BGE 94 IV 65 vom 3. Mai 1968

Datum: 3. Mai 1968

Artikelreferenzen:  Art. 68 StGB, Art. 148 StGB , Art. 68 Ziff. 1, Art. 137 Ziff. 2, Art. 148 Abs. 2 StGB

BGE referenzen:  84 IV 127, 107 IV 163, 114 IV 103 , 80 IV 256, 81 IV 248, 84 IV 127, 87 IV 8, 89 IV 87, 89 IV 88, 89 IV 87, 89 IV 88

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

94 IV 65


18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Mai 1968 i.S. Huser & Kons. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste

Art. 68 Ziff. 1, Art. 137 Ziff. 2, Art. 148 Abs. 2 StGB .
Der Dieb, der gestohlene Sachen unter Verschweigung ihrer Herkunft verkauft, ist auch dann sowohl wegen Diebstahls als auch wegen Betruges zu bestrafen, wenn er die Verbrechen gewerbsmässig begangen hat.

Erwägungen ab Seite 65

BGE 94 IV 65 S. 65
Aus den Erwägungen:

2. a) Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass der Dieb, der beim Verkauf der gestohlenen Sache dem gutgläubigen Erwerber vortäuscht, er sei der rechtmässige Eigentümer, sowohl wegen Diebstahls als auch wegen Betruges strafbar ist. Mit Recht nicht, denn die zweite Tat, durch die der Dieb den Erwerber durch Verschweigung der Herkunft der
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Kaufsache um den Kaufpreis prellt, ist weder eine notwendige oder bloss untergeordnete Folge des vorausgehenden Diebstahls, noch wird der Betrug durch die Bestimmung über den Diebstahl oder diese Tat durch Art. 148 StGB miterfasst ( BGE 72 IV 9 ff. und ständige Rechtsprechung).
b) Dagegen machen die Beschwerdeführer unter Berufung auf einen nicht veröffentlichten Entscheid des Kassationshofes vom 3. Dezember 1943 geltend, dass eine doppelte Bestrafung dann nicht am Platze sei, wenn der dem Betrug vorausgehende Diebstahl gewerbsmässig begangen wurde. In diesem Falle schliesse die Absicht des Täters, sich aus der strafbaren Tätigkeit ein Erwerbseinkommen zu verschaffen, notwendig auch den Vorsatz in sich, das Diebesgut in Geld umzusetzen, den er praktisch nicht anders als durch arglistige Täuschung der Käufer verwirklichen könne. Der Verkauf des gestohlenen Gutes sei somit nur eine Teilhandlung des gewerbsmässigen Diebstahls.
Das Bundesgericht hat indessen die im erwähnten Entscheid vertretene Theorie der straflosen Nachtat, wonach bei zwei Einzelhandlungen, die objektiv oder subjektiv miteinander verbunden sind, die Nachtat durch die auf die Haupttat anwendbare Bestimmung mitgesühnt werden soll, bereits im Entscheid Behrenstamm vom 19. Oktober 1945 ( BGE 71 IV 207 ) aufgegeben und seither zwischen den Einzelhandlungen eines Tatkomplexes ständig Realkonkurrenz angenommen, soweit nicht dem Sinn des Strafgesetzes deutlich zu entnehmen ist, dass die für die Haupttat ausgefällte Strafe auch die Vor- oder Nachtat abgelten soll ( BGE 72 IV 116 , BGE 77 IV 16 und 92, BGE 79 IV 62 , BGE 80 IV 256 , BGE 81 IV 248 , BGE 84 IV 127 , BGE 87 IV 8 , BGE 89 IV 87 ). Von dieser in der Beschwerde nicht angefochtenen Rechtsprechung abzugehen oder sie dann nicht anzuwenden, wenn der Täter die Delikte gewerbsmässig begeht, besteht kein Grund.
Unzutreffend ist schon die Annahme der Beschwerdeführer, dass die Absicht des Diebes, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, praktisch nur durch den Verkauf der gestohlenen Sachen, also durch gewerbsmässige Betrüge verwirklicht werden könne. Denn der Täter, der Bargeld, Inhaberpapiere oder Sachen zum Eigengebrauch stiehlt, hat sein Ziel bereits erreicht, ohne dass eine betrügerische Veräusserung dazu kommen muss. Auch begeht der Dieb den nachfolgenden Betrug trotz der Absicht, sich ein Erwerbseinkommen zu verschaffen, dann
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nicht gewerbsmässig, wenn er die gestohlenen Güter ohne die Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, nur an einen einzigen Abnehmer verkauft. Es ist daher sowohl unter dem Gesichtspunkt der Schuld als auch unter dem des Erfolges nicht das gleiche, ob sich der Täter darauf beschränkt, gewerbsmässig zu stehlen, oder ob er sich zusätzlich auch noch des gewerbsmässigen Betruges schuldig macht. Im letzteren Falle liegen nicht weniger als dann, wenn der Täter einen einfachen Diebstahl und Betrug verübt, zwei selbständige Verbrechen vor, für die ebenso eine nach Art. 68 Ziff. 1 StGB verschärfte Strafe auszusprechen ist. Hievon eine Ausnahme zu machen und den gewerbsmässig handelnden Täter nachsichtiger zu behandeln, wäre um so widerspruchsvoller, als derjenige, der das Verbrechen zu einer Verdienstquelle macht und bereit ist, unbestimmt viele zu bestehlen und zu betrügen, eine erhöhte Strafe verdient, weshalb denn auch das Strafgesetz den gewerbsmässigen Dieb und gewerbsmässigen Betrüger strenger als den gewöhnlichen Täter bestraft wissen will. Dabei macht das Gesetz keinen Unterschied, ob der gewerbsmässige Diebstahl und Betrug unabhängig voneinander begangen werden oder ob zwischen ihnen irgendein Zusammenhang besteht.
Unwesentlich ist auch, ob den nacheinander begangenen Diebstählen und Betrügen verschiedene Willensentschlüsse zugrunde liegen oder ob sich der Täter zu den mehreren Verbrechen gleichzeitig entschlossen hat. Wie der Kassationshof schon wiederholt entschieden hat, macht die Einheit des Willensentschlusses allein einen Komplex von strafbaren Handlungen nicht zu einem einzigen Verbrechen ( BGE 79 IV 62 , BGE 80 IV 256 , BGE 89 IV 88 ). Der einheitliche Willensentschluss ändert nichts daran, dass der Täter verschiedene Verbrechen begehen will und dass sein Vorsatz, Diebstähle und Betrüge zu verüben, auch noch im Zeitpunkt fortbesteht, in dem er seinen Entschluss in die Tat umsetzt. Nicht anders verhält es sich mit der Absicht, Diebstähle und Betrüge gewerbsmässig zu begehen. Dass der dahingehende Entschluss für beide Verbrechen gemeinsam gefasst worden ist, bedeutet nicht, dass das gewerbsmässige Vorgehen nur bei der Bemessung der Strafe für die Diebstähle berücksichtigt werden dürfe; soweit es auch die nachfolgenden Betrüge auszeichnet, fallen auch diese dem grösseren Verschulden und dem schwereren Erfolg entsprechend unter die dafür vorgesehene erhöhte Strafandrohung. Ebensowenig folgt
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aus der Gemeinsamkeit des gleichen Tatbestandsmerkmales der Gewerbsmässigkeit, dass deswegen die nacheinander begangenen Delikte ihre Selbständigkeit verlören und die Strafe für das eine auch das andere abgelte. Ein solcher Schluss ist dem Strafgesetz nicht zu entnehmen und vertrüge sich mit den Grundsätzen des Schuldstrafrechts, namentlich mit Art. 68 StGB auch nicht.

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