Urteilskopf
141 II 411
31. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schulpflege B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_366/2014 vom 1. Dezember 2015
Regeste
Art. 8 Abs. 3 BV
in Verbindung mit
Art. 3 GlG
; (Lohn-)Gleichstellung von Mann und Frau; geschlechtsmässige Identifikation des Primarlehrberufs im Kanton Aargau.
Ausführungen zum allgemeinen Rechtsgleichheitsgebot nach
Art. 8 Abs. 1 BV
(E. 6.1.1), zum Anspruch von Frau und Mann auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit im Sinne von
Art. 8 Abs. 3 BV
in Verbindung mit
Art. 3 GlG
(E. 6.1.2) sowie zu der im Hinblick auf die Überprüfung einer möglichen (indirekten) lohnmässigen Geschlechtsdiskriminierung erforderlichen Tatbestandsvoraussetzung der geschlechtsspezifischen Identifizierung der fraglichen beruflichen Funktion (E. 6.1.3, 6.2-6.5). Bis anhin war der Primarlehrberuf stets als geschlechtsneutrale Referenztätigkeit zu typisch weiblichen Berufen angerufen und zugelassen worden (E. 7). Der Frauenanteil unter den aargauischen Lehrpersonen Primarstufe liegt aktuell deutlich über 70 % (E. 8.1). Weist eine Berufssparte im massgeblichen Beurteilungszeitpunkt auf Grund eines langjährigen Prozesses in quantitativer Hinsicht eine klare Ausprägung auf, tritt ein allfälliges historisches Element bei der Beurteilung der geschlechtsmässigen Identifizierung in den Hintergrund (E. 8.2.1). In Anbetracht des kontinuierlichen, konstanten Charakters dieser Entwicklung namentlich in den letzten zwanzig Jahren, welcher die Annahme eines bloss kurzzeitigen Phänomens ausschliesst, ist der Beruf der Primarlehrkraft im Kanton Aargau als frauenspezifisch zu qualifizieren (E. 9). Damit wird die Möglichkeit und Verpflichtung geschaffen, dessen Entlöhnung unter dem Aspekt der besoldungsmässigen Geschlechtsdiskriminierung insbesondere auf allfällige sachlich nicht erklärbare bzw. diskriminierende Faktoren hin zu überprüfen, zu welchem Zweck die Angelegenheit an das vorinstanzliche Gericht zurückgewiesen wird (E. 9.2 und 10).
A.a
Die 1960 geborene A. ist als Primarlehrerin an der Schule B. tätig. Mit Verfügung vom 1. Mai 2012 reihte die Schulpflege B. sie in die Lohnstufe 5 ein, wobei der Verdienst ab 1. Januar 2012 auf brutto Fr. 115'727.- (bei einem Pensum von 100 %) bzw. Fr. 61'996.60 (bei einem effektiven Beschäftigungsgrad von 53,57 %) festgelegt wurde.
A.b
In der Folge gelangte sie - samt zahlreichen anderen Lehrpersonen Kindergarten bzw. Primarstufe/Einschulungsklasse sowie dem Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverband - an die Schlichtungskommission für Personalfragen. Sie liess im Wesentlichen beantragen, die Schlichtungsstelle habe festzustellen, dass die Lohneinstufung geschlechtsdiskriminierend erfolgt sei, und den Anstellungsbehörden sei auf dieser Basis zu empfehlen, die Differenz zwischen dem Verdienst bei einer diskriminierungsfreien Neueinstufung und dem effektiv ausgerichteten Lohn (nach Abzug der gesetzlichen Sozialbeiträge zuzüglich Verzugszins von 5 % ab jeweiliger Fälligkeit, rückwirkend ab 1. August 2011) nachzuzahlen. Die Empfehlung der Schlichtungskommission vom 29. Oktober 2012, welche sämtliche der parallel eingereichten Gesuche gemeinsam behandelte, lautete wie folgt: "Da eine diskriminierungsfreie und somit verfassungskonforme Einstufung der Funktionen Kindergarten und Primarstufe/Einschulungsklasse, sogenannt typische Frauenberufe, in die dafür vorgesehenen Lohnstufen 2 und 5 nicht mit Sicherheit bestätigt werden kann, sei das Vektorenmodell zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten. Auf die Perpetuierung einer möglichen Diskriminierung durch Rückgriff auf altrechtliche Studiengänge im Vektor "Ist-Lohn" sei zu verzichten und es sei sicherzustellen, dass beim Vektor "Marktlohn" die Vergleichslöhne der beigezogenen Referenzkantone ihrerseits diskriminierungsfrei sind. Die
BGE 141 II 411 S. 414
Vergleichbarkeit zwischen den beiden geltenden Lohnsystemen sei wiederherzustellen. Nötigenfalls sei im Rahmen des rechtlichen Gehörs der Gesuchstellenden ein Arbeitsgutachten einzuholen. Allfällige sich daraus ergebende Lohnunterschiede und Neueinstufungen sind für die Gesuchstellenden rückwirkend ab 1.08.2011 auszugleichen und zu vollziehen."
A.c
Das Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau (BKS) bestätigte daraufhin die von den Gesuchstellenden angefochtenen Lohnverfügungen (Verfügung vom 18. März 2013).
B.a
Mit dagegen eingereichter Beschwerde stellte A. zusammen mit 87 weiteren Lehrpersonen Kindergarten bzw. Primarstufe/Einschulungsklasse sowie dem Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverband beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau den Antrag, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei festzustellen, dass die beschwerdeführenden Lehrpersonen bezüglich der Funktionen Kindergarten und Primarstufe/Einschulungsklasse lohnmässig in geschlechtsdiskriminierender Weise im Sinne von
Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV
und
Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151.1)
eingereiht worden seien. Die betroffenen Anstellungsbehörden seien deshalb zu verpflichten, den beschwerdeführenden Lehrpersonen die vom Personaldienst Lehrpersonen des BKS zu berechnende summenmässige Differenz zwischen den Bruttolöhnen, die sie auf Grund einer diskriminierungsfreien Neueinstufung in eine höhere Lohnstufe zu beanspruchen vermöchten, und jenen Bruttolöhnen, welche ihnen auf der Basis der angefochtenen bisherigen Lohnstufen zustünden (zuzüglich allfälliger Lohnerhöhungen etc.), nach Abzug der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich eines Verzugszinses von 5 % ab jeweiliger Fälligkeit, rückwirkend ab 1. August 2011, zu bezahlen. Ferner sei in formeller Hinsicht ein Arbeitsgutachten gerichtlich einzuholen, welches sich zu den Lohnunterschieden zwischen einerseits der Funktion Kindergarten und Primarstufe/Einschulungsklasse und anderseits vergleichbaren Funktionen von Angestellten der kantonalen Verwaltung äussere. Auch habe es zur Frage Stellung zu nehmen, ob und inwieweit die Ergebnisse der Arbeitsbewertung nach Katz und Baitsch (System der analytischen Bewertung von Arbeitstätigkeiten nach Katz und Baitsch [ABAKABA]) durch die im Vergleich zum Lohnsystem der Angestellten der kantonalen Verwaltung ungleiche Umsetzung bei den
BGE 141 II 411 S. 415
Lehrpersonen (durch das sog. Vektorenmodell) zum Nachteil der Funktionen Kindergarten und Primarstufe/Einschulungsklasse verändert worden seien. Verfahrensrechtlich wurde um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung ersucht, zu der auch Dr. C. als Experte einzuladen sei.
B.b
Das angerufene Gericht sistierte mit Verfügungen vom 2. Juli 2013 sämtliche Verfahren ausser denjenigen betreffend A. (Primarlehrerin) und D. (Kindergärtnerin). Am 27. November 2013 führte es eine Verhandlung durch, bei welcher die Beteiligten sowie Dr. C. als sachverständiger Zeuge angehört wurden. Mit gleichentags ergangenem Entscheid wies es die Beschwerde von A. ab, soweit es darauf eintrat. Die D. betreffende Beschwerde wurde mit Entscheid WBE.2013.151 vom 29. Januar 2014 teilweise gutgeheissen, die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Schulpflege zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
C.
A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung von Ziff. 1 (Beschwerdeabweisung) und 4 (Parteikostenverlegung) des vorinstanzlichen Entscheids vom 27. November 2013 sei die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) schliesst in seiner Stellungnahme auf Gutheissung der Rechtsvorkehr, wohingegen das BKS um deren Abweisung ersucht.
D.
Das Bundesgericht hat am 1. Dezember 2015 eine öffentliche Beratung durchgeführt.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
4.1
Der aargauische Gesetzgeber hat im Rahmen der Neufestsetzung der Besoldung des gesamten kantonalen Personals einschliesslich aller Lehrkräfte die Bewertung der verschiedenen Arbeitsplätze anhand des sog. ABAKABA-Systems vorgenommen. Dabei handelt es sich um ein anerkanntes System der analytischen Arbeitsplatzbewertung, das gezielt als Instrument ohne geschlechtsspezifische
BGE 141 II 411 S. 416
Auswirkungen konzipiert wurde (vgl. Urteil 2A.253/2001 vom 8. Oktober 2002 E. 2.3; ferner SCHÄR MOSER/BAILLOD, Instrumente zur Analyse von Lohndiskriminierung: Orientierungshilfe für die juristische Praxis, 2006, S. 35; KATZ/BAITSCH, Lohngleichheit für die Praxis: Zwei Instrumente zur geschlechtsunabhängigen Arbeitsbewertung, 2. Aufl. 1997). Die konkrete lohnmässige Umsetzung erfolgte in einem nächsten Schritt mittels des sog. 3-Vektoren-Modells (basierend auf drei Vektoren in Form des "Ist-Lohns", des "ABAKABA-Lohns" und des "Marktlohns"; dazu im Detail der in Rechtskraft erwachsene Entscheid WBE.2013.151 [in Sachen D.] des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 29. Januar 2014 E. II./2.3.1 und 2.3.2). In den A. und D. betreffenden Lohngleichheitsverfahren wurde bzw. wird das Vektorenmodell als geschlechtsdiskriminierend beanstandet.
4.2.1
Im erwähnten Entscheid WBE.2013.151 vom 29. Januar 2014 hatte die Vorinstanz betreffend D. erkannt, dass diese in ihrer Funktion als Kindergärtnerin nach ständiger Rechtsprechung (so u.a.
BGE 125 II 530
und Urteil 2A.79/2007 vom 15. Juni 2007) einen typischen Frauenberuf ausübe (E. II./1). Ausgehend davon war in der Folge geprüft worden, ob die anhand des Vektorenmodells vorgenommene konkrete Lohneinstufung der Beschwerdeführerin diskriminierungsfrei erfolgt sei. Das kantonale Gericht verneinte diese Frage mit der Begründung, dass wegen der hohen Gewichtung des Marktlohns und der geringen Gewichtung des ABAKABA-Lohns im Rahmen des Vektorenmodells die überdurchschnittlich hohe Differenz zwischen dem Markt- und dem ABAKABA-Lohn für die Lehrpersonen Kindergarten besonders gravierende Auswirkungen zeitige; der Vektor Marktlohn habe hier eine bedeutend höhere Reduktion des ABAKABA-Lohns zur Folge als bei allen anderen Lehrkräften (E. II./7.3). Zudem würden den Lehrpersonen Kindergarten durch die hohe Gewichtung des bisherigen Positionslohns - ähnlich wie beim Marktlohn - deutlich grössere Nachteile erwachsen als dem gesamten übrigen Lehrkörper. Auch aus diesem Grund bedürfe die Frage einer allfälligen früheren Diskriminierung einer eingehenden Überprüfung (E. II./8.2). Zusammenfassend gelangte die Vorinstanz zum Schluss, in teilweiser Gutheissung der Beschwerde sei die angefochtene Lohnverfügung vom 1. Januar 2012 aufzuheben und die Sache an die Schulpflege zurückzuweisen. Der Kanton Aargau habe sodann die Lohneinstufung der Lehrpersonen Kindergarten gestützt
BGE 141 II 411 S. 417
auf einen Marktvergleich zu überprüfen, der sämtlichen diesbezüglich massgebenden Kriterien zu genügen vermöge. Hernach sei der Lohn der Beschwerdeführerin durch die Schulpflege neu festzusetzen. Der bisherige Positionslohn dürfe dabei nur insoweit berücksichtigt werden, als dadurch keine frühere Lohndiskriminierung fortgeführt werde. Es sei Sache des Kantons Aargau, zu entscheiden, ob auf Grund des vorliegenden Entscheids eine isolierte Überprüfung der Lohneinstufung der Lehrpersonen Kindergarten genüge oder ob die Lohneinstufungen sämtlicher Lehrpersonen einzubeziehen seien. Immerhin sei darauf hinzuweisen, dass eine isolierte Betrachtungsweise aus Gründen der Rechtsgleichheit nicht unproblematisch erscheine (E. II./9.1).
4.2.2
Im A. und damit eine Primarlehrerin betreffenden Fall war das kantonale Gericht gemäss seinem hier angefochtenen Entscheid demgegenüber zum Ergebnis gekommen, dass diese Berufsgattung nicht als frauentypisch, sondern als geschlechtsneutral zu qualifizieren sei. Obgleich der Frauenanteil unter den Lehrpersonen Primarstufe gesamtschweizerisch wie auch im Kanton Aargau deutlich über 70 % liege, sei der Beruf auf Grund seiner historischen Prägung weiterhin als nicht geschlechtsspezifisch einzustufen. Werde ein bestimmter Beruf infolge seiner historischen Prägung als geschlechtsneutral oder als geschlechtsspezifisch angesehen, so müsse diese Qualifikation längerfristig Bestand haben und dürfe nicht allein wegen kurzfristiger Änderungen der Genderverhältnisse wieder in Frage gestellt werden. Der mittlerweile erfolgte Anstieg des Frauenanteils genüge daher nicht, um die bisherige Qualifikation des Primarlehrberufs in Zweifel zu ziehen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete (indirekte) Diskriminierung, aus der sie einen höheren Lohnanspruch ableite, falle demnach a priori ausser Betracht. Die Beschwerde sei daher abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden könne.
5.1
Die Beschwerdeführerin rügt, ihre mit Verfügung der Schulpflege B. vom 1. Mai 2012 erfolgte Lohneinstufung sei geschlechtsdiskriminierend. Als Lehrperson Primarstufe/Einschulungsklasse übe sie einen typischen, im Vergleich zu anderen gleichwertigen Tätigkeiten in der kantonalen Verwaltung schlechter entlöhnten Frauenberuf aus. Die frauenspezifische Prägung ergebe sich aus dem Umstand, dass aktuell 86,8 % der Primarlehrpersonen im Kanton Aargau (bzw. 82,1 % gesamtschweizerisch) weiblich seien. Nicht angefochten wird
BGE 141 II 411 S. 418
demgegenüber die Durchführung des Bewertungsverfahrens anhand der als diskriminierungsfrei beurteilten ABAKABA-Methode. Streitig und nachfolgend zu prüfen ist somit - im Rahmen der kritisierten Umsetzung des Bewertungssystems mittels des sog. 3-Vektoren-Modells - einzig die Frage der geschlechtsmässigen Identifikation des Berufs der Primarlehrkraft.
5.2
Während das BKS den Lehrberuf Primarstufe als geschlechtsneutral einstuft, betont das EBG dessen (nunmehr) weiblichen Charakter.
6.1.1
Liegen bei Staatsangestellten ungleiche Besoldungen vor, findet als Schranke grundsätzlich einzig das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von
Art. 8 Abs. 1 BV
Anwendung. Dieses verschafft nicht unmittelbar ein subjektives Recht auf einen rechtsgleichen Lohn, sondern nur einen Anspruch auf Beseitigung der Ungleichheit und kann lediglich indirekt zur Folge haben, dass der öffentliche Arbeitgeber einer betroffenen Person zur Beseitigung einer Rechtsungleichheit höhere Leistungen ausrichten muss (
BGE 131 I 105
E. 3.6 S. 109 f.; Urteil 8C_298/2014 vom 25. März 2015 E. 4.3).
Art. 8 Abs. 1 BV
verlangt nur - aber immerhin -, dass im öffentlichen Dienstrecht gleichwertige Arbeit gleich entlöhnt wird. Den politischen Behörden wird diesbezüglich ein grosser Spielraum in der Ausgestaltung von Besoldungsordnungen zugestanden. Ob verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können. Innerhalb der Grenzen des Willkürverbots und des Rechtsgleichheitsgebots sind die Behörden befugt, aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen (
BGE 125 I 71
E. 2c/aa S. 79;
BGE 124 II 409
E. 9b S. 426 f.;
BGE 123 I 1
E. 6b S. 8;
BGE 121 I 102
E. 4a/c S. 104 f.; Urteil 8C_664/2014 vom 25. März 2015 E. 4.2). Das Bundesgericht übt dabei eine gewisse Zurückhaltung und greift von Verfassungs wegen bloss ein, wenn der Kanton mit den Unterscheidungen, die er trifft, eine Grenze zieht, die sich nicht vernünftig begründen lässt, die unhaltbar und damit in den meisten Fällen auch geradezu willkürlich ist (
BGE 129 I 161
E. 3.2 S. 165;
BGE 123 I 1
E. 6a S. 7 f. mit Hinweisen; Urteil 8C_664/2014 vom 25. März 2015 E. 4.2; vgl. auch Urteil 8C_298/2014 vom 4. Mai 2015 E. 4.3).
BGE 141 II 411 S. 419
6.1.2
Demgegenüber haben gemäss
Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV
Frau und Mann Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Nach
Art. 3 Abs. 1 GlG
dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Grund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden. Eine indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des anderen benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre. Demgemäss liegt nach Lehre und Rechtsprechung eine besoldungsmässige Geschlechtsdiskriminierung vor, wenn zum Nachteil einer geschlechtsspezifisch identifizierten Arbeit sachlich unbegründete Lohnunterschiede bestehen. Eine Lohndiskriminierung entfällt, wenn die Lohndifferenz durch die zu erbringende Arbeit oder die in Frage stehende Funktion sachlich begründet erscheint. Sachlich begründet ist ein Lohnunterschied im Einzelvergleich oder bei der Einstufung von Frauenberufen, wenn er sich auf sog. objektive Kriterien stützt oder nicht geschlechtsspezifisch motiviert ist (
BGE 136 II 393
E. 11.3 S. 397 mit Hinweisen). Zu den objektiven Kriterien gehören Gründe, die den Wert der Arbeit beeinflussen, wie Ausbildung, Dienstalter, Qualifikation, Erfahrung, konkreter Aufgabenbereich, Leistung, soweit sie sich im Arbeitsergebnis niederschlägt, oder Risiken; darüber hinaus kann es sich um Gründe handeln, welche sich aus sozialen Rücksichten ergeben, wie familiäre Belastung und Alter, und schliesslich kommen auch äussere Faktoren wie die konjunkturelle Lage in Betracht, soweit ihre Berücksichtigung einem wirklichen unternehmerischen Bedürfnis entspricht (
BGE 136 II 393
E. 11.3 S. 397 f.;
BGE 130 III 145
E. 5.2 S. 164 f.; je mit weiteren Hinweisen). Um eine unterschiedliche Entlöhnung zu rechtfertigen genügt es nicht, dass die Arbeitgebenden irgendeinen Grund anführen. Sie müssen vielmehr beweisen, dass ein objektives Ziel verfolgt wird, welches einem echten unternehmerischen Bedürfnis entspricht, und dass die Ungleichbehandlung geeignet ist, das angestrebte Ziel unter Wahrung der Verhältnismässigkeit zu erreichen (
BGE 130 III 145
E. 5.2 S. 165 mit Hinweisen). Objektive Gründe vermögen im Allgemeinen eine unterschiedliche Entlöhnung nur dann zu rechtfertigen, wenn sie für die konkrete Arbeitsleistung und die Lohngestaltung durch die Arbeitgebenden wesentlich sind (
BGE 130 III 145
E. 5.2 S. 165 mit Hinweisen). Ist ein sachlich unbegründeter Lohnunterschied zum Nachteil einer geschlechtsspezifisch identifizierten Arbeit nachgewiesen, besteht ein direkter Anspruch (im Sinne eines
BGE 141 II 411 S. 420
subjektiven Individualrechts) auf einen diskriminierungsfreien Lohn, der im Rahmen der (bundesrechtlichen) Verjährungsregeln auch rückwirkend geltend gemacht werden kann (
BGE 131 I 105
E. 3.6 S. 109 f.; Urteil 8C_298/2014 vom 4. Mai 2015 E. 4.3).
6.1.3
Die geschlechtsspezifische Identifizierung der benachteiligten Funktion ist somit Tatbestandsvoraussetzung, damit eine indirekte Geschlechtsdiskriminierung in Frage kommt. Sie grenzt den Anwendungsbereich von
Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV
bzw.
Art. 3 GlG
von demjenigen des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebots von
Art. 8 Abs. 1 BV
ab (
BGE 125 II 530
E. 2a S. 532;
BGE 124 II 529
E. 3a S. 530 f. und E. 5d S. 533 f. mit Hinweisen; Urteil 2A.205/2004 vom 8. April 2005 E. 4.1). Ohne Feststellung einer geschlechtsspezifischen Qualifikation kann das Bundesgericht eine formal geschlechtsneutrale Lohnfestsetzung nicht auf die in E. 6.1.2 genannten Kriterien hin überprüfen.
6.2
Wie hievor aufgezeigt, wird eine indirekte Geschlechtsdiskriminierung bejaht, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des anderen benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre. Ob eine Tätigkeit, deren (indirekte) Benachteiligung gerügt wird, geschlechtsspezifisch identifiziert ist, kann nicht immer einfach beantwortet werden und hängt teilweise auch von Wertungen ab. In erster Linie ist jedoch entsprechend der Umschreibung der indirekten Diskriminierung auf das quantitative, statistische Element abzustellen. Der Anteil des einen Geschlechts in der Gruppe der Benachteiligten muss erheblich höher sein als der Anteil des anderen Geschlechts (
BGE 124 II 529
E. 5e S. 534 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt eine Funktion in der Regel als typisch weiblich, wenn der Frauenanteil eindeutig höher als 70 % liegt (vgl.
BGE 125 II 385
E. 3b S. 387,
BGE 125 II 530
E. 2b S. 532; Urteile 2A.205/2004 vom 8. April 2005 E. 4.2 und 1A.34/1999 vom 5. Oktober 1999). Es kann aber auch, namentlich wenn die betreffende Funktion in Lohngleichheitsverfahren vergleichsweise als Referenzberuf herangezogen wird, die geschichtliche Dimension bzw. die historische Prägung berücksichtigt werden (
BGE 125 II 530
E. 2b S. 532; Urteile 8C_78/2009 vom 31. August 2010 E. 5.2, nicht publ. in:
BGE 136 II 393
, und 2A.205/2004 vom 8. April 2005 E. 4.2). Eine berufliche Tätigkeit kann sich hinsichtlich ihrer geschlechtsspezifischen Identifikation im Laufe der Zeit indessen verändern. So hat das Bundesgericht im Urteil
BGE 141 II 411 S. 421
2A.205/2004 vom 8. April 2005 (E. 4.6) bezogen auf die Berufsgruppe der medizinisch-technischen Radiologieassistentinnen (MTRA) erkannt, dass, da sowohl im konkret betroffenen Kanton als auch in der gesamten Deutschschweiz der Frauenanteil an den berufstätigen MTRA deutlich höher als 70 % liege, diese Funktion als geschlechtsspezifisch betrachtet werden müsse. Diese Annahme beruhe auf den aktuell gegebenen Anstellungsverhältnissen. Angesichts der Entwicklung bei den Anstellungsverhältnissen und der Zahlen bei den Lehrverhältnissen sei es nicht ausgeschlossen, dass sich der Beruf der MTRA im Laufe der Zeit zu einem geschlechtsneutral definierten entwickeln werde. Im hier zu beurteilenden Zeitraum sei dies jedoch nicht der Fall.
6.3
Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft liegt eine mittelbare Diskriminierung nur vor, wenn "erheblich" oder "wesentlich" oder "prozentual sehr viel mehr" Frauen als Männer nachteilig betroffen sind. Soweit in den bisher entschiedenen Fällen das entsprechende Verhältnis quantitativ bekannt war, war der Anteil der von einer Regelung benachteiligten Frauen durchwegs in der Grössenordnung von ca. 10:1 oder mehr (
BGE 124 II 529
E. 5g S. 535 f.; ferner OLIVIER STEINER, Das Verbot der indirekten Lohndiskriminierung, AJP 2001 S. 1281 ff., 1287 f.).
6.4
Das Lohngleichheitsgebot gilt sodann nur für den jeweiligen Arbeitgeber bzw. ein von diesem abhängiges System; der Arbeitgeber darf innerhalb seines Einflussbereichs nicht geschlechtsmässig diskriminieren (
BGE 125 I 71
E. 4d/bb S. 86). Deshalb ist auch für die Beurteilung, ob eine (indirekte) Diskriminierung vorliegt, in erster Linie auf die Zahlenverhältnisse beim konkreten Arbeitgeber abzustellen. Wenn dort die Verhältnisse wenig aussagekräftig sind, werden gesamtschweizerische Verhältnisse herangezogen. Da es um die Lohnzahlungen für die Beschäftigten geht, sind zudem primär diejenigen Personen massgebend, die den Beruf tatsächlich ausüben (vgl.
BGE 124 II 436
E. 6b S. 440; Urteil 2A.205/2004 vom 8. April 2005 E. 4.5.1 mit Hinweisen).
6.5
Schliesslich ist für die Beantwortung der Frage, ob und wie eine Arbeit, deren Bewertung Gegenstand eines Rechtsstreits ist, als geschlechtsspezifisch identifiziert zu gelten hat, nicht die Sachlage im Urteilszeitpunkt massgeblich. Vielmehr sind die diesbezüglich wesentlichen Verhältnisse im Moment der Bewertungsvorgänge beim Arbeitgeber, die der angefochtenen Lohnverfügung zugrunde liegen,
BGE 141 II 411 S. 422
relevant (ELISABETH FREIVOGEL, in: Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, 2. Aufl. 2009, Rz. 103 zu
Art. 3 GlG
).
7.
Im vorliegenden Verfahren ist erstmals letztinstanzlich über den Anspruch einer Primarlehrerin auf nichtdiskriminierende Entlöhnung zu entscheiden. Bis anhin war der Primarlehrberuf stets als (geschlechtsneutrale) Referenztätigkeit zu typisch weiblichen Berufen angerufen und zugelassen worden.
7.1
In
BGE 124 II 409
(E. 8b S. 425 f.) hatte das Bundesgericht erwogen, die Vorinstanz habe die Tätigkeit der Handarbeitslehrerinnen mit derjenigen der Primarlehrkräfte verglichen. Der beschwerdeführende Kanton Zürich anerkenne, dass der Beruf der Handarbeitslehrerin ein typischer Frauenberuf sei, bringe jedoch vor, dass rund 60 % der Primarlehrkräfte weiblich seien, sodass dieser Beruf nicht als typisch männlich betrachtet werden könne. Das Verwaltungsgericht habe dazu ausgeführt, die anderen Lehrberufe zählten ungeachtet des heute höheren Frauenanteils von der Geschichte her zu den männlichen Berufsbildern und seien daher besoldungsmässig stets anders als die typischen Frauenberufe eingeordnet gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob das eine vom Bundesgericht nicht überprüfbare Tatsachenfeststellung oder einen überprüfbaren allgemeinen Erfahrungssatz darstelle. Eine Diskriminierung liege nämlich nicht nur dann vor, wenn ein typisch weiblicher gegenüber einem typisch männlichen Beruf ungerechtfertigt benachteiligt werde, sondern auch, wenn dies zwischen einem typisch weiblich und einem geschlechtsmässig neutral identifizierten Beruf erfolge. Der Primarlehrberuf sei, wenn auch nicht typisch männlich, so doch jedenfalls geschlechtsmässig neutral identifiziert.
Sodann war in
BGE 124 II 529
(E. 5f S. 535), welchem ein von einer Sozialarbeiterin initiierter Lohngleichheitsprozess zugrunde lag, zwar ausdrücklich festgehalten worden, gesamtschweizerisch seien 1996 vier Fünftel der Primarlehrerpatente an Frauen erteilt worden. Dennoch gelte, wie sich aus
BGE 124 II 409
ergebe, der Primarlehrberuf nicht als spezifisch weiblich; er werde im Gegenteil als geschlechtsneutral identifizierter Vergleichsberuf herangezogen für die Beurteilung, ob typische Frauenberufe wie Kindergärtnerinnen oder Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen diskriminiert würden.
Gemäss höchstrichterlicher Feststellung in
BGE 124 II 436
(E. 6b S. 440) hatten im Kanton Solothurn in den vorangegangenen Jahren deutlich mehr Frauen als Männer ein Primarlehrerpatent
BGE 141 II 411 S. 423
erhalten. Der Männeranteil habe im Zeitraum von 1988 bis 1997 aber dennoch bei knapp einem Viertel gelegen und von den insgesamt im Einsatz stehenden Primarlehrkräften seien über 40 % Männer gewesen. Der Primarlehrberuf lasse sich daher zwar nicht als typisch männlich, aber auch nicht als typischer Frauenberuf betrachten, sodass eine (lohnmässige) Ungleichbehandlung von - im konkreten Verfahren beschwerdeführenden - Kindergärtnerinnen und Primarlehrern grundsätzlich eine Geschlechtsdiskriminierung darstellen könne.
In
BGE 125 II 530
(E. 2b S. 532) war das Bundesgericht gemäss unbestrittener vorinstanzlicher Sachverhaltsdarstellung von einem Frauenanteil der Primarlehrkräfte in der Stadt Zürich von 72 % bzw. gesamtschweizerisch in den Jahren 1996/97 von rund 70 % ausgegangen. Indessen zeigten
BGE 124 II 409
und 436 - so die weiteren Erwägungen -, dass der Primarlehrberuf bisher gemeinhin als geschlechtsmässig neutral betrachtet und gerade auch in Lohngleichheitsverfahren als neutraler Vergleichsberuf gegenüber Frauenberufen, wie etwa demjenigen der in casu betroffenen Kindergärtnerin, herangezogen worden sei, was sich durch die historische Prägung dieses Berufs erklären lasse. Der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich sei daher grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Zuletzt war mit - ebenfalls von Kindergärtnerinnen angestrengten - Urteilen 2A.79/2007, 2A.80/2007 und 2A.81/2007 vom 15. Juni 2007 bezogen auf die im Jahr 2005 geltenden Verhältnisse erwogen worden, dass die Vorinstanzen zutreffend angenommen hätten, der Beruf des Primarlehrers sei, obwohl mittlerweile überwiegend von Frauen ausgeübt, auf Grund seiner historischen Prägung weiterhin als geschlechtsmässig neutral zu werten und könne deshalb in Lohnvergleichsfragen wie bis anhin als neutraler Vergleichsberuf gegenüber Frauenberufen dienen (jeweils E. 2).
7.2
In der Literatur ist die entsprechende Identifikation des Primarlehrberufs bis vor Kurzem weitgehend wertungsfrei wiedergegeben worden (vgl. SUSY STAUBER-MOSER, Gleichstellungsgesetz und bundesgerichtliche Rechtsprechung, in: Wirtschaftsrecht in Bewegung - Festgabe zum 65. Geburtstag von Peter Forstmoser, 2008, S. 485 ff., insb. S. 493 oben und Fn. 38;
dieselbe
, Lohngleichheit und bundesgerichtliche Rechtsprechung, AJP 2006 S. 1352 ff., insb. S. 1356 und Fn. 41; HANSJÖRG SEILER, Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht,
BGE 141 II 411 S. 424
2003, S. 113 ff.; MARGRIT BIGLER-EGGENBERGER, Justitias Waage - wagemutige Justitia? Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Gleichstellung von Frau und Mann, 2003, Rz. 532 S. 275; STEINER, a.a.O., S. 1288). In jüngerer Zeit finden sich in der Lehre allerdings vermehrt Hinweise auf eine diesbezüglich allenfalls zu überdenkende und den aktuellen Gegebenheiten anzupassende Praxis: So führen etwa STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH (Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu
Art. 319-362 OR
, 7. Aufl. 2012, Rz. 20 zu
Art. 322 OR
S. 300) aus, als geschlechtsneutral gelte - "mindestens damals noch" (mit Blick auf
BGE 125 II 530
) - der Primarlehrberuf. FREIVOGEL (a.a.O., Rz. 104 und Fn. 182 zu
Art. 3 GlG
) hält sodann ebenfalls fest, die geschichtliche Entwicklung mache deutlich, dass Anfang der 70er-Jahre der Beruf der Primarlehrperson noch eindeutig männlich geprägt gewesen sei. Mittlerweile sei eine Mehrheit von Primarlehrkräften demgegenüber weiblichen Geschlechts, weshalb der Beruf bezogen auf die aktuellen Gegebenheiten unter Umständen sogar als weiblich identifiziert zu gelten habe. Ferner betont auch FLORENCE AUBRY GIRARDIN (Discrimination salaire: Art. 3 LEg, in: Commentaire de la loi fédérale sur l'égalité, 2011, S. 82 oben und Fn. 93): "La qualification d'une activité peut en outre varier au fil du temps, de sorte qu'une profession typiquement masculine ou féminine peut devenir neutre à raison du sexe ou inversement. Par exemple la profession d'enseignant primaire qui, de typiquement masculine est devenue neutre à raison du sexe et est en passe devenir typiquement féminine."
8.1
Das kantonale Gericht hat in seinem Entscheid festgestellt, dass sich der Frauenanteil unter den Lehrpersonen Primarstufe in den letzten Jahren weiter erhöht habe und nunmehr basierend auf den aktuellsten Statistiken bei über 80 % liege. Im Kanton Aargau betrage er 87,2 % und gesamtschweizerisch 81,5 %. Der aargauischen Lehrkräftestatistik 2012/13 ist ferner zu entnehmen, dass sich der Anteil an weiblichen Fachkräften im Bereich Einschulungsklasse gar auf 95,7 % beläuft, wohingegen sich die entsprechenden Zahlen in den Schultypen Realschule (58 %), Sekundarschule (55,8 %), Bezirksschule (56,3 %), Kleinklasse Sekundarstufe I (52,2 %), Berufswahljahr/IBK (38,5 %) und Werkjahr (46,2 %) merklich unter 70 % bewegen. Auf Grund dieser Angaben, auf welche auch die Beschwerdeführerin abstellt, steht mithin fest, dass sowohl gesamtschweizerisch als auch im Kanton Aargau der Frauenanteil bei den
BGE 141 II 411 S. 425
Lehrkräften Primarschule/Einschulungsklasse - im Gegensatz zu den übrigen Schultypen - beträchtlich höher als 70 % ist. Diese Annahme wird überdies untermauert durch die inzwischen langjährige gesamtschweizerische Statistik des Bundesamtes für Statistik (BFS). Danach ergeben sich gestützt auf die Grafik "Frauenanteil bei den Lehrkräften" sowie die Tabelle "Frauenanteil bei den Lehrkräften nach Bildungsstufe" (öffentliche Schulen) folgende Erkenntnisse (abrufbar unter:
www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/20/05/blank/key/gleichstellung_und/lehrkraefte.html
): Für die Primarschule wurde der Frauenanteil erstmals 1993/94 erhoben und lag damals bei 68,9 %. 1994/95 wurde diesbezüglich ein Wert von 70,1 % erreicht. 2008/09 lag der Anteil sodann mit 80,6 % bereits bei über 80 %. Bei anderen Lehrberufen beträgt der Frauenanteil demgegenüber mit Ausnahme der Sparten Vorschule/Eingangsstufe (wo er um 95 % oszilliert) und Sekundarstufe I (wo er sich derzeit bei 52,2 % bewegt) deutlich weniger als 50 %.
8.2
Dennoch wurde im angefochtenen Entscheid erwogen, trotz dieser Entwicklung bestehe kein genügender Anlass, in Bezug auf die Qualifikation des Berufs Lehrperson Primarstufe/Einschulungsklasse eine Praxisänderung vorzunehmen und ihn neu nicht mehr als geschlechtsneutral zu werten.
8.2.1
Als Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen an, werde ein bestimmter Beruf wegen seiner historischen Prägung als geschlechtsneutral bzw. als geschlechtsspezifisch angesehen, so müsse diese Qualifikation längerfristig Bestand haben und dürfe nicht allein infolge kurzfristiger Änderungen der Genderverhältnisse wieder in Frage gestellt werden. Tatsächlich sei der Beruf der Primarlehrperson seinerzeit primär aus historischen Gründen als geschlechtsneutral beurteilt worden. Der mittlerweile erfolgte Anstieg des Frauenanteils genüge daher nicht, um die damalige Qualifikation in Zweifel zu ziehen. So hat das Bundesgericht, wie hievor dargelegt, den Primarlehrberuf auf Grund des historisch männlich geprägten Berufsbilds und trotz eines Frauenanteils von 70 % und höher bislang als neutrale Vergleichsgruppe zugelassen. Rechtsprechungsgemäss kann sich eine berufliche Tätigkeit hinsichtlich ihrer geschlechtsspezifischen Wertung indessen verändern. Im Urteil 2A.205/2004 vom 8. April 2005 war bezogen auf die Berufsgruppe der MTRA denn auch ausdrücklich festgehalten worden, angesichts der Entwicklung bei den Anstellungsverhältnissen und der Zahlen bei den Lehrverhältnissen erscheine es nicht ausgeschlossen, dass sich der Beruf
BGE 141 II 411 S. 426
im Laufe der Zeit von einem typisch weiblichen zu einem geschlechtsneutral definierten wandeln werde. Gemäss den in E. 7 genannten Urteilen hatte sich der Primarlehrberuf bereits von einer ehemals männerdominierten zu einer geschlechtsneutralen Tätigkeit gewandelt. Weist eine Berufssparte im massgeblichen Beurteilungszeitpunkt auf Grund eines langjährigen Prozesses in quantitativer Hinsicht eine klare Ausprägung auf, tritt ein allfälliges historisches Element in den Hintergrund.
8.2.2
Hinzu komme - so die vorinstanzliche Argumentation im Weiteren -, dass im Kanton Aargau auf Beginn des Schuljahrs 2014/15 die Umstellung vom aktuellen Modell "fünf Jahre Primarstufe/vier Jahre Oberstufe" auf das Modell "sechs Jahre Primarstufe/drei Jahre Oberstufe" erfolgen werde. Es sei absehbar, dass in diesem Zusammenhang vermehrt männliche Lehrkräfte von der Oberstufe an die Primarstufe überträten und sich dadurch das Genderverhältnis an der Primarstufe ändern werde. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung, ob ein Beruf hinsichtlich seiner Identifikation als weiblich, männlich oder geschlechtsneutral zu gelten hat, der Zeitpunkt der Bewertungsvorgänge beim Arbeitgeber und nicht eine hypothetische zukünftige Situation massgebend ist. Im Übrigen zeigt die mittlerweile erschienene Lehrkräftestatistik des Kantons Aargau für das Schuljahr 2014/15, dass der Wechsel des Modells "fünf Jahre Primarstufe/vier Jahre Oberstufe" auf das Modell "sechs Jahre Primarstufe/drei Jahre Oberstufe" nur zu einer geringfügigen Verminderung des Frauenanteils auf der Primarstufe von 87,1 % (2013/14) auf 85,3 % bzw. bei den Einschulungsklassen sogar nochmals zu einer Erhöhung von 95,3 % (2013/14) auf 95,9 % geführt hat.
8.2.3
Den Beruf der Primarlehrperson weiterhin als geschlechtsneutral anzusehen, rechtfertigt sich nach der Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts schliesslich umso mehr, als das entsprechende Bild in der gesellschaftlichen Wahrnehmung nach wie vor stark verankert sei. Es sei gerichtsnotorisch, dass die geringe Vertretung von Männern im Lehrberuf, namentlich auf Primarstufe, allgemein als Mangel betrachtet werde und Korrekturmassnahmen verlangt würden. Seit geraumer Zeit würden denn auch konkrete Vorkehren diskutiert und umgesetzt, um den Männeranteil bei den Primarlehrpersonen wieder anzuheben. Offenbar gäbe es, wie der aktuellen Presse zu entnehmen sei, bereits gewisse Indizien für eine mögliche Trendwende in Bezug auf den Frauenanteil an der Primarstufe. Dem ist
BGE 141 II 411 S. 427
entgegenzuhalten, dass der Ruf nach "Korrekturmassnahmen" nicht als Hinweis für ein immer noch als geschlechtsneutral wahrgenommenes Berufsbild gedeutet werden kann. Derartige Forderungen lassen vielmehr den Schluss zu, dass die Tätigkeit der Primarlehrkraft heute als frauenspezifisch angesehen wird, man diesen Umstand aus gesellschaftlicher Sicht indessen bedauert und angestrebt wird, die Attraktivität der Primarstufe auch für Männer wieder zu steigern. Mit dem EBG ist diesbezüglich ebenfalls auf die Diskussion im Bereich der sog. MINT-Fächer (zusammenfassende Bezeichnung von Unterrichts- und Studienfächern bzw. Berufen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu verweisen. Die Tatsache, dass die in den betreffenden Bereichen herrschende Untervertretung von Frauen als ein zu korrigierender Mangel betrachtet und eine vermehrte weibliche Beteiligung verlangt wird (vgl. beispielsweise die im Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012 über die Legislaturplanung 2011-2015 erwähnten Massnahmen, BBl 2012 7155 ff., insb. 7165 Ziff. 115), macht diese nicht gleichsam automatisch zu frauentypischen oder geschlechtsneutralen Berufsgattungen.
9.1
Beträgt der Frauenanteil bei einem Arbeitgeber mehr als 70 %, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass dies nicht zufällig, sondern auf Grund einer geschlechtstypischen Prägung der betreffenden Funktion so ist. Auf gesamtschweizerische Verhältnisse kann in solchen Fällen allenfalls im Sinne eines Hilfskriteriums abgestellt werden, so etwa wenn beim betreffenden Arbeitgeber die 70 %-Limite nur relativ knapp überschritten oder wenn die absolute Zahl der Beschäftigten klein ist, sodass auch ein hoher prozentualer Frauenanteil zufällig sein kann (vgl. E. 6.4 hievor).
9.2
Der Frauenanteil bei den Primarlehrkräften liegt im Kanton Aargau - im für die hier vorzunehmende Beurteilung massgeblichen Zeitpunkt der Bewertungsvorgänge beim Arbeitgeber (vgl. E. 6.5 hievor) - unbestrittenermassen deutlich höher als 70 %. Auch ist die absolute Zahl der Beschäftigten nicht so klein, dass von einer zufälligen Geschlechterverteilung gesprochen werden könnte. Zudem geht aus den im vorinstanzlichen Entscheid wiedergegebenen wie auch anderweitigen statistischen Unterlagen klar hervor, dass es sich dabei um eine gesamtschweizerische Erscheinung handelt. Die entsprechenden Angaben belegen überdies den kontinuierlichen, konstanten Charakter dieser Entwicklung namentlich in den letzten
BGE 141 II 411 S. 428
zwanzig Jahren, welcher die Annahme eines bloss kurzzeitigen Phänomens ausschliesst. Lag der diesbezügliche Frauenanteil in den Jahren 1993/94 noch bei knapp 69 %, beträgt er mittlerweile bereits 81,5 % (vgl. im Detail E. 8.1 hievor). Hat sich die öffentliche Wahrnehmung des Berufs zwischenzeitlich derart stark gewandelt, dass mittels Gegenmassnahmen wieder eine geschlechtsneutrale Wertung angestrebt wird, ist der historischen Prägung keine entscheidwesentliche Bedeutung mehr beizumessen. Vielmehr ist die Frage, ob die weiblichen Lehrkräfte in der Primarstufe von einer indirekten Diskriminierung betroffen sind, auf Grund der aktuellen Prozentzahlen zu beurteilen. Ist somit sowohl im Kanton Aargau als auch landesweit der Frauenanteil am Primarlehrpersonal merklich höher als 70 %, so muss diese Funktion heute - anders als noch vor einigen Jahren - als nicht mehr geschlechtsneutral, sondern frauenspezifisch betrachtet werden. Eine indirekte Diskriminierung ist zu bejahen, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des anderen benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet werden könnte (E. 6.1.2 hievor). Der Umstand eines in casu sehr hohen Frauenanteils lässt somit den Schluss zu, dass, sollte eine lohnmässige Benachteiligung festgestellt werden, diese als Diskriminierung infolge des Geschlechts zu qualifizieren wäre.
Diese Feststellung beinhaltet ausdrücklich keine Aussage zur (qualitativen) Eignung für die entsprechende Tätigkeit. Unbestrittenermassen sind sowohl Frauen wie Männer gleichermassen befähigt und in der Lage, diese auszuüben. Auch ist ein ausgeglichener Anteil an Frauen und Männern wünschenswert. Im vorliegenden Kontext ist einzig zu beurteilen, wie es sich bezüglich des quantitativen Elements im Rahmen der Entlöhnungsfrage verhält bzw. wie dieses zu werten ist. Erst durch die Bejahung der frauenspezifischen Ausprägung des Primarlehrberufs wird die Möglichkeit und Verpflichtung geschaffen, dessen Entlöhnung unter dem Aspekt der besoldungsmässigen Geschlechtsdiskriminierung insbesondere auf allfällige sachlich nicht erklärbare bzw. diskriminierende Elemente hin zu überprüfen (vgl. E. 6.1.2 hievor).
10.
Die Beschwerdeführerin hat im vorinstanzlichen Verfahren mit der Begründung einen höheren Lohn gefordert, dass sie auf Grund der Tatsache, einen frauentypischen Beruf auszuüben, (indirekt) diskriminiert werde. Das kantonale Gericht hat die Primarlehrtätigkeit der Beschwerdeführerin in der Folge als nicht frauentypisch,
BGE 141 II 411 S. 429
sondern geschlechtsneutral beurteilt und die Frage der Diskriminierung nicht weiter behandelt. Das vorliegende Ergebnis führt nicht zur Feststellung, Primarlehrkräfte im Kanton Aargau seien lohnmässig diskriminiert, sondern lediglich dazu, dass nunmehr die Voraussetzung gegeben ist, um zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin behauptete indirekte Diskriminierung im Sinne von
Art. 3 GlG
vorliegt oder nicht. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die entsprechende Beurteilung vornimmt.