Urteilskopf
93 I 656
83. Urteil vom 19. Dezember 1967 i.S. X. gegen Schweizerische Eidgenossenschaft.
Regeste
Klage auf Leistungen der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung.
1. Die Klage beim Bundesgericht richtet sich gegen die Eidgenossenschaft (Erw. 1).
2. Berechnung der Klagefrist, wenn die Verwaltung den Anspruch des Versicherten zunächst nicht bestritten hat (Erw. 2).
3. Wird der Versicherte wegen Verfehlungen, die er im Amte begangen hat, in eine Stellung mit niedrigerer Besoldung versetzt, so kann der bisherige versicherte Verdienst mit Zustimmung der Wahlbehördebeibehalten werden. Die Zustimmung kann auch durch konkludentes Verhalten bekundet werden. Wenn sie einmal erteilt worden ist, dürfen der versicherte Verdienst und die Rente nicht mehr herabgesetzt werden (Erw. 3-5).
4. Verzinsung der rückständigen Rentenbeträge (Erw. 6).
A.-
Der Kläger X., geb. 1902, war seit 1933 Posthalter in einem Dorfe. In einer im Herbst 1963 durchgeführten administrativen Untersuchung wurde festgestellt, dass er im Amte strafbare Handlungen begangen hatte. Er wurde im November 1963 provisorisch nach Basel versetzt und dort als uniformierter Beamter beschäftigt, wofür ihm weiterhin die Posthalterbesoldung - gekürzt nach Massgabe der nun für ihn geltenden Arbeitszeit - ausgerichtet wurde. Am 10. Februar 1964 verfügte die Generaldirektion der PTT gestützt auf Art. 52 des Beamtengesetzes die sofortige vorläufige Enthebung des
BGE 93 I 656 S. 658
Klägers vom Amte eines Posthalters; zugleich ordnete sie an, dass er provisorisch in Basel als uniformierter Gehilfe weiterzuverwenden und sein Gehalt vom 16. Februar 1964 an auf den Höchstbetrag der 22. Besoldungsklasse herabzusetzen sei. Am 21. Dezember 1964 eröffnete die Kreispostdirektion Basel dem Kläger, dass er gemäss Verfügung der Generaldirektion als Posthalter für die am 1. April 1965 beginnende neue Amtsdauer nicht wiedergewählt werde.
Am 12. Oktober 1965 wurde der Kläger wegen Betruges und Urkundenfälschung zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe verurteilt. Bis dahin war das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren ausgesetzt worden. Am 11. November 1965 teilte ihm die Kreispostdirektion Basel mit, die Generaldirektion verzichte auf ein "weiteres Vorgehen disziplinarischer Art", weil sich die Abberufung vom Amte eines Posthalters für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe.
Auf den 1. Januar 1966 wurde der Kläger aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt. Am 14. Januar 1966 gab ihm die Verwaltung der Eidg. Versicherungskasse den Bescheid, er habe Anspruch auf eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.--, was der vom Kläger als Posthalter bezogenen Besoldung entspricht.
Am 29. April 1966 schrieb die Kreispostdirektion Basel dem Kläger, mit der Rückversetzung im Amte sollte auch der versicherte Verdienst herabgesetzt werden. Zwar könne nach Art. 14 Abs. 4 der Statuten der Versicherungskasse bei Herabsetzung der Besoldung wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung der bisherige versicherte Verdienst mit Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten werden. Dies sei jedoch "sowohl nach konstanter Praxis der Bundeszentralverwaltung als auch gestützt auf Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" nur dann möglich, wenn kein Selbstverschulden des Versicherten vorliege. Da diese Voraussetzung hier nicht erfüllt sei, werde der versicherte Verdienst nach Weisung der Generaldirektion rückwirkend auf den 1. März 1964 von Fr. 13'170.-- auf Fr. 9'328.-- herabgesetzt. Dementsprechend wurde die Rente gekürzt. Am 13. Mai 1966 übermittelte die Kassenverwaltung dem Kläger die neue Berechnung. Die Beiträge, die er für den wegfallenden Verdienstteil bezahlt hatte, wurden ihm gemäss Art. 17 der Kassenstatuten zurückerstattet.
In einem Schreiben vom 13. Mai 1966 an die Kreispostdirektion
BGE 93 I 656 S. 659
Basel erhob der Kläger Einsprache gegen die Kürzung des versicherten Verdienstes und der Rente. Die Generaldirektion antwortete, sie habe dieser Eingabe nicht "den Charakter einer begründeten Einsprache" beigelegt; eine Einsprache wäre unmittelbar beim Eidg. Finanz- und Zolldepartment anzubringen.
Am 26. April 1967 unterbreitete der Kläger dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement das Begehren, die Rente sei in der ursprünglich festgesetzten Höhe auszurichten. Das Departement lehnte das Begehren am 6. Juli 1967 ab.
B.-
Am 12. Juli 1967 hat X. beim Bundesgericht Klage gegen die Eidg. Versicherungskasse eingereicht, mit dem Antrag, es sei ihm "eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- als Posthalter auszurichten und, soweit gekürzt, mit Verzugszins nachzuzahlen".
Er macht geltend, nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten habe die Wahlbehörde darüber zu entscheiden, ob im Falle der Herabsetzung der Besoldung wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung der bisherige versicherte Verdienst beizubehalten oder zu kürzen sei. Hier habe die Wahlbehörde - die Generaldirektion der PTT - seinerzeit verfügt, dass der versicherte Verdienst auf der bisherigen Höhe zu belassen sei. Tatsächlich seien die Versicherungsbeiträge bis zuletzt für diesen Verdienst bezahlt worden, und auf der gleichen Grundlage sei zunächst auch die Rente berechnet worden. Die Verwaltung sei nicht berechtigt gewesen, hinterher den versicherten Verdienst herabzusetzen; ihr Vorgehen verstosse gegen Treu und Glauben.
C.-
Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt die Abweisung der Klage.
Sie führt aus, auf den 1. April 1965 seien die Versetzung des Klägers im Dienst und die damit verbundene Herabsetzung des Gehalts endgültig geworden, so dass sich "ex lege" auch der versicherte Verdienst entsprechend verringert habe. Wohl seien die weiteren Versicherungsbeiträge und dann zunächst auch die Rente nach dem früheren versicherten Verdienst bemessen worden, doch beruhe dies auf einem Irrtum. Offenbar hätten die mit der Auszahlung des Gehalts beauftragten Stellen der Kreispostdirektion Basel übersehen, dass am 1. April 1965 die Herabsetzung der Besoldung definitiv geworden war, und daher sei diese Tatsache auch der Versicherungskasse nicht gemeldet worden. Es treffe nicht zu, dass die Wahlbehörde die Beibehaltung
BGE 93 I 656 S. 660
des früheren versicherten Verdienstes bewilligt habe. Der Kläger habe ein dahingehendes Gesuch nicht gestellt. Einem solchen Gesuch hätte nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten auch nicht entsprochen werden können, weil der Kläger nicht wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen der im Dienste verübten strafbaren Handlungen zurückversetzt worden sei. Nach Art. 7 Abs. 1 der Statuten habe die unrichtige Festsetzung der Kassenleistung berichtigt werden müssen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach
Art. 60 Abs. 1 BtG
und
Art. 110 Abs. 1 lit. a OG
urteilt das Bundesgericht als einzige Instanz über streitige vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund aus dem Dienstverhältnis, inbegriffen Ansprüche auf Leistungen einer Versicherungskasse des Bundes. In Übereinstimmung damit bestimmt Art. 11 Abs. 1 der Statuten der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung, dass vermögensrechtliche Ansprüche gegen die Kasse im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess vor dem Bundesgericht nach
Art. 110 ff. OG
geltend zu machen sind. Um einen solchen Anspruch handelt es sich hier.
Als Beklagte wird in der Klageschrift vom 12. Juli 1967 die Kasse bezeichnet. Diese ist indessen ein unselbständiger Zweig der allgemeinen Bundesverwaltung; sie besitzt nicht eine eigene juristische Persönlichkeit und kann - im Unterschied zu den SBB - nicht selbständig Prozess führen (
BGE 66 I 304
; vgl. zur Stellung der SBB
BGE 91 I 228
). Die vorliegende Klage ist daher als gegen die Eidgenossenschaft gerichtet zu betrachten.
2.
Nach Art. 11 Abs. 1, Satz 2 der Kassenstatuten muss die Klage innert einem Jahr seit Entstehen des Anspruchs eingereicht werden, ansonst das Klagerecht verwirkt ist. Da jedoch die Klage erst erhoben werden kann, nachdem die zuständige Verwaltungsinstanz - das Eidg. Finanz- und Zolldepartement - zum Anspruch Stellung genommen hat (Art. 73 BO I), ruht die Klagefrist während der Zeit von der Einreichung bis zur Erledigung des Begehrens um Stellungnahme dieser Instanz (Art. 11 Abs. 1, Satz 3 der Kassenstatuten).
Der hier eingeklagte Anspruch ist - wenn überhaupt - beim Dienstaustritt des Klägers, also am 1. Januar 1966 entstanden.
BGE 93 I 656 S. 661
Indessen war dieser Anspruch damals und bis Ende April 1966 nicht bestritten, so dass der Kläger bis dahin keinen Anlass hatte, ihn dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement zur Stellungnahme zu unterbreiten. Erst durch das Schreiben der Kreispostdirektion Basel vom 29. April 1966 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der versicherte Verdienst, von dem die Rente bisher berechnet worden war, herabgesetzt und daher auch die Rente gekürzt werde. Unter diesen besonderen Umständen muss angenommen werden, dass die Klagefrist erst Ende April 1966 zu laufen begonnen hat. X. erhob gegen den ihm damals eröffneten Bescheid am 13. Mai 1966 Einsprache bei der Kreispostdirektion Basel. Ob die PTT-Verwaltung nicht verpflichtet gewesen wäre, in Analogie zu
Art. 96 Abs. 1 OG
diese als "Einsprache" bezeichnete und als solche erkennbare Eingabe an die zuständige Amtsstelle - das Eidg. Finanz- und Zolldepartement - weiterzuleiten, kann dahingestellt bleiben. Die Eingabe vom 26. April 1967, die der Kläger an das Departement richtete, war immer noch rechtzeitig. Die Frist ruhte von da an bis zur Stellungnahme des Departements. Das Schreiben, in dem das Departement Stellung nahm, ist vom 6. Juli 1967 datiert und wurde an diesem Tage um 17 Uhr von der Bundeshauspost abgestempelt. Daher ist glaubhaft, dass die Sendung dem Anwalt des Klägers am 7. Juli 1967 zugestellt wurde. Mit der Einreichung der Klage am 12. Juli 1967 ist - wie auch die Beklagte anerkennt - die Verwirkungsfrist eingehalten worden.
Unter diesen Umständen braucht die Frage, ob - wie der Kläger behauptet - als Ausgangspunkt der Frist das Schreiben der Kasse an ihn vom 13. Mai 1966 anerkannt werden dürfte (was zweifelhaft ist), nicht erörtert zu werden.
3.
Nach Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten gilt der Grundsatz, dass der versicherte Verdienst von der jeweiligen Besoldung des Versicherten aus berechnet wird.
Die im November 1963 angeordnete provisorische Versetzung des Klägers nach Basel hatte eine erste Kürzung seiner Besoldung zur Folge; er erhielt zwar zunächst weiterhin die Posthalterbesoldung, doch verminderte sie sich nach Massgabe der nun für ihn geltenden kürzeren Arbeitszeit. Sodann wurde mit der am 10. Februar 1964 verfügten vorläufigen Enthebung des Klägers vom Amte eines Posthalters eine weitere Herabsetzung des Gehalts - auf das Maximum der 22. Besoldungsklasse
BGE 93 I 656 S. 662
- verbunden. Diese provisorischen Massnahmen berührten indessen das Versicherungsverhältnis nicht (
Art. 52 Abs. 1 BtG
). Die Herabsetzung des Gehalts wurde erst endgültig durch den dem Kläger am 21. Dezember 1964 eröffneten Beschluss der Wahlbehörde, ihn als Posthalter für die am 1. April 1965 beginnende neue Amtsperiode nicht wiederzuwählen. Nun musste der Kläger allerdings damit rechnen, dass nach der in Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten aufgestellten Regel der versicherte Verdienst entsprechend der endgültig gewordenen Gehaltskürzung herabgesetzt werde.
Diese Folge ist jedoch nicht in allen Fällen unvermeidlich. In der Tat bestimmt Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten:
"Wird der Verdienst wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung herabgesetzt, so kann der Versicherte mit Zustimmung der Wahlbehörde zum bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben. Diese Zustimmung ist innert 3 Monaten, vom Zeitpunkt der Herabsetzung an gerechnet, nachzusuchen..."
Es steht zwar fest, dass der Kläger weder binnen dreier Monate nach der (endgültigen) Herabsetzung des Gehalts noch nachher um Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- ersucht hat. Anderseits steht aber auch fest, dass die PTT-Verwaltung sich so verhalten hat, wie wenn ein solches Gesuch gestellt und von der Wahlbehörde gutgeheissen worden wäre: Sie hat seit der endgültigen Abberufung des Klägers vom Amte eines Posthalters weiterhin, bis zu seinem Dienstaustritt Ende 1965, die Beiträge des Bundes an die Versicherungskasse auf Grund eines versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- geleistet und die Beiträge des Versicherten in gleicher Höhe von dessen Gehalt abgezogen. Damit hat sie bekundet, dass sie den Kläger ungeachtet der Herabsetzung des Gehalts zum bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben lasse.
Sollte dieser Sachverhalt der Wahlbehörde - der Generaldirektion der PTT - anfänglich entgangen sein, so muss sie davon, wie überhaupt vom ganzen den Kläger betreffenden Dossier, doch spätestens im November 1965, als nach dem Urteil des Strafgerichts das Disziplinarverfahren abzuschliessen war, Kenntnis erhalten haben. Sie hat nie das Gegenteil behauptet. Damals aber hat sie sich auf Antrag der Kreispostdirektion Basel dazu entschlossen, die Abberufung vom Amte eines Posthalters als genügende Sühne für die Verfehlungen des
BGE 93 I 656 S. 663
Klägers zu betrachten, weil sich diese Massnahme für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe, und hat daher von einem "weiteren Vorgehen disziplinarischer Art" abgesehen. Sie hat dem Kläger diese Erledigung durch Schreiben der Kreispostdirektion vom 11. November 1965 mitteilen lassen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie darauf verzichte, ihm irgendeinen weiteren Rechtsnachteil zuzufügen. Der Kläger durfte diese Mitteilung unter den gegebenen Umständen so verstehen, dass die Wahlbehörde im Sinne des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten der Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes zustimme; denn die Herabsetzung dieses Verdienstes hätte sich für ihn ebenfalls, wie die Abberufung vom Amte eines Posthalters, als Disziplinarstrafe ausgewirkt.
4.
Es wäre zwar nicht ausgeschlossen, dass die Beiträge an die Versicherungskasse für die letzten Monate vor der Pensionierung des Klägers von einem untergeordneten Beamten versehentlich und ohne Kenntnis der Wahlbehörde zu hoch berechnet worden wären. Dass dem so sei, hat aber die Generaldirektion der PTT selber nicht behauptet. Insbesondere hat sie dies in den Schreiben, die sie dem Kläger am 11. November 1965 und am 29. April 1966 hat zustellen lassen, nicht getan. Mit dem ersten Schreiben hat sie dem Kläger zu erkennen gegeben, dass sie mit der Beibehaltung des der Posthalterbesoldung entsprechenden versicherten Verdienstes einverstanden sei, und aus dem zweiten Schreiben ergibt sich klar, dass sie lediglich durch eine von ihrer bisherigen Auffassung abweichende Auslegung des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten veranlasst worden ist, nunmehr die Herabsetzung des versicherten Verdienstes anzuordnen.
Diese Auslegung wird in dem Schreiben vom 29. April 1966 durch den Hinweis auf eine "konstante Praxis der Bundeszentralverwaltung" und auf "Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" gestützt. Wie es sich damit verhalte, kann dahingestellt bleiben. Weder hat das Eidg. Finanz- und Zolldepartement in seinem Schreiben vom 6. Juli 1967 an den Kläger noch hat die Eidg. Finanzverwaltung in der Antwort auf die Klage irgendeinen konkreten, vergleichbaren Fall namhaft gemacht. Anderseits hat auch der Kläger seine Behauptung, die Praxis sei gegenteilig, nicht belegt. Wesentlich ist, ob die Auslegung, welche die Beklagte nun dem Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten gibt, richtig sei oder nicht.
Die Beklagte macht geltend, diese Bestimmung falle hier völlig ausser Betracht, weil das Gehalt des Klägers gar nicht wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen seiner im Dienst verübten strafbaren Handlungen herabgesetzt worden sei. Diese Überlegung überzeugt nicht. Es trifft zwar zu, dass der Kläger wegen der im Dienst begangenen strafbaren Handlungen nach Basel versetzt wurde. Anderseits steht aber auch fest, dass die damit verbundene veränderte dienstliche Inanspruchnahme die Ursache dafür war, dass der Kläger in Basel geringer besoldet wurde als vorher. Die strafbaren Handlungen waren also die Ursache der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme, diese selbst aber war die Ursache der Gehaltskürzung. Beide Ursachen waren wirksam: Die strafbaren Handlungen waren die entferntere, die veränderte dienstliche Inanspruchnahme die nähere Ursache für die Herabsetzung des Gehalts. Die Auffassung der Beklagten, das Gehalt des Klägers sei überhaupt nicht wegen der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme herabgesetzt worden, ist daher nicht haltbar. Damit fällt auch ihre Schlussfolgerung, es handle sich um einen Sachverhalt, der ausserhalb des Anwendungsbereiches des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten liege.
Daraus folgt, dass nach dieser Bestimmung der bisherige versicherte Verdienst des Klägers mit Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten werden konnte. Der Entscheid darüber war dem Ermessen der Wahlbehörde anheimgegeben. Tatsächlich hat sie der Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes zunächst durch konkludentes Verhalten zugestimmt, wie aus dem Schreiben an den Kläger vom 11. November 1965 geschlossen werden muss.
5.
Es stellt sich die Frage, ob die Wahlbehörde nach der Pensionierung des Klägers den versicherten Verdienst auf Fr. 9'328.-- herabsetzen durfte, obwohl sie vorher der Beibehaltung des Betrages von Fr. 13'170.-- zugestimmt und sich seither am massgebenden Sachverhalt nichts geändert hatte.
Die Zustimmung, welche die Generaldirektion durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht hatte, ist einer förmlichen Verwaltungsverfügung gleichzustellen. Verwaltungsverfügungen sind zwar grundsätzlich nicht unabänderlich. Ihre Abänderung oder Aufhebung wurde aber in der Rechtsprechung auch nie vorbehaltlos als zulässig erachtet. Vielmehr wurde jeweils das Interesse an der Verwirklichung des objektiven
BGE 93 I 656 S. 665
Rechts gegenüber dem Interesse an der Wahrung der Rechtssicherheit abgewogen, sofern der Konflikt nicht schon durch einen Satz des positiven Rechts entschieden war (
BGE 89 I 434
,
BGE 91 I 95
Erw. 3 a,
BGE 93 I 394
Erw. 2). Die Beklagte ist der Meinung, ein solcher Rechtssatz sei hier vorhanden; sie erblickt ihn in Art. 7 Abs. 1 der Kassenstatuten, welcher vorschreibt, dass eine irrtümlich unrichtig festgesetzte Kassenleistung mit Wirkung für die künftigen Auszahlungen zu berichtigen ist. Allein mit dem Hinweis auf diese Bestimmung ist die zu entscheidende Frage nicht beantwortet. Sowohl der erste, für den Kläger günstige, als auch der zweite, für ihn ungünstige Rentenbescheid der Kassenverwaltung beruhen ja auf Berechnungen, die an sich richtig sind, der gegebenen Grundlage - dem jeweils angenommenen versicherten Verdienst - entsprechen. Die Frage, welche Grundlage zu wählen sei, war nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten nicht von der Kassenverwaltung, sondern von der Wahlbehörde zu entscheiden, und zu prüfen ist gerade, ob diese Behörde die Grundlage der Berechnung der Rente vier Monate nach dem Wirksamwerden ihres ursprünglichen Entscheids noch ändern durfte.
Unter solchen Umständen geht das Postulat der Rechtssicherheit dann vor, wenn durch den ersten Verwaltungsakt ein subjektives Recht des Bürgers begründet worden ist, oder wenn dieser Akt in einem Verfahren ergangen ist, in welchem die öffentlichen Interessen allseitig zu prüfen und gegenüber den entgegengesetzten Privatinteressen abzuwägen waren (
BGE 79 I 6
,
BGE 86 I 173
,
BGE 88 I 227
,
BGE 89 I 434
). Im vorliegenden Fall trifft beides zu: Durch den ersten, vor der Pensionierung getroffenen Entscheid der Generaldirektion der PTT hat der Kläger ein wohlerworbenes Recht erlangt, das auf einer individuell abgegebenen Zusicherung beruht (
BGE 83 I 65
,
BGE 87 I 325
), und dieser Entscheid ist das Ergebnis eines Verfahrens, in dem das Verhalten des Klägers und dessen beamtenrechtliche Folgen abgeklärt worden sind.
Dazu kommt noch, dass eine blosse Änderung der Auslegung einer Kann-Vorschrift, wobei - wie hier - die eine und die andere Lösung mit dem Wortlaut und Sinn der Bestimmung vereinbar sind, ohnehin keinen Revisionsgrund bildet (
BGE 83 I 326
).
Für die Berechnung der Rente des Klägers massgebend ist somit der versicherte Verdienst von Fr. 13'170.--, welcher der
BGE 93 I 656 S. 666
Posthalterbesoldung entspricht. Es ist nicht bestritten, dass die Kassenverwaltung im ersten Rentenbescheid vom 14. Januar 1966 die Rente von dieser Grundlage aus richtig bemessen hat. Der Kläger hat daher Anspruch auf die damals festgesetzte Kassenleistung.
6.
Der Anspruch des Klägers auf Verzugszinsen ist ebenfalls begründet. Die Leistungen der Versicherungskasse waren monatlich stets am gleichen Tage fällig. Die Kasse war jeweils von diesem Tage an im Verzug (vgl.
Art. 102 Abs. 2 OR
). Der Zinssatz wurde früher (noch in
BGE 87 I 420
oben) für öffentlichrechtliche Forderungen auf 3% bemessen. Angesichts der heutigen Geld- und Zinsverhältnisse ist indessen ein Satz von 5% angemessen (Urteil vom 26. Mai 1967 i.S. Eidgenossenschaft gegen Eheleute Blanc, Erw. 3, nicht publiziert).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird gutgeheissen. Die Eidg. Versicherungskasse ist verpflichtet, dem Kläger eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13, 170.-- auszurichten. Verfallene und zurückbehaltene Treffnisse sind ab Verfalltag bis zur Auszahlung mit 5% zu verzinsen.