Urteilskopf
93 II 204
29. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. April 1967 i.S. Reimann-Kälin gegen Erben des Josef Kälin.
Regeste
Vorkaufsrecht der Nachkommen gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG).
Das Gemeinwesen erwirbt ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen, benötigt aber davon nur einen Teil zur Erfüllung öffentlicher (oder andrer in
Art. 10 lit. b EGG
genannter) Aufgaben:
a) Das Vorkaufsrecht kann sich nur auf das ganze Rechtsgeschäft beziehen, nicht auf einzelne Teile des Heimwesens beschränkt werden (Erw. 5).
b) Das Rechtsgeschäft als Ganzes ist dann dem Vorkaufsrecht entzogen, wenn es in überwiegendem Masse der Erfüllung einer der genannten Aufgaben dient (Erw. 6).
A.-
Der Landwirt Josef Kälin verkaufte mit Vertrag vom 23. März 1961 sein aus 23 Grundstücken im Halte von insgesamt 69 196 m2 bestehendes Heimweisen in Dübendorf zum Preise von Fr. 1 796 000.-- dem Kanton Zürich. Zufolge Berichtigung des Ausmasses erhöhte sich der Kaufpreis auf Fr. 1 866 000.--. Durch den Grundbuchverwalter vom Verkauf
BGE 93 II 204 S. 205
in Kenntnis gesetzt, erklärte die in Malaya wohnhafte Tochter des Verkäufers, Frau Maria Reimann-Kälin, das Vorkaufsrecht gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) geltend zu machen. Der Vater Kälin anerkannte diesen Anspruch nicht. Darauf erhob Frau Reimann beim Bezirksgericht Uster gegen den Vater Klage mit dem Begehren, dieser sei zu verpflichten, ihr die 23 Grundstücke des Heimwesens zum Schätzungswert im Sinne des Entschuldungsgesetzes, d.h. Fr. 72 750.--, eventl. zum Verkaufspreis von Fr. 1 796 000.-- zu übertragen. Das die Klage abweisende Urteil des Bezirksgerichts (vom 10. Oktober 1962) zog die Klägerin mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Während der Hängigkeit vor diesem, am 28. August 1963, starb Josef Kälin, worauf gemäss Erklärung des Willensvollstreckers dessen Erbinnen in den Prozess eintraten.
B.-
Mit Urteil vom 19. Januar 1965 wies das Obergericht in Bestätigung desjenigen des Bezirksgerichts die Klage ab, im wesentlichen mit folgender Begründung:
Der zwischen Josef Kälin und dem Kanton Zürich abgeschlossene Landverkauf unterliege dem Vorkaufsrecht nicht, da er zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgeschlossen worden sei. Rund 8000 m2 des Heimwesens würden vom Kanton unmittelbar für den Bau der Oberland- und der Geerenstrasse beansprucht, und weitere 5000 m2 seien als Stützpunkt für den Strassenunterhalt in Aussicht genommen. Zudem sei die geplante Verwendung einiger am Waldrand gelegener Parzellen für die Wiederaufforstung zu berücksichtigen; die Erhaltung des Waldbestandes bilde ebenfalls eine öffentliche Aufgabe. Schliesslich benötige der Kanton den restlichen Teil des Heimwesens, um an andere, durch den Bau der Oberlandstrasse betroffene Grundeigentümer Realersatz zu leisten. Ein Landerwerb zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben sei nach der Rechtsprechung allgemein anzunehmen, wenn der Staat das Heimwesen im Hinblick auf einen bestimmt in Aussicht genommenen Strassenbau erworben habe und beabsichtige, die einzelnen Grundstücke entweder bei Landumlegungen einzuwerfen oder ausserhalb solcher Verfahren andern vom Strassenbau betroffenen Grundeigentümern als Realersatz anzubieten.
C.-
Eine von der Klägerin gegen das obergerichtliche Urteil eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich im Umfang des Eintretens ab (27. September
BGE 93 II 204 S. 206
1965). Ausserdem erhob die Klägerin beim Bundesgericht Berufung und staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
. Mit Urteil vom 31. März 1966 hiess das Bundesgericht die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut und hob die angefochtenen Entscheide des Obergerichts und des Kassationsgerichts auf. Es erblickte eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs darin, dass der Klägerin keine Gelegenheit geboten worden war, sich zu der vom Obergericht berücksichtigten Tatsache der geplanten Aufforstung einiger Parzellen zu äussern. Mit der Aufhebung des obergerichtlichen Urteils wurde die Berufung gegenstandslos.
D.-
Mit seinem neuen Urteil vom 27. September 1966 hat das Obergericht die Klage wiederum abgewiesen. Zum Beschwerdegrund der Gehörsverweigerung stellte es fest, die Frage der Aufforstung habe nicht Gegenstand des Beweisverfahrens sein können, weil die Beklagten die Behauptung, das Heimwesen werde dem Käufer teilweise zu diesem Zwecke dienen, im Prozess nicht vorgebracht hätten. Das Moment der geplanten Aufforstung sei deshalb, abweichend vom ersten Urteil, nicht zu berücksichtigen. Aber auch wenn die Frage dieses Verwendungszweckes ausser Betracht falle, müsse die Klage abgewiesen werden, weil der Kanton das Heimwesen zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erworben habe, nämlich nicht bloss zum Bau der Oberland-Autostrasse und Ausbau der Geerenstrasse, sondern auch zur Verschaffung von Realersatz an Landwirte, die für den Bau der Oberlandstrasse Boden abtreten müssten. Obwohl es sich hiebei nicht (wie in
BGE 90 II 62
ff.) um eine Nationalstrasse handle und das kantonale Enteignungsrecht keine Pflicht zur Leistung von Realersatz kenne, böten im Kanton Zürich Staat und Gemeinden Landabtretern Realersatz, wenn sie dazu in der Lage seien. Dies erleichtere den Erwerb des unmittelbar für den Strassenbau benötigten Landes und erfolge in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe.
E.-
Gegen das neue Urteil des Obergerichts hat Frau Reimann wiederum Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage.
F.-
Die beklagten Erbinnen, vertreten durch den Willensvollstrecker, beantragen Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines ergänzenden Beweisverfahrens.
Aus den Erwägungen des Bundesgerichts:
(Das Obergericht stellte in seinen Urteilsmotiven fest, dass der Landerwerb des Kantons nicht nur unmittelbar dem Bau der Oberland- und dem Ausbau der Geerenstrasse [mit rund 8000 m2] sowie für einen Werkplatz zum Strassenunterhalt [mit rund 5000 m2], sondern auch dazu dienen soll, Landwirten, die für den Bau der Oberlandstrasse Land abtreten müssen, Realersatz zu verschaffen).
5.
Soweit der Kanton das Heimwesen gekauft hat, um Strassen zu bauen, einen Werkplatz zu erstellen und Landwirten Realersatz zu leisten, hat er es demnach zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erworben. Strassenbau und Werkplatz beanspruchen zusammen 13 000 m2. Wieviel Land für Realersatzleistung bestimmt ist, stellt die Vorinstanz zahlenmässig nicht fest. Nach ihrem ersten Urteil entfiel auf diesen Verwendungszweck die restliche, nicht für Strassenbau, Werkplatz und Aufforstung benötigte Landfläche. Nachdem gemäss dem neuen Urteil der Verwendungszweck der Aufforstung ausser Betracht gefallen ist, steht offen, ob die Vorinstanz auf Grund dieser veränderten Betrachtungsweise nun in tatsächlicher Hinsicht annahm, es werde alles nicht für Strassenbau und Werkplatz bestimmte Land für Realersatz verwendet, oder ob sie die Zweckbestimmung des früher der Aufforstung zugeschriebenen Areals jetzt mangels Beweises als unbekannt betrachtete. Im ersten Falle wäre die Kaufsache in ihrer Gesamtheit für öffentliche Zwecke bestimmt, die Klage somit ohne weiteres abzuweisen. Im zweiten Fall wäre das Heimwesen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erworben mit Ausnahme "einiger am Waldrand gelegener Parzellen", von denen früher ohne genügenden Beweis angenommen wurde, sie seien zur Aufforstung bestimmt. Es stellt sich die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn von diesem für die Klägerin günstigeren Sachverhalt ausgegangen wird.
a) Zunächst ist die grundsätzliche, im Gesetz nicht geregelte Frage zu prüfen, wie es sich mit dem Vorkaufsrecht verhält, wenn ein Gemeinwesen ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen erwirbt, davon aber nur einen Teil zur Erfüllung öffentlicher (oder anderer in
Art. 10 lit. b EGG
genannter) Aufgaben benötigt. Es liesse sich denken, dass der Richter in solchen Fällen das Vorkaufsrecht auf den nicht zur Erfüllung
BGE 93 II 204 S. 208
jener Aufgaben benötigten Teil der Kaufgrundstücke beschränken würde. Das Bundesgericht hat in einem Rückweisungsfall - jedoch mit Bezug auf die Frage des Ersatzes gemäss Art. 10 lit. b Fall 3 (nicht wie hier Fall 2) - in einer mehr beiläufigen Bemerkung eine allfällige Beschränkung des Vorkaufsrechts auf einen Teil des Heimwesens als möglich bezeichnet, falls sie sich nicht als praktisch untunlich erweise (
BGE 85 II 427
unten). Die Vorinstanz liess in einer ersten Beratung der Streitsache die Frage offen, unter Hinweis darauf, bei solcher Beschränkung entstände praktisch ein neuer Kaufvertrag, den die Kaufparteien gar nie abzuschliessen beabsichtigten. In der Tat stehen den praktischen Vorteilen, welche die Anerkennung eines beschränkten Vorkaufsrechts zu bieten scheint, gewichtige Bedenken entgegen.
b) Schon der Wortlaut der Art. 6 Abs. 1 und 12 Abs. 4 EGG legt die Annahme nahe, das Vorkaufsrecht könne sich nur auf den Kaufgegenstand in seiner Gesamtheit beziehen (vgl. JOST, Komm. EGG S. 28; F. E. JENNY, Das bäuerliche Vorkaufsrecht, S. 3, 38, 45, 113; CHÂTELAIN, Notar und Recht, S. 202 Anm. 19). Das Bundesgericht hat denn auch durchaus in diesem Sinne ausgeführt, der
Art. 6 EGG
gehe davon aus, dass der Gegenstand des Vorkaufsrechts mit dem des Verkaufs übereinstimme (
BGE 81 II 643
). Schon aus dieser - im vorerwähnten Entscheid nicht berücksichtigten - Erwägung folgt, dass das Vorkaufsrecht nicht auf einzelne Kaufgrundstücke beschränkt werden kann, weil sonst das Objekt des Vorkaufsrechts und das des Verkaufs nicht übereinstimmen würden. Diese Auslegung verdient den Vorzug.
Zunächst einmal könnte die richterliche Zulassung eines auf einzelne Kaufparzellen beschränkten Vorkaufsrechts für den Verkäufer unzumutbare Konsequenzen nach sich ziehen. Würde nämlich der Richter das Vorkaufsrecht für einzelne Kaufgrundstücke anerkennen, für andere nicht, so hätte der Verkäufer allenfalls damit zu rechnen, dass der Drittkäufer gestützt auf Art. 23 f. OR die Unverbindlichkeit des Kaufvertrags geltend mache mit der Begründung, er hätte den Kaufvertrag ohne die nun vom Richter dem Vorkaufsberechtigten zugewiesenen Grundstücke nicht abgeschlossen. Erwiese sich diese Anfechtung des Kaufs als begründet, so fiele nach der Doktrin auch der Vorkauf dahin (Komm. HAAB, N. 34, LEEMANN, N. 44 zu
Art. 681 ZGB
; SCHMID, Das Vorkaufsrecht,
BGE 93 II 204 S. 209
Diss. Basel 1934, S. 80). Nähme man dagegen an, nur der mit dem Drittkäufer geschlossene Vertrag wäre in solchem Fall unverbindlich, während der Erwerb durch den Vorkaufsberechtigten nicht dahinfiele, würde dem Verkäufer ein Teil des Heimwesens verbleiben, der vielleicht für sich allein kaum oder nur zu geringem Preis verkäuflich wäre. Muss der Verkäufer schon den allgemein mit dem Vorkaufsrecht des EGG verbundenen Eingriff in die Vertragsfreiheit dulden, so kann ihm mangels ausdrücklicher Gesetzesvorschrift nicht überdies zugemutet werden, sich solchen Schwierigkeiten auszusetzen (vgl.
BGE 81 II 642
). Diese Erwägungen grundsätzlicher Natur werden im vorliegenden Falle nicht dadurch entkräftet, dass Josef Kälin und der Kanton Zürich in ihrem Kaufvertrag ausdrücklich vorsahen, es seien keine Vorkaufsrechte nach EGG zu erwarten; "sollten dennoch Vorkaufsberechtigte im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Erfolg an einzelnen Grundstücken das Vorkaufsrecht geltend machen, behält dieser Kaufvertrag seine Gültigkeit mit Bezug auf die nicht vom Vorkaufsrecht betroffenen Grundstücke".
Der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf einzelne Kaufsgrundstücke stehen nämlich auch Bedenken betreffend die Stellung des Vorkaufsberechtigten entgegen. Macht er sein Vorkaufsrecht geltend, so steht keineswegs fest, dass er am Erwerb bloss eines Teils des Heimwesens interessiert ist. Er wird es oftmals in den Fällen nicht sein, die das Gesetz als seine wichtigsten Anwendungsfälle betrachtet, dann nämlich, wenn er das Heimwesen zur Selbstbewirtschaftung beansprucht, es also als Ganzes an sich ziehen will. Von daher gesehen ginge es im vorliegenden Fall nicht an, in teilweiser Gutheissung der Klage das Vorkaufsrecht der Klägerin, die das Gut selber bewirtschaften will, auf die Grundstücke zu beschränken, die der Kanton Zürich nicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt, d.h. auf einige am Waldrand gelegene Parzellen. Es ist ungewiss, ob die Klägerin diese Randparzellen für sich allein erwerben möchte oder ob sie es bei dieser Sachlage vorzöge, auf das Vorkaufsrecht überhaupt zu verzichten. Freilich geht ihr Begehren dahin, es seien ihr die 23 Grundstücke des Heimwesens gesamthaft oder einzeln zu bestimmten Werten zu Eigentum zu übertragen. Es ergibt sich indessen aus der Berufungsbegründung bloss, dass sie bereit ist, das Heimwesen auch ohne die unmittelbar für Strassenbau und Werkplatz benötigten Grundstücke
BGE 93 II 204 S. 210
zu übernehmen, aber nicht, dass sie auch bereit wäre, allein die am Waldrand gelegenen Parzellen zu erwerben. Liesse man es zu, dass der Richter das Vorkaufsrecht des EGG auf einzelne Kaufsgrundstücke beschränkt, so müsste übrigens folgerichtig dem Vorkaufsberechtigten gestattet werden, das Recht von vornherein nur für bestimmte Grundstücke zu beanspruchen. Das wäre jedoch wiederum mit dem Wesen des Vorkaufsrechts nicht im Einklang (SCHMID, a.a.O. S. 83; ALLGÄUER, Vorkaufs-, Rückkaufs- und Kaufsrecht, Diss. Zürich 1918, S. 69) und würde geschäftlichen Überlegungen Raum geben, die nicht dem Sinn des Gesetzes entsprächen. Die Anerkennung eines auf einzelne Kaufsgrundstücke beschränkten Vorkaufsrechts durch den Richter könnte ferner, insbesondere bei Ersatzanschaffung, der Zerstückelung landwirtschaftlicher Heimwesen Vorschub leisten. Das liefe dem Zweck des Bodenrechts zuwider (vgl.
Art. 620 ZGB
,
Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG
), wie denn das Bundesgericht bereits in einem früheren Entscheid den Bestand eines bäuerlichen Vorkaufsrechts vor allem deshalb verneinte, weil dessen Anerkennung zu einer Zersplitterung des Heimwesens geführt hätte (
BGE 81 II 78
).
Schliesslich würde die Zulassung eines partiellen Vorkaufsrechts den Richter nötigen, dann auch verschiedene Preise für die einzelnen Teile festzusetzen, was einen zu tiefen Eingriff in die Privatautonomie der Parteien darstellen würde.
Aus alledem ergibt sich, dass die Anerkennung eines beschränkten Vorkaufsrechts derartige Unsicherheiten und Gefahren mit sich brächte, dass eine solche Lösung vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Ein Rechtsgeschäft im Sinne des
Art. 6 Abs. 1 EGG
unterliegt als Ganzes dem Vorkaufsrecht oder ist als Ganzes davon ausgenommen.
6.
Bei dieser Rechtslage stellt sich die Frage, in welchen Fällen das Vorkaufsrecht anzuerkennen, in welchen es auszuschliessen sei. Es entspricht nun gewiss nicht dem Sinn des Gesetzes, ein Rechtsgeschäft nur dann vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn sämtliche Grundstücke eines Heimwesens zur Erfüllung einer in
Art. 10 lit. b EGG
genannten Aufgabe verwendet werden. Das ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1, wonach ein Vorkaufsrecht nur besteht, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder wesentliche Teile davon veräussert werden. Werden Grundstücke verkauft, die nicht wesentliche Teile des Heimwesens bilden, so untersteht das Rechtsgeschäft überhaupt
BGE 93 II 204 S. 211
nicht dem Vorkaufsrecht, mag die Veräusserung an wen und zu welchem Zweck auch immer geschehen. Es besteht umsoweniger Grund, das Vorkaufsrecht anzuerkennen, wenn das, keine wesentlichen Teile eines Heimwesens bildende und nicht einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck dienende Areal zusammen mit den übrigen Teilen des Heimwesens veräussert wird und diese übrigen - wesentlichen - Teile zur Erfüllung einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe verwendet werden. Anderseits kann es nicht der Wille des Gesetzes sein, ein Rechtsgeschäft schon dann vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn bloss ein geringfügiger Teil des Heimwesens der Erfüllung einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe dienen soll. Das Gemeinwesen (allenfalls ein Privater) hätte es sonst in der Hand, das Vorkaufsrecht auszuschalten, obwohl beispielsweise nur eine einzelne Parzelle zu einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck beansprucht wird. Es erscheint als gerechtfertigt, ein Rechtsgeschäft dann vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn es (gänzlich oder) in überwiegendem Masse der Erfüllung einer öffentlichen (bzw. einer andern in Art. 10 lit. b genannten) Aufgabe dient. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, ob das Areal, das zur Erfüllung jener Aufgabe verwendet werden soll, grösser ist als die übrige Grundfläche der Kaufsgrundstücke. Indessen ist ausserdem in Betracht zu ziehen, zu welchem Zweck allenfalls die das Hofgebäude tragenden Grundstücke verwendet werden, welchen Zwecken das wertvollere Land dienen soll, ob nur Randgrundstücke zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben beansprucht werden. Unter Berücksichtigung aller dieser Momente entscheidet sich, ob das Rechtsgeschäft in überwiegendem Masse der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient. Derweise auf den überwiegenden Zweck abzustellen, entspricht dem Vorgehen des Gesetzgebers bei der Beantwortung ähnlicher Probleme des Bodenrechts. Es stellte sich z.B. beim Erlass des Gesetzes die Frage, ob eine Liegenschaft, die teils landwirtschaftlich, teils in anderer Weise genutzt wird, dem Gesetz zu unterstellen sei, oder ob Vorkaufsrecht und Einspruchsverfahren auf gemischte Betriebe anzuwenden seien. In allen diesen Fällen liess der Gesetzgeber entscheidend sein, ob das landwirtschaftliche Element überwiege (Art. 2 Abs. 1, 10 lit. a, 21 Abs. 1 lit. a). Da die Problemstellung in der hier zu entscheidenden Frage eine ähnliche ist, soll in gleicher Weise das Überwiegen des einen oder des andern Zwecks massgebend sein
BGE 93 II 204 S. 212
(
Art. 1 Abs. 2 ZGB
). Die Lösung hat zur Folge, dass der Käufer auch die zur Erfüllung einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe dienenden Grundstücke nicht erwirbt, sofern der Kauf nicht in überwiegendem Masse einem solchen Zweck dient. Wenn er sie zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben dringend benötigt, steht ihm der Weg der Enteignung offen. Dass im übrigen das Vorkaufsrecht Platz greift und vor einem untergeordneten Kaufszweck den Vorrang hat, sodass ein Landwirtschaftsbetrieb in seiner Gesamtheit erhalten bleibt, entspricht der Zielsetzung des EGG. Die Lösung hat anderseits zur Folge, dass der Vorkaufsberechtigte selbst diejenigen Liegenschaften nicht an sich ziehen kann, welche der Käufer nicht zu einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck benötigt, sofern der Kauf in überwiegendem Masse einem solchen Zweck dient. Der jenen Ansprecher treffende Nachteil ist im ganzen gesehen unbedeutend, da nach
Art. 6 Abs. 1 EGG
auch ein räumlich begrenztes Vorkaufsrecht nur in Frage käme, wenn die Grundstücke, die nicht einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck dienen, einen wesentlichen Teil des Heimwesens ausmachen.
Im vorliegenden Streitfall wird der grössere und weitaus wichtigere, die Hofgrundstücke enthaltende Teil des Heimwesens zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Strassenbau, Werkplatz, Realersatz) verwendet. Von dem rund 6,91 ha haltenden Heimwesen werden einzig "einige am Waldrand liegende Parzellen" allenfalls zu andern Zwecken beansprucht. (Aus dem Schreiben des Oberforstamtes an das Tiefbauamt vom 25. März 1963 geht hervor, dass das Oberforstamt zur Aufforstung nach "Variante blau" ca. 1,70 ha wünschte, wobei aber von der auf dem beigelegten Planausschnitt blau schraffierten Fläche nicht alle, sondern nur Parzellen im Halte von zusammen 1 ha auf das Heimwesen Kälin entfallen). Auf jeden Fall stellen die Parzellen mit unbekannter Zweckbestimmung flächenmässig nur einen geringen, betriebs- und wertmässig einen untergeordneten Teil des Heimwesens dar. Das Rechtsgeschäft dient deshalb in eindeutig überwiegendem Masse der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, weshalb es dem Vorkaufsrecht nicht unterliegt und die Klage abzuweisen ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. September 1966 bestätigt.