BGE 86 II 451 vom 3. November 1960

Datum: 3. November 1960

Artikelreferenzen:  Art. 8 ZGB, Art. 519 ZGB, Art. 521 ZGB, Art. 533 ZGB, Art. 604 ZGB, Art. 612 ZGB, Art. 745 ZGB, Art. 18 GBV , Art. 473 ZGB, Art. 521 und 533 ZGB, Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB, Art. 522 ZGB, Art. 473 Abs. 3 ZGB, Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB, Art. 766 ZGB, Art. 533 Abs. 3 ZGB, Art. 521 Abs. 1 ZGB, Art. 533 Abs. 1 ZGB

BGE referenzen:  118 II 168, 136 III 123 , 83 II 435, 85 II 562

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

86 II 451


66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. November 1960 i.S. E. und H. Steiner gegen Wwe Steiner-Polli und Mitbeklagte

Regeste

Klage auf Teilung einer Erbschaft. Art. 604 ZGB .
1. Als Streitwert hat, wenn der Teilungsanspruch als solcher streitig ist, der gesamte Wert des zu teilenden Vermögens zu gelten (Erw. 2).
2. Passivlegitimation (Erw. 3).
3. Wird das Gesamteigentum beibehalten, so besteht mangels Begründung einer andern Gemeinschaftsform die Erbengemeinschaft weiter (Erw. 4).
4. Eine gemäss Art. 473 ZGB dem überlebenden Ehegatten zugewendete Nutzniessung schliesst den Anspruch der Nachkommen, jederzeit die Teilung zu verlangen, nicht aus (Erw. 5).
5. Der Berechtigte kann die Nutzniessung unter Vorlegung einer Testamentsabschrift jederzeit im Grundbuch eintragen lassen; Art. 18 GBV (Erw. 6).
6. Wird dem Teilungsbegehren ein testamentarisches Teilungsverbot (für die Dauer der Nutzniessung) entgegengehalten, das der Kläger verneint, so ist zuerst diese Frage der Testamentsauslegung zu entscheiden (Beweislast desjenigen, der das Verbot geltend macht) und alsdann bei Bejahung des Verbotes ausserdem die eventuelle - nach Art. 521 und 533 ZGB nicht der Verjährung unterliegende - Einrede des Klägers, ein solches Verbot sei rechtswidrig ( Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ) und verletze jedenfalls die ihm als Pflichtteilserben zukommende Rechtsstellung ( Art. 522 ZGB ). (Erw. 7).

Sachverhalt ab Seite 453

BGE 86 II 451 S. 453
Aus dem Tatbestand:

A.- Der am 29. Januar 1945 verstorbene Karl Steiner-Polli hinterliess als gesetzliche Erben die Witwe Frau Gilda Steiner-Polli und dreizehn Kinder, von denen seither zwei gestorben sind. Er hatte folgendes eigenhändiges Testament errichtet:
"Der Unterzeichnete... verfügt auf sein Ableben hin bei freiem Willen und Verstand was folgt:
1) ... (Frauengut).
2) Der übrige Nachlass soll meine liebe Ehefrau zur lebenslänglichen Nutzniessung erhalten und ist nach deren Tode, d.h. mit Wegfall der Nutzniessung unter meine sämtliche Kinder zu gleichen Teilen zu verteilen.
3) ... (Tilgung der Schulden).
4) Zu meinem Testamentsvollstrecker bezeichne ich Herrn Dr. Werner E. 1ten, Rechtsanwalt in Zug.
Oberwil-Zug, den 15. Juni 1944
(gez.) Karl Steiner-Polli".

B.- Am 25. Juli 1945 erstattete der Willensvollstrecker der Vormundschaftsbehörde von Zug einen Liquidationsbericht. Dieser verzeichnet den Vermögensstand bei Eröffnung des Erbganges, die seither vor sich gegangenen Vermögensbewegungen und den "Endstatus". Dabei ist auf der Aktivseite die Liegenschaft in Oberwil mit einem "Übernahmepreis durch die Erben" von Fr. 31'000.-- eingesetzt. Als reiner Nachlass ergibt sich ein Betrag von Fr. 1000.--. Dem Bericht ist ferner zu entnehmen:
"VI.
Über die Erbansprüche gilt gemäss Gesetz und testamentarischer Anordnung folgendes:
1. Frau Wwe. Gilda Steiner-Polli erhält nach Ziffer 2 des erblasserischen Testamentes die lebenslängliche Nutzniessung am gesamten reinen Nachlass.
2. Die dreizehn Kinder des Erblassers erben zu gleichen Teilen. Jedes Kind erhält somit einen Dreizehntel des reinen Nachlasses zu Eigentum. Vorbezüge sind keine festgestellt.
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VII.
Nachdem sich aus dem Vermögensstatus ergibt, dass das Reinvermögen der Erbschaft in der Liegenschaft Wydenstrasse Oberwil-Zug investiert ist, erfolgt die Zuweisung der Erbteile so, dass jedes der dreizehn vorgenannten Kinder des Herrn Karl Steiner-Polli als Eigentümer mit einem Dreizehntel des reinen Liegenschaftswertes partizipiert. Die dreizehn Geschwister bleiben, bis eine anderweitige vertragliche Regelung getroffen ist und vorbehältlich des Nutzniessungsrechtes von Frau Gilda Steiner-Polli Gesamteigentümer an der Liegenschaft Wydenstrasse, Zug-Oberwil, jedes mit einem ideellen Anteil von einem Dreizehntel."

C.- Für die acht minderjährigen Kinder des Erblassers sprach die Vormundschaftsbehörde die Genehmigung dieses "Teilungsaktes" aus. Die andern Erben gaben keine ausdrückliche Erklärung ab.
Ein Grundbuchauszug vom 25. August 1958 bezeichnet die Frau Witwe Gilda Steiner-Polli und elf Kinder als "Gesamteigentümer als Erbengemeinschaft". Unter den Dienstbarkeitslasten ist keine Nutzniessung eingetragen.

D.- Nach ergebnislosen Verhandlungen mit den Miterben reichten am 23. Oktober 1958 Ernst und Hans Steiner gegen ihre Mutter und sechs Geschwister beim Kantonsgericht Zug Klage ein, mit dem Begehren:
Es sei gerichtlich festzustellen, dass die den Parteien zu Gesamteigentum gehörende Liegenschaft GBP Nr. 1631, Mühlematt, in Oberwil, Stadtgemeinde Zug gelegen, auf klägerisches Begehren hin zu versteigern sei.
Das Kantonsgericht hat die Klage abgewiesen, ebenso das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 16. Februar 1960.

E.- Die Kläger haben Berufung an das Bundesgericht eingelegt.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. (Rechtsbegehren).

2. Die Beklagten wollen den Streitwert, der nach Angabe des angefochtenen Urteils "über Fr. 8000.--" beträgt, nach den Erbteilen der Kläger berechnet wissen.
Bei einem Nettowert der streitigen Liegenschaft von
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Fr. 24'000.-- (nach Abzug der Grundpfandschulden von einem Übernahmepreis von Fr. 60'000.--, wie ihn die Kläger in den dem Rechtsstreit vorausgegangenen Verhandlungen anboten) betrage der Anteil jedes einzelnen der zehn Erben nur Fr. 2400.--. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizustimmen. Allerdings hat das Bundesgericht im Fall einer Klage auf Teilung eines gemeinschaftlichen Vermögens erklärt, der Streitwert könne "seinem möglichen Höchstbetrag nach kaum anders denn nach dem Werte des klägerischen Anteils an dem Grundeigentum, um dessen Liquidation oder Teilung es sich handelt, berechnet werden" ( BGE 24 II 573 Erw. 2). Indessen liegt, wenn der Teilungsanspruch als solcher streitig ist, es also darum geht, ob überhaupt eine Teilung zulässig sei, das ganze Teilungsvermögen im Streit, und es ist daher dessen gesamter Wert als Streitwert zu betrachten (so LEUCH, N. 1 zu Art. 138 der bernischen ZPO, S. 150 Abs. 2 der 3. Auflage; ebenso GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, S. 100 Anm. 19 b und c). Dass dieses Vermögen hier einen Wert von mehr als Fr. 15'000.-- hat, ist unbestritten und als unzweifelhaft anzunehmen.

3. Grundsätzlich hätte die Teilungsklage, da die Erbengemeinschaft ausser den zwei Klägern noch zehn Personen umfasst, gegen alle diese Miterben gerichtet werden müssen. Fünf derselben haben sich jedoch schriftlich mit den Rechtsbegehren der Kläger einverstanden erklärt. Vom Standpunkt des materiellen Rechtes aus genügte es daher, die andern fünf Miterben zu belangen, die "notwendige Streitgenossenschaft" also auf sie zu begrenzen. Die Einrede, die Beklagten seien allein, ohne die übrigen Miterben, nicht passiv legitimiert, geht somit fehl.

4. Die Kläger wollen, nachdem sie sich mit den Miterben nicht auf eine andere Art der Erbteilung zu einigen vermochten, die Erbliegenschaft gemäss Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB versteigern lassen. In erster Linie ist aber der Teilungsanspruch selbst streitig, den die Kläger
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auf Art. 604 ZGB stützen. Die Beklagten wenden demgegenüber ein, die Erbteilung sei gemäss dem Liquidationsbericht des Willensvollstreckers vom 25. Juli 1945, der in Ziff. VIII als Teilungsakt bezeichnet wird, längst beendigt. Es ist richtig, dass der Willensvollstrecker im Begleitschreiben zum Liquidationsbericht bemerkt hat: "Damit ist die Erbteilung abgeschlossen". Allein von einer fertigen Erbteilung kann in Wahrheit nicht gesprochen werden, da ja die Kinder des Erblassers nach demselben Liquidationsbericht vorderhand Gesamteigentümer der Liegenschaft bleiben sollten und es gemäss dem Grundbucheintrag auch geblieben sind. Und zwar wurde die Erbengemeinschaft als solche weitergeführt, nicht etwa in eine Gemeinschaft anderer Art (z.B. in eine einfache Gesellschaft) übergeführt. Das Gesamteigentum blieb bestehen. Wenn Ziff. VII des Liquidationsberichtes von ideellen Anteilen spricht, so ist dies nicht wörtlich, im Sinn von Miteigentumsanteilen, sondern im Zusammenhang jenes Schriftstückes eindeutig im Sinn von Erbquoten bei fortbestehendem Gesamteigentum zu verstehen. Hat man es somit nach wie vor mit der Erbengemeinschaft zu tun, so ist die Teilungsklage in der Tat nach Art. 604 ZGB zu beurteilen.

5. Diese Norm gibt jedem Miterben das Recht, zu beliebiger Zeit die Teilung der Erbschaft zu verlangen, soweit er nicht durch Vertrag oder Vorschrift des Gesetzes zur Gemeinschaft verpflichtet ist.
a) Eine ausdrückliche Vereinbarung, die Erbengemeinschaft während der ganzen Dauer des mütterlichen Nutzniessungsrechtes bestehen zu lassen, haben die Erben nicht abgeschlossen. Das Kantonsgericht nimmt jedoch eine stillschweigende Vereinbarung solchen Inhalts an, während das Obergericht sein Urteil lediglich auf eine testamentarische Anordnung stützt und offen lässt, ob die Erben ausserdem eine dahingehende Vereinbarung getroffen haben. Indessen liegt für die Annahme einer solchen stillschweigenden Vereinbarung nichts Schlüssiges
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vor. Daraus, dass die Kinder des Erblassers die Erbengemeinschaft nach Empfangnahme des erwähnten Liquidationsberichtes jahrelang einfach fortbestehen liessen, ergibt sich kein Verzicht der einzelnen Erben auf das Recht, gemäss Art. 604 ZGB die Teilung zu verlangen, sobald sie einmal der Erbengemeinschaft überdrüssig würden und ihr Treffnis effektiv zu erhalten wünschten. Wird doch in vielen Fällen eine Erbengemeinschaft für den ganzen Nachlass oder einen wesentlichen Teil desselben, insbesondere ein Grundstück, jahrelang beibehalten, bis dann ein Erbe von dem Recht des Art. 604 ZGB Gebrauch macht. Im vorliegenden Falle mag namentlich das der Mutter zustehende Nutzniessungsrecht die Erben veranlasst haben, vorderhand keine Teilung zu verlangen. Sie mögen sich gesagt haben, eine Teilung habe wenig Sinn, da der Genuss des ganzen Nachlasses ja doch nicht ihnen zukomme, und eine Veräusserung der Liegenschaft, zumal an einen nicht zur Familie gehörenden Dritten, lasse sich wegen der Belastung mit dem Nutzniessungsrecht kaum zu guten Bedingungen bewirken. Wie dem aber auch sei, liegt in dem passiven Verhalten der Erben kein Verzicht jedes Einzelnen auf das Recht, eines Tages dann doch die Teilung zu verlangen. Nichts Abweichendes lässt sich aus der Stelle des Liquidationsberichtes (Ziff. VII) herleiten, wonach die Geschwister Gesamteigentümer der Liegenschaft bleiben, "bis eine anderweitige vertragliche Regelung getroffen ist". Gewöhnlich wird eben die Teilung einer Erbschaft durch Verständigung unter den Erben herbeigeführt und ein Rechtsstreit unter Familienangehörigen vermieden. Wenn deshalb der Liquidationsbericht sich darauf beschränkt, eine vertragliche Regelung vorzubehalten, so heisst dies aber keineswegs, durch Entgegennahme dieses Berichtes ohne Einspruch oder Protest habe der einzelne Erbe auf sein gesetzliches Teilungsrecht verzichtet. An den Liquidationsbericht knüpfte sich denn auch kein Einspruchsverfahren, und der Bericht mutet den Erben nicht die Aufgabe gesetzlicher Ansprüche zu.
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b) Es gibt auch keine gesetzliche Vorschrift, die dem Teilungsanspruch der Kläger entgegenstünde. Unter diesem Gesichtspunkt kann es sich nur fragen, ob eine Teilung und insbesondere eine Veräusserung der Erbliegenschaft mit einer nach Art. 473 ZGB bestehenden vollen Nutzniessung unverträglich sei. Das ist jedoch zu verneinen. Gewiss erscheint eine Teilung während bestehender Nutzniessung in manchen Fällen als unerwünscht und ist denn auch oft von geringem praktischen Nutzen für die Beteiligten. Insbesondere lässt sich eine Veräusserung, zumal an einen ausserhalb der Erbengemeinschaft stehenden Dritten, bisweilen angesichts der Nutzniessungslast nicht zu guten Bedingungen bewirken (selbst wenn dem Erwerber ein gewisser Ersatz für den vorderhand ausbleibenden Genuss der Sache, etwa in Gestalt einer während der Dauer der Nutzniessung zu gewährenden Verzinsung des Kaufpreises, geboten oder die von ihm zu bezahlende Kaufpreisrestanz, mit grundpfändlicher Sicherheit, für solange unverzinslich gelassen und gestundet wird). Deshalb unterbleibt in vielen Erbfällen jegliche Handänderung, solange eine solche Nutzniessung des überlebenden Ehegatten dauert. Ein rechtliches Hindernis der Erbteilung bezw. Veräusserung bildet jedoch die Nutzniessung nicht. Die Sache geht mit ihr belastet auf den Erwerber über, wie denn die Nutzniessung auch den Rechten der Gläubiger des Eigentümers vorgeht (vgl. LEEMANN, N. 6 zu Art. 745 ZGB ; LIEBERMANN, Die sachenrechtliche Nutzniessung, Diss. 1933, S. 38). Nichts Abweichendes gilt für den Fall einer gemäss Art. 473 ZGB zu Gunsten des überlebenden Ehegatten begründeten Nutzniessung. Insbesondere lässt sich der während deren Bestehen erhobene Teilungsanspruch nicht ablehnen mit der Begründung, die Unsicherheit der Dauer der Nutzniessung und der Vorbehalt des Art. 473 Abs. 3 ZGB schliesse die Gefahr einer ungleichen Erbteilung in sich. Wird die Liegenschaft an einen Dritten veräussert, so besteht eine solche Gefahr von vornherein nicht. Beim Erwerb durch einen einzelnen Erben oder durch
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eine Erbengruppe sind allerdings Aussichten auf einen früher als normalerweise eintretenden Wegfall der Nutzniessung sowie allenfalls auf den Wegfall der Hälfte dieses Rechtes nach Art. 473 Abs. 3 ZGB vorhanden. Dieses aleatorische Moment, wie es bei Zuteilung einer nicht mit Nutzniessung belasteten Liegenschaft freilich nicht gleichermassen gegeben ist, erscheint aber nicht als hinreichender Grund, einem Erben die Teilung auf Jahrzehnte hinaus zu versagen. Es handelt sich um die Zuteilung zum gegenwärtigen Verkehrswert. Dabei ist beiderseits in Kauf zu nehmen, dass die Zukunftsaussichten allenfalls nicht richtig veranschlagt werden. Übrigens lässt sich gewissen Risiken Rechnung tragen, indem man eine Berichtigung der Teilung beim Wegfall der Nutzniessung oder ihrer Hälfte vorbehält. Ferner kann im Fall der Versteigerung der Zuschlag von einem Mindestangebot abhängig gemacht werden, wie überhaupt Raum zur Gestaltung der Steigerungsbedingungen mit Rücksicht auf die konkreten Verhältnisse besteht. Jedenfalls darf mit der sich aus Art. 473 ZGB ergebenden Beschränkung der Rechte der Nachkommen nicht ohne gesetzliche Grundlage auch noch ein Teilungsverbot für die ganze Dauer der Nutzniessung verbunden werden. Davon geht, wenn auch ohne nähere Begründung, bereitsBGE 56 II 20/21 aus (in gleichem Sinne TH. GUHL, Sicherung und Begünstigung der Ehegatten, in der Festschrift für P. Tuor, S. 42).

6. Umstritten ist, ob eine auf Art. 473 ZGB beruhende volle Nutzniessung von Gesetzes wegen mit dinglicher Wirkung bestehe oder erst durch Eintragung im Grundbuch zur Entstehung gelange (vgl. TUOR, 2. Auflage, N. 18 zu Art. 473 ZGB , mit Zitaten). Laut dem bei den Akten liegenden Grundbuchauszug vom 25. August 1958 ist hier die Nutzniessung bisher nicht eingetragen worden. Der Willensvollstrecker betrachtete offenbar gar nicht die Liegenschaft selbst, sondern die Erbteile in einem abstrakten Sinne als Gegenstand der Nutzniessung. In
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seinem Begleitschreiben vom 27. Juli 1945 zum Liquidationsbericht heisst es:
"... Wie Sie wissen, bestehen die Erbteile der Kinder im Anteil an der Liegenschaft Wydenstrasse, Oberwil. Jedes Kind ist mit einem Dreizehntel beteiligt, der mit der Nutzniessung der Frau Steiner-Polli belastet ist. Sollte das Haus einmal verkauft werden, so unterliegt der Reinerlös der Nutzniessung der Frau Wwe. Steiner-Polli."
Das ZGB lässt allerdings die Nutzniessung an einem Vermögen zu (Art. 745 Abs. 1, 766), und ein Anwendungsfall hievon ist eben Art. 473. Das Vermögen ist jedoch keine objektive Einheit im sachenrechtlichen Sinne; eigentlicher Gegenstand der Nutzniessung an einem Vermögen sind daher die einzelnen Sachen und Rechte, aus denen sich das Vermögen zusammensetzt (vgl. LEEMANN, N. 1 zu Art. 766 ZGB ; LIEBERMANN, a.a.O. S. 70; für das Erbrecht: ESCHER, 3. Auflage, N. 18-22 zu Art. 462 und N. 22 zu Art. 473 ZGB ). Dass im vorliegenden Fall etwas anderes vereinbart worden wäre, ist nicht ersichtlich. Somit kann die Witwe ihr Recht jederzeit noch gemäss Art. 18 der Grundbuchverordnung unter Vorlegung einer Testamentsabschrift eintragen lassen. Andernfalls könnte übrigens aus Art. 473 ZGB noch um so weniger eine Einwendung gegen den Teilungsanspruch nach Art. 604 ZGB hergeleitet werden.

7. Das Obergericht lehnt diesen Anspruch aus einem andern Grunde, nämlich wegen eines im Testament enthaltenen Teilungsverbotes, ab. Die Kläger verneinen, dass der Ziff. 2 des Testamentes ein solches Verbot (für die Dauer der Nutzniessung der Witwe) zu entnehmen sei. Wenn aber eine dahingehende Anordnung des Erblassers vorläge, wäre sie nach ihrer Ansicht ungültig und insbesondere mit ihrer Rechtsstellung als Pflichtteilserben nicht vereinbar. Das Obergericht erklärt diese Einwendung als verjährt; die Kläger seien nicht etwa in der Lage, die Pflichtteilsverletzung durch Einrede geltend zu machen, die nach Art. 533 Abs. 3 ZGB nicht der Verjährung unterläge.
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Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Testament keineswegs sicher und eindeutig ein während der Dauer der Nutzniessung geltendes Teilungsverbot aufstellt. Ziff. 2 enthält vor allem die Zuwendung der vollen Nutzniessung an die Witwe. Wenn es anschliessend heisst, nach deren Tode, d.h. mit Wegfall der Nutzniessung, sei der Nachlass unter die sämtlichen Kinder zu gleichen Teilen zu verteilen, so liegt der Hauptton nach dem Satzgefälle auf den letzten Worten. Freilich versteht sich die gleichmässige Verteilung unter die ja gleichberechtigten Kinder eigentlich von selbst. Allein der Erblasser mochte sie hervorheben, um zum Ausdruck zu bringen, dass keine Vorempfänge auszugleichen seien, oder es mochte ihm auch einfach daran liegen, das durch die Nutzniessung vorübergehend in der Ausübung beschränkte Erbrecht der Kinder zu betonen. Jedenfalls hat er mit der ohne Nachdruck in einem adverbialen Satzteil untergebrachten zeitlichen Bestimmung "nach deren Tode, d.h. mit Wegfall der Nutzniessung" anscheinend an etwas angeknüpft, was ihm selbstverständlich erschien, und nicht eine den Zeitpunkt der Teilung festlegende, eine frühere Teilung ausschliessende Anordnung treffen wollen. Wie bereits dargetan, findet die Teilung in manchen Fällen, wohl meistens aus praktischen Gründen während der Dauer einer vollen Nutzniessung nicht statt. Davon ist der Erblasser wohl ausgegangen; er hat vielleicht auch angenommen, während der Dauer der Nutzniessung dürfe von Rechts wegen nicht geteilt werden. Hätte er seinerseits den Erben eine Teilung zu Lebzeiten der Witwe verbieten wollen, so hätte er wohl ausdrücklich ein solches Verbot ausgesprochen oder mindestens der erwähnten Zeitbestimmung durch Wendungen wie "erst", "nicht früher als" den Charakter einer den Zeitpunkt betreffenden Anordnung aufgeprägt. Daraus, dass er mit einer frühern Teilung offenbar nicht rechnete, kann natürlich nicht geschlossen werden, bei richtiger Würdigung der Rechtslage hätte er den gesetzlichen Teilungsanspruch nun durch Testament
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für die Dauer der Nutzniessung ausschliessen wollen.
Bei dieser Sachlage können die Einwendungen der Ungültigkeit (Rechtswidrigkeit, Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ) und der Herabsetzbarkeit ( Art. 522 ZGB ) eines testamentarischen Teilungsverbotes nicht verjährt sein. Die Kläger haben - und zwar in guten Treuen, zumal auch angesichts brieflicher Äusserungen des Willensvollstreckers, der angeblich das Testament verfasst hatte - dem Testament ein für die Dauer der Nutzniessung aufgestelltes Teilungsverbot gar nicht entnommen. Somit kann nicht davon die Rede sein, es sei ihnen eine dahingehende Anordnung des Erblassers eröffnet worden, und sie hätten schon vor dem Teilungsprozesse "von der Verfügung und dem Ungültigkeitsgrund" ( Art. 521 Abs. 1 ZGB ) bezw. "von der Verletzung ihrer Rechte" ( Art. 533 Abs. 1 ZGB ) Kenntnis gehabt. Als sich die Beklagten gegenüber der Teilungsklage auf ein solches Verbot beriefen, war vorerst eine Auslegungsfrage zu entscheiden, und nur eventuell, bei Bejahung des von den Beklagten behaupteten Teilungsverbotes, fielen jene Einwendungen in Betracht. Um sie geltend zu machen, waren die Kläger zudem nicht auf den Weg einer Ungültigkeits- und Herabsetzungsklage angewiesen. Vielmehr ist ihre Stellungnahme zu einem allenfalls zu bejahenden testamentarischen Teilungsverbot als Erhebung einer Einrede zu betrachten, die nach Art. 521 und 533, je Abs. 3, ZGB nicht verjähren kann. Denn einmal befanden sich die Kläger und die Beklagten gleichermassen kraft des Grundbucheintrages als Gesamteigentümer im Besitz der Erbliegenschaft. Sie hatten also keinen Grund zur Klage binnen bestimmter Frist wie ein gesetzlicher Erbe, der einem in die Erbschaft eingewiesenen und daher in deren Alleinbesitz gelangten Testamentserben diesen Erwerb gestützt auf Ungültigkeit oder Herabsetzbarkeit der Verfügung ganz oder teilweise streitig machen will (vgl. ESCHER, 3. Auflage, N. 11 und 12 zu Art. 521 und N. 6 zu Art. 533 ZGB ; BGE 58 II 405 ). Sodann handelt es sich bei einem Teilungsverbot nicht um
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eine sogleich fällige Leistung, und wäre es auch bloss im Sinn einer Auflage, sondern um eine (allenfalls als Auflage besonderer Art zu betrachtende) Modalität des Erbganges. Es ist nicht ersichtlich, wieso sich die Erben hierüber sollten schlüssig zu machen haben, bevor einer von ihnen die Teilung verlangt. Beruft sich gegenüber einem Teilungsbegehren ein anderer Erbe auf ein testamentarisches Teilungsverbot, so besteht nun erst Veranlassung, nur gerade dieses Verbot betreffende Ungültigkeits- und Herabsetzungsgründe geltend zu machen, eben einredeweise, und zu gerichtlichem Austrag zu bringen.
Im vorliegenden Fall erweist sich jedoch die dahingehende Eventualeinrede der Kläger als gegenstandslos, weil deren Hauptstandpunkt, wie bereits ausgeführt, zu schützen und das Vorliegen eines vom Erblasser aufgestellten Teilungsverbotes (wofür die Beklagten beweispflichtig wären) zu verneinen ist. Bei der gegenteiligen Testamentsauslegung, wie sie dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegt, hätten übrigens die von den Klägern angetragenen Gegenbeweise abgenommen werden müssen; denn der Wortlaut des Testamentes ist in dieser Frage nicht eindeutig und gibt der von den Klägern vertretenen Auffassung mindestens Raum. Die Kläger durften daher ausserhalb der Testamentsurkunde liegende Beweismittel für den wahren Verfügungswillen des Erblassers anrufen ( BGE 83 II 435 mit Hinweisen). Die Missachtung dieses Rechtes zum Gegenbeweis verstösst gegen Art. 8 ZGB (vgl. BGE 68 II 136 ). Eine Rückweisung der Sache zu entsprechender Beweisergänzung erübrigt sich jedoch, nachdem der von den Beklagten nur mit der Testamentsurkunde geführte Hauptbeweis gescheitert ist.
Bei diesem Ausgang der Sache kann auch hier (wie in BGE 85 II 562 ) offen bleiben, ob und allenfalls wie weit ein testamentarisches Teilungsverbot vor Art. 604 ZGB und im besondern vor der den Pflichtteilserben zukommenden Rechtsstellung standzuhalten vermöge.
BGE 86 II 451 S. 464

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 16. Februar 1960 aufgehoben und die Klage zugesprochen.

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