Urteilskopf
95 IV 65
17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Mai 1969 i.S. Rieder gegen Generalprokurator des Kantons Bern
Regeste
Art. 159 Abs. 1 StGB
.
Ungetreue Geschäftsführung setzt voraus, dass der zur Fürsorge Verpflichtete befugt ist, über das fremde Vermögen selbständig zu verfügen.
A.-
Rieder war vom Oktober 1958 bis Dezember 1966 Buchhalter der Schloss- und Metall warenfabrik AG in Herzogenbuchsee. In dieser Eigenschaft oblagen ihm alle Büroarbeiten, so die Buchführung, die Abrechnungen über die Löhne, AHV-, Suval- und Krankenkassenbeiträge sowie Fremdarbeitersteuern. Die Kasse und das Kassen- sowie Postcheckbuch dagegen wurden durch Direktor Ruf geführt.
In der Zeit vom 17. April 1964 bis 21. November 1966 liess sich Rieder zahlreiche Verfehlungen zuschulden kommen, durch die seine Arbeitgeberfirma im Betrage von rund Fr. 37'000 geschädigt wurde.
B.-
Am 19. Dezember 1968 wurde Rieder vom Obergericht des Kantons Bern wegen wiederholter ungetreuer Geschäftsführung (2 Fälle), wiederholten Betruges (13 Fälle), wiederholter Veruntreuung (5 Fälle), wiederholter Urkundenfälschung (19 Fälle) und Unterdrückung von Urkunden zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt.
C.-
Rieder führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Verurteilung wegen ungetreuer Geschäftsführung sei aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit es ihn in diesem Anklagepunkt freispreche und die Strafe neu festsetze.
Aus den Erwägungen:
1.
Rieder erhöhte im 4. Quartal 1966 das Taggeld der Krankenversicheruug für die Fremdarbeiter ohne Wissen der Geschäftsleitung von Fr. 10.50 auf Fr. 15.75 und liess die dadurch monatlich pro Arbeiter geschuldete Mehrprämie von Fr. 5.25, insgesamt Fr. 173.25, durch das Geschäft bezahlen,
BGE 95 IV 65 S. 66
statt sie den Arbeitern zu belasten. Ferner täuschte Rieder in den Jahren 1965 und 1966 durch falsche Abrechnungen grössere Prämienzahlungen vor, als sie vom Geschäft der Krankenkasse geschuldet und entrichtet worden waren, und verwendete die Differenzbeträge, insgesamt Fr. 914.20, dazu, in Krankheitsfällen auch die Selbstbehalte und kleinere Arztrechnungen, die von den Arbeitern zu tragen gewesen wären, zu Lasten des Geschäfts zu übernehmen. Es ist unbestritten, dass Rieder die Firma vorsätzlich schädigte, um die Arbeiter zu begünstigen.
Art. 159 Abs. 1 StGB
ist in diesen beiden Fällen nur anwendbar, wenn Rieder die Fürsorgepflicht, die ihm für das Geschäftsvermögen oblag, als Geschäftsführer verletzt hat. Geschäftsführung setzt voraus, dass der zur Fürsorge Verpflichtete zur selbständigen Verfügung über das fremde Vermögen oder Bestandteile eines solchen befugt ist (
BGE 81 IV 279
,
BGE 86 IV 14
). Eine derartige Stellung hatte der Beschwerdeführer nicht. Weder konnte er über die Leistungen bestimmen, für die die Fremdarbeiter bei der Krankenkasse auf Kosten des Geschäfts versichert waren, noch stand ihm über die Kasse oder das Postcheckkonto ein Verfügungsrecht zu. Er hatte nur die für die Entscheidungen erforderlichen Unterlagen zu beschaffen und die technische Seite des Postcheckverkehrs zu besorgen, insbesondere die Abrechnungen sowie Einzahlungsscheine und Girozettel zu erstellen. Verfügungen zu treffen, war Sache der Direktion, die auch allein unterschriftsberechtigt war. Der Umstand, dass der Direktor auf die Fachkenntnisse des Beschwerdeführers angewiesen war und alles unterschrieb, was ihm dieser vorlegte, kennzeichnet den Beschwerdeführer entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht als Geschäftsführer; die Verfügungsmacht über das Geschäftsvermögen blieb trotzdem der Direktion vorbehalten.
2.
Erfüllt ist dagegen der Tatbestand des Betruges (
Art. 148 Abs. 1 StGB
). Der Beschwerdeführer hat Direktor Ruf durch falsche Abrechnungen arglistig getäuscht und ihn dadurch zu den die Firma schädigenden Zahlungen bestimmt (was näher ausgeführt wird).