BGE 90 II 376 vom 24. September 1964

Datum: 24. September 1964

Artikelreferenzen:  Art. 35 ZGB, Art. 52 ZGB, Art. 54 ZGB, Art. 517 ZGB, Art. 518 ZGB, Art. 519 ZGB, Art. 556 ZGB, Art. 560 ZGB, Art. 607 ZGB, Art. 609 ZGB, Art. 610 ZGB, Art. 860 ZGB, Art. 875 ZGB , Art. 48 OG, Art. 44 oder 46 OG, Art. 472 ZGB, Art. 609 Abs. 1 ZGB, Art. 44 oder 45 OG, Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 63 Abs. 3 VZEG, Art. 875 Ziff. 1 ZGB, Art. 54 Abs. 2 ZGB, Art. 62 OG, Art. 44 OG, Art. 52 Abs. 3 ZGB, Art. 607 und 610 ZGB, Art. 518 Abs. 2 ZGB

BGE referenzen:  94 II 141, 98 II 272, 138 III 449, 145 III 205, 146 III 1 , 84 II 325, 81 II 27, 85 II 601

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

90 II 376


44. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. September 1964 in Sachen Fides Treuhand-Vereinigung gegen Diskont- und Handelsbank AG und Streitgenossen.

Regeste

1. Rechtliche Stellung des Willensvollstreckers. Art. 517/18, 560, 602 ZGB. (Erw. 1 und 2).
2. Absetzung des Willensvollstreckers
a) durch die Aufsichtsbehörde: wegen Unfähigkeit oder grober Pflichtverletzung;
b) durch Urteil in einer Zivilrechtsstreitigkeit: wegen einer vom Erblasser geschaffenen oder ihm wenigstens bekannt gewesenen Doppelstellung des Willensvollstreckers und einer daraus sich ergebenden schweren Interessenkollision (Erw. 3).
3. Wann kann ein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG in administrativem Verfahren herbeigeführt werden? (Erw. 4).
4. Kriterien der schweren Interessenkollision (Erw. 5).
5. Vorwurf der groben Pflichtverletzung in Verbindung mit der Geltendmachung einer angeblich die Absetzung rechtfertigenden Interessenkollision. Verfahrensfragen. Würdigung einzelner Vorfälle (Erw. 6).

Sachverhalt ab Seite 377

BGE 90 II 376 S. 377

A.- Christian Schmid-Blaser, geboren am 7. Juni 1886, gestorben am 12. November 1962 in St. Moritz, war Bürger mehrerer bündnerischer Gememden; zuletzt hatte er das Bürgerrecht von St. Moritz erworben. Er war als Industrieller tätig, vornehmlich in Mailand, wo er auch eine grosse Privatwohnung hatte. Im Jahre 1936 errichtete er die Crisanus-Familienstiftung mit Sitz in Vaduz, um sich und seiner Ehefrau "den anständigen Lebensunterhalt" zu sichern, und im Jahre 1949 eine Stiftung zu gemeinnützigen Zwecken mit Sitz in Chur, genannt Christian Schmid Fonds, auf den dereinst nach dem Ableben beider Ehegatten auch das gesamte Vermögen jener Familienstiftung übergehen soll. Mit der Ehefrau schloss er am 21. April 1942 einen Erb- und Erbverzichtsvertrag. Am 18. und 19. Mai 1960 verfügte er letztwillig (mit Angabe von St. Moritz als Errichtungsort und von Mailand als Wohnsitz), die Erbfolge in seinen Nachlass solle dem Rechte seiner Heimat unterstehen. Dabei setzte er seine nächsten Blutsverwandten, Erben des elterlichen Stammes, auf den Pflichtteil (gemäss Art. 472 ZGB und Art. 89 des bündnerischen EG zum ZGB) und bezeichnete seine Ehefrau unter Vorbehalt dieser Pflichtteilsansprüche und mehrerer Vermächtnisse als Universalerbin.
Zugleich ernannte er einen Willensvollstrecker in der Person der Fides Treuhand-Vereinigung, Zürich, die bereits dem Vorstand der erwähnten Crisanus-Familienstiftung, Vaduz, angehörte und mit seinem Tode einziges Mitglied dieses Stiftungsvorstandes, somit einziges Organ der Stiftung, wurde.

B.- Einige der pflichtteilsberechtigten Erben des elterlichen Stammes und eine Bank als Zessionarin von Erbansprüchen führten am 17. Mai 1963 beim Kreisamt Oberengadin gegen die Fides Treuhand-Vereinigung Beschwerde. Sie beantragten
1. die Entsetzung der FIDES vom Amt eines Willensvollstreckers;.
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2. die Anordnung einer amtlichen Erbschaftsverwaltung;
3. die Weisung an die FIDES, alle sich auf den Nachlass "und damit auch auf die Crisanus-Familienstiftung, das Obera Etablissement, Vaduz, sowie die Artex AG, Vaduz" beziehenden Skripturen, Bücher und Belege dem neu zu ernennenden amtlichen Erbschaftsverwalter zu übergeben;
4. die Mitwirkung der Behörde bei der Erbteilung gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB .

C.- Das Kreisamt Oberengadin wies am 20. November 1963 das Hauptbegehren um Absetzung der FIDES vom Amt eines Willensvollstreckers ab. Damit entfielen die an jene Massnahme anknüpfenden weiteren Begehren.

D.- Das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden hiess dagegen den Rekurs der Beschwerdeführer (mit Ausnahme der Zessionarin, die nicht antragsberechtigt sei) mit Entscheid vom 2. April 1964 gut. Es enthob demgemäss die FIDES vom Amt eines Willensvollstreckers im Nachlass des Christian Schmid-Blaser und wies das Kreisamt Oberengadin an, im Sinne von Art. 609 ZGB an der Erbteilung mitzuwirken und gemäss Art. 2 Ziff. 7 des bündnerischen EG zum ZGB einen Erbschaftsverwalter zu ernennen.

E.- Gegen diesen Entscheid hat die Fides Treuhand-Vereinigung Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der gegen sie erhobenen Beschwerde.
Der Antrag der Beschwerdeführer geht dahin, es sei auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

F.- In einem am 5. Juni 1963 in Zürich gegen die FIDES eingeleiteten Befehlsverfahren verlangten die nämlichen Erben wie auch die erwähnte Zessionarin die Gewährung von Einsicht in die Akten des Erblassers, namentlich "sämtliche Skripturen, Bücher und Belege des Erblassers und der mit ihm identischen Crisanus-Familienstiftung...". Dieses Begehren wurde, soweit es die Akten der Crisanus-Familienstiftung und zugehöriger Tochterunternehmungen
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betraf, in den kantonalen Instanzen abgewiesen, vom Bundesgericht jedoch in dem von den Klägern eingeleiteten Berufungsverfahren durch Urteil von heute geschützt (S. 365 ff. hievor).

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Berufungsbeklagten, deren Beschwerde in der obern kantonalen Instanz gutgeheissen worden ist, halten die Berufung an das Bundesgericht für unzulässig, weil man es mit keiner Zivilrechtsstreitigkeit zu tun habe. In der Tat hängt die Zulässigkeit der vorliegenden Berufung davon ab, ob der angefochtene Entscheid eine Streitigkeit solcher Art betrifft. Denn eine Zivilsache anderer Art, die nach Art. 44 oder 45 OG der Berufung an das Bundesgericht unterstünde, kommt hier nicht in Frage.
InBGE 66 II 150Erw. 2, worauf die Berufungsbeklagten in erster Linie hinweisen, ist ausgeführt, der Willensvollstrecker unterstehe ebenso wie der amtliche Erbschaftsverwalter der Aufsicht der zuständigen Behörde, und zu der Aufsichtsgewalt gehöre die Befugnis, einen unfähigen oder pflichtvergessenen Willensvollstrecker abzusetzen. Es handle sich dabei um eine Ordnungsmassnahme kraft Aufsichtsrechtes, nämlich um die Aufhebung der dem Willensvollstrecker zustehenden Verwaltungsbefugnisse. Diese seien als sog. sekundäre Rechte zu betrachten; materiell sei der Willensvollstrecker am Nachlasse nicht beteiligt. Für seine Entsetzung von dem ihm vom Erblasser aufgetragenen (privaten) Amte das Verfahren eines Zivilprozesses vorzusehen, bestehe keine Veranlassung.
Damit übereinstimmend erklärt das Bundesgericht auch in BGE 84 II 325 ff., die dem Willensvollstrecker vom Erblasser übertragenen Befugnisse in Verbindung mit seinen gesetzlich umschriebenen Aufgaben verschaffen jenem keine materiellrechtliche Beteiligung am Nachlass. Daher bedeute der Entzug der Befugnisse des Willensvollstreckers durch die Aufsichtsbehörde keine Beurteilung einer Zivilrechtsstreitigkeit, und gleich verhalte es sich mit einem
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teilweisen Entzug dieser Befugnisse durch Anordnung einer in andere Hände zu legenden amtlichen Erbschaftsverwaltung. Ob ein dahingehender Entscheid von einer gerichtlichen oder administrativen Behörde gefällt werde, beeinflusse die Rechtsnatur der Angelegenheit nicht. Im einen wie im andern Falle sei die Berufung an das Bundesgericht unzulässig.
Demgegenüber weist die Berufungsklägerin darauf hin, dass die Absetzung eines Willensvollstreckers im Unterschied zur Absetzung eines amtlichen Erbschaftsverwalters in ein privatrechtliches Verhältnis eingreife. Denn es werde dadurch eine vom Erblasser getroffene letztwillige Verfügung ganz oder teilweise ausser Kraft gesetzt. Im vorliegenden Falle habe der Erblasser ihr bewussterweise zwei Rollen zugewiesen, nämlich sie als einziges (verbleibendes) Organ der von ihm errichteten Crisanus-Familienstiftung bestimmt und sie ferner als Willensvollstreckerin zur Regelung seines Nachlasses eingesetzt. Mit seinem Entscheid habe der oberinstanzliche kantonale Richter die letztwilligen Verfügungen des Erblassers teilweise rechtsunwirksam gemacht. Solche rechtsaufhebende Entscheide seien den Zivilrechtsstreitigkeiten zuzuordnen und unter den hiefür geltenden Voraussetzungen (Streitwert, Endentscheid) der Berufung an das Bundesgericht zu unterstellen.

2. Der Berufungsklägerin ist darin beizustimmen, dass das Rechtsverhältnis zwischen Willensvollstrecker und Erbschaft rein privatrechtlicher Natur ist, gleichgültig ob man annimmt, es handle sich um einen Auftrag (mit gewissen Besonderheiten: namentlich was die "Annahme" nach dem Tode des Erblassers, die Nichtwiderruflichkeit seitens der Erben und die behördliche Aufsicht betrifft), oder ob man die Willensvollstreckung als Rechtsverhältnis besonderer Art betrachtet, auf das mit Rücksicht auf Zweck und Form des Instituts die Auftragsregeln bloss analog und in eingeschränktem Masse anzuwenden seien (vgl. BGE 78 II 123 ff.). Folgerichtig bezeichnet derselbe Entscheid den Anspruch des Willensvollstreckers auf Vergütung
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gemäss Art. 517 Abs. 3 ZGB als privatrechtliche Forderung. AuchBGE 66 II 150geht übrigens davon aus, dass der Willensvollstrecker seine Befugnisse aus dem letzten Willen des Erblassers ableitet. Er hat den Erben gegenüber (deren Zustimmung zu seiner Ernennung nicht erforderlich ist, und die, wie bereits bemerkt, den ihm vom Erblasser erteilten "Auftrag" nicht widerrufen können) eine selbständige Stellung. Unter Umständen kommt er sogar in den Fall, gegen sie oder einzelne von ihnen den Willen des Erblassers durch Klage zur Geltung zu bringen ( BGE 77 II 125 ). Ferner ist er in Prozessen, die auf Anfechtung der testamentarischen Regelung seiner Befugnisse oder einer von ihm selbst getroffenen materiellrechtlichen Verfügung gerichtet sind, passiv legitimiert ( BGE 49 II 15 , BGE 51 II 53 Erw. 3). Die in der Willensvollstreckung liegenden Befugnisse sind ihm persönlich zur Ausübung in eigenem Namen zugewiesen. In entsprechendem Umfang (soweit der Erblasser selbst es nicht beschränkt hat) steht ihm das Recht zur Verwaltung des Nachlasses und zu den mit dessen Abwicklung verbundenen Verfügungen ausschliesslich zu und ist den Erben für die Dauer der Willensvollstreckung entzogen (Art. 602 Abs 2 ZBG). Ob der Willensvollstrecker angesichts dieser ihm zukommenden Rechtsstellung als Vertreter des Erblassers, als Vertreter des Nachlasses, als gesetzlicher Bevollmächtigter oder endlich - was vorherrschende Ansicht geworden ist; vgl. TUOR N. 7, und ESCHER, N. 2-6 der Vorbemerkungen zu Art. 517/18 ZGB - als Treuhänder zu benennen sei, mag dahingestellt bleiben. Nimmt man ein Treuhandverhältnis an, so ist dieses nicht etwa im Sinne der anglo-amerikanischen Treuhand (trust) mit geteiltem Eigentum zu verstehen (vgl. F. T. GUBLER, Besteht in der Schweiz ein Bedürfnis nach Einführung des Instituts der angelsächsischen Treuhand [Trust]? in ZSR NF 73 S. 215a ff.), noch erhält der Willensvollstrecker fiduziarisches Eigentum am Nachlass, so dass die Erben auf obligatorische Ansprüche verwiesen wären; vielmehr bleibt es bei ihrem unmittelbaren Erbschaftserwerb
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gemäss Art. 560 ZGB , während dem Willensvollstrecker, wie in den angeführten Entscheidungen dargelegt ist, bloss sekundäre, wenn auch auf privatrechtlichem Titel beruhende Rechte zustehen (vgl. JOST, Fragen aus dem Gebiete der Willensvollstreckung, 1953, S. 83). Mit dem Ausdruck Treuhand wird einerseits die vom Willen der Erben unabhängige Stellung des Willensvollstreckers und anderseits seine Pflicht zur Beachtung der widerstreitenden Interessen und zu unparteilicher Amtsführung hervorgehoben. Er "steht zwischen dem Erblasser und den Erben" (BERLA, Das Verfügungsrecht des Willensvollstreckers, Diss. 1953, S. 5). In einer ähnlichen neutralen Stellung befindet sich der "Treuhänder" im Nachlassverfahren der Eisenbahnunternehmungen nach Art. 63 Abs. 3 VZEG , der "Stellvertreter für die Gläubiger und den Schuldner" nach Art. 875 Ziff. 1 ZGB und der "Bevollmächtigte" bei Schuldbrief und Gült nach Art. 860 ZGB , der gemeinhin auch Treuhänder genannt wird (vgl. LEEMANN, N. 6 ff. zu Art. 860 ZGB ). Eine Frage für sich ist, ob von eigenen "dinglichen" Rechten des Willensvollstreckers zu sprechen sei, wie es einzelne Autoren tun (vgl. namentlich K. BLOCH, Zur Frage der Rechts- und Prozesstellung des Willensvollstreckers und des unverteilten Nachlasses im schweiz. Recht, SJZ 1958 S. 337 ff., insbesondere Anm. 44a; derselbe, Kann ein Willensvollstrecker, weil er eingesetzter Erbe ist, wegen Interessenkollision abgesetzt werden? SJZ 1959 S. 125, Ziff. 1, je mit Hinweis auf A. VON TUHR, Allg. Teil des schweiz. OR, § 28 Ziff. II und Anm. 5; dort ist jedoch nicht von dinglichen Rechten die Rede, sondern im wesentlichen gesagt, die Verfügung der Erben über den Nachlass sei ausgeschlossen bei Erbschaftsverwaltung, amtlicher Liquidation und ebenso bei Willensvollstreckung). Jedenfalls kommen keine dinglichen Rechte im Sinne des Sachenrechts (speziell Pfandrecht oder Nutzniessung) in Frage. Dagegen kann gewiss in Anlehnung an den freien Sprachgebrauch des Gesetzes (das beispielsweise in Art. 462 Abs. 1 vom Erwerb
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des Viertels der Erbschaft "zu Eigentum" spricht) die gesamte Rechtsstellung des Willensvollstreckers in einem weitern Sinne als dingliche bezeichnet werden, was aber, wie bereits dargetan, keine materielle Beteiligung am Nachlass in sich schliesst, sondern eben nur ein selbständiges eigenes (d.h. im eigenen Namen auszuübendes) Verfügungs- und Verwaltungsrecht betreffend fremdes Vermögen bedeutet. Damit ist nicht zur Frage Stellung genommen, ob und allenfalls mit welchen Vorbehalten es zulässig sei, als Willensvollstrecker einen gesetzlichen oder eingesetzten Erben zu bezeichnen. Jedenfalls ergäbe sich in einem solchen Fall die materielle Beteiligung am Nachlass nur aus der Eigenschaft als Erbe.

3. Grundsätzlich lässt sich aus dieser Rechtsstellung des Willensvollstreckers nichts Triftiges gegen die in Erw. 1 erwähnten Entscheidungen herleiten. Da der Willensvollstrecker die ihm zustehenden Befugnisse nicht in eigener Sache, um seiner selbst willen, auszuüben, sondern in fremder Sache zu handeln, eben den Erbgang ordnungsgemäss (nach den Anordnungen des Erblassers und den daneben, ergänzend oder jenen Anordnungen vorgehend, anwendbaren gesetzlichen Regeln) durchzuführen hat, ist er füglich der Aufsicht der zuständigen Behörde zu unterstellen. Diese kann auf Antrag eines materiell an der Erbschaft Beteiligten oder auch von Amtes wegen, sei es auf Anzeige durch einen unbeteiligten Dritten oder infolge sonstwie gemachter Wahrnehmungen, einschreiten, den Willensvollstrecker ermahnen, ihm Weisungen (Gebote und Verbote) erteilen oder andere sachdienliche Massnahmen treffen oder endlich, wenn sich der Übelstand anders nicht beheben lässt, ihn wegen Unfähigkeit oder grober Pflichtwidrigkeit seines Amtes entsetzen. Damit greift die Behörde nicht gegen den zu vermutenden Willen des Erblassers in die betreffende Testamentsklausel ein. Viemehr setzt der Erblasser normalerweise voraus, der von ihm bezeichnete Willensvollstrecker sei der ihm zugedachten Aufgabe gewachsen und erfülle sie pflichtgemäss. Hat er sich darin
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getäuscht und erweist sich die Absetzung des Willensvollstreckers zur Sicherung eines ordnungsmässigen Erbganges als notwendig, so entspricht diese Massnahme auch den wahren Absichten des Erblassers, der nicht mehr selber zum rechten sehen kann. Waltet die Aufsichtsbehörde in solcher Weise ihres Amtes, so trifft sie eine Ordnungsmassnahme administrativer Natur; man hat es alsdann nicht mit der Entscheidung einer Zivilrechtsstreitigkeit zu tun.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der besondere Absetzungsgrund einer Interessenkollision in Frage steht, die sich aus einer vom Erblasser selbst geschaffenen oder ihm jedenfalls bekannten und von ihm als fortbestehend vorausgesetzten Doppelstellung des Willensvollstreckers ergibt. Mit einem solchen Falle hat man es hier zu tun. Denn die FIDES ist vom Erblasser selbst als einziges verbleibendes Organ der Crisanus-Familienstiftung ausersehen und anderseits als Willensvollstreckerin eingesetzt worden. Die Beschwerdeführer haben unter anderem eine sich aus dieser Doppelstellung ergebende "unüberbrückbare" Interessenkollision geltend gemacht. Und das Kantonsgerichtspräsidium hat die Absetzung gerade aus diesem Grunde ausgesprochen, während es die der FIDES ausserdem vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten zwar teilweise bejaht und gerügt, jedoch nicht als so schwerwiegend befunden hat, dass die FIDES deswegen nicht als Willensvollstreckerin zu belassen wäre. Jene Annahme aber, die vom Willensvollstrecker zu wahrenden Interessen der an der Erbschaft materiell Beteiligten oder einzelner von ihnen (nämlich der Beschwerdeführer) stünden denjenigen jener Familienstiftung in so erheblichem Masse entgegen, dass die vorgesehene Willensvollstreckung den betreffenden Erben nicht zumutbar sei, widerspricht dem offenkundigen Willen des Erblassers. Das Begehren, den Willensvollstrecker aus einem solchen Grunde seines Amtes zu entheben, läuft somit auf die Geltendmachung eines der betreffenden Testamentsklausel anhaftenden besondern (nicht auf Art. 519 ZGB beruhenden) Ungültigkeits- oder Anfechtungsgrundes
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hinaus, wie es denn noch andere als die in Art. 519 vorgesehenen Gründe der Rechtsunwirksamkeit letztwilliger Verfügungen gibt (vgl. BGE 81 II 27 Erw. 4). Der Streit über das Bestehen eines solchen Rechtsmangels, wie er angeblich der Einsetzung des Willensvollstreckers im Hinblick auf die ihm vom Erblasser zugewiesene Doppelstellung von Anfang an anhaftet, ist ein Zivilrechtsstreit. Darüber ist in kontradiktorischem Verfahren zu entscheiden, wobei dem Willensvollstrecker Parteistellung zukommt.

4. Die kantonalen Behörden haben nun freilich die Beschwerde der gegen die Willensvollstreckerin aufgetretenen Erben nicht als Zivilklage betrachtet und nicht im eigentlichen Zivilprozess-, sondern in einem administrativen Beschwerde- und Rekursverfahren über diese Streitfrage entschieden. Dennoch liegt ein der Berufung an das Bundesgericht unterliegender Endentscheid der kantonalen Oberbehörde gemäss Art. 48 OG in einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 oder 46 OG vor. Ob über einen solchen erbrechtlichen Streit nach der kantonalen Zuständigkeitsordnung die Gerichte hätten entscheiden sollen, und ob deshalb die Beschwerdeinstanzen bei richtiger Würdigung des Charakters dieser Streitsache sich hätten als unzuständig erklären sollen, kann dahingestellt bleiben. Von Bundesrechts wegen ist für die Geltendmachung derartiger - im ZGB gar nicht vorgesehener - Testamentsmängel die gerichtliche Zuständigkeit nicht vorgeschrieben, weshalb Entscheide von Verwaltungsbehörden nicht verpönt sind ( Art. 54 Abs. 2 ZGB Schl). Übrigens hat in oberer Instanz eine gerichtliche Behörde, wenn auch in administrativem Verfahren, geurteilt. Was aber die Art dieses Verfahrens betrifft, so ist es in kontradiktorischer Weise (mit doppeltem Schriftenwechsel in erster und nochmaligem Schriftenwechsel in oberer Instanz, überhaupt mit voller Gewährung des rechtlichen Gehörs an beide Parteien, und mit vollständiger Abklärung der Tatsachen) durchgeführt worden. Es genügt also in jeder
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Hinsicht den von Bundesrechts wegen an ein Zivilprozessverfahren zu stellenden Anforderungen.
Schreibt man der Streitsache, weil sie erbrechtliche Verhältnisse, wenn auch nicht Bestand und Grösse von Erbanteilen oder anderer Ansprüche materiellrechtlicher Art, betrifft, vermögensrechtlichen Charakter zu, so ist angesichts der Grösse dieser Erbschaft der nach Art. 46 OG erforderliche Streitwert von Fr. 8000.-- wie auch derjenige von Fr. 15'000.-- für die mündliche Parteiverhandlung nach Art. 62 OG gegeben. Wird die Sache als nicht vermögensrechtliche angesehen, so kann sich die Berufung auf Art. 44 OG stützen.

5. Die Möglichkeit der Entlassung eines Willensvollstreckers wegen einer in seiner Person bestehenden Interessenkollision wird in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. ESCHER, N. 20 zu Art. 518 ZGB ; SJZ 1963 S. 203). Nach Ansicht des kantonalen Richters bringt die Eigenschaft derFIDES als einziges Vorstandsmitglied der Crisanus-Familienstiftung eine offensichtliche Kollision solcher Art mit sich. Deshalb sei das Amt eines Willensvollstreckers mit jener Organstellung nicht vereinbar. Denn, sagt der angefochtene Entscheid, als Willensvollstreckerin wäre die FIDES beim Ausbleiben einer gütlichen Einigung verpflichtet, im Namen der Erben gegen die Crisanus-Familienstiftung eine Herabsetzungsklage anzuheben. Als einziges Vorstandsmitglied dieser Stiftung wäre sie aber gleichzeitig verpflichtet, sich gegen eine solche Klage zur Wehr zu setzen. Dem ist jedoch nicht beizustimmen. Wie die Berufungsklägerin mit Recht einwendet, ist der Willensvollstrecker zur Herabsetzungsklage weder aktiv noch passiv legitimiert ( BGE 85 II 601 ). Die FIDES kann somit nicht in den von der Vorinstanz befürchteten Zwiespalt der Pflichten geraten.
Ein die Willensvollstreckung beeinträchtigender Konflikt ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufungsbeklagten die Crisanus-Familienstiftung nicht als gültig anerkennen, während die FIDES anderer Ansicht ist und
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die von jenen behauptete Zugehörigkeit des Stiftungsvermögens zum Nachlass des Stifters jedenfalls solange nicht gelten lassen will, als kein dahingehender Richterspruch ergeht. Es ist nicht Sache des Willensvollstreckers, eine derartige Klage (zumal gegen seine eigene Rechtsauffassung) anzuheben. Vielmehr steht es den Erben (denjenigen, die sich auf diesen Standpunkt stellen) anheim, die Nichtigkeit jener Stiftung geltend zu machen. Mit der Willensvollstreckung hat ein solches Vorgehen nichts zu tun, da es offensichtlich dem Willen des Erblassers zuwiderläuft. Die FIDES kann also den allenfalls von Erbenseite verlangten Richterspruch über die Gültigkeit der Crisanus-Stiftung abwarten. Denn auch wenn von Anfang an bestehende Ungültigkeit gemäss Art. 52 Abs. 3 ZGB geltend gemacht wird, ist die Stiftung einstweilen formal existent, und es kann in einem gegen sie durchgeführten Verfahren zur gerichtlichen Nichtigerklärung mit Feststellungscharakter kommen (vgl. BGE 73 II 83 /84, BGE 75 II 86 ). Die Weigerung der FIDES, das Stiftungsvermögen ohne weiteres zum Nachlassvermögen zu ziehen, ist um so weniger zu beanstanden, als nicht von vornherein die Möglichkeit einer Beschränkung des Stiftungszweckes wie auch einer richterlichen Konversion auszuschliessen ist, zumal ja heute nur ein Teil der gesetzlichen Erben die Stiftung nicht gelten lassen will. Wenn sich übrigens die FIDES einem Begehren um Nichtigerklärung der Stiftung widersetzen will, darf sie es tun. Sie verstösst damit nicht gegen die sich aus der Willensvollstreckung ergebenden Pflichten. Einerseits befindet sie sich dabei mit dem Willen des Erblassers, den sie in erster Linie auszuführen hat, im Einklang. Anderseits gebietet die ihr obliegende Rücksichtnahme auf die Interessen der Erben (sämtlicher, nicht bloss einzelner Erben) kein anderes Verhalten. In der in Frage stehenden Angelegenheit können die auf Nichtigerklärung der erwähnten Stiftung ausgehenden Erben selbständig vorgehen. Sie haben denn auch, wie die Vorinstanz auf Seite 39 ihres Entscheides ausführt, im Erbteilungsprozess
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vor Bezirksgericht Maloja widerklageweise das Begehren um Nichtigerklärung der Stiftung gestellt.
Bedenken erweckt es dagegen, dass die FIDES nicht bereit war, zur Abklärung allfälliger Herabsetzungsansprüche gegen die Crisanus-Familienstiftung beizutragen, sondern sich hartnäckig weigerte, den Pflichtteilserben hierüber Aufschluss zu erteilen. Sie hat mit diesem Verhalten den Verdacht aufkommen lassen, sie wolle einseitig die Interessen eines Teils der Erben, in erster Linie der Witwe des Erblassers, zur Geltung kommen lassen und missachte ihre Pflicht zur unparteiischen Feststellung des Nachlasses; jedenfalls gehe sie nicht mit der notwendigen Objektivität vor. Dass sich ihre Haltung in diesem Punkte nicht mit dem Hinweis auf den letzten Willen des Erblassers rechtfertigen lässt, ist bereits im heute gefällten Urteil in der andern Berufungssache (siehe hievor Buchstabe F der Tatsachen), Erw. 4, dargetan worden.
Es ist ihr jedoch zugute zu halten, dass ihre Weigerung nicht jedes Anscheins der Begründetheit entbehrte. Ist doch ihr Standpunkt von beiden zürcherischen Instanzen im Befehlsverfahren geschützt worden. Zudem verringert sich nun nach dem Ausgang jenes Rechtsstreites das Interesse der Berufungsbeklagten an der Entsetzung der FIDES vom Amte des Willensvollstreckers in beträchtlichem Masse. Sie werden durch Geltendmachung des Rechts auf Einsicht in die Akten der Crisanus-Familienstiftung Klarheit über ihre Herabsetzungsansprüche gewinnen. Und zwar kann die FIDES überhaupt nur in ihrer Eigenschaft als Willensvollstreckerin der Auskunftspflicht nach Art. 607 und 610 ZGB unterstellt werden. Wäre sie nicht (oder nicht mehr) Willensvollstreckerin und deshalb mit der Feststellung und Teilung des Nachlasses nicht (weiterhin) befasst, so könnte sie als beliebiger Dritter (oder eben als Organ der Crisanus-Familienstiftung) den Erben gegenüber nicht als auskunftspflichtig erklärt werden. Diese wären darauf angewiesen, ohne genaue Kenntnis der Verhältnisse die Rechtsbeständigkeit der
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Stiftung anzufechten oder gegen sie auf Herabsetzung der ihr vom Erblasser zugewendeten Vermögenswerte zu klagen.
Im Fall eines Herabsetzungsprozesses kann freilich die FIDES in eine heikle Lage kommen, wenn sie die beklagte Stiftung als einziges Vorstandsmitglied vertritt und den Herabsetzungsanspruch abzuwehren sucht, zugleich aber als Willensvollstreckerin verpflichtet wäre, die Gegenpartei (d.h. die klagenden Pflichtteilserben) über den Umfang ihrer Herabsetzungsansprüche aufzuklären, soweit es nicht bereits vorher geschehen ist. Mit einem Wegfall der Willensvollstreckung (was die FIDES selbst einstweilen nicht wünscht) wäre aber in dieser Hinsicht für die Pflichtteilserben nichts gewonnen; denn es fiele damit auch die von ihnen in Anspruch genommene Auskunftspflicht weg. Im übrigen erscheint ein Herabsetzungsprozess nicht als unvermeidlich. Es ist mit einer gütlichen Einigung der Beteiligten zu rechnen, wenn die Pflichtteilserben einmal über die in Betracht fallenden Vermögensvorgänge aufgeklärt sind.
Nach alldem besteht kein genügender Grund, die Willensvollstreckung wegen der in Frage stehenden Doppelstellung der FIDES aufzuheben. Diese muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die Crisanus-Familienstiftung keine den Berufungsbeklagten fern stehende Drittperson, sondern eine vom Erblasser geschaffene Einrichtung ist, der er grosse Teile seines Vermögens zugewendet hat, worüber des nähern unterrichtet zu werden die Pflichtteilserben ein legitimes Interesse haben. Erfüllt sie demgemäss die ihr als Willensvollstreckerin obliegende Pflicht zur Auskunfterteilung und zur Gewährung von Akteneinsicht (gemäss dem heutigen Urteil in der hievor unter Buchstabe F der Tatsachen erwähnten Berufungssache), so wird die Willensvollstreckung nicht wesentlich beeinträchtigt dadurch, dass sie in anderer Hinsicht als Organ jener Stiftung handeln wird.

6. Die Berufungsbeklagten halten dafür, die von der
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Vorinstanz ausgesprochene Absetzung der FIDES als Willensvollstreckerin sei auf alle Fälle deshalb zu bestätigen, weil den ihr vorgehaltenen und auch nachgewiesenen Pflichtwidrigkeiten ein grösseres als das ihnen von der Vorinstanz beigemessene Gewicht zukomme. Man kann sich fragen, ob dieser Teil des vorinstanzlichen Urteils ebenfalls eine Zivilrechtsstreitigkeit beschlage (vgl. Erw. 3), oder ob die betreffenden Vorfälle wenigstens insofern vom Bundesgericht zu überprüfen seien, als sie geeignet sein können, die praktische Tragweite der sich aus der erwähnten Doppelstellung der Fides ergebenden Interessenkollision darzutun, oder ob endlich immer dann, wenn eine Willensvollstreckung unter anderem wegen Interessenkollision angefochten wird, zugleich die dem Willensvollstrecker vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten in das Zivilrechtsstreitverfahren einbezogen und der bundesgerichtlichen Überprüfung mitunterstellt zu werden verdienen. Wie es sich damit verhält, mag hier offen bleiben. Denn die vorinstanzliche Würdigung der in Frage stehenden Pflichtwidrigkeiten erscheint als ohne jeden Zweifel zutreffend, so dass der Standpunkt der Berufungsbeklagten keinesfalls durchzudringen vermag und die Frage einer Kompetenzattraktion füglich auf sich beruhen kann.
Zu den einzelnen gerügten Pflichtverstössen ist, unter Hinweis auf die eingehenden Darlegungen des Kantonsgerichtspräsidiums, kurz Folgendes zu bemerken:
a) Die FIDES hat die beiden bei ihr unverschlossen hinterlegten letztwilligen Verfügungen erst zweieinhalb Monate nach dem Tode des Erblassers dem Kreisamt Oberengadin zur Eröffnung eingereicht. Damit hat sie gegen Art. 556 ZGB verstossen, wonach beim Tode des Erblassers letztwillige Verfügungen "unverweilt (sans délai, sollecitamente)" einzuliefern sind. Diese Pflicht trifft besonders auch den Willensvollstrecker; ob er ihr nachkommen will, steht nicht in seinem Ermessen. Die Vorinstanz führt zutreffend aus, die Ermittlung des (wegen der Wohnsitzverhältnisse des Erblassers nicht ohne weiteres
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feststehenden) Ablieferungsortes und der für die Eröffnung zuständigen Behörde könne eine so starke Verzögerung nicht entschuldigen. Noch weniger bildet einen Rechtfertigungsgrund die behauptete Notwendigkeit der Abklärung verwickelter Steuerverhältnisse im Ausland. Immerhin handelt es sich um eine blosse Ordnungsvorschrift, deren Vernachlässigung keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Testamente hat ( BGE 53 II 210 ). Ferner besteht kein Grund anzunehmen, die FIDES habe die Feststellung des letzten Willens des Erblassers erschweren oder gar verhindern wollen. Es ist auch nicht als Folge der verzögerten Testamentseinreichung anzusehen, dass die Erben nicht rechtzeitig die Aufnahme eines öffentlichen Inventars verlangten. Sie hätten diese Massnahme ohne weiteres verlangen können, gleichgültig ob die Testamente abgeliefert worden waren oder nicht.
b) Dass auch Erbverträge einzuliefern und von der Behörde zu eröffnen seien, ist nicht vorgeschrieben (vgl. dazu ESCHER und PICENONI, je N. 2 zu Art. 556). PICENONI bemerkt ausdrücklich, der Kanton Graubünden lehne es ab, Erbverträge eröffnen zu lassen. Gleicher Auffassung war das Kreisamt Oberengadin (Seite 5 seines Urteils), also die für die Eröffnung letztwilliger Verfügungen zuständige Behörde. Die Nichteinlieferung des Erb- und Erbverzichtsvertrages der Eheleute Schmid aus dem Jahre 1942 ist daher der FIDES nicht zum Verschulden anzurechnen. Freilich hätte dazu im vorliegenden Fall eine besondere Veranlassung bestanden, weil der Erblasser sich in seiner letztwilligen Verfügung vom 19. Mai 1960 auf jenen mit der Ehefrau abgeschlossenen Vertrag bezog. Indessen wurde dieser Vertrag auf Wunsch der Berufungsbeklagten nachträglich eingereicht und amtlich eröffnet.
c) Dass die Weigerung der FIDES, die vom Erblasser durch Verfügung unter Lebenden errichtete Crisanus-Familienstiftung ohne Richterspruch als nichtig zu behandeln, kein schuldhaftes Verhalten darstellt, ergibt sich aus dem oben Gesagten (Erw. 5). Übrigens hat sie, allerdings
BGE 90 II 376 S. 392
erst am 17. Mai 1963, Prof. P. Liver mit der Ausarbeitung eines Gutachtens über die Rechtsbeständigkeit der Stiftung beauftragt und es nach Eingang den Erben zur Kenntnis gebracht. In rechtsverbindlicher Weise konnte die FIDES nicht etwa selber zur Frage Stellung nehmen, ob das Vermögen der Stiftung zum Nachlass des Stifters gehöre und in das Erbschaftsinventar aufzunehmen sei. Es handelt sich um eine der gerichtlichen Beurteilung unterliegende Frage materiellrechtlicher Natur.
d) Im Besitz des Anwaltes der Witwe des Erblassers befindet sich ein vom Erblasser aufgestellter Vermögensstatus, in den die Berufungsbeklagten Einsicht nehmen wollen. Dass die zur richtigen Feststellung des Nachlasses verpflichtete FIDES diesen Status nicht herausverlangt hat, ist zu beanstanden. Diese möglicherweise aufschlussreiche Urkunde ist zu berücksichtigen, auch wenn nicht alle Erben es wünschen. Von grober Pflichtwidrigkeit der FIDES kann indessen hiebei nicht gesprochen werden.
e) Einen weitern Vorwurf machen die Berufungsbeklagten der FIDES deshalb, weil sie sich geweigert hat, das Verschollenheitsverfahren für den seit Jahrzehnten nachrichtenlos abwesenden Bruder des Erblassers einzuleiten. Indessen beruft sich die FIDES auf Art. 35 ZGB , wonach zur Stellung des Gesuches um Verschollenerklärung diejenigen Personen befugt sind, die aus dem Tode des Verschwundenen Rechte ableiten können. Zu diesen Personen gehört der Willensvollstrecker nicht; somit lässt sich der von der FIDES eingenommene Rechtsstandpunkt vertreten. Ob nicht eine andere Betrachtungsweise den Vorzug verdiene und der Willensvollstrecker auf Grund seiner Stellung zum Nachlass und namentlich infolge seiner Teilungsbefugnis (- Art. 518 Abs. 2 ZGB ) zu einem solchen Gesuch legitimiert sei, ist hier nicht zu entscheiden. Auf alle Fälle stand es den Erben, die dies wünschten, frei, ohne Mitwirkung der Willensvollstreckerin ein solches Gesuch zu stellen.
BGE 90 II 376 S. 393

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, der Entscheid des Kantonsgerichtspräsidiums von Graubünden vom 2. April 1964 aufgehoben und die Beschwerde der Berufungsbeklagten abgewiesen.

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