative steht die Bevollmächtigung zur Ausübung des Eigentumsanspruchs zur Verfügung, evtl. mit Übertragung des Eigentumsrechts durch brevi manu traditio, sobald der Bevollmächtigte in den Besitz der Sache gelangt ist (FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 101 u. 105; PAUL PIOTET, ZSR 81/1962 I S. 158).

6.1.3 Damit ist festzuhalten, dass durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs das Eigentum an einer Fahrnissache nicht übertragen werden kann, da dies mit dem Traditionsprinzip nicht zu vereinbaren ist (gl.M.: FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 97 ff.; a.M.: HANS HINDERLING, Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 441; ROBERT HAAB, Zürcher Kommentar, 1977, N. 37 zu Art. 641 ZGB und N. 64 zu Art. 714 ZGB ).
BGE 132 III 155 S. 162

6.2 Weiter ist zu entscheiden, ob die selbstständige Vindikationszession zulässig ist, also die Abtretung des Herausgabeanspruchs ohne Absicht der Eigentumsübertragung.

6.2.1 Das Bundesgericht hat sich bisher mit dieser Frage nur am Rande beschäftigt: In BGE 122 III 1 war als Klägerin in einem Vindikationsprozess eine Versicherung aufgetreten, welcher im Gegenzug zur Leistung einer Entschädigung sämtliche Rechte an den gestohlenen Sachen abgetreten worden waren. Die Frage ihrer Aktivlegitimation war aber im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittig ( BGE 122 III 1 E. 2 S. 2).
In BGE 131 III 217 , in welchem es um die Abtretung einer (künftigen) Getreideernte ging, hat das Bundesgericht festgehalten, dass dem aus der Abtretung Berechtigten kein dingliches Recht an der Ernte zustehe, welches er erga omnes geltend machen könnte ( BGE 131 III 217 E. 4.1 S. 221).
JÖRG SCHMID und BETTINA HÜRLIMANN-KAUP leiten aus einem nicht publizierten Urteil des Bundesgerichts die Zulässigkeit der Abtretbarkeit des Herausgabeanspruchs ab (JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLImann-Kaup, a.a.O., N. 668): In diesem Entscheid wird festgehalten, dass der mittelbare Besitzer, der erfolgreich mit der Vindikationsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB belangt worden ist, die Sache aber selber nicht herausgeben kann, verpflichtet ist, dem Kläger seinen eigenen Herausgabeanspruch gegen den Dritten abzutreten (Urteil 5C.119/2002 vom 31. Juli 2002, E. 3.3). Das Bundesgericht hat aber in diesem Urteil nicht präzisiert, ob es sich dabei um einen dinglichen oder nur um einen obligatorischen Herausgabeanspruch handelt.
In BGE 102 III 94 hat das Bundesgericht zudem - in teilweiser Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtsprechung - die grundsätzliche Pfändbarkeit des dinglichen Herausgabeanspruchs anerkannt. Indes hat es gleichzeitig präzisiert, dass ein Herausgabeanspruch für sich allein der Pfändung und Arrestierung nicht unterliegt, sondern stets auf das ihm zu Grunde liegende (dingliche oder obligatorische) Vermögensrecht gegriffen werden muss ( BGE 102 III 94 E. 5d S. 108).

6.2.2 In der Lehre ist die Frage der selbstständigen Abtretbarkeit des Vindikationsanspruchs strittig: MAX WOLFF bejaht die Zessionsfähigkeit mit Blick auf ein fehlendes ausdrückliches Abtretungsverbot sowie die Praktikabilität (MAX WOLFF, Wesen und
BGE 132 III 155 S. 163
Voraussetzungen der Zession, Diss. Zürich 1916, S. 193 ff.). Ihm schliessen sich namentlich die Autoren des Zürcher Kommentars an (A. HOMBERGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 924 ZGB ; ROBERT HAAB, a.a.O., N. 37 zu Art. 641 ZGB ).
Verneint wird die Abtretbarkeit durch PAUL PIOTET mit der Begründung, der Herausgabeanspruch verkörpere das Eigentumsrecht selbst bzw. sei ein von diesem untrennbarer Bestandteil; die selbstständige Zession des Herausgabeanspruchs würde bedeuten, das Eigentumsrecht zu zerstückeln (PAUL PIOTET, a.a.O., S. 158). ARTHUR MEIER-HAYOZ bejahte zunächst die Zulässigkeit der Vindikationszession (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1959, N. 49 zu Art. 641 ZGB ), tendiert aber später unter Bezugnahme auf die Kritik von PIOTET zur Unzulässigkeit (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 73 zu Art. 641 ZGB ). Ebenfalls dagegen sprechen sich ANDREAS VON TUHR und ARNOLD ESCHER aus, da der Eigentümer nach der Abtretung nicht mehr in der Lage wäre, sein Recht geltend zu machen und fremde Eingriffe abzuwehren. Ein solcher schutzloser Zustand des Eigentums sei für das schweizerische Recht abzulehnen (ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 3. Aufl. 1974, S. 351 f.). Auch PETER LIVER tendiert zur Ablehnung (PETER LIVER, Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 27 Fn. 5).
Ausführlich mit der Problematik der Vindikationszession setzt sich FELICITAS EINSELE-WILI auseinander: Sie prüft die Anwendung der Zessionsregeln auf die Vindikation und stellt zunächst fest, dass diese grundsätzlich ein Vermögensrecht darstelle. Sie sei aber in ihrem Bestand dauernd vom zu Grunde liegenden dinglichen Recht abhängig. Ihre Zession könne deshalb - selbst wenn man ihre Zulässigkeit postulieren wolle - die Funktionen, die sie erfüllen sollte, gar nicht erfüllen. Sie bringe dem Zessionar zwar den Vorteil, von einem Besitzer unter privativem Ausschluss des Zedenten die Herausgabe der Sache an sich selbst zu verlangen. Aber der Eigentumsverlust des Zedenten hätte den Untergang der Vindikation zur Folge. Schliesslich verbiete die besondere Funktion der Vindikation die Anwendung der Zessionsregeln. Denn die Vindikation habe auch im schweizerischen Recht ausschliesslich die Funktion, das dingliche Recht zur Geltung zu bringen. Sie bezeichne das subjektive Recht des Eigentümers, die Sache in seine Herrschaftsgewalt zurückzuführen, sobald durch die Trennung von Eigentum und Besitz ein dem Recht widersprechender tatsächlicher
BGE 132 III 155 S. 164
Zustand bestehe. Gestützt auf diese Erwägungen kommt die Autorin zum Schluss, die Vindikation hebe sich nicht inhaltlich, aber funktionell entscheidend von all den anderen Ansprüchen auf Sachherausgabe ab. Ihre selbstständige Abtretbarkeit sei daher zu verneinen (FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 92 ff.).
Die neuere Lehre tendiert - soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung bezieht - zur Ablehnung der selbstständigen Abtretbarkeit (ablehnend: HEINZ REY, a.a.O., N. 2040; THEO GUHL/ALFRED Koller, Das schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 34 N. 16; WOLFGANG WIEGAND, Basler Kommentar, 2003, N. 56 zu Art. 641 ZGB ; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 1024b; Frage offen lassend: EMIL W. STARK, a.a.O., N. 9 zu Art. 924 ZGB ; ders ., Basler Kommentar, 2003, N. 5 zu Art. 924 ZGB ; JÖRG SCHMID/ BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., N. 668; Frage eher bejahend: DIETER ZOBL, Berner Kommentar, 1982, N. 712 f. zu Art. 884 ZGB ).

6.2.3 Das Eigentum als dingliches Recht zeichnet sich - neben der unmittelbaren Herrschaft über die Sache - durch die absolute Ausschlusswirkung gegenüber Dritten aus (ARTHUR MEYER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 1 zu Art. 641 ZGB ; HEINZ REY, a.a.O., N. 208). Die äussere Erscheinungsform dieser Ausschlusswirkung ist die Vindikationsklage, also das Recht von jedem Dritten sein Eigentum herauszuverlangen. Die Vindikation ist vollständig abhängig vom Bestand des dinglichen Rechts. Geht das Eigentum unter, fällt auch der Vindikationsanspruch dahin. Eigentum und Vindikation sind damit eine untrennbare Einheit. Die Abtretung der Vindikation würde zu einer Aushöhlung des Eigentumsrechts führen. Sie ist daher abzulehnen.

6.3 Dementsprechend ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Kläger ihre Aktivlegitimation weder auf eine selbstständige noch eine unselbstständige Zession des Herausgabeanspruchs am Hotelmobiliar stützen können, und sich ihre Berufung insoweit als unbegründet erweist.

7. Damit ist als Letztes noch zu prüfen, ob der Abtretungs- und Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 zwischen der Erbengemeinschaft E. und den Klägern als Bevollmächtigung zur Geltendmachung des Vindikationsanspruchs (vgl. E. 6.1.2 oben) angesehen werden könnte.
BGE 132 III 155 S. 165

7.1 Die Kläger können aus einer Bevollmächtigung nur dann ihre Legitimation ableiten, wenn E. bzw. seine Erben Eigentum am Mobiliar erworben haben und ihnen selber die Vindikation überhaupt zustünde. Der Gerichtspräsident hat in einer Eventualerwägung festgehalten, auch zwischen der L. AG und E. habe keine gültige Eigentumsübertragung stattgefunden. Das Obergericht hat sich dieser Auffassung durch Verweis angeschlossen.

7.1.1 E. bzw. seine Erben stützen ihren Eigentumserwerb auf den Darlehens- und Pfandvertrag vom 19. April 1996 und die anschliessende Pfandverwertung vom 3. Juli 1997.
Art. 884 Abs. 1 ZGB statuiert das Faustpfandprinzip: Für die Begründung eines Pfandrechts ist also die Übertragung des Besitzes an der Pfandsache erforderlich. Pfandbesitz kann zwar auch mittels Besitzanweisung nach Art. 924 ZGB begründet werden, indes scheitert vorliegend die Gültigkeit einer Besitzanweisung an den oben erwähnten Gründen (vgl. E. 4). Zudem ist die Benachrichtigung des Dritten bei der Bestellung eines Faustpfandes - im Gegensatz zur Übertragung von Eigentum - Gültigkeitsvoraussetzung ( BGE 109 II 144 E. 3d S. 150). Dass die Beklagten von der Pfandbestellung benachrichtigt worden wären, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen und wird von den Klägern auch nicht behauptet. Damit hat kein gültiges Pfandrecht entstehen können, so dass der Pfandverwertung vom 3. Juli 1997 der Boden entzogen ist.

7.1.2 Der Gerichtspräsident hat weiter festgehalten, die L. AG und E. hätten das Eigentum am Hotelmobiliar selbst dann übertragen wollen, wenn sie von der Nichtigkeit des Pfandvertrages gewusst hätten. Demnach wäre die private "Versteigerung" vom 3. Juli 1997 als kaufvertragsähnliches Geschäft zu würdigen: E. übernimmt das Hotelmobiliar zu einem "Kaufpreis" von Fr. 60'000.-. Wegen fehlender Besitzübertragung und der Unzulässigkeit der Vindikationszession sei indes die Eigentumsübertragungskette bereits hier unterbrochen.
Dieser Auffassung kann zugestimmt werden: Auch wenn man die Vereinbarung vom 3. Juli 1997 als Kaufvertrag deutete, scheitert die Gültigkeit der Eigentumsübertragung daran, dass keine Besitzübertragung bzw. kein zulässiges Traditionssurrogat vorliegt. Es kann auf die vorangehenden Erwägungen verwiesen werden (E. 4-6).
BGE 132 III 155 S. 166

7.2 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bereits an einem gültigen Eigentumserwerb am Mobiliar durch E. fehlt, so dass auch seinen Erben das Eigentum und damit der Herausgabeanspruch nicht zustehen kann. Folglich können die Kläger ihre Aktivlegitimation nicht auf eine Bevollmächtigung durch die Erbengemeinschaft stützen.
Damit kann offen bleiben, inwieweit mit dem Abtretungs- und Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 ein Verstoss gegen die Vorschriften über die Berechtigung zur Prozessvertretung vorliegt. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang eine Verletzung von kantonalem Recht geltend machen, kann ohnehin auf die Berufung nicht eingetreten werden ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ).

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