7. Auszug aus dem Entscheid vom 29. März 1962 i.S. Tenger.
Dem ist nicht beizustimmen. Die Frage, ob eine durch Verordnung des Bundesgerichts gestützt auf
Art. 15 Abs. 2 SchKG
aufgestellte Regel einer Gesetzesnorm widerspreche, lässt sich zwar nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf die Verordnungsbefugnis als solche verneinen, wie es in
BGE 50 III 40
geschah. Denn diese Befugnis besteht (mit Vorbehalt weitergehender Delegationsnormen wie derjenigen des
Art. 36 Abs. 3 BankG
, deren Verfassungsmässigkeit indessen bezweifelt werden kann, vgl. FRITZSCHE SchK II 405) nur zur Vollziehung des SchKG. Ob gewisse von gesetzlichen Normen abweichende Verordnungsregeln die Geltung gewohnheitsrechtlicher Ausnahmen erlangen können, ist eine andere Frage (bejahend FAVRE, Cours de droit des poursuites, S. 52/53, und FRITZSCHE, SchK I S. 37, während andere Autoren der Entstehung solchen Gewohnheitsrechtes nur im Rahmen echter Gesetzeslücken Raum geben wollen; vgl. HÖHN, Gewohnheitsrecht im Verwaltungsrecht, 1960, S. 29 ff.). Wie es sich damit verhält, kann hier offen bleiben, da Art. 63 KV entgegen den Ausführungen des Rekurrenten zweifellos den Rahmen des SchKG nicht überschreitet und daher keine Veranlassung besteht, ihn nicht anzuwenden oder dem hiefür zuständigen Gesamtgericht (
Art. 11 Abs. 1 lit. d OG
) seine Aufhebung oder Änderung zu beantragen. Gewiss steht
Art. 260 SchKG
im Abschnitt über die Verwertung und hat daher, jedenfalls in erster Linie, nur Ansprüche im Auge, die zum Aktivbestand der Masse gehören. Allein Art. 63 KV hat seine gesetzliche Grundlage hauptsächlich in einer andern Norm, nämlich in
Art. 207 SchKG
. Diese Vorschrift trifft nun aber mit Bezug auf Prozesse des Gemeinschuldners,
BGE 88 III 42 S. 45
die bereits bei der Konkurseröffnung hängig waren, eine besondere Ordnung, woraus sich einerseits eine Einschränkung der Normen betreffend die Kollokation, anderseits eine Erweiterung des Anwendungsgebietes des
Art. 260 SchKG
ergibt. Dass Art. 207 auch für Passivprozesse des Gemeinschuldners gilt, ist in Abs. 1 ausdrücklich bestimmt. Somit ist über Konkursforderungen, die Gegenstand eines solchen Prozesses bilden, kein Kollokationsverfahren durchzuführen. Vielmehr hat normalerweise die zweite Gläubigerversammlung darüber zu beschliessen, ob der Prozess durch die Konkursmasse weiterzuführen sei oder nicht, und es muss alsdann der Prozessausgang dafür massgebend sein, ob und in welchem Masse die streitig gewesene Forderung im Konkurse zu berücksichtigen sei. Die in diesem Sinn in Art. 63 KV getroffene Regelung beruht auf einer dem wahren Gehalt des
Art. 207 SchKG
entsprechenden Auslegung dieser Norm. Da danach eben der Ausgang des bereits gegen den Gemeinschuldner angehobenen Prozesses entscheidend ist, darf in der Tat im Kollokationsplan keine eigentliche Verfügung getroffen und der Anfechtung durch (neue) Klage gemäss
Art. 250 SchKG
unterstellt werden. Dass aber dann, wenn die zweite Gläubigerversammlung den Verzicht der masse beschliesst (oder wenn ein solcher Beschluss auf dem Zirkularwege gefasst wird), immerhin den einzelnen Gläubigern vorbehalten bleiben soll, selber statt der Konkursmasse den Prozess weiterzuführen, entspricht den Grundsätzen sowohl des Art. 250 wie auch des
Art. 260 SchKG
. Der Rekurrrent will es denn auch keineswegs beim Verzichtsbeschluss der Gläubigergesamtheit bewenden lassen. Er möchte das Eintrittsrecht der einzelnen Gläubiger lediglich auf anderer Grundlage, als wie es der angefochtene Entscheid gemäss Art. 63 KV vorsieht, Platz greifen lassen. Wie dargetan, ist jedoch ein Kollokationsverfahren mit
Art. 207 SchKG
unvereinbar. Es lag daher nahe, in Art. 63 KV auf
Art. 260 SchKG
zu verweisen, wie denn das Recht der Masse, einen Rechtsstreit des Gemeinschuldners
BGE 88 III 42 S. 46
weiterzuführen, sich sehr wohl durch eine solche Abtretung auf einen oder mehrere einzelne Gläubiger übertragen lässt, auch wenn es ein Passivprozess ist. Findet
Art. 260 SchKG
im Bereich des
Art. 207 SchKG
dergestalt analoge Anwendung ausserhalb des Gebietes der Aktivenverwertung, so ist dann natürlich, dem Gegenstand dieser Abtretung entsprechend, der Prozessgewinn des Zessionars der Masse gemäss
Art. 250 Abs. 3 SchKG
zu bestimmen, wie die Vorinstanz mit Hinweis auf
BGE 61 III 173
,
BGE 71 III 92
,
BGE 83 III 76
richtig entschieden hat (vgl. ferner J. FREY, Der Prozessgewinn nach schweizerischem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, BlSchK 11 S. 33 ff., besonders S. 42).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: