Urteilskopf
96 I 737
112. Auszug aus dem Urteil vom 23. Dezember 1970 i.S. X gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
Regeste
Auskunfterteilung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vom 24. Mai 1951 zwischen der Schweiz und den USA (DBA-US).
1. Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der Eidg. Steuerverwaltung, wonach auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA der zuständigen amerikanischen Behörde eine Auskunft zu erteilen ist (Erw. 1).
2. Notwendigkeit der Auskunfterteilung für die Verhütung von Betrugsdelikten und dergleichen im Sinne von Art. XVI Abs. 1 DBA-US (Erw. 3).
3. Einfluss der allgemeinen Steueramnestie des Bundes und der Verjährung des Steuerbetruges auf die Auskunftspflicht (Erw. 4 und 5).
4. Erhältlichkeit der Auskunft nach Landesrecht. Bankgeheimnis (Erw. 6).
Der Internal Revenue Service in Washington (IRS) ersuchte die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) am 16. Oktober 1969 gestützt auf Art. XVI des Doppelbesteuerungsabkommens vom 24. Mai 1951 zwischen der Schweiz und den USA (DBA-US) um Auskunft aus Büchern und Belegen einer Schweizer Bank über angeblich fragwürdige Geschäfte dieser Bank mit dem in den USA wohnhaften amerikanischen Staatsbürger X. Er machte geltend, es bestehe der Verdacht, dass X. die amerikanischen Steuerbehörden betrogen habe.
Die EStV klärte den Sachverhalt bei der betreffenden Bank ab. Dabei bestätigte sich der Verdacht des IRS weitgehend. Am 23. März 1970 fasste die EStV das Ergebnis ihrer Untersuchung in einer Verfügung zusammen und eröffnete der Bank, deren Verwaltungsratspräsidenten und X, sie werde die in einem besonders bezeichneten Abschnitt der Verfügung enthaltenen Feststellungen dem IRS mitteilen. Die Einsprachen der Bank und X gegen diese Verfügung wies sie am 10. Juni 1970 ab.
X ficht den Einspracheentscheid der EStV mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Er beantragt, der EStV sei zu untersagen, dem IRS die in Aussicht genommenen Auskünfte zu erteilen, eventuell seien nur solche Feststellungen mitzuteilen, welche sich auf die Zeit nach dem 1. Januar 1964 beziehen.
Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, für die bei der Bank durchgeführte Untersuchung habe nach internem
BGE 96 I 737 S. 739
schweizerischem Steuerrecht keine Grundlage bestanden; die Buchprüfung sei ausschliesslich zur Abklärung der vom IRS aufgegriffenen Geschäfte und auf Grund einer besonderen Vereinbarung mit der Bank vorgenommen worden; Verrechnungssteuern oder Emissionsabgaben seien nicht geschuldet; in den USA sei, anders als die EStV annehme, gegen den Beschwerdeführer kein Steuerbetrugsverfahren hängig; überdies stehe das Bankgeheimnis einer Mitteilung der gemachten Feststellungen entgegen. Das Eventualbegehren wird mit dem Einwand begründet, Stempelabgaben und Verrechnungssteuern für die Jahre vor 1964 seien 1969 verjährt gewesen, so dass selbst bei Annahme einer entsprechenden Steuerpflicht der Bank kein Anlass und kein Recht bestanden habe, Sachverhalte, die vor 1964 liegen, zu untersuchen.
Die EStV beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Aus den Erwägungen:
1.
Gegenstand der Anfechtung ist ein Einspracheentscheid der EStV vom 10. Juni 1970. Die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beurteilt sich somit nach
Art. 97 ff. OG
in der Fassung vom 20. Dezember 1968. Einspracheentscheide der einem Departement des Bundesrates unterstellten Dienstabteilungen sind nach
Art. 98 lit. c OG
grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Keine der in Art. 99 bis 102 OG aufgezählten Ausnahmen trifft auf den vorliegenden Fall zu. Der angefochtene Entscheid ist insbesondere keine Verfügung auf dem Gebiete der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten im Sinne von
Art. 100 lit. a OG
. Zwar lässt sich dies nicht schon deshalb ausschliessen, weil hier Einzelinteressen im Spiele sind.
Art. 100 lit. a OG
stellt aber einen eigentlichen Vorbehalt zugunsten der politischen Gewalt dar. Regierungsakte wie andere wesentlich politische Entscheide der Verwaltung auf diesem Gebiete sollen der Prüfung durch das Verwaltungsgericht des Bundes entzogen bleiben (vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde, BBl 1965 II 1306, Sten.Bull. NR 1967 S. 36). Die Verfügung der EStV, welche in Anwendung des schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens ergangen ist, ist weder
BGE 96 I 737 S. 740
ein eigentlicher Regierungsakt noch sonst wesentlich politischer Natur.
Sie ist aber auch keine Verfügung auf dem Gebiete der Strafverfolgung und der Auslieferung im Sinne von
Art. 100 lit. f OG
. Diese Vorschrift bezieht sich ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinne nach nur auf Strafverfolgungen in der Schweiz (vgl. BBl 1965 II S. 1309). Gegen den Beschwerdeführer ist in der Schweiz kein Strafverfahren hängig. Der Ausschlussgrund von
Art. 100 lit. f OG
darf nicht auf Angelegenheiten der vertraglich zugesicherten Amtshilfe in Steuersachen (unter Einschluss des Steuerstrafrechts) ausgedehnt werden. Auch
Art. 100 lit. f OG
trifft somit auf den vorliegenden Fall nicht zu.
Für die Richtigkeit dieser Auslegung der revidierten Vorschriften des Organisationsgesetzes über die Verwaltungsgerichtsbeschwerde spricht der Zweck der Gesetzesrevision vom 20. Dezember 1968. Vor Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen konnte der Einspracheentscheid der EStV über Anstände bei der Erteilung von Auskünften nach Art. XVI DBA- US auf Grund von Art. 27 Abs. 3 des BRB über die Ausführung des schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 2. November 1951 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 5 des BG über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917 mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden. Die Gesetzesnovelle vom 20. Dezember 1968 zielte grundsätzlich auf einen Ausbau der Verwaltungsrechtspflege im Bunde (vgl. Titel der Botschaft des Bundesrates vom 24. September 1965 in BBl 1965 II 1265). Der Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in einer Materie, in der sie nach früherem Recht zulässig war, würde dem direkt zuwiderlaufen.
Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach zulässig.
3.
Art. XVI Abs. 1 DBA-US sieht vor, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten innerhalb bestimmter Schranken unter sich jene Auskünfte austauschen, die notwendig sind für die Durchführung der Bestimmungen des Abkommens oder für die Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl., die eine unter das Abkommen fallende Steuer zum Gegenstand haben.
Unbestritten ist, dass im vorliegenden Falle die Auskunftserteilung
BGE 96 I 737 S. 741
nicht für die Durchführung der Bestimmungen des Abkommens notwendig ist. Hingegen erklärt die EStV im angefochtenen Entscheid, die Ergebnisse ihrer Untersuchung bei der Bank seien im Interesse der Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. nach den USA weiterzuleiten.
a) Eine Auskunftspflicht zur Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. besteht nach Art. XVI Abs. 1 DBA-US nur, wenn diese Delikte eine unter das Abkommen fallende Steuer zum Gegenstand haben. Gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. a bezieht sich das Abkommen auf seiten der USA auf die Bundeseinkommenssteuern mit Einschluss der Zuschlagssteuern und der Übergewinnsteuern. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen betreffen eine Steuer, die unter das Abkommen fällt.
b) Auskünfte sind nach Art. XVI Abs. 1 DBA-US zur Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. zu erteilen. Die Auskunftspflicht bezieht sich jedoch nicht nur, wie der Wortlaut dieser Bestimmung vermuten lassen könnte, auf vorbeugende Massnahmen. Art. XVI DBA-US verlöre bei einer so engen Auslegung seinen Sinn, denn damit würde die Auskunftspflicht weitgehend aufgehoben, sind doch die Steuerbehörden praktisch kaum je in der Lage, einem Steuerbetrug zuvorzukommen (LOCHER, Handbuch und Praxis der schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen Einkommens- und Erbschaftssteuern, Bd. 2 Art. XVI N. 9). Überdies lassen sich Prävention und Repression im Bereiche des Fiskalrechts ohnehin nicht scharf voneinander trennen: mit der Repression eines Steuerdeliktes wird regelmässig auch der angestrebte unrechtmässige Steuervorteil verhindert. Unter Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. im Sinne von Art. XVI Abs. 1 DBA-US ist deshalb in einem weiteren Sinne die Verhinderung des endgültigen Erfolges betrügerischer Handlungen zu verstehen.
Die Auskunftspflicht nach Art. XVI DBA-US besteht also auch, wenn bereits ein Steuerbetrug begangen ist, das Delikt als solches somit nicht mehr verhindert werden kann.
c) Die EStV behauptet, in den USA liefen gegen den Beschwerdeführer ein ziviles Steuerbetrugsverfahren und eine Strafuntersuchung wegen Steuerbetrugs, was der Beschwerdeführer energisch bestreitet. Diese Frage braucht nicht näher abgeklärt zu werden, da die Auskunftserteilung zur Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. nach Art. XVI DBA-US die formelle Eröffnung eines Steuerbetrugsverfahrens in der betreffenden
BGE 96 I 737 S. 742
Angelegenheit gar nicht voraussetzt. Insbesondere entscheidet sich, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, nicht nach diesem formellen Kriterium, ob eine Auskunft für die Verhütung von Betrugsdelikten u. dgl. notwendig ist.
Wesentlich ist nur, ob tatsächlich begründeter Verdacht besteht, es sei ein Betrugsdelikt oder dergleichen verübt worden, oder die Begehung eines solchen Deliktes werde geplant.
d) Die Wendung "Betrugsdelikte u. dgl." ist gemäss Art. II Abs. 2 DBA-US nach der schweizerischen Steuergesetzgebung auszulegen. Diese ist zwar in Terminologie und Ausgestaltung der Steuerstraftatbestände nicht einheitlich.
Immerhin wird die Verwendung von Täuschungsmitteln, insbesondere von falschen, gefälschten oder inhaltlich unwahren Urkunden, durchgehend als schwerere Verfehlung mit einer höheren Strafe bedroht, sei es als qualifizierte Form der Steuerhinterziehung (Art. 129 Abs. 2 WStB, vgl. hiezu KÄNZIG, Wehrsteuer, S. 617), sei es als separater Tatbestand, der ausser Nach- und Strafsteuern die Verurteilung zu einer Busse eventuell sogar zu einer Freiheitsstrafe zur Folge hat (vgl.
§ 192 StG
ZH,
§ 138 StG
AG,
§ 128 StG
SO sowie auch Art. 61 des BG über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965). Überdies bezeichnet die schweizerische Doktrin die absichtliche Irreführung der Steuerbehörden durch den Gebrauch inhaltlich unwahrer Urkunden zum Zweck der Erzielung eines unrechtmässigen Steuervorteils einhellig als Steuerbetrug (E. BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, Zürich 1951, S. 259, W. R. PFUND, Das Steuerstrafrecht, Basel 1954, S. 61 ff, L. HUTTENLOCHER, La répression des soustractions fiscales dans les cantons suisses, ASA Bd. 38, S. 56).
Unter Betrugsdelikten u. dgl. im Sinne von Art. XVI DBA- US dürfen somit zumindest diese Handlungen verstanden werden. Eine nähere Abgrenzung der in Art. XVI DBA-US bezeichneten Delikte von jenen, die nach dem Abkommen keine Auskunftspflicht zu begründen vermögen, erübrigt sich im vorliegenden Falle.
e) Es kann nicht Aufgabe der ersuchten Instanz sein, bei der Prüfung ihrer Auskunftspflicht nach Art. XVI DBA-US gleichsam als Strafrichter zu untersuchen, ob sämtliche Tatbestandsmerkmale des Steuerbetruges im konkreten Falle tatsächlich erfüllt sind. Die Auskunft soll ja im Gegenteil den Behörden des ersuchenden Staates erst die endgültige Beurteilung ermöglichen.
BGE 96 I 737 S. 743
Im internationalen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen prüft die zuständige Behörde des ersuchten Staates, ob die verfolgte Tat zu jener Kategorie von Delikten gehört, bei denen die verlangte Rechtshilfe (z.B. Auslieferung) zu leisten ist, ob beidseitige Strafbarkeit vorliegt und ob kein spezieller Grund die Rechtshilfe ausschliesse (vgl.
BGE 88 I 40
). Selbst wenn man, wie die EStV dies tut, bei der Anwendung von Art. XVI DBA-US gegenüber der allgemeinen Praxis in der strafrechtlichen Rechtshilfe gewisse Einschränkungen macht und nicht einfach auf die Sachverhaltsschilderung der ersuchenden Instanz abstellt, so kann die Überprüfung der erhobenen Anschuldigungen nach der Natur des Amtshilfeverfahrens doch nur eine beschränkte sein: Auszugehen ist auch hier von der Sachverhaltsdarstellung im Gesuch. Da die Schweiz sich im Abkommen mit den USA zur Auskunftserteilung in Fällen von Steuerbetrug u. dgl. nicht aber in Fällen von einfachen Steuerhinterziehungshandlungen verpflichtet hat, ist die verlangte Auskunft grundsätzlich zu erteilen, wenn die im Zeitpunkt des Entscheides über das Gesuch, also in aller Regel nach der Vornahme eigener Abklärungen, feststehenden Tatsachen den Verdacht auf Steuerbetrug u. dgl. genügend begründen.
Die Ergebnisse der Untersuchung der EStV bei der Bank zeigen, dass diese Bedingung im vorliegenden Falle erfüllt ist. Die angeforderten Auskünfte sind somit im Sinne von Art. XVI Abs. 1 DBA-US notwendig zur Verhütung von Betrugsdelikten.
4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Bundesgesetz vom 15. März 1968 über die Durchführung der allgemeinen Steueramnestie auf 1. Januar 1969 stehe der Auskunftserteilung entgegen.
Im internationalen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen gilt weitgehend der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit. Rechtshilfe wird nur geleistet, wenn die verfolgte Tat sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates als auch nach dem des ersuchten Staates strafbar ist (vgl. H. SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht. S. 311 ff, Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959). Der ersuchte Staat soll nicht bei der Verfolgung einer Handlung mitwirken müssen, die er selbst nicht bestrafen würde. Diese Überlegung gilt auch für die Rechts- und Amtshilfe bei fiskalischen Delikten. Die Auskunftserteilung im vorliegenden Falle setzt somit voraus, dass die Handlungen des Beschwerdeführers,
BGE 96 I 737 S. 744
was dieser selbst grundsätzlich gar nicht bestreitet, sowohl nach dem Recht der USA als auch nach schweizerischem Recht strafbar sind. Diese beidseitige Strafbarkeit wird durch die vom Beschwerdeführer angerufene eidg. Steueramnestie nicht aufgehoben. Einmal kann sich eine Amnestie einzig auf Delikte beziehen, die der Gerichtsbarkeit des amnestierenden Staates unterstehen (vgl. SCHULTZ a.a.O. S. 339 ff). Die von der Schweiz erlassene Amnestie berührt einen in den USA verübten Steuerbetrug nicht. Sodann gelangten nach dem Amnestiegesetz nur jene Steuerpflichtigen in den Genuss der Amnestie, welche die Steuerdeklaration 1969 vollständig und wahrheitsgemäss ausfüllten. Diese Voraussetzungen hat der Beschwerdeführer selbst bei sinngemässer Umstellung des Sachverhaltes nicht erfüllt.
Ob die Bank bezüglich allenfalls von ihr begangener Steuerdelikte in den Genuss der Amnestie käme, braucht hier nicht geprüft zu werden, da dies jedenfalls auf die beidseitige Strafbarkeit der Verfehlungen des Beschwerdeführers keinen Einfluss haben könnte.
5.
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Auskunft dürfe auch deshalb nicht erteilt werden, weil die ihm vorgeworfene Straftat verjährt sei. Wäre die Tat wirklich im ersuchenden oder im ersuchten Staat verjährt, so fehlte die Voraussetzung beidseitiger Strafbarkeit, und die Auskunft müsste in der Tat verweigert werden (vgl. SCHULTZ a.a.O. S. 341 ff, AuslG, Art. 6). Zur Abklärung dieser Frage ist in Umstellung des Sachverhaltes zu prüfen, ob der dem Beschwerdeführer vorgeworfene Steuerbetrug, der sich auf die Jahre 1958 bis 1965 erstreckt, in der Schweiz nicht mehr verfolgt werden könnte (vgl. SCHULTZ a.a.O. S. 344). Verfolgungshandlungen des ersuchenden Staates, die nach schweizerischem Recht die Verjährung, unterbrechen, müssen dabei berücksichtigt werden.
Anzuwenden sind die Bestimmungen des eidg. Wehrsteuerrechts. Mangels ausdrücklicher Vorschrift wäre zwar auch die Anwendung kantonalen Steuerrechtes denkbar. Sie müsste aber dazu führen, dass die Schranken der Amtshilfe, die zu leisten sich der schweizerische Staat verpflichtet hat, je nach anwendbarem kantonalem Recht von Fall zu Fall verschieden festgelegt würden. Zu einer befriedigenden, einheitlichen Lösung führt nur die Anwendung des Wehrsteuerrechts.
Nach Art. 134 WStB gilt für die Einleitung eines Hinterziehungsverfahrens
BGE 96 I 737 S. 745
eine (nicht unterbrechbare) Verwirkungsfrist von fünf Jahren ab Ende der in Frage kommenden Veranlagungsperiode. Eine gesetzliche Vorschrift, wonach ein einmal eingeleitetes Verfahren innert einer bestimmten Frist fortgesetzt oder abgeschlossen werden müsste, besteht nicht (KÄNZIG, Wehrsteuer, S. 649).
Die Umstände ergeben, dass die Amtshandlungen, die am 29. Juli 1965 in den USA vorgenommen wurden, der an keine besondere Form gebundenen Einleitung eines Hinterziehungsverfahrens nach Art. 134 WStB gleichzustellen sind.
In einem am 29. Juli 1965 eingeleiteten Hinterziehungsverfahren dürften nach Art. 134 WStB noch Verfehlungen verfolgt werden, die bis zum 1. Januar 1959 zurückreichen. Früher begangene Taten wären verjährt. Für sie fehlt somit das Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit. Die nach Art. XVI DBA-US zu erteilenden Auskünfte dürfen deshalb nur zur Verfolgung von Steuerbetrugsdelikten verwendet werden, welche nach dem 1. Januar 1959 begangen wurden.
6.
Nach Art. XVI Abs. 1 DBA-US sind nur Auskünfte auszutauschen, die gemäss den Steuergesetzgebungen der beiden Vertragsstaaten erhältlich sind.
a) Dass die EStV im vorliegenden Falle tatsächlich in den Besitz wesentlicher Angaben gelangt ist, vermag an sich nicht zu belegen, dass diese Angaben im Sinne des Abkommens erhältlich waren. Es genügt somit nicht, darauf zu verweisen, dass die EStV sich im Besitze der Angaben befindet. Ungeachtet dieser Tatsache ist zunächst zu prüfen, ob die fraglichen Angaben nach schweizerischer Steuergesetzgebung erhältlich waren. Ergibt diese Prüfung, dass die EStV nach geltendem Recht die Angaben bei Verweigerung freiwilliger Auskünfte durch die Bank nicht hätte erhalten können, so dürfen sie dem IRS nicht mitgeteilt werden. Zu welchem Zwecke und unter welchen Umständen die Bank tatsächlich der EStV Angaben über ihre Geschäfte mit dem Beschwerdeführer vermittelt hat, ist deshalb hier belanglos.
b) Die EStV hat die Angaben für die von ihr beabsichtigte Auskunft an den IRS aus Büchern und Belegen der Bank bezogen. Der Beschwerdeführer meint, sie wäre wegen des Bankgeheimnisses nicht dazu gelangt, wenn ihr nicht die Bank freiwillig Einblick gewährt hätte. Abzuklären ist also insbesondere, ob das Bankgeheimnis die EStV an der Abklärung
BGE 96 I 737 S. 746
des Sachverhaltes gehindert hätte. Nach schweizerischem Recht sind die Banken im Veranlagungsverfahren nicht verpflichtet, den Steuerbehörden über die finanziellen Verhältnisse ihrer Kunden Auskunft zu geben (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, S. 341, SCHAEFER in Handbuch des Bank-, Geld- und Börsenwesens der Schweiz, Thun 1964, S. 97). Auch Auskünfte, welche im Rahmen der internationalen Amtshilfe zum blossen Zwecke der Veranlagung eines Kunden in einem anderen Staate verlangt werden, dürfen sie somit jedenfalls dann verweigern, wenn die Schweiz nicht staatsvertraglich eine weitergehende Rechts- und Amtshilfepflicht übernommen hat. Als im Sinne von Art. XVI DBA-US nach Landesrecht erhältlich können solche Auskünfte angesichts der klaren und einheitlichen Regelung dieser Frage im schweizerischen Recht nicht gelten.
Im vorliegenden Falle geht es jedoch nicht um die Abklärung der Verhältnisse in einem Steuerveranlagungsverfahren, sondern um die Amtshilfe in einem Verfahren wegen Steuerbetruges bezüglich der amerikanischen Bundeseinkommenssteuer. Ob daher in der Schweiz Bankauskünfte erhältlich sind, kann sich weder nach dem BG über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917 noch nach dem BRB über die Verrechnungssteuer vom 1. September 1943 oder dem BG über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 entscheiden. Weder der Vertragstext noch Sinn und Zweck des Abkommens deuten darauf hin, dass die Vertragsstaaten vereinbaren wollten, die Schweiz habe im Falle eines Steuerbetruges in den USA nur dann Bankauskünfte zu erteilen, wenn zugleich in der Schweiz Stempel- oder Verrechnungssteuern hinterzogen wurden und die EStV zur Abklärung dieser Hinterziehungen Bankauskünfte verlangen dürfe.
Unter erhältlichen Auskünften im Sinne von Art. XVI DBA-US sind alle jene Auskünfte zu verstehen, die nach schweizerischem Recht von Banken beschafft werden könnten, wenn der Beschwerdeführer die schweizerischen Steuerbehörden bezüglich seiner Einkommenssteuer betrogen hätte. Die naheliegendste Bedeutung einer solchen Amtshilfeklausel in einer zwischenstaatlichen Abmachung liegt darin, dass jeder Vertragsstaat sich verpflichtet, dem Vertragspartner jene Auskünfte zu erteilen, die er sich bei sinngemässer Umstellung des Sachverhaltes nach dem geltenden Landesrecht verschaffen
BGE 96 I 737 S. 747
kann. Die grundsätzliche Bereitschaft, die unter die Amtshilfe fallenden Verfahren des Vertragspartners mit allen Untersuchungsmitteln zu unterstützen, welche das eigene Recht für analoge Fälle bietet - nicht mehr und nicht weniger - ergibt sich aus der ganzen Formulierung von Art. XVI, insbesondere aus Abs. 3. Massgebend ist somit für die Anwendung dieser Vorschrift nicht, welche Untersuchungsmöglichkeiten gegenüber Banken nach Stempelsteuer- und Verrechnungssteuerrecht (- hier unter ausdrücklichem Verbot der Verwendung für die Einschätzung von Bankkunden, vgl.
Art. 40 Abs. 5 VStG
-) bestehen, entscheidend ist vielmehr, ob eine Bank nach schweizerischer Rechtsauffassung zur Abklärung von Steuerbetrugsdelikten eines Bankkunden bei der Einkommenssteuerveranlagung Auskunft erteilen muss. Das Bundesrecht enthält hierüber keine Vorschrift. Insbesondere lässt sich aus den Befugnissen, welche der Wehrsteuerbeschluss den mit der Untersuchung eines solchen Sachverhaltes betrauten Behörden einräumt, nicht auf eine Auskunftspflicht der Banken schliessen. Die kantonalen Steuergesetzgebungen beantworten diese Frage anderseits ganz verschieden. Es fragt sich deshalb, ob die Schweiz im Abkommen mit den USA sich für Fälle des Steuerbetruges nur zum Austausch von Auskünften verpflichtet hat, die bei sinngemässer Umstellung des Sachverhaltes nach dem jeweils anwendbaren kantonalen Recht von Banken beschafft werden könnten, oder ob sie in diesem Abkommen für den internationalen Amtshilfeverkehr mit den USA eine bundesrechtliche Pflicht der Banken zur Auskunftserteilung in bestimmten Fällen statuiert hat.
Ergibt die Auslegung von Art. XVI DBA-US, dass sich die Schweiz den USA gegenüber verpflichtet hat, in bestimmten Fällen auch Auskünfte von Banken zu beschaffen, so geht diese Verpflichtung als Satz des Bundesrechts intern allenfalls abweichendem kantonalem Recht vor (Art. 2 UeBV), denn mit seiner Genehmigung durch die Bundesversammlung und der Ratifikation durch den Bundesrat wurde das Doppelbesteuerungsabkommen auch mternes Recht der Schweiz. Die in der Bundesverfassung begründete kantonale Steuerhoheit steht dem nicht entgegen. Nach
Art. 8 BV
ist der Bund allein zuständig, Staatsverträge abzuschliessen. Daraus hat die Praxis immer schon abgeleitet, der Bund könne auch Verträge über grundsätzlich in den kantonalen Kompetenzbereich fallende Materien
BGE 96 I 737 S. 748
abschliessen und auf diesem Wege kantonales Recht verdrängen (vgl. BURCKHARDT, Komm. BV 3. Aufl. S. 81 ff). Abgesehen hievon ist es dem Bundesgericht nach
Art. 113 Abs. 3 BV
versagt, die Verfassungsmässigkeit von Bestimmungen eines von der Bundesversammlung genehmigten Staatsvertrages zu prüfen.
Die Auslegung eines Staatsvertrages hat vom Vertragstext auszugehen, sodann aber zur Ermittlung des Vertragswillens alle Momente aus Entstehungsgeschichte und Zweck der auszulegenden Bestimmung heranzuziehen (vgl. M. WIDMER in cahiers de droit fiscal international, Bd. XLII, S. 273). Der Text von Art. XVI DBA-US gibt für die zu lösende Frage keine weiteren Aufschlüsse. Auch die Materialien zum Abkommen sind nicht ergiebig. Indem Art. XVI DBA-US die Schweiz zur Mitteilung jener Auskünfte verpflichtet, welche nach Landesrecht erhältlich sind, setzt er der Auskunftspflicht grundsätzlich eine Schranke. Gleichzeitig bringt er aber zum Ausdruck, dass bestimmte Angaben erhältlich sein müssen, ist doch nicht anzunehmen, die Vertragsstaaten hätten diese Vorschrift in das Abkommen aufgenommen, wenn damit nicht nach dem geltenden Recht für beide Staaten auch wirklich eine Auskunftspflicht begründet worden wäre. Allerdings bleibt dennoch offen, ob vereinbart wurde, auch Bankauskünfte seien unter bestimmten Voraussetzungen erhältlich. Wäre auf das kantonale Recht abzustellen, so hätte dies zur Folge, dass ein und dieselbe Auskunft in der Schweiz je nach anwendbarem kantonalem Recht erhältlich oder nicht erhältlich wäre. Eine Verpflichtung der Schweiz, nur aus jenen Kantonen Bankauskünfte zu übermitteln, die in Fällen von Steuerbetrug eine Auskunftspflicht der Banken vorsehen, wäre praktisch wirkungslos, denn niemand könnte verhindern, dass betrügerische Machenschaften dann eben über Banken abgewickelt würden, die sich in anderen Kantonen befinden.
In der Frage der Bankauskünfte musste sich das Augenmerk der USA naturgemäss vor allem auf die drei international bedeutenden Bankplätze der Schweiz, Zürich, Basel und Genf, richten. Hier konnte sich diese Frage praktisch am ehesten stellen. Wenn in der Literatur nachdrücklich die Auffassung vertreten wird, Art. 47 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (BaG) statuiere eine bundesrechtliche Schweigepflicht, welche gegenüber dem Fiskus
BGE 96 I 737 S. 749
absolut gelte und durch Vorschriften kantonaler Steuergesetze nicht durchbrochen werden könne (vgl. SCHAEFER a.a.O. S. 97, JANN, Der Umfang und die Grenzen des Bankgeheimnisses nach schweizerischem Recht, Diss. Bern 1938, S. 116 ff), so ist doch unbestritten, dass zumindest der Steuerbetrug einem gemeinrechtlichen Delikt gleichgestellt und nach den Vorschriften des ordentlichen Strafverfahrens verfolgt werden darf. In denjenigen Kantonen, die eine solche Regelung getroffen haben, besteht im Steuerbetrugsverfahren eine Auskunfts- und Editionspflicht der Bank, sofern nicht das betreffende Strafprozessrecht den Bankorganen zum Schutze des Bankgeheimnisses ein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt (in diesem Sinne P. LAVANCHY, Das Bankgeheimnis in der Schweizerischen Gesetzgebung mit besonderer Berücksichtigung des Steuerrechts, Diss. Zürich 1935 S. 23 ff). Die vom Beschwerdeführer zitierten Äusserungen über die Wahrung des Bankgeheimnisses in fiskalischen Belangen beziehen sich sinngemäss auf die Frage der Auskunftspflicht im Veranlagungsverfahren und sprechen somit nicht gegen diese allein das Steuerbetrugsverfahren betreffende Argumentation. Die Auffassung, auch beim schwersten Fiskaldelikt, dem Steuerbetrug, stelle das Bankgeheimnis eine absolute Schranke der Untersuchung dar, wird in der massgebenden Literatur nicht vertreten und schiene auch sachlich nicht begründet. Sowohl im Kanton Zürich wie auch in den Kantonen Basel-Stadt und Genf kommen in einem Strafverfahren wegen Steuerbetrugs die Vorschriften des ordentlichen Strafprozesses zur Anwendung (vgl.
§ 192 StG
ZH, REIMANN-ZUPPINGER-SCHÄRRER, Komm. zum Zürcher Steuergesetz, 4. Bd. S. 462 N. 84,
§ 34 StG
BS und
Art. 342 StG
GE). Ähnliches gilt übrigens in einer Reihe weiterer Kantone (vgl. u.a.
§ 138 StG
AG,
Art. 158 StG
AI,
Art. 118 StG
TG,
§ 85 StG
GL, §§ 128/129 StG SO,
Art. 143, 144 und 146 StG
SH). Weder das zürcherische noch das baselstädtische oder das genferische Strafprozessrecht räumen den Bankorganen in der Strafuntersuchung ein Zeugnisverweigerungsrecht ein (vgl.
§
§ 129 ff. StPO
ZH;
§
§ 39 ff. StPO
BS;
Art. 290 ff. StPO
GE). Die Banken sind also zumindest in diesen drei Kantonen im Strafverfahren wegen Steuerbetrugs zur Auskunftserteilung verpflichtet. Ihre Auskunftspflicht beruht wohl unmittelbar auf der Strafprozessordnung und nicht auf dem Steuergesetz. Sie hat aber ihren eigentlichen Grund doch in der kantonalen
BGE 96 I 737 S. 750
Steuergesetzgebung, die vorsieht, dass der von ihr geschaffene Straftatbestand des Steuerbetrugs im ordentlichen Strafverfahren zu beurteilen ist und damit zum Ausdruck bringt, dass bei der Verfolgung betrügerischer Handlungen gegen die Steuerbehörden das Bankgeheimnis durchbrochen werden kann. Lediglich im Sinne einer gesetzestechnischen Vereinfachung verweist sie auf das ordentliche Strafprozessrecht. Bankauskünfte sind also in den drei erwähnten Kantonen nicht bloss auf Grund des Strafprozessrechts, sondern im Falle des Steuerbetruges auf Grund der Steuergesetzgebung erhältlich.
Diese übereinstimmende Regelung der Frage der Bankauskünfte in Steuerbetrugsfällen an den drei international bedeutenden Bankplätzen der Schweiz durften die USA bzw. deren Unterhändler bei Vertragsschluss als Ausdruck der herrschenden schweizerischen Rechtsauffassung verstehen. Nach Treu und Glauben durften sie unter den gegebenen Umständen annehmen, die Schweiz habe sich in Art. XVI DBA-US zum Austausch von Bankauskünften in Steuerbetrugsfällen verpflichtet. Es würde gegen den Sinn und Zweck des Abkommens verstossen, wollte sich die Schweiz jetzt bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auskunft im Sinne des Abkommens erhältlich sei, auf kantonales Recht stützen. Damit würde sie wegen der zu erwartenden Verschiebung unlauterer Geschäfte in Kantone ohne Auskunftspflicht der Banken ihre vertragliche Verpflichtung weitgehend des Sinnes entleeren, der ihr bei Vertragsschluss nach den erkennbaren Vorstellungen der USA zukommen musste. Ungeachtet der Verschiedenheiten der kantonalen Steuergesetzgebungen zählen im internationalen Amtshilfeverkehr mit den USA in Steuerbetrugsfällen somit auch Feststellungen bei Banken zu den im Sinne von Art. XVI DBA-US erhältlichen Auskünften.
Art. XVI Abs. 1 DBA-US begründet also im Bundesrecht die Kompetenz der EStV, zur Erfüllung der übernommenen Amtshilfeverpflichtung in Steuerbetrugsfällen auch Abklärungen bei Banken vorzunehmen. Ob die EStV die dabei festgestellten Tatsachen gegebenenfalls auch für eigene Zwecke verwenden oder gar unter Umständen den Steuerbehörden eines Kantons mitteilen dürfte, der selbst keine Auskunftspflicht der Banken kennt, mag hier offen bleiben, da diese Frage sich im vorliegenden Falle nicht stellt. Auf Grund ihrer im Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA begründeten Kompetenz hätte die EStV somit grundsätzlich die Auskünfte auch erhalten
BGE 96 I 737 S. 751
können, wenn sich die Bank geweigert hätte, freiwillig Einblick in Bücher und Belege zu gewähren.
Abschliessend kann sich noch fragen, ob die EStV Abklärungen bei Banken auf Grund von Art. XVI Abs. 1 DBA-US auf die blosse Behauptung des IRS hin einleiten darf, es bestehe Verdacht auf Steuerbetrug, oder ob ihr die Pflicht obliegt, die Begründung des Amtshilfegesuchs schon in diesem Stadium des Verfahrens näher zu prüfen. Da mit Art. XVI DBA-US das schweizerische Bankgeheimnis nicht grundsätzlich aufgehoben wurde, sondern lediglich unter ganz bestimmten Voraussetzungen durchbrochen werden darf, ist die EStV verpflichtet, die Behauptung in einem Amtshilfegesuch, es liege ein Fall von Steuerbetrug vor, vorgängig eigener Abklärungen des Sachverhaltes bei einer Bank zu überprüfen. Diese Prüfung kann aber natürlich nicht so streng sein wie die Prüfung, welche die EStV nach Vornahme eigener Abklärungen im Zusammenhang mit der Frage vorzunehmen hat, ob bestimmte Auskünfte zur Verhütung von Betrugsdelikten notwendig seien (Erw. 3). Es muss genügen, dass die Angaben des IRS und die Belege zum Gesuch glaubhaft die Notwendigkeit einer Untersuchung auf Steuerbetrug begründen. Die Feststellungen, die der IRS der EStV im vorliegenden Falle mitgeteilt hat, erfüllen diese Voraussetzung. Die von der EStV beschafften Auskünfte sind somit im Sinne von Art. XVI DBA-US erhältlich.
7.
Der in Art. XVI DBA-US enthaltene ausdrückliche Vorbehalt, die Amtshilfepflicht dürfe auf keinen Fall so ausgelegt werden, dass ein Staat Verwaltungsmassnahmen durchzuführen habe, die von seinen Vorschriften oder seiner Verwaltungspraxis abweichen oder seiner Souveränität, Sicherheit oder dem Ordre public widersprechen, steht der Auskunftserteilung im vorliegenden Falle nicht entgegen. Das Doppelbesteuerungsabkommen wurde, wie bereits erwähnt, mit der Genehmigung durch die Bundesversammlung und der Ratifikation durch den Bundesrat zum Bestandteil des geltenden Landesrechts. Die Frage, ob sein Inhalt mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung vereinbar sei, stellt sich ebensowenig (
BGE 81 I 222
) wie ob er der Souveränität oder der Sicherheit der Schweiz widerspreche. Ausserdem ergeben die vorstehenden Erwägungen, dass Erhebungen bei Banken im Zusammenhang mit Steuerbetrugsverfahren weder den Vorschriften noch der Verwaltungspraxis der Schweiz zuwiderlaufen.
8.
Das Bankgeheimnis ist ein Berufsgeheimnis (Art. 47
BGE 96 I 737 S. 752
BaG). Art. XVI Abs. 1 DBA-US schreibt in seinem letzten Satze vor, Auskünfte, die irgendein Handels- oder Geschäfts-, gewerbliches oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren offenbaren würden, dürften nicht ausgetauscht werden. Diesem Satz kann bezüglich des Bankgeheimnisses nach dem bereits Gesagten keine selbständige Bedeutung zukommen. Geht nämlich aus dem Sinn und Zweck des Abkommens und dem erkennbaren Vertragswillen der Parteien hervor, dass das schweizerische Bankgeheimnis in Steuerbetrugsfällen für die Erteilung von Auskünften im Amtshilfeverfahren für die USA von der EStV durchbrochen werden darf, so kann dieser Satz vernünftigerweise nicht erneut gegen eine Auskunftserteilung die Schranke des Bankgeheimnisses aufrichten wollen. Bezüglich des Bankgeheimnisses erschöpft sich die Bedeutung dieses letzten Satzes von Art. XVI Abs. 1 DBA-US in der ausdrücklichen Wiederholung einer Schranke der Auskunftspflicht, die sich schon aus dem übrigen Text ergibt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Eidg. Steuerverwaltung wird angewiesen, inbezug auf die Verwendung der Auskünfte den Vorbehalt der Verjährung im Sinne der Erwägungen anzubringen.