Urteilskopf
135 V 80
11. Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. U. und B. gegen Stiftung Auffangeinrichtung BVG und G. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_550/2008 vom 12. Dezember 2008
Regeste
Art. 20a Abs. 1 und 2 BVG
;
Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV
;
Art. 26 Abs. 1 FZG
; Anwendbarkeit der Begünstigungsregelung nach BVG auf Freizügigkeitsleistungen.
Die Begünstigungsregelungen bei Hinterlassenenleistungen der Vorsorgeeinrichtungen nach
Art. 20a BVG
und bei Freizügigkeitsleistungen nach
Art. 15 FZV
betreffen unterschiedliche Sachverhalte. Der in
Art. 20a Abs. 2 BVG
vorgesehene Ausschluss von Hinterlassenenleistungen bei Bezug einer Witwer- oder Witwenrente ist nicht auch auf Freizügigkeitsleistungen anzuwenden (E. 3.4).
A.
Der 1945 geborene A. verstarb am 31. Mai 2006. Er hinterliess als gesetzliche Erbinnen seine beiden volljährigen Töchter U. und B. Während rund sechs Jahren vor seinem Tod hatte er im Konkubinat mit G. gelebt. Der Versicherte hatte bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG (nachfolgend: Auffangeinrichtung) ein Freizügigkeitskonto unterhalten. Nach seinem Tod ersuchten die beiden Töchter die Auffangeinrichtung, ihnen das Freizügigkeitsguthaben auszuzahlen. Diese stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, anspruchsberechtigt sei G. als frühere Lebenspartnerin und verweigerte die Auszahlung an die Töchter.
B.
Die von U. und B. gegen die Auffangeinrichtung erhobene Klage auf Herausgabe des Freizügigkeitsguthabens wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern nach Beiladung der G. mit Entscheid vom 11. Juni 2008 ab.
C.
U. und B. erheben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei G. zu verpflichten, ihnen die Freizügigkeitsleistung aus dem bei der Auffangeinrichtung geführten Freizügigkeitskonto ihres verstorbenen Vaters auszurichten, nebst Zins ab 19. Juni 2007.
Die Auffangeinrichtung und G. beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliesst auf deren Gutheissung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.1
Es ist unbestritten, dass der Verstorbene bei der Auffangeinrichtung ein Freizügigkeitskonto im Sinne von
Art. 10 Abs. 1 FZV
BGE 135 V 80 S. 82
(SR 831.425) unterhalten hatte. Umstritten ist einzig die Rechtsfrage, ob das auf diesem Konto vorhandene Kapital den Töchtern des Verstorbenen oder seiner ehemaligen Lebenspartnerin zusteht.
1.2
Gestützt auf die Gesetzesdelegation von
Art. 26 Abs. 1 FZG
(SR 831.42) hat der Bundesrat in den
Art. 10-19 FZV
die Erhaltung des Vorsorgeschutzes geregelt, falls der Versicherte nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintritt (
Art. 4 Abs. 1 und 2 FZG
).
Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV
(nebst dem - soweit hier von Interesse - gleichlautenden Art. 8 Abs. 2 des Reglements der Stiftung Auffangeinrichtung BVG über die Führung der Freizügigkeitskonten), bezeichnet die begünstigten Personen im Todesfall des Versicherten. Begünstigt sind in erster Linie die (hier nicht vorhandenen) Hinterlassenen im Sinne von
Art. 19, 19a und 20 BVG
(SR 831.40), in zweiter Linie u.a. die Person, die mit der versicherten Person in den letzten fünf Jahren bis zu ihrem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat (was unbestritten auf die Beschwerdegegnerin 2 zutrifft), und in dritter Linie u.a. die Kinder des Verstorbenen, welche die Voraussetzungen von
Art. 20 BVG
nicht erfüllen. Nach dem klaren Wortlaut von
Art. 15 FZV
hat somit die Beschwerdegegnerin 2 vor den Beschwerdeführerinnen Anspruch auf die Leistung.
1.3
Die Beschwerdeführerinnen berufen sich auf
Art. 20a BVG
, welcher die Begünstigung durch Hinterlassenenleistungen nach BVG regelt. Danach können u.a. die Person, die mit dem Versicherten in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat (Abs. 1 lit. a), beim Fehlen von in dieser Bestimmung genannten Personen u.a. die Kinder des Verstorbenen, welche die Voraussetzungen von
Art. 20 BVG
nicht erfüllen (Abs. 1 lit. b), als Begünstigte vorgesehen werden. Insoweit stimmt die Regelung in
Art. 20a Abs. 1 BVG
überein mit derjenigen in
Art. 15 FZV
. Indessen hat
Art. 20a BVG
noch einen zweiten Absatz mit folgendem Wortlaut: "Kein Anspruch auf Hinterlassenenleistungen nach Absatz 1 Buchstabe a besteht, wenn die begünstigte Person eine Witwer- oder Witwenrente bezieht." Es ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin 2 eine Witwenrente der AHV sowie der beruflichen Vorsorge bezieht und somit nach
Art. 20a Abs. 2 BVG
keinen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen hätte, mit der Konsequenz, dass dieser den Beschwerdeführerinnen zustünde. In
Art. 15 FZV
fehlt jedoch eine zu
Art. 20a Abs. 2 BVG
analoge Bestimmung. Die Beschwerdeführerinnen sind der Ansicht,
BGE 135 V 80 S. 83
dass
Art. 20a Abs. 2 BVG
direkt oder analog auch für die Begünstigung im Rahmen von Freizügigkeitseinrichtungen anwendbar sei.
2.1
Art. 20a BVG
und
Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV
haben insofern das gleiche Regelungsthema, als es bei beiden Bestimmungen darum geht, diejenigen Personen zu bezeichnen, denen beim Tod einer versicherten Person die Mittel aus der beruflichen Vorsorge zukommen sollen. Auch die Freizügigkeitseinrichtungen gehören zur beruflichen Vorsorge im weiteren Sinne (vgl.
Art. 1 Abs. 1 FZG
;
BGE 129 III 305
E. 3.3 S. 312). Das Bundesgericht hat denn auch im Zusammenhang mit Todesfallleistungen bisweilen gleichermassen die Bestimmungen von BVG und Reglement wie diejenigen von
Art. 15 FZV
herangezogen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 92/04 vom 27. Oktober 2005 E. 2.2 und 5.1), eine Parallelität zwischen
Art. 20a BVG
und
Art. 15 FZV
angenommen (
BGE 134 V 369
E. 6.3 S. 376 ff., allerdings nicht mit Bezug auf den hier streitigen Abs. 2 von
Art. 20a BVG
) oder mit Rücksicht auf die ähnliche Zielsetzung von BVG-Hinterlassenenvorsorge und Erhaltung des Vorsorgeschutzes durch Freizügigkeitseinrichtungen beide Situationen gleich behandelt (
BGE 129 III 305
E. 3.3 S. 312). Trotzdem regeln die beiden Bestimmungen unterschiedliche Sachverhalte.
Art. 20a Abs. 2 BVG
kann deshalb nicht direkt auf die in
Art. 15 FZV
geregelte Begünstigung im Rahmen von Freizügigkeitskonten angewendet werden. Dass die eine Bestimmung in einem formellen Gesetz, die andere jedoch nur in einer Verordnung steht, ändert daran nichts, da die Regeln der Normenhierarchie nur zum Tragen kommen, wenn überhaupt eine Kollision zwischen zwei Normen vorliegt. Dies setzt voraus, dass beide Normen die gleiche Rechtsfrage unterschiedlich beantworten (HANSJÖRG SEILER, Einführung in das Recht, 2. Aufl. 2004, S. 135). Das ist hier aufgrund der unterschiedlichen geregelten Sachverhalte nicht der Fall. Dass die Auffangeinrichtung in
Art. 60 Abs. 1 BVG
als Vorsorgeeinrichtung bezeichnet wird, ist unerheblich: Das bezieht sich nur auf den Umstand, dass sie gemäss
Art. 60 Abs. 2 BVG
Aufgaben wahrnimmt, die grundsätzlich von Vorsorgeeinrichtungen wahrzunehmen sind; davon sind die ihr durch
Art. 4 Abs. 2 FZG
übertragenen Aufgaben zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes zu unterscheiden. Insoweit ist die Auffangeinrichtung nicht als Vorsorge-, sondern als Freizügigkeitseinrichtung tätig (
Art. 4 Abs. 3 FZG
).
BGE 135 V 80 S. 84
2.2
Vorliegend ist somit
Art. 15 FZV
anwendbar. Dessen Wortlaut ist in Bezug auf die Frage nach der Anspruchsberechtigung eindeutig (E. 1.2). Zutreffend hat die Vorinstanz auch erkannt, dass die Regelung von
Art. 15 FZV
diesbezüglich keine Lücke aufweist: Sie gibt auf die gestellte Frage eine klare Antwort, welche jedenfalls für sich allein nicht als sachlich unhaltbar betrachtet werden kann. Fragen kann sich höchstens, ob die Bestimmung - wie die Beschwerdeführerinnen und das BSV annehmen - richterlicher Korrektur bedarf, weil sie inhaltlich von der in
Art. 20a Abs. 2 BVG
getroffenen Regelung abweicht.
2.3
Zu Recht stellen die Beschwerdeführerinnen die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass von
Art. 15 FZV
nicht generell in Frage: Diese Zuständigkeit ergibt sich aus
Art. 26 Abs. 1 FZG
(E. 1.2), welcher eine hinreichende formellgesetzliche Grundlage für die in
Art. 15 FZV
getroffene Regelung bildet (
BGE 129 III 305
E. 3.4 S. 313 f.). Fraglich ist, ob der Verordnungsgeber ermächtigt war, inhaltlich von derjenigen Regelung abzuweichen, welche der Gesetzgeber für die analoge Situation in
Art. 20a Abs. 2 BVG
getroffen hat. Wie ausgeführt, ist dies nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Gesetz höherrangig ist als die Verordnung (E. 2.1). So ist es z.B. nicht zu beanstanden, dass die in
Art. 15 FZV
getroffene Begünstigungsregelung nicht mit der im formellen Gesetz enthaltenen erbrechtlichen Regelung übereinstimmt (
BGE 129 III 305
E. 3.4 S. 314). Hingegen muss die Bestimmung von
Art. 20a Abs. 2 BVG
dann für den Verordnungsgeber massgebend sein, wenn aus ihrer Auslegung hervorgeht, dass sie in Wirklichkeit auch auf Freizügigkeitsleistungen anwendbar sein soll, oder wenn eine unterschiedliche Regelung dem verfassungsmässigen Rechtsgleichheitsgebot (
Art. 8 Abs. 1 BV
) widerspricht.
3.
Aus Entstehungsgeschichte und Systematik geht hervor, dass die Begünstigungsregelung nach BVG und diejenige nach FZV nicht völlig deckungsgleich waren und sind:
3.1
Das BVG kannte in seiner ursprünglichen Fassung im Obligatorium nur Witwen- und Waisenrenten (
Art. 19 und 20 BVG
in der ursprünglichen Fassung). Die aArt. 27 ff. BVG gewährten einen Freizügigkeitsanspruch im Rahmen des BVG-Obligatoriums. Nach aArt. 29 Abs. 3 BVG war der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder in anderer gleichwertiger Form zu erhalten, wenn der Betrag weder einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen noch
BGE 135 V 80 S. 85
in der alten belassen werden konnte. Gemäss aArt. 29 Abs. 4 BVG hatte der Bundesrat die Kompetenz, die Errichtung, den Inhalt und die Rechtswirkungen der Freizügigkeitspolicen und anderer Formen der Erhaltung des Vorsorgeschutzes zu regeln. Gestützt darauf erliess er die Verordnung vom 12. November 1986 über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit (aFZV; AS 1986 2008). Diese benannte in Art. 6 die begünstigten Personen, wozu im Todesfall des Versicherten nebst den Hinterlassenen gemäss den aArt. 18-22 BVG (Witwen und Waisen) auch weitere Personen gehörten, namentlich die übrigen Kinder sowie Personen, die vom Vorsorgenehmer in erheblichem Masse unterstützt worden sind (Abs. 1 lit. b Ziff. 2). Die Begünstigungsregelung bei Freizügigkeitsleistungen wich also erheblich von derjenigen nach BVG ab. Freilich konnten die Vorsorgeeinrichtungen reglementarisch auch Hinterlassenenleistungen an weitere Berechtigte vorsehen (vgl.
BGE 117 V 309
), doch brauchten solche Regelungen nicht zwingend mit derjenigen von
Art. 6 aFZV
übereinzustimmen.
3.2
Mit dem Inkrafttreten des FZG am 1. Januar 1995 wurden die aArt. 27-30 BVG aufgehoben. Die (jetzt für obligatorische und weitergehende Vorsorge geltende) Erhaltung des Vorsorgeschutzes wurde nunmehr in
Art. 4 FZG
geregelt und die Kompetenz zur näheren Regelung mit
Art. 26 Abs. 1 FZG
an den Bundesrat delegiert. Gemäss
Art. 15 FZV
in der ursprünglichen Fassung wurden die Hinterlassenen nach BVG sowie der Witwer und im Nachgang dazu die natürlichen Personen, die von den Versicherten in erheblicher Weise unterstützt worden sind, sodann die übrigen gesetzlichen Erben unter Ausschluss des Gemeinwesens als begünstigt erklärt. Auch hier wich also die Begünstigungsregelung nach FZV wesentlich von derjenigen nach BVG-Obligatorium ab. Von Gesetzes wegen hatten Kinder ohne Anspruch auf Waisenrenten sowie Konkubinatspartner keine Berechtigung hinsichtlich berufsvorsorgerechtlicher Hinterlassenenleistungen, während sie in Bezug auf die Leistungen aus einer Freizügigkeitseinrichtung begünstigt waren. Das Eidg. Versicherungsgericht erkannte, dass sich diese unterschiedliche Regelung mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot nicht beanstanden lässt (RKUV 2004 S. 578, U 104/03 E. 3.4). Freilich konnten die Vorsorgeeinrichtungen im überobligatorischen Bereich den Kreis der durch Hinterlassenenleistungen Begünstigten ausdehnen, doch waren sie in der Bezeichnung dieser Personen in den allgemeinen Schranken frei (
BGE 129 V 145
E. 3 und 4 S. 147 ff.;
BGE 135 V 80 S. 86
SZS 2006 S. 359, B 103/04 E. 3.1.2) und die reglementarische bzw. vertragliche Regelung brauchte nach wie vor nicht zwingend mit derjenigen von
Art. 15 FZV
übereinzustimmen (vgl.
BGE 131 V 27
E. 3.2 S. 30; SZS 2007 S. 563, B 117/05 E. 4.1; 2006 S. 358, B 92/04 E. 3.1; 1998 S. 72, B 34/96 E. 2a).
3.3
Mit der 1. BVG-Revision wurde
Art. 20a BVG
eingeführt. Damit sollten im Bereich des Überobligatoriums die Hinterlassenenleistungen für nicht verheiratete Lebenspartner verbessert und der Kreis der begünstigten Personen vereinheitlicht werden (Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des BVG, BBl 2000 2683 f. Ziff. 2.9.6). In diesem Zusammenhang führte der Bundesrat in der Botschaft aus: "Der Kreis der begünstigten Personen wird neu im Artikel 20a BVG definiert. Diese Definition soll einheitlich für die überobligatorische berufliche Vorsorge und für den Freizügigkeitsbereich gelten" (BBl 2000 2684 Ziff. 2.9.6.3). Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens von
Art. 20a BVG
am 1. Januar 2005 setzte der Bundesrat auch die geänderte Fassung von
Art. 15 FZV
sowie eine entsprechend geänderte Fassung von
Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 13. November 1985 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3; SR 831.461.3)
in Kraft (AS 2004 4649 f.).
3.4
Daraus lässt sich schliessen, dass eine Harmonisierung zwischen BVG und FZV angestrebt war (vgl. auch BRECHBÜHL/SCHNYDER, Änderungen bei den Leistungen der beruflichen Vorsorge, SZS 2005 S. 43). In diesem Lichte erschiene es in der Tat kohärenter, wenn der Bundesrat die Regelung von
Art. 20a Abs. 2 BVG
auch in
Art. 15 FZV
aufgenommen hätte. Dennoch erscheint es zweifelhaft, ob dies geradezu zwingend war. Trotz der angestrebten Harmonisierung unterscheidet sich nämlich die Begünstigungsregelung nach BVG nach wie vor in verschiedener Hinsicht gewollt von derjenigen nach FZV: So enthält Art. 20a Abs. 1 lit. c Ziff. 1 und 2 BVG eine betragsmässige Beschränkung, die in
Art. 15 FZV
weder in der bisherigen noch in der revidierten Fassung enthalten ist (vgl. MARKUS MOSER, Die Lebenspartnerschaft in der beruflichen Vorsorge nach geltendem und künftigem Recht, AJP 2004 S. 1510). Sodann betrifft die Begünstigungsregelung von
Art. 20a BVG
keine obligatorische BVG-Leistung (BBl 2000 2684 Ziff. 2.9.6.3; MOSER, a.a.O., S. 1510). Es ist den Vorsorgeeinrichtungen überlassen, ob sie eine solche Regelung vorsehen. Machen sie davon Gebrauch, ist zwar
Art. 20a BVG
insofern abschliessend, als der darin definierte
BGE 135 V 80 S. 87
Begünstigtenkreis nicht erweitert und ihre Reihenfolge nicht verändert werden kann (vgl.
Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG
;
Art. 89
bis
Abs. 6 Ziff. 3 ZGB
), doch kann davon abgewichen werden, indem die Vorsorgeeinrichtung die Begünstigung auf einzelne der in Art. 20a Abs. 1 genannten Gruppen beschränken kann (WILLI LÖTSCHER, Die neuen Begünstigungsmöglichkeiten in der beruflichen Vorsorge nach der 1. BVG- Revision, HAVE 2005 S. 163; MOSER, a.a.O., S. 1511; RIEMER/RIEMER-KAFKA, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, S. 119 f.; HANS-ULRICH STAUFFER, Überblick über die wesentlichen Neuerungen im Hinblick auf die juristische Alltagsarbeit, in: Die 1. BVG-Revision, 2005, S. 38; ISABELLE VETTER, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 81). Es ist also ohne weiteres möglich, dass nach
Art. 15 FZV
begünstigte Personen von Hinterlassenenleistungen der Vorsorgeeinrichtung ganz oder teilweise ausgeschlossen sind. Das trifft insbesondere auf volljährige Kinder - mithin auf den Fall der Beschwerdeführerinnen - zu. Dass solche überhaupt begünstigt sind, ist an sich vom Vorsorgegedanken der beruflichen Vorsorge her atypisch. Es lässt sich bei Freizügigkeitseinrichtungen dadurch rechtfertigen, dass diese im Unterschied zu den Vorsorgeeinrichtungen weder den Grundsätzen der Planmässigkeit und Angemessenheit noch dem Kollektivitätsprinzip unterstehen und insofern eine gewisse Nähe zur gebundenen Selbstvorsorge besteht, weshalb das Kapital beim Tod des Versicherten nicht bei der Freizügigkeitseinrichtung verbleibt (
BGE 129 III 305
E. 3.2 S. 312). Soweit erwachsene Nachkommen begünstigt sind, sind sie dies in den meisten Konstellationen nachrangig gegenüber der überlebenden Konkubinatspartnerin, nämlich in den Fällen von
Art. 15 FZV
sowie von
Art. 20a BVG
, sofern die Lebenspartnerin keine Witwenrente bezieht. Der in
Art. 20a Abs. 2 BVG
geregelte Fall ist damit im ganzen System eine Ausnahme, welche eine Kumulation von Hinterlassenenleistungen verhindern will (BBl 2000 2691); dies ist wiederum eine spezifisch vorsorgerechtliche (im engeren Sinne) Überlegung und muss für die Leistungen von Freizügigkeitseinrichtungen nicht zwingend gleichermassen gelten.
Hinzu kommt, dass die Regelung von
Art. 20a Abs. 2 BVG
ihrerseits umstrittene Fragen aufwirft und unklar ist, wie weit sie überhaupt zwingend ist oder nicht doch gewisse Begünstigungen in Form einer Kapitalabfindung zulässt (REGINA AEBI-MÜLLER, Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, 2. Aufl. 2007, S. 256; LÖTSCHER, a.a.O., S. 164; MOSER, a.a.O., S. 1509 ff.; GÄCHTER/
BGE 135 V 80 S. 88
SCHWENDENER, Nichteheliche Lebensgemeinschaften im Sozialversicherungsrecht, Fampra.ch 2005 S. 858; RIEMER/RIEMER-KAFKA, a.a.O., S. 120; Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 79 des BSV vom 27. Januar 2005, S. 9 [
http://www.sozialversicherungen.admin.ch
]). Dies spricht ebenfalls dagegen,
Art. 20a Abs. 2 BVG
entgegen dem klaren Wortlaut von
Art. 15 FZV
auch auf Freizügigkeitseinrichtungen anzuwenden. Die unterschiedliche Regelung verstösst nach dem Gesagten auch nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot (
Art. 8 Abs. 1 BV
).
4.
Die unterliegenden Beschwerdeführerinnen tragen die Kosten des Verfahrens (
Art. 66 Abs. 1 BGG
) und haben der Beschwerdegegnerin 2 eine dem Aufwand entsprechende Parteientschädigung auszurichten (
Art. 68 Abs. 2 BGG
). Die Beschwerdegegnerin 1 hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (
Art. 68 Abs. 3 BGG
).