Urteilskopf
81 I 61
11. Urteil vom 15. Februar 1955 i. S. Sidler gegen Müller und Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste
Art. 86 Abs. 2 und
Art. 87 OG
.
Wer sich durch eine gemäss
Art. 30 Abs. 1 ZGB
bewilligte Namensänderung verletzt glaubt, kann sie mit Klage nach
Art. 30 Abs. 3 ZGB
und daher nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des
Art. 4 BV
anfechten.
Durch Beschluss vom 6. Januar 1955 erteilte der Regierungsrat des Kantons Zürich in Anwendung von
Art. 30 ZGB
der nach 30-jähriger Ehe von Eduard Sidler geschiedenen Anna Bertha Müller die Bewilligung, an Stelle von Müller den Familiennamen Sidler zu führen.
Gegen diesen Beschluss hat der frühere Ehemann Eduard Sidler staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
erhoben. Er macht geltend, dass die klare Vorschrift des
Art. 149 ZGB
eine solche "Namensrückgabe" an die geschiedene Frau ausschliesse und dass zudem keine wichtigen Gründe im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
vorlägen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist nach
Art. 86 Abs. 2 OG
, von den dort ausdrücklich bezeichneten Ausnahmen abgesehen, erst zulässig, nachdem der Beschwerdeführer von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch gemacht hat. Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Vorschrift ist, wie das
BGE 81 I 61 S. 62
Bundesgericht wiederholt entschieden hat, weit zu fassen und umschliesst nicht nur die eigentlichen Rechtsmittel, sondern alle Rechtsbehelfe, mit denen die Beseitigung des Rechtsnachteils erreicht werden kann, der mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochten wird (
BGE 78 I 250
und dort angeführte frühere Urteile). Erfolgt ein Eingriff in die Rechtslage durch einen Verwaltungsentscheid, so fallen demnach nicht nur die gegen diesen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel in Betracht, sondern auch die Zivilklage, sofern damit jener Eingriff behoben werden kann.
Durch den mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Beschluss ist der früheren Ehefrau des Beschwerdeführers bewilligt worden, inskünftig den Familiennamen Sidler zu führen. Da der Beschwerdeführer diesen Namen trägt, ist er gemäss
Art. 30 Abs. 3 ZGB
legitimiert, die Namensänderung binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erhalten hat, gerichtlich anzufechten. Dabei kann er insbesondere auch geltend machen, dass die vorliegende Namensänderung mit
Art. 149 ZGB
nicht vereinbar und deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil dafür keine "wichtigen Gründe" im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
vorlägen (
BGE 52 II 105
; EGGER N. 15 zu
Art. 30 ZGB
). Die Zulässigkeit dieser Klage, bei deren Abweisung durch die kantonalen Instanzen die Berufung an das Bundesgericht zulässig ist, schliesst daher die staatsrechtliche Beschwerde aus, wie schon in den ebenfalls die Namensänderung geschiedener Ehefrauen betreffenden, nicht veröffentlichten Urteilen vom 21. Februar 1948 i.S. Bachmann c. Schaad, vom 12. September 1950 i.S. Bollag c. Pikard und vom 24. Februar 1954 i.S. Baumann c. Jenzer entschieden wurde.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.