BGE 85 II 392 vom 28. Mai 1959

Datum: 28. Mai 1959

Artikelreferenzen:  Art. 694 ZGB , Art. 694 Abs. 2 und 3 ZGB

BGE referenzen:  84 II 614, 120 II 423, 136 III 130, 143 III 261 , 80 II 316, 84 II 614, 80 II 318

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

85 II 392


63. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Mai 1959 i.S. Diakonissenhaus Bern gegen Christen.

Regeste

Notweg. Art. 694 ZGB .
1. Inwiefern sind neue Verhältnisse und Bedürfnisse zu berücksichtigen? (Erw. 1, a):.
2. Im Hinblick auf die Überbauung eines bereits mit öffentlichen Strassen verbundenen Grundstücks besteht keine wahre Wegnot im Sinne von Art. 694 ZGB , wenn bauliche Lösungen möglich sind, die sich ohne Schaffung einer neuen Wegverbindung über Nachbarland verwirklichen lassen (Erw. 1, b).
3. Ob ein "genügender Weg" bestehe oder sich über das eigene Land des baulustigen Eigentümers erstellen lasse, ist nach eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, die für das ganze Gebiet der Schweiz die gleichen sind. Wird die Errichtung eines Neubaues durch kantonale oder kommunale Baupolizeivorschriften von besonderen Anforderungen an die Zufahrt abhängig gemacht, so entsteht daraus kein Anspruch auf zwangsweisen Eingriff in Nachbareigentum nach Art. 694 ZGB (Erw. 2).
4. Zur Frage der Kostentragung bei Zuerkennung eines Notweges

Sachverhalt ab Seite 393

BGE 85 II 392 S. 393

A.- Die Klägerin Frau Anna Christen ist Eigentümerin von Grundstücken (Grundbuchblatt 870 und 930) im Altenberg-Quartier, am Südhang (Sonnenhang) des Aaretales (nordseits des Flusses), in Bern. Die Gesamtfläche dieser aneinander grenzenden Grundstücke (das östliche, Nr. 930, reicht etwas weiter nach oben) beträgt rund 6300 m2, die grösste Ausdehnung von Süden nach Norden etwa 120 m bei einem zwischen 40 und 50% schwankenden Gefälle des Hanges. Nach Norden grenzt das Grundstück Nr. 930 an die Besitzung der beklagten Stiftung, Diakonissenhaus Bern, und zwar an das östlich von dem ebenfalls dieser Stiftung gehörenden Salemspital
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gelegene Grundstück Nr. 931, auf dem im südöstlichen Teil vor einigen Jahren für die Schwestern des Spitals ein Ruhe- und Erholungsplatz mit Liegehalle eingerichtet wurde. Von dort fällt eine 3 m hohe Böschung gegen die Grenze des Grundstücks Nr. 930 ab.

B.- Die Klägerin beabsichtigt, ihre beiden Grundstücke nach einem einheitlichen Plan überbauen und parzellieren zu lassen. Der in ihrem Auftrag erstellte Plan sieht im untern Teil zwei Reihenhäuser vor, im mittleren Teil fünf Einfamilienhäuser und im obern Teil von Nr. 930 ein Einfamilienhaus mit einer oder zwei Garagen. Der untere Teil beider Grundstücke liegt an der Altenbergstrasse, und etwa in der Mitte des Hanges mündet von Osten die Lerberstrasse ein. Das im obern Teil, und zwar ganz oben gegen die Grenze zum Grundstück der Beklagten hin, wo der Boden verhältnismässig flach ist, geplante Einfamilienhaus mit Garagen möchte die Klägerin mittels einer teilweise über das erwähnte Nachbargrundstück zu erstellenden Zufahrt mit der Oranienburgstrasse verbinden, die etwa 5 m nördlich von der Grenze der Grundstücke Nr. 930 und 931 von Osten her bis zum letztgenannten Grundstück herangeführt ist.

C.- Ohne eine Wegberechtigung zu Lasten des Grundstücks Nr. 931 zu besitzen, suchte die Klägerin Ende 1955 die Baubewilligung für dieses am obern Rand ihrer Besitzung geplante Einfamilienhaus mit Garage nach, das laut der Baupublikation "an die verlängerte Oranienburgstrasse" zu liegen komme. Die Beklagte erhob Einsprache mit der Begründung, der gesetzliche Grenzabstand werde missachtet, sodann hätte das Haus keine genügende Zufahrt, und der Öltank käme zum Teil auf ihren Boden zu stehen. Beigefügt wurde, im Interesse der Salemschwestern könne sich die Beklagte weder zur Abtretung von Land noch zur Einräumung eines Wegrechtes bereit finden.

D.- Die Baudirektion des Kantons Bern wies das Gesuch am 4. Juli 1956 mangels einer genügenden Verbindung
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des projektierten Gebäudes mit dem öffentlichen Grund ab mit Hinweis auf die Bauvorschriften (§ 10 Abs. 2 des damals noch geltenden Alignementsgesetzes vom 15. Juli 1894), wonach neue Gebäude nur so errichtet werden dürfen, dass sie entweder an den öffentlichen Grund zu stehen kommen oder mit ihm durch eine hinreichende Zufahrt verbunden sind (so auch das seither in Kraft getretene kantonale Baugesetz vom 26. Januar 1958, Art. 21). "Als genügend gilt eine Zufahrt zu einem einzelnen Haus dann, wenn sie mindestens 3 m breit ist und keine grössere Steigung als 12% aufweist" (dies laut Art. 211 der neuen Bauordnung der Stadt Bern vom 29./30. Oktober 1955). "Im vorliegenden Fall besteht eine Verbindung mit dem öffentlichen Grund lediglich über eine private Treppe, und eine Zufahrt ist überhaupt nicht vorhanden". Im übrigen wird auf die allenfalls nach Art. 694 ZGB gegebene Möglichkeit der Einräumung eines Notweges verwiesen. Dahingehende Verhandlungen mit dem Diakonissenhaus Bern seien in Aussicht gestellt worden, jedoch bisher nicht zu einem Abschluss gekommen. Das vorliegende Gesuch sei nun nicht mehr länger zurückzulegen, zumal ein Notweganspruch auch ohne zuvor erlangte Baubewilligung werde geltend gemacht werden können.

E.- Auf Klage vom 31. December 1957 hat der Appellationshof des Kantons Bern das Diakonissenhaus Bern verpflichtet, das verlangte Notfahrwegrecht gegen eine Entschädigung von Fr. 25'000.-- einzuräumen. Dieses Recht soll sich nach dem Urteil auf eine Landfläche von etwa 97 m2 in der Südostecke des Grundstücks Nr. 931 erstrecken, dergestalt dass eine Fahrverbindung vom obern Teil des Grundstücks Nr. 930 nach der Oranienburgstrasse hergestellt werden kann. Das Diakonissenhaus wurde ferner verurteilt, der Klägerin die Prozesskosten im Betrage von über Fr. 7000.-- zu vergüten.

F.- Gegen dieses Urteil hat das Diakonissenhaus Bern Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem
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erneuten Antrag auf Abweisung der Klage. Es wird geltend gemacht, die Vorinstanz wolle zwar mit Recht Art. 694 ZGB einschränkend auslegen, gehe dann aber von der falschen Überlegung aus, die kantonalen und kommunalen Baupolizeibehörden seien berechtigt, durch übertriebene Anforderungen an den Zugang zum geplanten Hause die Voraussetzungen für einen Notweg zu schaffen. Nach der Bauordnung der Stadt Bern könnte die Baupolizeibehörde unter bestimmten Umständen auf die Einhaltung der Vorschriften betreffend Strassenbreite und Steigung verzichten. Auf keinen Fall dürfe anerkannt werden, dass zur Erfüllung besonders strenger polizeilicher Zufahrtsbedingungen ein Notweg eingeräumt werden müsse. Auf diese Weise würde man dem bundesrechtlichen Anspruch auf einen Notweg einen neuen und in seinen Auswirrkungen unübersehbaren Inhalt geben. Man dürfe nicht fremdes Eigentum in Anspruch nehmen, bloss weil eine bestimmte bauliche Lösung architektonisch empfehlenswert wäre. Das Notwegrecht sei nur bei einer wirklichen Notlage einzuräumen, die hier nicht bestehe.

G.- Die Klägerin beantragt, auf die Berufung sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Sie führt aus, bei den von der Beklagten beanstandeten Bauvorschriften handle es sich um kantonales Recht, das der Nachprüfung durch das Bundesgericht nicht unterliege. Diese Vorschriften seien gültig und für die Gestaltung der Zufahrt massgebend. Der Experte wie auch der Appellationshof hätten eine andere als die mit der Klage erstrebte Zufahrtsmöglichkeit abgelehnt. Bei den festgestellten tatsächlichen Verhältnissen ergebe sich für die Klägerin ein Notstand, dem nur der verlangte Notweg abzuhelfen vermöge.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Appellationshof geht zutreffend davon aus, dass die beiden Grundstücke der Klägerin in ihrem heutigen
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Bestand genügend mit öffentlichen Strassen verbunden sind. Er glaubt aber, der Klägerin im Hinblick auf die von ihr geplante Überbauung dieser Grundstücke eine neue, dritte Wegverbindung nach Nordosten, als Notweg über das Land der Beklagten, zuerkennen zu sollen. Denn nur so erhalte das oben auf dem Grundstück Nr. 930 projektierte Einfamilienhaus mit Garage eine den baupolizeilichen Anforderungen entsprechende Zufahrt. Diese Betrachtungsweise hält jedoch einer nähern Prüfung nicht stand.
a) Gewiss ist für die Anwendung von Art. 694 ZGB nicht die einmal gegebene Art der Benutzung und Bewirtschaftung eines Grundstücks auf alle Zeiten massgebend. Vielmehr ist einer Änderung der Verhältnisse und Bedürfnisse Rechnung zu tragen, sofern sie auf objektiven Gründen beruht, während persönliche Wünsche und Liebhabereien des Eigentümers ausser Betracht fallen (vgl. LEEMANN, N. 2 und 16 zu Art. 694 ZGB , und HAAB, N. 17 und 18 zu den Art. 694-696; WALDIS, Das Nachbarrecht, 4. Auflage, S. 174). Die Grundstücke der Klägerin liegen nun heute infolge des Wachstums der Stadt inmitten von Wohngebieten. Sie sind also gewissermassen zur Überbauung mit Wohnhäusern bestimmt, sofern nicht etwa das Gemeinwesen sie zu öffentlichen Zwecken (Bauten, Anlagen usw.) in Anspruch nimmt.
b) Was aber die Art der Überbauung betrifft, ist davon auszugehen, dass ein zwangsweiser Eingriff in Nachbareigentum nur bei wahrer Wegnot statthaft ist, nicht auch dann, wenn bei bescheidenen Anforderungen hinreichende, sei es auch unvollkommene Wegverbindungen bestehen ( BGE 80 II 316 ff. mit eingehender Begründung und Hinweisen; BGE 84 II 614 ff.; LIVER in ZbJV 95 S. 438). Auf ein zu überbauendes Grundstück übertragen, bedeutet dies, es seien wenn immer möglich bauliche Lösungen zu wählen, die sich ohne solchen Eingriff in das Eigentum eines Nachbars verwirrklichen lassen. Es muss nun befremden, dass die Klägerin ohne das Einverständnis
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der Beklagten zum vornherein oben auf ihrem Grundstück ein Haus "an der verlängerten Oranienburgstrasse" projektierte, wohl wissend, das eine solche Verlängerung über das Land der Beklagten führen müsste. Eine Notwendigkeit dieses Teilprojektes kann nicht anerkannt werden. Auch wenn es wegfällt, bleibt der grösste Teil des Überbauungsplanes bestehen, wird also die Überbauung des Landgutes als solche nicht etwa gehindert. Übrigens lässt sich in diesem Falle wohl die mittlere Hangstufe besser ausnützen, als wie es vorgesehen ist. Wieso sie nur mit Einfamilienhäusern sollte überbaut werden können, ist nicht einzusehen. Und das frei bleibende Hinterland dürfte bei einer solchen Änderung des Gesamtplanes ebenfalls eine nützliche Verwendung finden, sei es für sich allein, sei es als Umschwung zu den Häusern jener mittleren Hangstufe. Jedenfalls ist der Klägerin ein Verzicht auf Erstellung eines Einfamilienhauses mit Garage oben auf dem Grundstück Nr. 930 zumutbar, wenn sie sich nur mit einem Not-Fahrwegrecht über das Nachbarland bewirken liesse. Der baulustige Grundeigentümer hat sich mit den topographischen Verhältnissen seines Landes abzufinden und ihnen seine Baupläne anzupassen. Am Grundsatz, dass nicht ohne wahre Not in nachbarliches Eigentum eingegriffen werden darf, ist um so mehr dann festzuhalten, wenn nicht bloss die Mitbenutzung eines bereits bestehenden Weges auf Nachbarboden in Frage steht (wie in dem von LEEMANN, N. 15 zu Art. 694 ZGB , erwähnten Fall), sondern die Anlegung einer dem Nachbar unnützen, ja in hohem Masse nachteiligen Strasse. So verhält es sich hier, da der Einbau einer Zufahrt in die Böschung vor der Liegehalle der Spitalschwestern beabsichtigt ist. Ansprüche nach Art. 694 ZGB sind zwar nicht auf Grund einer Abwägung der beidseitigen Interessen zu beurteilen ( BGE 80 II 318 Erw. 3). Es ist aber sowohl bei der Entscheidung darüber, ob ein Notweganspruch bestehe, wie auch bei der nähern Bestimmung des Notwegverlaufes jede unnötige Benachteilung
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und Belästigung der Nachbarn zu vermeiden (vgl. BGE 43 II 292 ), was auch in Art. 694 Abs. 2 und 3 ZGB zum Ausdruck gelangt.

2. Übrigens kann von der für das in Frage stehende Einfamilienhaus vorgesehenen Baustelle aus eine nach landläufiger Auffassung genügende Wegverbindung über das eigene Land der Klägerin nach unten, nämlich zu der nach Westen zu verlängernden Lerberstrasse, erstellt werden, sofern auf den Garageanbau verzichtet oder die Garage unterhalb des Hauses, mit Zugang von der Lerberstrasse aus, erbaut wird. Dass eine solche Lösung dem Grundeigentümer zumutbar ist, ergibt sich aus dem bereits Gesagten. Notwendig ist es nicht, mit dem Wagen bis zur Haustüre fahren zu können. Als Zugang zum Hause kommt bei solcher Anordnung eine Treppe am Ostrand des Grundstücks Nr. 930 in Frage. Derartige Zugänge zu einem auf abschüssigem Gelände stehenden Wohnhaus gibt es an zahlreichen Orten der Schweiz, auch in Städten. Sie sind, wenn gut ausgebaut, vom privatrechtlichen Standpunkt aus als genügend zu betrachten. Dieser Ansicht war mit Recht auch der Instruktionsrichter des Appellationshofes, als er der Klägerin aufgab, sich bei der Baupolizeibehörde danach zu erkundigen, ob ein dahingehendes Bauprojekt bewilligt würde; er könne nicht glauben, dass auch in solchen Fällen die Baubewilligung verweigert würde.
Der Klägerin, die es auf eine Zufahrt von Nordosten her abgesehen hatte, war dieser Ausweg freilich nicht erwünscht. Ihr Architekt wies in der vom Richter angeregten Eingabe an die Baudirektion nachdrücklich auf die Mängel einer solcher Lösung hin. Der Bescheid der städtischen Baudirektion lautete denn auch dahin, sie habe den Überlegungen, die seinerzeit zum Bauabschlag führten, nichts beizufügen und wiederhole, "dass der Bauplatz von Frau Christen keine genügende Zufahrt aufweist".
Dieser Stellungnahme der erwähnten Behörde - gesetzt
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auch, einem förmlichen Baugesuch gleichen Inhaltes würde, wie es der Appellationshof annimmt, in erster und oberer Instanz dasselbe Schicksal zuteil - kommt jedoch nicht die ihr im angefochtenen Urteil beigemessene Bedeutung zu. Für die Anwendung von Art. 694 ZGB sind in der ganzen Schweiz dieselben aus nachbarrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Voraussetzungen massgebend. Danach - und nicht nach der Einteilung der Verkehrswege in kantonalen und kommunalen Erlassen - bestimmt sich vorerst der Begriff der "öffentlichen Strasse" (vgl. HAAB, a.a.O. N. 16). Gleiches gilt für das Vorhandensein eines "genügenden Weges" bezw. für die Möglichkeit, einen solchen Weg über das eigene Land zu erstellen. Ist eine solche Möglichkeit, wie im vorliegenden Falle, vernünftigerweise zu bejahen, so kann ein Notweg über Nachbargebiet nicht verlangt werden. Dem steht nicht entgegen, dass allenfalls das kantonale oder kommunale Baupolizeirecht die Bewilligung eines Neubaues von strengeren Voraussetzugnen hinsichtlich der Zufahrt abhängig macht. Derartige nach der Eigentums- und Nachbarrechtsordnung des ZGB nicht gerechtfertigte und denn auch in einem grossen Teil der Schweiz nicht geltende zusätzliche Anforderungen berühren den Nachbar nicht. Sie ihm gegenüber als Grund eines Notweganspruchs berücksichtigen hiesse den Art. 694 ZGB in rechtsungleicher Weise in den verschiedenen Gegenden der Schweiz anwenden. Lässt sich ein Bauprojekt auch nicht in veränderter Gestalt bei den Baubewilligungsbehörden im Hinblick auf einen im Sinne von Art. 694 ZGB genügenden Weg über das eigene Land zur Geltung bringen (etwa gemäss der Befugnis der Baubewilligungsbehörde nach Art. 211 Abs. 2 der stadtbernischen Bauordnung), so muss es angesichts der wohlbegründeten Weigerung des Nachbars, einen Notweg einzuräumen, eben bei der Ablehnung des Baubewilligungsgesuches bleiben. Man hat es in einem solchen Falle nicht etwa
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mit einem den "genügenden Weg" im Sinne von Art. 694 ZGB ausschliessenden Hindernis zu tun, das an und für sich auch rechtlicher Art sein kann (so, wenn die zur Bewirtschaftung eines Grundstücks notwendige Wegverbindung über Nachbarland nur auf Zusehen hin, also ohne Rechtsanspruch, precario, besteht oder in einer die gehörige Bewirtschaftung nicht erlaubenden Weise zeitlich beschränkt ist; vgl. HAAB, a.a.O. N. 17). Vielmehr handelt es sich nur um eine baupolizeiliche Bedingung der Neubauerrichtung. So besteht im vorliegenden Falle kein Hindernis, auf dem Grundstück Nr. 930 der Ostgrenze entlang eine Treppe von der zu verlängernden Lerberstrasse zur nördlichen Grenze zu erstellen und sie frei zu benutzen. Fraglich ist nur, ob dies ein in polizeilicher Hinsicht genügender Zugang zum projektierten Einfamilienhaus wäre, ein solches Haus also (ohne Garagenanbau, allenfalls mit Garage an der Lerberstrasse) an der vorgesehenen Stelle erbaut werden dürfe, wenn kein anderer Zugang besteht. Im übrigen steht dahin, ob nicht auch eine eigentliche Zufahrtsstrasse über das Land der Klägerin, von der Lerberstrasse aus in einem Bogen von Westen her zum projektierten Einfamileinhaus errichtet werden könnte (in Anlehnung an das Projekt des Architekten Joss). Die Klägerin verneint es allerdings, vornehmlich wegen des damit verbundenen Kostenaufwandes. Dieser erscheint aber gemessen am Bodenwert der gesamten Besitzung nicht von vornherein als unannehmbar. Wie dargetan, ist ein Notweganspruch nicht gegeben, um statt anderer genügender Wegverbindung eine günstigere zu schaffen. Das gilt auch in finanzieller Hinsicht: Der bauende Grundeigentümer kann einen Notweg nicht verlangen, um sein Land rationeller als sonst überbauen zu können. Wie es sich indessen mit den von der Klägerin angeführten Schwierigkeiten der Überbauung des Altenberghanges auch verhalten mag, ist ihr nach Erw. 1 im schlimmsten Fall ein Verzicht auf das in Frage stehende
BGE 85 II 392 S. 402
Teilprojekt mit allfälliger Anpassung des gesamten Überbauungsplanes an die sich daraus ergebende Sachlage zumutbar.

3. Die Abweisung der Klage zieht eine Neuregelung der Gerichts- und Parteikosten des kantonalen Verfahrens nach sich, die dem Appellationshof zu übertragen ist. Zu der im angefochtenen Urteil enthaltenen Kostenentscheidung ist im übrigen zu bemerken, dass es mit der Natur des Notweganspruchs als eines enteignungsähnlichen Eingriffs aus Nachbarrecht nicht wohl vereinbar erscheint, den sich widersetzenden Nachbar bei Gutheissung des Anspruchs in vollem Masse kosten- und entschädigungspflichtig zu erklären. Der besondern Art eines solchen Rechtsstreites wird man durch entsprechende Heranziehung enteignungsrechtlicher Kostennormen eher gerecht.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 10. Dezember 1958 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

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