BGE 81 II 520 vom 18. Oktober 1955

Datum: 18. Oktober 1955

BGE referenzen:  124 III 355, 129 III 702

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

81 II 520


80. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1955 i. S. B. gegen Theodora SA

Regeste

Garantieverpflichtung, Bürgschaft, Solidarschuld; stille Gesellschaft; prozessuales Schuldanerkenntnis.
1. Stille Gesellschaft, Frage der Haftung des stillen Teilhabers gegenüber Dritten (Erw. 2).
2. Abgrenzung der Bürgschaft gegen Garantievertrag oder Solidarverpflichtung (Erw. 3 und 4)
3. Überprüfbarkeit eines prozessualen Schuldanerkenntnisses (Erw. 5).

Sachverhalt ab Seite 520

BGE 81 II 520 S. 520

A.- Mit Vertrag vom 22. Mai 1948 vereinbarten B. und T. K. Wagner "gemeinsam mit ... neuzeitlichen technischen Hilfsmitteln für den Haushalt Handel zu treiben". Der Geschäftsbetrieb sollte der von Wagner im Handelsregister einzutragenden Einzelfirma "Vestalina Haushaltneuheiten T. K. Wagner, Zürich", obliegen. B. gewährte der Vestalina als Betriebskapital ein zu 5% verzinsliches Darlehen von Fr. 30'000.-- durch Eröffnung eines Kontokorrents bei einer Bank, über den ihm das alleinige Verfügungsrecht vorbehalten wurde. Wagner hatte den Verkauf zu organisieren. B. sollte den Geldverkehr besorgen und die Buchhaltung überwachen. Am Reingewinn sowie (gemäss einer späteren Vereinbarung vom 26. November 1949) auch am Verlust sollten die beiden Vertragspartner je hälftig beteiligt sein.
Am 26. August 1949 gewährte die Theodora SA,
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Tanger, vertreten durch C., der Vestalina ein Darlehen von Fr. 60'000.--. Die Laufzeit des Darlehens wurde auf 6 Monate festgesetzt; der Zins zum Satz von 5% pro Jahr war zum voraus zahlbar. Im Schlussabsatz des Vertrages wurde unter dem Titel "Garantie" vereinbart:
"En plus de M. T. K. Wagner, Zurich, les soussignés Mlle M. et M. B. se portent garants des obligations découlant, pour la Maison Vestalina, du présent contrat."
Dieser Vertrag wurde auf der Seite der Darlehensschuldnerin wie folgt unterzeichnet:
"Vestalina T. K. Wagner,
Nouveautés de ménage,
Zurich
Wagner
M. ....
B. ...."
Bei Frl. M. handelte es sich um eine Angestellte der Vestalina, der in der Folge Einzelprokura für die Firma erteilt wurde.
Mit einer auf der Vertragsurkunde angebrachten Quittung bestätigten die Vestalina den Empfang der Darlehenssumme und die Theorora SA die Bezahlung des Zinsbetrages von Fr. 1500.--. Diese Quittung wurde auf Seiten der Darlehensnehmerin wie folgt unterzeichnet:
"Vestalina et garants:
Wagner
M. ....
B. ...."
Gemäss einem ebenfalls am 26. August 1949 zwischen C. und der Vestalina abgeschlossenen "Accord confidentiel" wurde "en complément strictement privé" zum Darlehensvertrag vereinbart, dass die Vestalina an C. den Betrag von Fr. 2500.-- bezahle "en contrepartie des services rendus, ainsi que pour tenir compte des conditions particulières des contractants, montant comprenant un complément d'intérêt et couvrant tous les frais, courtages, différences de cours, commissions, etc., inhérents au prêt consenti". Diese Zusatzvereinbarung wurde auf
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Seiten der Vestalina ebenfalls unterzeichnet durch Wagner, M. und B.
Drei weitere Darlehensverträge über Fr. 50'000.--, Fr. 20'000.-- und Fr. 50'000.-- wurden zwischen der Theodora SA und der Vestalina am 13. September 1949, 5. Mai 1950 und 1. Februar 1951 abgeschlossen. Die Bestimmungen über Laufzeit, Zins und Garantie entsprachen genau denjenigen des Vertrages vom 26. August 1949, und die Verträge und Quittungen wurden auf Seiten der Vestalina in gleicher Weise wie bei jenem unterzeichnet. Zu jedem dieser drei weiteren Darlehensverträge wurde sodann auch ein entsprechender Zusatzvertrag zwischen C. und der Vestalina abgeschlossen. Die darin vorgesehenen, in festen Frankenbeträgen ausgedrückten Leistungen der Vestalina an C. machten jeweils auf ein Jahr umgerechnet 0% der Darlehenssumme aus.
Die vier Darlehensverträge wurden in der Folge wiederholt verlängert, wobei jeweils gleichzeitig entsprechende Zusatzvereinbarungen zwischen C. und der Vestalina getroffen wurden. Alle diese Verlängerungs- und Zusatzvereinbarungen wurden auf Seiten der Vestalina von Wagner, M. und B. unterzeichnet.
Am 26. September 1952 fiel die Firma Vestalina T. K. Wagner in Konkurs. In diesem kam die Theodora SA mit ihrer Darlehensforderung sowie einer Zinsforderung von Fr. 8364.20 zur Verlust.

B.- Mit Klage vom 24. September 1953 forderte die Theodora SA von B. die Bezahlung von Fr. 188'586.30 nebst 14% Zins von Fr. 180'000.-- ab 1. Oktober 1952. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, bei der Firma Vestalina habe es sich um eine einfache Gesellschaft gehandelt, deren Teilhaber B. gewesen sei; als solcher hafte er gemäss Art. 544 Abs. 3 OR solidarisch neben Wagner für die von der Vestalina aufgenommenen Darlehen.
Der Beklagte bestritt seine Zahlungspflicht, da er gegenüber der Klägerin nicht als Gesellschafter der Vestalina
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aufgetreten sei. Die von ihm eingegangene Garantieverpflichtung stelle vielmehr höchstens eine Bürgschaft dar, die jedoch wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvorschriften ungültig sei.

C.- Das Bezirksgericht Zürich und das Obergericht Zürich verpflichteten den Beklagten in Gutheissung der Klage zur Bezahlung von Fr. 188'586.30 nebst 14% Zins von Fr. 180'000.-- seit 1. Oktober 1952.
Das Bezirksgericht nahm an, der Beklagte hafte als Teilhaber der zwischen ihm und Wagner bestehenden einfachen Gesellschaft für die Darlehensforderung der Klägerin gegenüber der Vestalina.
Das Obergericht nahm zu dieser Frage nicht Stellung. Es erblickte in der Unterzeichnung des Darlehensvertrages mit der darin enthaltenen Garantieklausel durch den Beklagten einen auf Begründung einer Solidarschuld neben Wagner gerichteten Schuldbeitritt des Beklagten.

D.- Gegen das Urteil des Obergerichts Zürich, II. Zivilkammer, vom 8. März 1955 erklärte der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht mit den folgenden Begehren:
1. Abweisung der Klage;
2. Eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Beweisverfahrens;
3. Subeventuell Schutz der Klage nur für die Hälfte der eingeklagten Forderung und Abweisung der Zinsforderung der Klägerin ab 1. Oktober 1952, soweit diese 5% übersteigt.
Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

2. Das erstinstanzliche Urteil hat die Haftung des Beklagten in seiner Eigenschaft als einfacher Gesellschafter bejaht. Der Beklagte erblickt hierin eine unrichtige Anwendung des Bundeszivilrechts.
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Angesichts des Vertrages vom 22. Mai 1948 steht ausser Zweifel, dass der Beklagte und Wagner sich zu einer einfachen Gesellschaft zusammengeschlossen haben, und zwar zu einer stillen Gesellschaft, in welcher der Beklagte die Rolle des stillen Teilhabers innehatte. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wusste C., der beim Abschluss der streitigen Darlehensverträge als Stellvertreter der Klägerin handelte, um diese stille Beteiligung in allen Einzelheiten. Er wusste insbesondere auch, dass der Beklagte nach aussen auf keinen Fall als Gesellschafter erscheinen oder beteiligt sein wollte, weil es ihm als Prokurist der Firma S. untersagt war, ein eigenes Geschäft zu betreiben oder sich an einem Geschäft zu beteiligen. Bei dieser Sachlage können C. und die durch ihn vertretene Klägerin nicht geltend machen, dass der Beklagte Dritten gegenüber und insbesondere ihnen gegenüber in Tat und Wahrheit als Gesellschafter aufgetreten sei und schon aus diesem Grunde für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte. Diese Annahme verbietet sich, weil C. eben wusste, wie das Verhältnis zwischen Wagner und dem Beklagten rechtlich gestaltet und gemeint war. Er war sich dessen bewusst, dass er es mit der Einzelfirma Wagners zu tun habe, an der - lediglich im Innenverhältnis - der Beklagte als stiller Teilhaber und gewisse andere Leute als Geldgeber beteiligt waren. Es war ihm somit bekannt, dass der Beklagte nach aussen nicht als Gesellschafter auftreten wollte, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen dem Beklagten und Wagner ein "Geheimvertrag" war, wie er in der Einvernahme vor 1. Instanz selber erklärte. Unter diesen Umständen konnte er daher in guten Treuen aus der Teilnahme des Beklagten an den Verhandlungen über die Gewährung des Darlehens und aus der Mitunterzeichnung der Darlehensverträge nicht den Schluss auf das Vorliegen eines offenen Gesellschaftsverhältnisses zwischen dem Beklagten und Wagner ziehen, den ein nichteingeweihter gutgläubiger Dritter allenfalls hätte ziehen dürfen. Denn weiss der Dritte mit Bestimmtheit
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um das Vorliegen einer stillen Gesellschaft und wer stiller Teilhaber ist, und ist ihm überdies bekannt, dass bei dem in Frage stehenden Geschäft der stille Teilhaber nicht aus seiner Rolle treten will, so kann dieser grundsätzlich nicht als Gesellschafter behandelt und als solcher haftbar gemacht werden.
Es ist deshalb unrichtig, wenn im Urteil der 1. Instanz gesagt wird, der Beklagte sei bereit gewesen, bei den streitigen Darlehensgeschäften als Gesellschafter mitzuwirken und habe eine Solidarhaftung dadurch anerkannt, dass er zusammen mit Wagner die Darlehensverpflichtungen als Gesellschafter einging. Eine Haftung des Beklagten aus Gesellschaftsrecht ist vielmehr zu verneinen.

3. Das Obergericht hat in der Unterzeichnung der Darlehensverträge durch den Beklagten einen Schuldbeitritt erblickt. Der Beklagte wendet sich in der Berufung gegen diese Auffassung und hält daran fest, dass er höchstenfalls eine ungültige Bürgschaftserklärung unterzeichnet habe.
a) Bei der Abgrenzung zwischen Bürgschaft und Schuldübernahme ist an Hand der gesamten Umstände der beim Vertragsschluss massgebende wirtschaftliche und rechtliche Zweck zu ermitteln. Alsdann ist darauf abzustellen, welches der beiden Geschäfte diesem Zwecke besser gerecht wird. Kann weder aus dem Wortlaut, noch aus dem Zweck und den gesamten Umständen ein sicherer Schluss gezogen werden, so ist, vorab zur Verwirklichung des vom Bürgschaftsrecht angestrebten Schutzes des Verpflichteten, eher für Bürgschaft zu entscheiden ( BGE 66 II 28 f.).
(b) Ausführungen darüber, dass aus dem Wortlaut der Verpflichtung nichts für die Auffassung des Beklagten zu gewinnen ist, wonach er höchstenfalls eine Bürgschaftserklärung unterzeichnet habe.)
c) Da der Wortlaut keinen sicheren Schluss auf die Art der gewollten und erklärten Garantie gestattet, ist die Rechtsnatur der Verpflichtung des Beklagten auf
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Grund des Zweckes des Geschäftes zu bestimmen. Welche Umstände in dieser Hinsicht gegeben sind, hat der kantonale Richter verbindlich festgestellt; welche rechtliche Bedeutung diesen Umständen zukommt, ist vom Bundesgericht frei zu überprüfen. ..
d) Bei der Ermittlung des wirtschaftlichen und rechtlichen Zwecks des Geschäftes, der für die Rechtsnatur der übernommenen "Garantie" massgebend ist, fallen vorab zwei durch die Vorinstanz verbindlich festgestellte Tatsachen in Betracht: Einmal der Umstand, dass der Beklagte dem Vertreter der Klägerin, C., bekannt war, der Firmainhaber Wagner dagegen nicht; überdies wussten sowohl C. wie der Beklagte, dass Wagner nicht über eigene Mittel verfügte und auch keine solchen in das Geschäft gesteckt hatte. Hieraus hat die Vorinstanz geschlossen, die Klägerin habe eine von der Schuld Wagners unabhängige Verpfiichtung des Beklagten gewollt. Im weiteren steht fest, dass der Beklagte seine Garantieverpflichtung nicht wegen irgendwelcher persönlicher Beziehungen zu Wagner, C. oder der Klägerin einging, sondern um der Vestalina willen, an der er infolge seiner Gewinn- und Verlustbeteiligung interessiert war. Er hoffte, dass die Vestalina sich dank den ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Geldmitteln weiterentwickle; er war also nach seiner eigenen Aussage in der persönlichen Befragung an der Gewährung des Darlehens interessiert.
Aus diesen für das Bundesgericht festgestellten Tatsachen hat die Vorinstanz in rechtlicher Hinsicht gefolgert, es sei nicht Bürgschaft, sondern Solidarschuld gewollt gewesen.
Das eigene und unmittelbare Interesse des Eintretenden an der Erfüllung der Verpflichtung gestattet nun zwar für sich allein nicht schon den Schluss auf Solidarschuld und gegen Bürgschaft. Ein solches Interesse ist für das Vorliegen eines Schuldbeitritts oder einer sonstigen Form der selbständigen Solidarverpflichtung weder erforderlich, noch kann es allein massgebend sein ( BGE 42 II 264 ); denn
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irgend ein eigenes Interesse des Eintretenden wirtschaftlicher oder persönlicher Art ist bei allen Erscheinungsformen der Mitverpflichtung, und damit auch bei der Bürgschaft, in der Regel vorhanden. Immerhin bildet ein ausgeprägt im Vordergrund stehendes Interesse dieser Art ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Verpflichtung. Im vorliegenden Falle wird sein Gewicht noch dadurch erhöht, dass der Beklagte stiller Gesellschafter Wagners war und dass der Vertreter der Klägerin hierüber gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz von Anfang an Bescheid wusste. Bei dieser Sachlage musste es beiden Parteien als geradezu selbstverständlich erscheinen, dass der Beklagte rechtlich gleichwertig wie ein Gesellschafter, also solidarisch, einzustehen habe. Mit Rücksicht auf diese Besonderheit des vorliegenden Falles geht der Hinweis der Berufungsschrift auf die Rechtsprechung ( BGE 37 II 183 , BGE 39 II 774 , BGE 66 II 28 ) fehl; denn alle die genannten Fälle, in denen zu Gunsten der Bürgschaft entschieden wurde, weisen dieses besondere und in die Augen springende Tatbestandsmerkmal gerade nicht auf.
Angesichts der gegebenen Umstände erheischten der rechtliche wie der wirtschaftliche Zweck des in Frage stehenden Sicherungsgeschäftes eine vollwertige, von der Verpflichtung Wagners unabhängige Art der Sicherung seitens des Beklagten. Eine Bürgschaft wäre diesem Zweck aber nicht gerecht geworden und ist daher auszuschliessen. ..
f) Scheidet nach den gesamten Umständen somit Bürgschaft mit Sicherheit aus, so kann sich der Beklagte nicht auf die eingangs erwähnte Regel berufen, dass dort, wo weder der Wortlaut noch die Umstände einen sicheren Schluss auf die Rechtsnatur der Verpflichtung gestatten, eher Bürgschaft anzunehmen ist, um nicht den vom Gesetz angestrebten Schutzzweck zu vereiteln.

4. Ist nach dem Gesagten die Verpflichtung des Beklagten keine Bürgschaft, so kann sie nur Garantievertrag oder Solidarschuld sein, letzteres entweder als
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gleichzeitig mit der Verpflichtung Wagners begründete Solidarverpflichtung oder als unmittelbar hernach erfolgter Schuldbeitritt. Der Wortlaut der Verpflichtungserklärung ist mit dem einen oder andern vereinbar.
Die Vorinstanzen haben das Vorliegen eines Garantievertrages abgelehnt, weil der Beklagte einen solchen nicht behauptet habe. Darauf kommt indessen nichts an, weil der Richter das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat. Aus dem gleichen Grunde geht auch die Auffassung des Beklagten fehl, eine Solidarschuld falle ausser Betracht, weil die Klägerin nach den Ausführungen ihres Vertreters vor Obergericht in der Unterzeichnung der streitigen Klausel durch den Beklagten nie einen Schuldbeitritt erblickt habe.
Ob Garantievertrag oder Solidarschuld anzunehmen sei, kann offen gelassen werden, da das Ergebnis dasselbe ist, nämlich eine selbständige Verpflichtung des Beklagten auf Befriedigung der Klägerin für ihre Darlehensforderung gegenüber Wagner.
Aus Wortlaut, Sinn und Zweck seiner Verpflichtung folgt sodann, dass er für die ganze Schuld haftet, nicht nur für die Hälfte, wie er zu Unrecht in der Berufung erneut geltend macht. ..

5. a) Die Vorinstanzen haben der Klägerin 14% Zins der Darlehenssumme von Fr. 180'000.-- ab 1. Oktober 1952 zugesprochen mit der Begründung, der Beklagte habe vor der 1. Instanz diesen Zinssatz anerkannt, so dass er als unbestritten zu betrachten sei.
Mit der Berufung bestreitet der Beklagte, eine Rechtspflicht zur Bezahlung von 14% Zins anerkannt zu haben und beantragt Abweisung der Zinsforderung, soweit diese 5% ab 1. Oktober 1952 übersteigt.
b) Die Klägerin vertritt den Standpunkt, die Feststellung der Vorinstanz, dass der Beklagte die Zinsforderung anerkannt habe, sei für das Bundesgericht verbindlich, weshalb eine Überprüfung des Urteils in diesem Punkte ausgeschlossen sei.
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Diese Auffassung ist unrichtig. Vom Bundesgericht nicht überprüfbar, weil vom kantonalen Prozessrecht beherrscht, ist wohl die Auslegung von Prozesserklärungen der Parteien, deren Wirkungen sich ausschliesslich oder vorwiegend auf das Gebiet des Prozessrechts beschränken. So ist das Bundesgericht gebunden durch die Feststellung des kantonalen Richters, dass eine im Prozess von einer Partei abgegebene Erklärung als Anerkennung einer gegnerischen Tatsachenbehauptung aufzufassen sei oder den Verzicht auf ein bestimmtes Beweismittel in sich schliesse. Solche Erklärungen stellen blosse Prozesshandlungen dar, die unmittelbar überhaupt keine zivilrechtliche Wirkung erzeugen. Für das Bundesgericht verbindlich ist sodann auch die Schlussfolgerung des kantonalen Richters, ein eingeklagter Anspruch sei als anerkannt zu betrachten, weil es an einer rechtzeitigen, in den vom Prozessrecht vorgeschriebenen Formen erfolgten Bestreitung des Beklagten fehle. Denn auch in einem solchen Falle beruht die Feststellung des aus dem Verhalten der Partei gefolgerten Willens in erster Linie, also vorwiegend, auf der Anwendung prozessualer Vorschriften; die privatrechtliche Wirkung des Anerkenntnisses ist lediglich die Folge eines fehlerhaften prozessualen Verhaltens der Partei.
Wo dagegen die Vorinstanz, wie im vorliegenden Falle, die Anerkennung einer privatrechtlichen Schuldpflicht auf Grund blosser Auslegung einer im Laufe des Prozesses vom Beklagten abgegebenen Erklärung angenommen hat, ohne sich dabei auf eine Vorschrift des kantonalen Prozessrechts zu stützen, hat das Bundesgericht freie Hand bei der Prüfung der Frage, ob in der Erklärung des Beklagten wirklich eine privatrechtliche Schuldanerkennung liege. Denn obwohl diese Erklärung, weil sie im Laufe des Prozesses abgegeben wurde, in die äussere Form einer Prozesshandlung gekleidet ist, hat man es dabei doch mit einer materiellrechtlichen Willenserklärung zu tun, deren Tragweite vom Bundesgericht in gleicher Weise überprüfbar ist wie bei einer ausserhalb eines Prozesses abgegebenen
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Erklärung dieser Art. Die rechtliche Natur einer solchen kann sich nicht dadurch ändern, dass sie zufällig im Rahmen eines Prozesses erfolgt ist. Sie bleibt privatrechtliche Willenserklärung und ist insoweit von den Grundsätzen des Privatrechts beherrscht (vgl. hiezu Weiss, Berufung, S. 231 Nr. 17; Guldener, Das schweizerische Zivilprozessrecht I S. 172 f.).
Mit dieser Auffassung steht auch die Rechtsprechung im Einklang. So wurde schon imBGE 32 II 704entschieden, die Annahme des kantonalen Richters, der Beklagte habe anerkannt, dass seine sämtlichen vom Kläger nicht bestrittenen Forderungen durch Verrechnung mit der Forderung des Klägers getilgt seien, beruhe nicht auf der Anwendung von Grundsätzen des Prozessrechts, sondern auf der Auslegung der Erklärungen und Behauptungen des Beklagten nach allgemeinen, materiellrechtlichen Auslegungsregeln. Von dieser Betrachtungsweise wollte auch der EntscheidBGE 69 II 371trotz seiner nicht ganz eindeutigen Formulierung nicht abweichen; denn dort wurde die Nichtüberprüfbarkeit einer von der Vorinstanz vorgenommenen Auslegung einer im Prozess abgegebenen Parteierklärung damit begründet, dass es sich dabei um ein prozessuales Anerkenntnis ohne zivilrechtliche Wirkungen handle. Daraus erhellt, dass das Gericht anders entschieden hätte, wenn es der Auffassung gewesen wäre, es liege ein prozessuales Anerkenntnis vor, das auch zivilrechtliche Wirkungen entfalte. Ob es sich im erwähnten Falle wirklich um ein Anerkenntnis ohne zivilrechtliche Wirkungen gehandelt habe, ist für die hier allein interessierende Frage der Überprüfbarkeit prozessualer Erklärungen belanglos und kann dahingestellt bleiben.
c) Nach dem Gesagten ist somit das Bundesgericht zur Prüfung der Frage befugt, ob der Beklagte für den Fall der grundsätzlichen Gutheissung der Klage den geforderten Zinssatz von 14% anerkannt habe, wie die Vorinstanz angenommen hat.
Die Äusserung des Beklagten, die von den Vorinstanzen
BGE 81 II 520 S. 531
als Anerkennung aufgefasst worden ist, lautet folgendermassen:
"Richtig ist, dass auf den Fr. 180'000.-- bis zum Konkursausbruch Fr. 8586.30 an Zinsen ausstehend waren. Der Zinsfuss von 14% stimmt auch, das geht aus den Verträgen hervor."
Diese Erklärung gab der Beklagte im folgenden Zusammenhang ab: Wagner hatte als Zeuge ausgesagt, er sei bei den Darlehensverhandlungen nicht dabei gewesen und kenne keinerlei Einzelheiten, ja nicht einmal den Gesamtdarlehensbetrag; er wisse, das C. Geld in die Firma gegeben habe, ob es Fr. 180'000.-- gewesen seien, könne er nicht mehr sagen. Hier warf der Beklagte ein, es sei richtig, dass C. Fr. 180'000.-- gegeben habe; das Kapital sei nicht zurückbezahlt worden, nur die Zinsen. Dazu bemerkte der Vertreter der Klägerin, es seien auch noch rund Fr. 8000.-- Zinsen ausstehend. Im Anschluss hieran erfolgte dann die oben erwähnte Erklärung des Beklagten.
Angesichts der Umstände, unter denen der Beklagte seine Erklärung abgab, kann nun keine Rede davon sein, dass er damit eine Schuldpflicht zur Bezahlung von 14% Zinsen anerkannt habe, die er in der Klageantwort ausdrücklich in Abrede gestellt hatte, soweit die Zinsforderung 5% übersteigt, unter Angabe der Gründe, aus denen er dies tat. Was er anerkannte, war lediglich die Tatsache, dass sich aus den Verträgen (nämlich den Darlehens- und den zusätzlichen Geheimverträgen) eine Gesamtentschädigung von 14% ergebe. Diese Anerkennung hatte deshalb ihren guten Sinn, weil nur in den Darlehensverträgen ein Zinssatz von 5% ausdrücklich genannt war, während in den Zusatzverträgen die von der Vestalina an C. zu leistende Entschädigung in festen Frankenbeträgen ausgedrückt wurde. Angesichts dieses Sachverhaltes bedeutete die Erklärung des Beklagten offensichtlich nichts weiter als dass die Umrechnung dieser festen Beträge zusammen mit dem in den Darlehensverträgen festgesetzten Zins von 5% eine Gesamtentschädigung von 14% ausmache.
d) Hat danach der Beklagte entgegen der Meinung der
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Vorinstanz einen Zinssatz von 14% nicht anerkannt, so ist weiter zu prüfen, ob ein den anerkannten Satz von 5% übersteigender Zinsbetrag geschuldet sei. Diese Frage ist zu verneinen. Im Gegensatz zu den Darlehensverträgen war in den Geheimverträgen, wie erwähnt, nicht die Bezahlung eines Zinses zu einem bestimmten Satz vereinbart, sondern es wurde die Leistung eines festen Frankenbetrages versprochen, der zum voraus zu bezahlen war. Diese Leistung nach Geheimvertrag stellte in Wirklichkeit keinen Zins dar, sondern sie war, wenn nicht geradezu Schmiergeld, eine Art Kommission, die für die Vermittlung des Darlehens an C. persönlich zu bezahlen war. Was zur Begründung dieser Leistung im Geheimvertrag sonst noch angeführt ist, diente offensichtlich zur Tarnung der wahren Natur des Geschäftes. Damit steht auch im Einklang, dass diese Geheimentschädigung nicht der Darlehensgeberin Theodora SA versprochen und geschuldet wurde, sondern dem C. persönlich. Das wird bestätigt durch die Art der Unterzeichnung der Verträge: Die Darlehensverträge und ihre Verlängerungen sind stets unterzeichnet: "Theodora SA, Tanger, sig. C."; die Zusatzverträge dagegen unterschrieb C. immer im eigenen Namen. Es bestanden also zwei Gruppen von Verträgen, nämlich die Darlehensverträge zwischen der Gruppe Wagner und der Theodora SA einerseits und die geheimen Zusatzverträge zwischen der Gruppe Wagner und C. anderseits.
Die Verlängerung der Darlehensverträge mit der Theodora SA bewirkte jeweils eine Verlängerung der Darlehensdauer mit der entsprechenden Zinspflicht zu 5%, nicht aber auch eine Erneuerung des Anspruches auf die "Vermittlungsgebühr" gemäss den Verträgen mit C. persönlich. Hiefür bedurfte es jeweils des Abschlusses eines besonderen Vertrages. Die Erneuerung eines Anspruchs dieser Art verstand sich weder aus der Natur des Geschäftes, noch - im Gegensatz zum Darlehenszins - von Gesetzes wegen. Auch lässt sich nicht etwa sagen, diese Mäklergebühr sei ihrem Wesen nach einem Zins gleich zu
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behandeln, wie dies für vereinbarte periodische Bankprovisionen ( Art. 104 OR ) zulässig ist. Dies verbietet sich hier schon deshalb, weil diese angebliche Mäklergebühr gar nicht dem Gläubiger des Darlehens, sondern C. persönlich, also einem Dritten, versprochen und geschuldet war.
Derartige Gebühren können nun aber mangels entsprechender neuer Abmachungen zwischen der Gruppe Wagner und C. für die Zeit seit der Eröffnung des Konkurses über Wagner (Ende September 1952) nicht mehr gefordert werden. Die Darlehen der Klägerin, wie auch die Geheimverträge mit C. waren beim Ausbruch des Konkurses über Wagner ausnahmslos abgelaufen. Also hatte C. für die Zeit nach der Konkurseröffnung auch keine "Mäklergebühr" mehr zu fordern und konnte eine solche auch nicht mehr an die Klägerin abtreten. Denn ist ein Darlehen mangels Verlängerung infolge Ablaufs der Vertragsdauer rückzahlbar, so ist zwar bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung der vereinbarte Zins geschuldet, dagegen hat ein Dritter, wie z.B. ein Mäkler, keinen Anspruch mehr auf eine "Verlängerungsprovision", wenn die Parteien auf die Verlängerung des Vertrages verzichten.
Die Vorinstanz hat somit der Klägerin für die Zeit ab 1. Oktober 1952 zu Unrecht 14% "Zins", d.h. Entgelt für das Darlehen, zugesprochen. Die Klägerin hat vielmehr nur 5% Zins zu beanspruchen. Das Urteil der Vorinstanz ist daher in diesem Punkte zu ändern.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
In teilweiser Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 8. März 1955 dahin abgeändert, dass der Beklagte und Berufungskläger verpflichtet wird, an die Klägerin und Berufungsbeklagte Fr. 188'586.30 nebst 5% Zins von Fr. 180'000.-- seit 1. Oktober 1952 zu bezahlen; soweit weitergehend wird die Klage abgewiesen.

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