Urteilskopf
134 II 137
13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Korporation Wollerau gegen Hotel Bächau AG und Mitb., Kibag Management und Logistik sowie Departement des Innern des Kantons Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_55/2007 vom 27. Februar 2008
Regeste
Art. 93 Abs. 1 BGG
; Zwischen- und Endentscheid.
Ein Entscheid, der die Streitsache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die untere Instanz zurückwies, konnte nach der Rechtsprechung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde je nach dessen Tragweite einen Zwischen- oder einen Endentscheid darstellen (E. 1.3.1). Abgrenzung Zwischenentscheid - Endentscheid nach dem Bundesgerichtsgesetz (E. 1.3.2). Frage, ob ein Zwischenentscheid oder ein Endentscheid vorliegt, offengelassen (E. 1.3.3).
Das Departement des Innern des Kantons Schwyz legte vom 23. Juli bis zum 23. August 2004 die Schutzzonenausscheidung für die Grundwasserfassungen Bächau 1 und 2 (Schutzzonenreglement, Schutzzonenplan, hydrogeologischer Bericht) öffentlich auf. Gegen diese Schutzzonenausscheidung erhoben neben anderen Einsprechern u.a. die Hotel Bächau AG mit zwölf weiteren Mitbeteiligten sowie die Kibag Management und Logistik Einsprache. Am 15. Juli 2005 hiess das Departement des Innern die Einsprache der Kibag teilweise gut und ergänzte die Art. 5.1 b), 6.1 b) und 9 des Schutzzonenreglements. Im Übrigen wies es deren Einspache ab. Die Einsprache der Hotel Bächau AG und Mitbeteiligte wies das Departement mit Entscheid vom 31. August 2005 ab, soweit es darauf eintrat.
BGE 134 II 137 S. 138
Gegen diese Einspracheentscheide erhoben die Kibag sowie die Hotel Bächau AG und Mitbeteiligte Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Schwyz. Dieser vereinigte die Beschwerdeverfahren und hiess die Beschwerden mit Beschluss vom 30. Mai 2006 teilweise gut. Er hob Art. 6.1 lit. a des Schutzzonenreglements auf und wies die Angelegenheit zur Überarbeitung dieser Bestimmung an das Departement des Innern zurück. Im Übrigen wies er die Beschwerden ab.
Die Hotel Bächau AG und Mitbeteiligte sowie die Kibag zogen diesen Regierungsratsentscheid an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz weiter. Dieses hiess die Beschwerden mit Entscheid vom 22. Februar 2007 teilweise gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den Regierungsratsbeschluss vom 30. Mai 2006 sowie die Einspracheentscheide des Departements des Innern vom 15. Juli 2005 und 31. August 2005 auf und wies die Sache an das Departement des Innern zurück, damit dieses im Sinne der Erwägungen verfahre. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts muss gestützt auf das übergeordnete Gewässerschutzrecht das hydrogeologische Gutachten überarbeitet und aktualisiert werden, damit der Weiterbestand der Grundwasserfassungen Bächau 1 und 2 und der dazugehörigen Schutzzone beurteilt werden kann. Es seien ein Gefahrenkataster (Konfliktplan) und ein Massnahmenplan zu erstellen. Aufgrund der neuen bzw. ergänzten Unterlagen habe das Departement des Innern in Zusammenarbeit mit der Korporation Wollerau und der kantonalen Gewässerschutzfachstelle die bestehenden Grundwasserschutzzonen und das Schutzzonenreglement anzupassen und erneut öffentlich aufzulegen.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. März 2007 beantragt die Korporation Wollerau im Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2007 sei aufzuheben und der Beschluss des Regierungsrats vom 30. Mai 2006 zu bestätigen. Sie rügt eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs (
Art. 29 Abs. 2 BV
) und die Verletzung des Gewässerschutzrechts des Bundes.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintreten kann.
Aus den Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen (
Art. 29 Abs. 1 BGG
;
BGE 133 II 249
E. 1.1 S. 251).
1.1
Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (
Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG
). Ihm liegt ein Beschwerdeverfahren betreffend die Ausscheidung von Grundwasserschutzzonen im Sinne von Art. 20 des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG; SR 814.20) und damit eine öffentlich- rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Das Bundesgerichtsgesetz enthält auf dem Gebiet des Gewässerschutzrechts keinen Ausschlussgrund von der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (
Art. 82 lit. a und
Art. 83 BGG
).
1.2
Die Korporation Wollerau ist eine Genossenschaft des kantonalen öffentlichen Rechts und als solche Trägerin der Wasserversorgung, zu welcher die umstrittenen Grundwasserfassungen Bächau 1 und 2 gehören. Sie ist gemäss
Art. 89 Abs. 1 BGG
zur Beschwerde berechtigt. Sie war am kantonalen Verfahren beteiligt, wird durch den angefochtenen Entscheid in ihren hoheitlichen Befugnissen und Aufgaben (vgl.
Art. 20 Abs. 2 GSchG
) berührt und hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts (vgl.
BGE 133 II 249
E. 1.3.1 S. 253;
BGE 131 II 58
E. 1.3 S. 62;
BGE 124 II 293
E. 3b S. 304;
BGE 123 II 371
E. 2c S. 374 f.; Urteil des Bundesgerichts 1C_14/2007 vom 9. Oktober 2007, E. 2.2, je mit zahlreichen Hinweisen).
1.3
Mit dem angefochtenen Urteil weist das Verwaltungsgericht die Sache an das Departement des Innern zur neuen Beurteilung aufgrund eines überarbeiteten und aktualisierten Gutachtens zurück. Ausserdem liegt dem angefochtenen Urteil ein Entscheid des Regierungsrats zu Grunde, mit welchem die Sache zur Überarbeitung des Schutzzonenreglements an das Departement des Innern zurückgewiesen wurde. Mit der Rückweisung der Angelegenheit an das Departement zur neuen Beurteilung wird das Verfahren nicht abgeschlossen.
1.3.1
Entscheide der vorliegenden Art wurden nach der früheren Praxis des Bundesgerichts zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde als Endentscheide betrachtet, soweit mit dem Rückweisungsentscheid eine Grundsatzfrage entschieden und die Sache zur näheren Abklärung an die Vorinstanz zurückgewiesen wurde (Urteile des Bundesgerichts 1A.6/2007 vom 6. September 2007, E. 2, und 1A.33/2007 vom 22. Oktober 2007, E. 2;
BGE 133 V 477
E. 3.1 S. 279;
BGE 132 II 10
E. 1 S. 13;
BGE 130 II 321
E. 1 S. 324;
BGE 129 II 286
E. 4.2 S. 291;
BGE 120 Ib 97
BGE 134 II 137 S. 140
E. 1b S. 99;
BGE 118 Ib 196
E. 1b S. 198;
BGE 117 Ib 325
E. 1b S. 327). Enthielt der Rückweisungsentscheid hingegen materiell keine verbindlichen Vorgaben und präjudizierte er damit den neu zu treffenden Entscheid nicht, so handelte es sich um einen Zwischenentscheid, dessen Anfechtung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil tatsächlicher Natur voraussetzte. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil musste nicht rechtlicher Natur sein, vielmehr reichte ein bloss wirtschaftliches Interesse aus, sofern es dem Beschwerdeführer bei der Anfechtung einer Zwischenverfügung nicht lediglich darum ging, eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu verhindern (
BGE 127 II 132
E. 2 S. 136;
BGE 120 Ib 97
E. S. 100;
BGE 116 Ib 344
E. 1c S. 347 f.). Der Beschwerdeführer trug insofern die Beweislast (
BGE 125 II 613
E. 2a S. 620).
1.3.2
Im Rahmen der Rechtsprechung zum neuen Bundesgerichtsgesetz hat das Bundesgericht entschieden, dass materiellrechtliche Grundsatzentscheide, die einen Teilaspekt einer Streitsache (z.B. eine von mehreren materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen) beantworten und bisher in der verwaltungsrechtlichen Praxis des Bundesgerichts als (Teil-)Endentscheide betrachtet wurden, nach der Systematik des BGG nicht als Teil-, sondern als materiellrechtliche Zwischenentscheide gelten. Dem prozessökonomischen Anliegen, welches bisher mit der Qualifikation von Entscheiden über materielle Teilfragen als Teilendentscheide verfolgt wurde, könne im Rahmen der Anwendung von
Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG
("wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde") Rechnung getragen werden (
BGE 133 V 477
E. 4.1.3 S. 481 mit Hinweisen). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung betrachtet hingegen namentlich Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Entscheide über die definitive oder provisorische Rechtsöffnung sowie Entscheide in Eheschutzsachen vor dem Hintergrund des entsprechenden materiellen Rechts als Endentscheide im Sinne von
Art. 90 BGG
(
BGE 133 III 350
E. 1.2,
BGE 133 III 393
E. 4 S. 395 f., 399 E. 1.4). Ob selbständige Entscheide über die UVP-Pflicht eines grösseren Bauvorhabens (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1A.33/2007 vom 22. Oktober 2007, E. 2) oder der Einleitungs- bzw. Zuteilungsbeschluss bei einem Quartierplan- oder Landumlegungsverfahren (vgl.
BGE 117 Ia 412
E. 1a S. 414) im Lichte der
Art. 90 ff. BGG
weiterhin den Endentscheiden
BGE 134 II 137 S. 141
gleichzustellen sind, hatte das Bundesgericht bisher noch nicht zu beurteilen.
1.3.3
Wäre vorliegend in Anwendung der erwähnten Rechtsprechung gemäss
BGE 133 V 477
E. 4.1.3 S. 481 von einem Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 BGG
auszugehen, so wäre die Beschwerde nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ob wegen der von der Vorinstanz verlangten zusätzlichen Abklärungen und Verfahren ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne der Rechtsprechung vorliegt, ist unklar. Die diesbezüglich äusserst knappen Angaben der Beschwerdeführerin dürften jedenfalls den Anforderungen von
Art. 42 Abs. 2 BGG
kaum genügen. Keineswegs könnte mit einer Gutheissung der Beschwerde sofort ein Endentscheid im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG
herbeigeführt werden. Nach dem Entscheid des Regierungsrats vom 30. Mai 2006, dessen Bestätigung die Beschwerdeführerin ausdrücklich verlangt, muss das Departement des Innern Art. 6.1 lit. a des Schutzzonenreglements ohnehin noch überarbeiten. Indessen ist davon auszugehen, das die nach dem angefochtenen Entscheid verlangte Überarbeitung, Aktualisierung und Ergänzung der Unterlagen sowie erneute Durchführung des Auflageverfahrens zu einem weitläufigen Beweisverfahren mit erheblichem Mehraufwand und weiteren Verzögerungen führen dürfte (zum Begründungserfordernis vgl.
BGE 133 III 629
E. 2.4.2 S. 633 sowie die frühere Rechtsprechung zu
Art. 50 Abs. 1 OG
in
BGE 118 II 91
E. 1a S. 92). Die Zulässigkeit der Beschwerde unter dem Gesichtswinkel von
Art. 93 BGG
kann jedoch im vorliegenden Verfahren offenbleiben, da die Beschwerde - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt - ohnehin abgewiesen werden müsste.