Urteilskopf
86 II 270
43. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Oktober 1960 i. S. Philips A.-G. gegen Radio-Import G.m.b.H.
Regeste
Art. 6 bis, 24 MSchG
, Markenrechtsverletzung.
a) Auch wer im Auslande an einer Marke berechtigt ist, darf sie in der Schweiz nur benützen, wenn der inländische Inhaber oder mindestens einer von mehreren solchen es ihm gestattet. Das gilt selbst dann, wenn er dem gleichen Konzern angehört wie der oder die inländischen Inhaber (Erw. 1, 2).
b) Das Markengesetz schützt nur gegen Handlungen, die die (mindestens abstrakte) Gefahr schaffen, dass die nachgemachte, nachgeahmte oder rechtswidrigerweise angebrachte Marke das Publikum über die Herkunft der Ware täusche. Diese Gefahr besteht nicht, wenn die Ware aus einem Konzern stammt und die Marke beim schweizerischen Publikum nicht als Hinweis auf das Unternehmen des Markeninhabers, sondern als Hinweis auf irgendein zum Konzern gehörendes Unternehmen gilt (Erw. 3).
A.-
Die N. V. Philips'Gloeilampenfabrieken mit Sitz in Eindhoven (Niederlande) ist Inhaberin verschiedener beim internationalen Büro eingetragener Marken, die teils aus dem Worte Philips, teils aus einem bestimmten Bildzeichen (Kreis mit drei Wellenlinien und vier Sternen), teils aus einer Verbindung beider bestehen. Ihre schweizerische Tochtergesellschaft, die Philips AG in Zürich, liess am 8. November 1939 das Wort Philips als Marke Nr. 96 798 und das erwähnte Bildzeichen als Marke Nr. 96 803 auf eigenen Namen in das schweizerische Markenregister eintragen. Sie stellt unter anderem Fernsehapparate her, setzt sie unter den beiden Marken in der Schweiz ab und liefert solche Apparate auch in das Ausland. Sie verkauft in der Schweiz unter den gleichen Marken auch Fernsehapparate, die in Deutschland und den Niederlanden von den dortigen Gesellschaften des Philips-Konzerns hergestellt werden.
Die Radio-Import G.m.b.H. in Zürich, die diesem Konzern nicht angehört, verschaffte sich Fernsehapparate, die von der deutschen Tochtergesellschaft der N.V. Philips, Gloeilampenfabrieken hergestellt worden waren und die Marke Philips sowie das Bildzeichen des Philips-Konzerns trugen. Sie führte diese Apparate in die Schweiz ein und hielt sie hier zu billigeren als den von der Philips AG geforderten Preisen feil.
B.-
Im Juni 1959 klagte die Philips AG gegen die
BGE 86 II 270 S. 272
Radio-Import G.m.b.H. beim Handelsgericht des Kantons Zürich mit den Begehren:
"1. Es sei der Beklagten unter Androhung von Strafe gemäss
Art. 292 StGB
im Falle des Zuwiderhandelns zu untersagen, Philips-Radio- und Fernsehapparate, an denen die Wortmarke Philips und, oder, das Philips-Emblem (Kreis mit vier Sternen und drei Wellenlinien) angebracht sind, in der Schweiz anzubieten und zu verkaufen, sofern diese Apparate nicht mit Zustimmung der Inhaber der Philips-Wortmarke oder der kombinierten Philips-Wort- und -Bildmarke (Emblem) in der Schweiz in den Verkehr gebracht wurden.
.....
Das Handelsgericht wies am 30. Oktober 1959 die Klage entsprechend dem Antrage der Beklagten ab.
C.-
Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichtes aufzuheben und die Begehren der Klage gutzuheissen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgericht hat in dem in
BGE 78 II 164
ff. veröffentlichten Urteil in Sachen Seifenfabrik Sunlight AG gegen Migros-Genossenschaftsbund die Auffassung vertreten, die Eintragung einer Marke in das schweizerische Register verleihe nur Schutz in der Schweiz und bewirke anderseits, dass der als Inhaber Eingetragene hier allein berechtigt werde (Territorialprinzip). Daraus leitete es ab, dieser könne jemanden wegen Gebrauchs der Marke im Inland selbst dann gemäss
Art. 24 lit. c MSchG
auf dem Wege des Zivilprozesses belangen, wenn sie im Auslande von einer daselbst als Markeninhaber anerkannten Person auf der Ware angebracht wurde. Es sah keinen Grund, anders zu entscheiden, wenn der inländische Markeninhaber mit dem ausländischen durch Zugehörigkeit zu ein und demselben Konzern wirtschaftlich verbunden ist.
Obwohl die gesetzgebenden Behörden anlässlich der Abänderung des Markenschutzgesetzes im Jahre 1939 das Territorialprinzip nicht ausdrücklich anerkannten, weil sie
BGE 86 II 270 S. 273
nicht durch Befragung weiterer Kreise die Revision verzögern wollten (Botschaft des Bundesrates vom 20. September 1937, BBl 1937 III 109), ist an dieser Rechtsprechung festzuhalten. Die Auffassung, die ihr zugrunde liegt, wurde vom Bundesgericht in Abweichung von einem früheren Entscheide (
BGE 50 I 328
ff.) auch für den Fall anerkannt, dass der Inhaber der schweizerischen Marke den Schutz von
Art. 24 lit. c MSchG
auf dem Wege des Strafprozesses sucht (
BGE 85 IV 53
ff.). Auch die schweizerische Lehre geht dahin, dass das Recht an der Marke territorial begrenzt sei (MATTER, Kommentar zum MSchG 50; TROLLER, Immaterialgüterrecht I 133 ff.; DAVID, Kommentar zum MSchG, 2. Aufl., 52). Die erwähnte Rechtsprechung wird denn auch von den Parteien nicht angefochten.
2.
Von ihr geht auch das Handelsgericht aus. Dennoch hält es die Klage für unbegründet, weil die deutsche Philips-Gesellschaft, deren Fernsehapparate die Beklagte verkaufte, diese Erzeugnisse auf Grund der Zugehörigkeit zum Konzern berechtigterweise mit den beim internationalen Büro hinterlegten und folglich in der Schweiz geschützten Marken der niederländischen Muttergesellschaft versehen habe.
Die N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken geniesst gemäss Art. 1 und 4 der in London revidierten Madrider Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken für ihre beim internationalen Büro hinterlegten Marken in der Schweiz den nämlichen Schutz, wie wenn sie unmittelbar in das schweizerische Register eingetragen worden wären. Da die Voraussetzungen des
Art. 6bis MSchG
erfüllt sind, steht ihr dieser Schutz ungeachtet der Tatsache zu, dass die Klägerin zwei gleiche Marken für gleichartige Erzeugnisse in das schweizerische Register hat eintragen lassen. Jede dieser Marken ist in der Schweiz sowohl zugunsten der Klägerin als auch zugunsten der N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken geschützt. Ein und dasselbe Zeichen bildet nicht, wie die Klägerin
BGE 86 II 270 S. 274
annimmt, Gegenstand zweier selbständiger Marken, sondern es ist als die "nämliche Marke" zugunsten verschiedener, wenn auch wirtschaftlich eng miteinander verbundener Firmen hinterlegt (s.
Art. 6bis MSchG
). Jede der beiden Firmen kann sich der Verwendung der Marke durch Dritte widersetzen, hat dagegen den Gebrauch durch den Mitinhaber zu dulden. Die Klägerin hat es daher hinzunehmen, wenn die N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken ihre Erzeugnisse in der Schweiz unter der gemeinsamen Marke in Verkehr bringt oder durch andere in Verkehr bringen lässt.
Die Beklagte hat nicht Erzeugnisse der N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken verkauft, sondern solche eines Dritten, denn die deutsche Tochtergesellschaft dieser Firma ist eine selbständige Person. Auf deren Zugehörigkeit zum Konzern in Verbindung mit der beim internationalen Büro erfolgten Hinterlegung der Marken durch die Muttergesellschaft kommt nichts an. Diese Hinterlegung verschaffte in der Schweiz nur der N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken Markenrechte, nicht auch ihren Tochtergesellschaften. Internationale Konzernmarken im Sinne überstaatlicher Rechte, die ohne weiteres allen Firmen des Konzerns in allen der Madrider Übereinkunft beigetretenen Staaten zuständen, gibt es nicht. Das widerspräche dem in der Lehre und der Rechtsprechung des Bundesgerichts (
BGE 82 I 202
,
BGE 83 II 319
ff.) anerkannten Grundsatze, dass auch die Hinterlegung beim internationalen Büro in jedem Lande ein besonderes Recht mit eigenem Schicksal verleiht (Territorialprinzip).
Es ist auch nicht festgestellt, dass die Muttergesellschaft die deutsche Tochtergesellschaft ermächtigt habe, die Marken in der Schweiz zu gebrauchen. Der Umstand allein, dass sie, wie das Handelsgericht annimmt, auf Grund der bestehenden Konzernbeziehungen berechtigt sei, die Konzernmarken des Mutterhauses zu verwenden, genügt nicht. Damit ist nur gesagt, der Gebrauch der Marken in Deutschland durch die deutsche Tochtergesellschaft erfolge zu
BGE 86 II 270 S. 275
Recht, sei es, dass diese die Zeichen in Deutschland auf eigenen Namen hinterlegte, sei es, dass die N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken daselbst den Schutz der beim internationalen Büro erfolgten Hinterlegung geniesst und die deutsche Tochtergesellschaft zum Gebrauch ermächtigt hat. Das ist unerheblich. Nur die Erlaubnis, die mit den Marken versehene Ware in der Schweiz in Verkehr zu bringen, würde den Gebrauch durch die deutsche Tochtergesellschaft hier rechtmässig machen. Das ist die Folge des Territorialprinzips. Es verbietet, aus den Rechten, welche die deutsche Tochtergesellschaft an den zugunsten der N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken im internationalen Register eingetragenen Marken in Deutschland haben mag, irgendwelche Rechte für das Gebiet der Schweiz abzuleiten.
3.
Die Beklagte macht geltend, die Philips-Marken gälten im schweizerischen Publikum als Kennzeichen von Ware aus dem Philips-Konzern. Der Käufer sehe in ihnen nicht einen Hinweis nur auf den Betrieb der Klägerin. Die Beklagte könne daher nicht gemäss
Art. 24 lit. c MSchG
belangt werden, denn sie habe aus dem Philips-Konzern stammende Apparate verkauft, die Käufer also nicht irregeführt.
Die Klägerin wendet ein, diese Bestimmung setze nach ihrem Wortlaut keine Täuschungsgefahr voraus. Aus
Art. 1 Ziff. 2 MSchG
ergebe sich, dass Marken nicht notwendigerweise die Herkunft der Ware feststellten, sondern ebensogut nur zur Unterscheidung von Waren dienen könnten. Das könne bei Konzernmarken zutreffen. Diese brauchten nicht die fabrikationsmässige Herkunft der Ware anzugeben, sondern es genüge, wenn sie sich eigneten, die Waren von anderen abzuheben. Sobald eine gültige Marke bestehe, sei im einzelnen Falle nicht noch zu untersuchen, ob sie diesem oder jenem Zwecke diene. Es sei auch unerheblich, was der Abnehmer sich vorstelle. Die Marke habe in jedem Lande einen besonderen Goodwill, den der Markeninhaber durch die Qualität der Ware, die Geschäftsorganisation
BGE 86 II 270 S. 276
und die Reklame schaffe. Dieser Goodwill sei das eigentliche Immaterialgut der Marke. Seine Benützung stehe allein dem Markeninhaber zu. Die Marke verleihe diesem ein absolutes Herrschaftsrecht. Der Inhaber könne bestimmen, wo und durch wen die mit der Marke versehene Ware verkauft werden dürfe. Andere dürften nicht dem Berechtigten mit der Marke Konkurrenz machen und damit den von ihm geschaffenen Goodwill ausnützen.
a) Auf dem Wege des Zivil- oder Strafprozesses kann gemäss
Art. 24 MSchG
belangt werden:
"a) wer die Marke eines andern nachmacht oder so nachahmt, dass das Publikum irregeführt wird;
b) wer die Marke eines andern für seine eigenen Erzeugnisse oder Waren verwendet;
c) wer Erzeugnisse oder Waren, von denen er weiss, dass sie mit einer nachgemachten, nachgeahmten oder rechtswidrig angebrachten Marke versehen sind, verkauft, feilhält oder in Verkehr bringt;
d) wer bei den obbezeichneten Übertretungen wissentlich mitgewirkt oder deren Ausführung begünstigt oder erleichtert hat;
e) wer sich weigert, die Herkunft von in seinem Besitze befindlichen Erzeugnissen oder Waren anzugeben, welche nachgemachte, nachgeahmte oder rechtswidrigerweise angebrachte Marken tragen."
Das Gesetz sagt also nicht ausdrücklich, das Markenrecht sei nur dann verletzt, wenn das Publikum getäuscht werden könne. Von der Irreführung ist in lit. a nur im Hinblick auf den Fall der Nachahmung die Rede; die betreffenden Worte bezeichnen den Grad, den diese aufweisen muss. Die gegenteilige Auffassung von DAVID, Kommentar Art. 24 N. 4, wird durch Art. 19 des Gesetzesentwurfes vom 28. Januar 1890 widerlegt, wo gleich wie in Art. 18 des Gesetzes vom 19. Dezember 1879 auseinandergehalten wurde, es könne belangt werden: "a. wer die Marke eines andern nachmacht; b. wer die Marke eines andern so nachahmt, dass das Publikum irregeführt wird" (BBl 1890 I 310). Nichts spricht dafür, dass die Bundesversammlung durch die Zusammenziehung der beiden Satzteile in Art. 24 lit. a des Gesetzes nicht lediglich eine gedrängtere Fassung habe erreichen wollen.
Dass der Wortlaut des
Art. 24 MSchG
nicht allgemein die Möglichkeit der Täuschung des Publikums zum Merkmal der Markenrechtsverletzung erhebt, bedeutet jedoch nicht, sie sei nicht Voraussetzung der daselbst umschriebenen Widerhandlungen. Massgebend ist nicht der Buchstabe des Gesetzes, sondern der Sinn, der sich aus dem Zwecke des Erlasses ergibt.
b) Fabrik- und Handelsmarken sind Zeichen, die "zur Unterscheidung oder zur Feststellung der Herkunft gewerblicher und landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder Waren dienen und auf diesen selbst oder deren Verpackung in beliebiger Weise angebracht sind" (
Art. 1 Ziff. 2 MSchG
).
Unter der Herkunft versteht diese Bestimmung die Abstammung aus einem bestimmten Geschäft, nicht wie
Art. 18 MSchG
die Beziehung zu einem Orte, einer Gegend oder einem Lande. Fabrik- und Handelsmarken weisen darauf hin, dass das Erzeugnis in einem bestimmten Unternehmen hergestellt oder von ihm in Verkehr gebracht worden sei (
BGE 55 II 65
). Das trifft nicht nur dann zu, wenn die Marke "zur Feststellung der Herkunft" angebracht wird, sondern auch dann, wenn der Markeninhaber in ihr ein Mittel "zur Unterscheidung der Erzeugnisse" sieht. Das ist klar, wenn darunter die Unterscheidung von Erzeugnissen verstanden wird, die aus andern als dem an der Marke berechtigten Unternehmen stammen. Es gilt aber auch dann, wenn die Unterscheidung von Waren anderer Beschaffenheit aus dem Unternehmen des Markeninhabers selbst gemeint ist, denn auch in diesem Falle ist die Marke zugleich Kennzeichen für die Abstammung aus dem Geschäfte des Berechtigten, da sie von Dritten für Waren gleicher Beschaffenheit nicht benützt werden darf. Folge der Aufgabe der Marke als Hinweis auf ein bestimmtes Geschäft ist, dass
Art. 11 Abs. 1 MSchG
bestimmt, sie könne nur mit dem Geschäft übertragen werden, dessen Erzeugnissen sie zur Unterscheidung dient. Damit soll verhütet werden, dass das Publikum unter einer Marke Erzeugnisse erhalte, die aus anderen Geschäften stammen, als
BGE 86 II 270 S. 278
es sich auf Grund der bisherigen Erfahrung vorstellt (
BGE 50 II 84
,
BGE 75 I 344
).
Es gibt freilich Kollektivmarken. Sie werden von Vereinigungen mit Persönlichkeit, die selber kein Geschäft zu betreiben brauchen, zur Kennzeichnung der von ihren Mitgliedern erzeugten oder in den Handel gebrachten Waren hinterlegt. Sie wurden schon von
Art. 7 Ziff. 3 MSchG
in der Fassung von 1890 anerkannt (vgl. Botschaft vom 9. November 1886, BBl 1886 III 560; Botschaft vom 28. Januar 1890, BBl 1890 I 295;
BGE 52 I 199
f.), und im Jahre 1928 brachte man ihre Zulässigkeit durch die Revision dieser Bestimmung und den Erlass des Art. 7bis deutlicher zum Ausdruck (vgl. Botschaft vom 15. Februar 1928, BBl 1928 I 189). Die Auffassung, die Marke weise auf die Herkunft des Erzeugnisses aus einem bestimmten Geschäfte hin, trifft also nicht lückenlos zu. Dennoch ist sie in allen Fällen Hinweis auf die Herkunft des Erzeugnisses.
Art. 1 Ziff. 2 MSchG
als grundlegende Bestimmung über die Aufgabe der Marke gilt auch für Kollektivzeichen. Diese weisen auf die Herkunft der Erzeugnisse aus dem Kreise der Geschäfte hin, die den Mitgliedern der Vereinigung gehören; sie sagen dem Käufer, die Ware sei von einem dieser Geschäfte erzeugt oder in den Handel gebracht worden. Dieser Aufgabe entspricht es, dass in der Regel auch die Kollektivmarke nicht übertragbar ist (
Art. 7bis Abs. 3 MSchG
). Dass der Bundesrat Ausnahmen bewilligen kann, ändert an der Rolle nichts, die das Gesetz solchen Zeichen zuschreibt. Ausnahmen können z.B. am Platze sein, wenn die Vereinigung die Persönlichkeit wechselt, der Kreis der Mitglieder dagegen im wesentlichen gleich bleibt. Wenn die Vereinigung "die Kollektivmarke in einer ihrer Zweckbestimmung zuwiderlaufenden oder zur Irreführung des Publikums geeigneten Weise benutzt", kann jeder Interessierte auf Löschung der Marke klagen (
Art. 7bis Abs. 5 MSchG
). Diese Norm lässt deutlich erkennen, dass auch Kollektivmarken nur verwendet werden dürfen, um dem Publikum sinnbildlich
BGE 86 II 270 S. 279
und wahrheitsgemäss die Herkunft der Erzeugnisse bekanntzugeben und allenfalls Erzeugnisse gleicher Herkunft von einander zu unterscheiden.
Aus dem allen Marken gemeinsamen Zweck ergibt sich der Sinn der Normen über ihren Schutz. Das Gesetz will verhindern, dass jemand durch unbefugte Verwendung der (echten, nachgemachten oder nachgeahmten) Zeichen eines andern vortäusche, die durch sie gekennzeichneten Erzeugnisse stammten aus dem Geschäfte des andern bzw. aus dem Geschäfte eines Mitgliedes der an der Kollektivmarke berechtigten Vereinigung. Es liegt ihm fern, die Rechte an der Marke zu einem selbständigen und zu beliebigen Zwecken verwendbaren Gute auszugestalten, um den Fabrikanten und Händlern oder ihren Vereinigungen die Abwehr irgendwelcher Eingriffe in ihre Geschäftsinteressen zu ermöglichen.
Das Bundesgericht hat daher stets die Auffassung vertreten,
Art. 24 MSchG
biete nur Schutz gegen Handlungen, durch die das Publikum über die Herkunft der Erzeugnisse irregeführt werden könnte (
BGE 33 I 209
,
BGE 51 I 340
,
BGE 52 I 203
,
BGE 78 II 172
,
BGE 84 IV 124
,
BGE 85 IV 55
).
c) Am 22. Juni 1939 wurde Art. 6bis in das Markenrechtsgesetz eingefügt. Darnach dürfen wirtschaftlich eng miteinander verbundene Produzenten, Industrielle oder Handeltreibende auch für Erzeugnisse oder Waren, die ihrer Natur nach nicht voneinander abweichen, die nämliche Marke hinterlegen, wenn weder das Publikum getäuscht noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt werden kann.
Diese Norm schwächt wie
Art. 7bis MSchG
die hinweisende Kraft der Marke ab. Wenn wirtschaftlich eng miteinander verbundene Fabrikanten oder Händler für gleiche oder ähnliche Erzeugnisse die gleiche Marke verwenden (Konzernmarke), dient diese nicht als Hinweis auf die Abstammung aus einem bestimmten Geschäft, sondern deutet sie nur an, dass das Erzeugnis aus irgendeinem der mehreren zum Konzern gehörenden Unternehmen stamme.
BGE 86 II 270 S. 280
Sie bleibt nichtsdestoweniger ein Zeichen zur Feststellung der Herkunft der Erzeugnisse. Art. 6bis ändert also insofern am hergebrachten Begriff der Fabrik- oder Handelsmarke nichts und gibt daher nicht Anlass, den oder die Inhaber der Marke auch gegenüber jenen Handlungen, die ihrer Natur nach das Publikum nicht über die Herkunft von Erzeugnissen irrezuführen vermögen, nach
Art. 24 ff. MSchG
zu schützen.
d) Ebenfalls am 22. Juni 1939 wurde
Art. 11 MSchG
abgeändert. Der Grundsatz, dass eine Marke nur mit dem Geschäft übertragen werden könne, dessen Erzeugnissen sie zur Unterscheidung dient, wurde dahin abgeschwächt, dass in Fällen, in denen das Geschäft sich über mehrere Länder erstreckt, die Übertragung des auf die Schweiz bezüglichen Teils desselben genüge (Abs. 1). Ferner durchbricht ihn das Gesetz dadurch, dass es nunmehr die Übertragung der Marke für einen Teil der Waren, für die diese eingetragen ist, zusammen mit dem betreffenden Geschäftsteil gestattet, wenn die zum abgetretenen Teil gehörenden Waren gänzlich von denen abweichen, für die die Marke zugunsten des Abtretenden eingetragen bleibt (Abs. 2). In beiden Fällen darf der Gebrauch der Marke nach dem beschränkten Geschäftsübergang nicht eine Täuschung des Publikums ermöglichen.
Auch durch die Revision in diesen Punkten tastete der Gesetzgeber den hergebrachten Begriff der Fabrik- oder Handelsmarke als eines zur Feststellung der Herkunft der Erzeugnisse dienenden Zeichens nicht an. Ihre Aufgabe, die gedankliche Verbindung mit einem bestimmten Geschäft herzustellen, wurde beibehalten. Der revidierte Art. 11 macht lediglich insofern Zugeständnisse, als in den erwähnten Fällen von Übertragung eines Geschäftsteils in Verbindung mit der Übertragung der Marke nur dieser Teil allein noch als das Unternehmen gilt, auf das die Marke nach der Veräusserung hinweist. Dadurch wurde die Marke nicht zu einem selbständigen, vom Unternehmen losgelösten Recht erhoben, das allen möglichen
BGE 86 II 270 S. 281
Zwecken und Interessen dienstbar gemacht werden könnte. Verletzt wird es auch unter dem Gesichtswink el des revidierten Art. 11 nur durch Handlungen, die das Publikum über die Herkunft der Erzeugnisse täuschen könnten.
e) Soweit
Art. 24 MSchG
den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken betrifft, lautet er heute noch gleich wie zur Zeit seines Erlasses. Die Tatbestände, die er unter lit. a-e umschreibt, bestätigen, dass das Gesetz wie von Anfang an noch heute nur davor schützen will, dass das Publikum mit Hilfe von Marken über die Herkunft der Erzeugnisse irregeführt werde. Die Bestimmungen der lit. a-e betreffen ausschliesslich Handlungen, die sich zu solcher Täuschung eignen.
Wer die "Marke eines andern nachmacht" (lit. a), kann nur belangt werden, wenn er das nachgemachte Zeichen zum Gebrauch als Marke bestimmt, d.h. es auf dem Erzeugnis oder der Verpackung zwecks Hinweises auf die Herkunft anbringt. In diesen Fällen geht er normalerweise auf Täuschung des Publikums über die Herkunft der Erzeugnisse aus und schafft er die Gefahr, dass es tatsächlich irregeführt werde. Nur an diesen Normalfall dachte der Gesetzgeber, als er den erwähnten Tatbestand umschrieb, ohne zu sagen, dass er die Möglichkeit von Verwechslungen voraussetze (
BGE 51 I 340
). Der Einwand, es sollten markenrechtlich auch Fälle erfasst werden können, in denen das fremde Zeichen unter Hinweis auf die ihm nicht entsprechende Herkunft des Erzeugnisses, z.B. durch die Zusätze Typ, Genre, Façon, zur Einführung einer Ersatzware missbraucht wird (vgl. DAVID, Art. 24 N. 25-27), schlägt nicht durch. Solches Gebaren lässt sich nach den Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb verfolgen.
Für die Fälle, in denen die Marke nur nachgeahmt wird (lit. a), ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, dass der Schuldige bloss belangt werden kann, wenn "das Publikum irregeführt wird". Obwohl diese Worte nur die Anforderungen an den Grad der Nachahmung umschreiben,
BGE 86 II 270 S. 282
lassen sie schliessen, dass es dem Gesetzgeber lediglich um die Ausschaltung der Täuschungsgefahr zu tun war.
Wer "die Marke eines andern für seine eigenen Erzeugnisse oder Waren verwendet" (lit. b), geht normalerweise auf Täuschung des Publikums über deren Herkunft aus, denn er bringt das (echte) Zeichen eines andern unbefugterweise auf Erzeugnisse an, für die es nicht bestimmt ist, weil sie nicht aus dem Geschäft des Markeninhabers stammen. Dass nur diese Fälle erfasst werden sollten, ergibt sich aus Art. 19 lit. c des Entwurfes vom 28. Januar 1890. Hier wurde gesagt, es könne belangt werden, "wer Marken eines andern oder Verpackungen, die mit solchen Marken versehen sind, für seine eigenen Erzeugnisse oder Waren verwendet, um beim Publikum den Glauben zu erwecken, dass diese Erzeugnisse von dem Hause herrühren, dessen Marken sie rechtswidrigerweise tragen". Schon
BGE 33 I 209
geht davon aus, diese Bestimmung des Entwurfes sei nur wegen überflüssiger Weitläufigkeit durch die kürzere Fassung des
Art. 24 lit. b MSchG
ersetzt worden.
Die weiteren Fälle des Art. 24 betreffen Tatbestände, die den in lit. a und b umschriebenen zeitlich nachfolgen (lit. c, d und e) oder von Hilfspersonen verwirklicht werden (lit. d) und die wie die in lit. a und b umschriebenen Sachverhalte ein Nachmachen, Nachahmen oder rechtswidriges Anbringen der Marke, also eine dadurch bedingte Gefahr der Täuschung des Publikums voraussetzen. Dass dieses Merkmal insbesondere zum Tatbestand der lit. c gehört, wurde in
BGE 52 I 203
,
BGE 78 II 172
und
BGE 85 IV 53
entschieden
Träfe zu, dass das Markengesetz die Herrschaft des Berechtigten über ein in der Marke verkörpertes unumschränktes Immaterialgut gewährleisten und den diesem zukommenden Vermögenswert (Goodwill) in jeder Hinsicht schützen wolle (vgl. TROLLER, Die territoriale Unabhängigkeit der Markenrechte im Warenverkehr, GRUR, Ausland 1960 244 ff.), so müsste es in Art. 24 weitere dieses Gut verletzende Handlungen aufzählen. Es müsste
BGE 86 II 270 S. 283
z.B. bestimmen, dass auf dem Wege des Zivil- oder Strafprozesses auch belangt werden könne, wer unbefugterweise (echte) Marken von Erzeugnissen entfernt, auf denen sie angebracht sind, oder wer mit (echten) Marken versehene Erzeugnisse an anderen Orten oder zu anderen Bedingungen absetzt, als der Berechtigte es gestattet, oder wer den Ruf einer Marke oder eines mit ihr versehenen Erzeugnisses herabsetzt. Solche oder ähnliche Tatbestände umschreibt
Art. 24 MSchG
keine.
Es fällt denn auch auf, dass
Art. 27 Ziff. 1 MSchG
unter den Klageberechtigten an erster Stelle den getäuschten Käufer und erst in zweiter Linie den Inhaber der Marke nennt.
f) Dass die Befugnisse aus der Marke absolute Rechte sind, als Immaterialgut gelten und Vermögenswert (Goodwill) haben können, führt nicht zu einer anderen Auslegung des Gesetzes. Als absolute Rechte werden sie bezeichnet, weil sie gegenüber jedermann wirken. Damit ist nicht gesagt, dass sie dem Berechtigten eine unbeschränkte Herrschaft im Sinne der Auffassung der Klägerin verleihen und dass die Marke Selbstzweck habe. Auch aus der Eigenschaft als Immaterialgut folgt nicht, dass das Recht an der Marke unbeschränkt sei. Immaterielle Rechtsgüter reichen inhaltlich nur so weit, als das Gesetz es zulässt. Vermögenswert sodann kann die Marke erlangen, weil sie in Verbindung mit den Eigenschaften der gezeichneten Erzeugnisse, der Geschäftsorganisation und der Reklame zur Werbung und Erhaltung der Kundschaft beiträgt. Das bedeutet jedoch nicht, der Berechtigte müsse im so erworbenen Besitzstande in jeder Hinsicht nach den Bestimmungen des Markengesetzes geschützt werden. Zum Schutze vor unerlaubten Eingriffen in die Geschäftskundschaft, auch wenn diese durch Werbung für Markenware geschaffen wurde, dient in erster Linie das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb. Das Markengesetz kann nur angerufen werden, wenn der Berechtigte in seiner Kundschaft dadurch bedroht wird, dass andere ihre Erzeugnisse
BGE 86 II 270 S. 284
rechtswidrig mit seiner echten oder mit einer ihr nachgemachten oder nachgeahmten Marke versehen und dadurch die zum mindesten abstrakte Gefahr schaffen, dass das Publikum die Ware in der irrigen Meinung kaufe, sie stamme vom Markeninhaber oder aus dem Kreise der zu einer Vereinigung oder zu einem Konzern gehörenden Firmen. Namentlich gibt dieses Gesetz den Markeninhabern nicht ein Mittel in die Hand, um einen von ihnen nicht gebilligten Handel mit ihren eigenen Erzeugnissen oder den Erzeugnissen ihrer Mitglieder oder Konzernangehörigen zu unterbinden, d.h. ihren Vereinbarungen oder Anordnungen über örtliche Beschränkungen des Absatzes, Alleinverkaufsrechte, Einhaltung von Preisen und dgl. Nachachtung zu verschaffen. Auf diesen Standpunkt hat sich das Bundesgericht schon in seiner strafrechtlichen Rechtsprechung gestellt (
BGE 84 IV 119
ff.). Auf dem gleichen Boden steht laut einem Urteil des Hoge Raad der Niederlande vom 14. Dezember 1956 z.B. auch das holländische Recht (GRUR, Ausland 1957 260 f.).
g) Das Handelsgericht führt aus, dem Publikum sei bekannt, dass die Wortmarke Philips und die charakteristische Philips-Bildmarke Warenzeichen eines Weltkonzerns sind, die nicht nur von der Klägerin, sondern auch von den andern Konzernfirmen verwendet werden; wer in der Schweiz einen Philips-Empfänger kaufe, pflege sich daher nur vorzustellen, dass dieser aus einem dem Konzern angehörenden Betriebe, nicht aus dem Betriebe der Klägerin im besondern stamme.
Diese Feststellung betrifft tatsächlich Verhältnisse und bindet daher das Bundesgericht. Dass sie richtig ist, liegt übrigens auf der Hand. Da die Klägerin als die eine der in der Schweiz berechtigten Markeninhaberinnen nicht nur die von ihr selber hergestellten Erzeugnisse unter den Philips-Marken absetzt, sondern auch Apparate verkauft, die gleich gekennzeichnet sind, obschon sie teils aus dem Unternehmen der Muttergesellschaft, teils aus dem Unternehmen eines Dritten stammen, können diese Marken
BGE 86 II 270 S. 285
nicht mehr ausschliesslich auf das Geschäft der Klägerin hinweisen. Sie deuten nur noch an, dass die Ware aus einem Kreise komme, der aus mehreren Gesellschaften besteht, und zwar auch aus solchen, die in der Schweiz nicht markenberechtigt sind.
Daraus ergibt sich, dass die Beklagte durch Einfuhr und Verkauf von Apparaten, welche die Philips-Marken tragen und aus dem gleichen in der Schweiz nicht markenberechtigten Drittbetriebe stammen, aus dem die Klägerin sich bedienen lässt, nicht die Gefahr der Täuschung des Publikums über die Herkunft der Ware schafft. Der Käufer stellt sich beim Erwerb dieser Apparate nichts anderes vor, als wenn er bei der Klägerin oder bei einem von ihr ermächtigten Wiederverkäufer erwirbt, nämlich er erstehe eine Ware, die in einem auch die Klägerin beliefernden Unternehmen hergestellt worden sei. Der Einwand der Klägerin, die Konzernmarke müsse nicht die fabrikationsmässige Herkunft der Ware angeben, sondern es genüge, wenn sie die mit ihr versehenen Waren von den andern abhebe, hilft nicht. Als "andere Waren" kommen ja hier nicht jene in Betracht, die aus in der Schweiz nicht markenberechtigten Unternehmen des Philips-Konzerns stammen, sondern nur Erzeugnisse aus dem Konzern fremden Betrieben, da die Klägerin selber Ware aus einem zum Konzern gehörenden, aber in der Schweiz nicht markenberechtigten Unternehmen unter den Philips-Marken absetzt.
Soweit die Klage sich auf das Markenrechtsgesetz stützt (Rechtsbegehren 1), ist sie daher abzuweisen.
4.
(Frage des unlauteren Wettbewerbs.)
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Oktober 1959 bestätigt.