Urteilskopf
98 Ia 637
91. Urteil vom 31. Oktober 1972 i.S. Bebi und Mitbeteiligte gegen den Grossen Rat des Kantons Aargau.
Regeste
Initiativrecht. Art. 26 der aarg. KV.
1. Nach aarg. Recht kann die Gesetzesinitiative nur ein Gesetz im materiellen Sinn zum Gegenstand haben (Erw. 3 b).
2. Ein Volksbegehren, das den Widerruf einer Kraftwerkkonzession und damit einen Verwaltungsakt vorsieht, ist augenscheinlich verfassungswidrig und der Volksabstimmung nicht zu unterbreiten (Erw. 3 c ff.).
A.-
Am 16. Mai 1965 nahmen die Stimmbürger des Kantons Aargau das ihnen durch Volksbegehren unterbreitete Gesetz über die Freie Reuss an. Es enthält eine einzige materielle Bestimmung (§ 1), die lautet:
"Die Reuss von Bremgarten (Au) bis zur Einmündung in die Aare ist von neuen energiewirtschaftlichen Anlagen frei zu halten. Durch Modernisierung bestehender Kraftwerke darf das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt werden."
Für die Sanierung der Reussebene, d.h. des Gebietes flussaufwärts oberhalb Bremgarten bis Mühlau, war von einer vom kantonalen Baudepartement eingesetzten Fachkommission eine Lösung vorgeschlagen worden, nach welcher das für die Erhaltung schützenswerter Pflanzen und Kleintiere unerlässliche Stauwehr des überalterten Kraftwerks Bremgarten - Zufikon durch ein neues Wehr ersetzt und in Verbindung damit auch ein neues Kraftwerk erstellt werden sollte. Der Regierungsrat des Kantons Aargau verlieh in der Folge am 23. November 1967 dem Aargauischen Elektrizitätswerk (AEW) die entsprechende Konzession, welche am 10. September 1968 vom Grossen Rat genehmigt wurde. Nach Art. 2 der Konzessionsbestimmungen ist das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon ein Bestandteil der Sanierung der Reussebene; die Projekte für Kraftwerk, wasserbaulichen und meliorationstechnischen Teil sind aufeinander abgestimmt und deren Ausführung miteinander zu koordinieren. Diese Bestimmung ist im wesentlichen wiedergegeben in § 10 des vom Grossen Rat am 15. Oktober 1969 beschlossenen Gesetzes über den Hochwasserschutz, die Entwässerung und die Bodenverbesserungen im Gebiet der Reussebene (Reusstalgesetz), welches die geplante Reussebenesanierung in grossen Zügen festhält und die dafür erforderlichen
BGE 98 Ia 637 S. 639
Kredite bewilligt. Nachdem das Volk dieses Gesetz am 14. Dezember 1969 angenommen hatte, setzte der Regierungsrat die Konzession auf den 1. Mai 1970 in Kraft. Ein Volksbegehren für den Erlass eines neuen Reusstalgesetzes (erste Reusstalinitiative), das eine andere Konzeption der Sanierung der Reussebene anstrebte, jeden Kraftwerkneubau in diesem Gebiet und damit auch denjenigen von Bremgarten - Zufikon verbieten wollte, wurde am 15. November 1970 verworfen. Das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon ist, nachdem im Jahre 1971 eine Bundessubvention zugesichert, die Baubewilligung und die erforderliche Rodungsbewilligung erteilt worden waren, heute im Bau.
B.-
Am 10. Dezember 1971 reichte der Reusstalbund ein neues Volksbegehren ein, mit welchem die Abänderung des Gesetzes über die Freie Reuss vom 16. Mai 1965 verlangt wurde (zweite Reusstalinitiative). Die Initiative lautet:
"I.
§ 1 des Gesetzes über die Freie Reuss soll neu wie folgt lauten: Der aargauische Reussflusslauf, von der Kantonsgrenze bis zur Einmündung in die Aare, ist von neuen energiewirtschaftlichen Anlagen frei zu halten. Durch Veränderung oder Modernisierung bestehender Kraftwerke dürfen das Landschaftsbild, der heutige Flusswasserstand und die bestehenden Grundwasserverhältnisse nicht beeinträchtigt werden.
II.
1) Diese Abänderung tritt nach Annahme durch das Volk in Kraft.
2) Die vom Grossen Rat und Regierungsrat dem Aargauischen Elektrizitätswerk (AEW) erteilte Konzession für den Neubau des Kraftwerkes Bremgarten-Zufikon ist aufgehoben.
Der Regierungsrat des Kantons Aargau hielt das Volksbegehren in verschiedener Hinsicht für verfassungswidrig und beantragte in seiner Botschaft vom 24. Januar 1972 an den Grossen Rat, ihm keine Folge zu geben. Der Grosse Rat schloss sich der Auffassung des Regierungsrats an und beschloss am 25. April 1972, die Initiative der Volksabstimmung nicht zu unterstellen.
C.-
Rudolf Bebi, Hans Heinrich Bebi und 39 Mitbeteiligte führen staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Grossen Rates des Kantons Aargau vom 25. April 1972 aufzuheben. Sie bestreiten die Verfassungswidrigkeit des Volksbegehrens, das zu Unrecht den Stimmbürgern nicht unterbreitet werde. Die Begründung der Beschwerde
BGE 98 Ia 637 S. 640
ist, soweit nötig, den nachstehenden Erwägungen zu entnehmen.
D.-
Der Grosse Rat des Kantons Aargau hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Beschwerdeführer machen geltend, es sei verfassungswidrig, dass das Volksbegehren auf Abänderung des Gesetzes über die Freie Reuss der Volksabstimmung nicht unterstellt werde. Damit rügen sie sinngemäss eine Verletzung der politischen Stimmberechtigung (
Art. 85 lit. a OG
). Hierzu sind sie als aargauische Stimmbürger legitimiert (
BGE 97 I 832
mit Verweisungen).
2.
Nach Art. 26 Abs. 1 der aargauischen Staatsverfassung (KV) haben 5000 stimmberechtigte Bürger das Recht, den Erlass, die Abänderung oder die Aufhebung eines Gesetzes zu verlangen. Abs. 2 und 3 lauten:
"Jedes dem Grossen Rat zugehende Initiativbegehren ist zuerst auf seine Verfassungsmässigkeit zu prüfen.
Wenn ein Begehren augenscheinlich gegen die Verfassung verstösst, so soll demselben keine Folge gegeben werden."
Die Beschwerdeführer wenden sich mit Recht nicht ernstlich gegen die dem Grossen Rat zustehende Überprüfungsbefugnis. Ist doch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts die Behörde, die nach dem kantonalen Recht zur Anordnung der Volksabstimmung über Verfassungs- oder Gesetzesinitiativen berufen ist, selbst ohne besondere gesetzliche Grundlage befugt, neben dem Vorliegen der formellen Voraussetzungen für das Zustandekommen der Initiative auch deren materielle Rechtmässigkeit zu prüfen und die Vorlegung an das Volk zu verweigern, wenn sich die Initiative als inhaltlich rechtswidrig erweist (
BGE 96 I 646
mit Verweisungen). Angesichts dieses Grundsatzes kann man sich dagegen mit dem Regierungsrat und dem Grossen Rat fragen, ob die Volksabstimmung nicht schon dann verweigert werden kann, wenn ein Volksbegehren verfassungswidrig, der Mangel aber nicht augenscheinlich ist. Es besteht indessen kein Grund, vom Wortlaut des Art. 26 Abs. 3 KV abzuweichen. Schon mit Rücksicht auf den Umstand, dass eine politische Behörde und nicht eine richterliche Instanz über die Verfassungsmässigkeit
BGE 98 Ia 637 S. 641
eines Volksbegehrens zu befinden hat, rechtfertigt es sich, die Überprüfungsbefugnis auf die Feststellung von Verfassungswidrigkeiten zu beschränken, die klar auf der Hand liegen. Es steht auch im Sinne des demokratischen Gedankens und entspricht insbesondere Art. 16 KV, wonach die Ausübung der unter anderem in Art. 26 KV bezeichneten Volksrechte möglichst erleichtert werden soll, wenn ein Initiativbegehren nur im Falle offensichtlicher Verfassungswidrigkeit der Volksabstimmung nicht unterbreitet wird. Ein entscheidender Nachteil für die Stimmbürger ist darin nicht zu sehen, dass man sie über eine Initiative, deren Verfassungswidrigkeit zwar mit einiger Gewissheit anzunehmen ist, sich dennoch aussprechen lässt. Wer sich durch den Volksbeschluss verletzt glaubt, kann dagegen immer noch den Verfassungsrichter anrufen (vgl. W. WELTI, Die Prüfung der Gesetzesinitiativen auf ihre Rechtmässigkeit im Kanton Aargau, in Aargauisches Beamtenblatt 1957 S. 117 f.). Es ist deshalb davon auszugehen, dass nur die offensichtliche bzw. augenscheinliche Verfassungswidrigkeit eines Volksbegehrens den Grossen Rat des Kantons Aargau berechtigt, dieses dem Volk nicht zur Abstimmung vorzulegen. Diese Auffassung liegt auch dem angefochtenen Beschluss zugrunde.
3.
Der Grosse Rat hält die in Frage stehende zweite Reusstalinitiative in verschiedener Hinsicht für verfassungswidrig, wie dies in der regierungsrätlichen Bostchaft ausführlich dargetan ist. Eine augenscheinliche Verfassungswidrigkeit liegt nach seiner Ansicht vor allem darin, dass Ziff. II der Initiative, worin die Aufhebung der dem AEW erteilten Konzession für das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon bestimmt wird, gegen die verfassungsmässige Kompetenzordnung verstosse, insbesondere aber einen individuellen Verwaltungsakt vorsehe, der nach Art. 26 KV nicht Gegenstand eines Volksbegehrens sein könne. Die Beschwerdeführer stellen sich dagegen auf den Standpunkt, dass die aargauische Verfassung dem Volk nicht verwehre, eine erteilte Konzession zu entziehen. Sie bestreiten insbesondere, dass bloss ein Gesetz im materiellen Sinne und damit kein Verwaltungsakt Gegenstand eines Volksbegehrens sein könne. Wie es sich damit verhält, ist durch Auslegung des kantonalen Verfassungsrechts zu ermitteln. Dabei steht dem Bundesgericht die freie Prüfung zu, wobei es sich nur insoweit
BGE 98 Ia 637 S. 642
Zurückhaltung auferlegt, als es sich in ausgesprochenen Zweifelsfällen der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auslegung anschliesst (
BGE 97 I 824
).
a) Die aargauische Verfassung sagt nichts über die Zuständigkeit zum Widerruf einer erteilten Wasserrechtskonzession, und dem Gesetzesrecht kann nicht eindeutig entnommen werden, ob der Regierungsrat oder der Grosse Rat dazu befugt ist. Läge die Kompetenz beim Grossen Rat, was in analoger Anwendung von § 29 Abs. 1 des kantonalen Gewässerschutzgesetzes vom 22. März 1954 allenfalls geschlossen werden könnte, so wäre die Möglichkeit, durch Volksinitiative einen Konzessionswiderruf zu verlangen, nicht von vorneherein zu verneinen. Kann doch in verschiedenen Kantonen die Volksinitiative mehr oder weniger alles zum Gegenstand haben, was in die Kompetenz der gesetzgebenden Behörde fällt (vgl. die Zusammenstellung bei HEINRICH BÜELER, Die Entwicklung und Geltendmachung des Schweizerischen Volks-Initiativrechtes, Diss. Zürich 1925 S. 106 f.). Es ist deshalb in erster Linie zu prüfen, was nach der aargauischen Verfassung Inhalt einer Gesetzesinitiative sein kann.
b) Nach Art, 26 Abs. 1 KV können die Bürger "den Erlass, die Abänderung oder die Aufhebung eines Gesetzes verlangen".
Der Begriff des Gesetzes kann im materiellen oder formellen Sinne verstanden werden. Das Gesetz im materiellen Sinn ist der Erlass der gesetzgebenden Behörde, welcher generellabstrakte Normen enthält, d.h. der Rechtssetzungserlass. Unter Gesetz im formellen Sinn dagegen sind alle Erlasse zu verstehen, die in die Zuständigkeit der gesetzgebenden Behörde fallen und im Gesetzgebungsverfahren ergehen, also auch die rechtsanwendenden Akte im Rahmen ihrer Regierungs- und Verwaltungstätigkeit. Welchen Gesetzesbegriff Art. 26 Abs. 1 KV meint, lässt sich aufgrund dieser Vorschrift allein nicht feststellen. Zu ihrer Auslegung sind deshalb weitere Bestimmungen der aargauischen Verfassung heranzuziehen. Erheblich ist in diesem Zusammenhang Art. 25 KV, welcher das Referendumsrecht regelt. Art. 25 Abs. 1 KV zählt die der Genehmigung des Volkes zu unterstellenden Erlasse auf und unterscheidet dabei, abgesehen von Verfassungsänderungen, Gesetze (lit. a) und Beschlüsse (lit. b - e). Der Beschluss ist
BGE 98 Ia 637 S. 643
die Form für die Akte des Grossen Rats, welche rechtsanwendender Natur sind, wie insbesondere Verwaltungsverfügungen. Demnach ist hier unter Gesetz nur der generell-abstrakte Rechtssetzungserlass, das Gesetz im materiellen Sinne, zu verstehen. Hat somit der Verfassungsgesetzgeber bei der Festlegung des Umfangs des Referendumsrechts in Art. 25 Abs. 1 KV den Begriff des Gesetzes im materiellen Sinn verwendet, so leuchtet nicht ein, weshalb er dies nicht auch im Zusammenhang mit dem Initiativrecht in Art. 26 Abs. 1 KV getan haben sollte. Unter dem Gesichtspunkt sowohl der äussern wie der innern Systematik der Verfassung ist auszuschliessen, dass er bei Referendumsrecht und Initiativrecht von zwei verschiedenen Vorstellungen vom Gesetz ausging. Die Bestimmungen von Art. 25 und 26 KV stehen nebeneinander. Zudem betreffen sie dem Inhalte nach das Gleiche, nämlich das Mitwirkungsrecht des Volkes bei der Gesetzgebung, dessen Ausgestaltung in der einen wie in der andern Richtung vernünftigerweise nur ein und derselbe Gesetzesbegriff zugrundeliegen kann. Hätte der Verfassungsgesetzgeber das Initiativrecht für Beschlüsse, die in die Zuständigkeit des Grossen Rates fallen, zulassen wollen, so hätte er sie wie in Art. 25 KV auch ausdrücklich erwähnt. Es ist daher anzunehmen, dass Art. 26 KV als Gegenstand der Gesetzesinitiative allein Gesetze im materiellen Sinn, d.h. generell-abstrakte Rechtssetzungserlasse vorsieht. Diese Auffassung teilen die Autoren, welche sich mit dem Initiativrecht in der Schweiz befassen. Sie legen Art. 26 KV im gleichen Sinne aus und führen den Kanton Aargau unterjenen Kantonen auf, die das Initiativrecht auf die gesetzgebenden Akte beschränken und die Beschlüsse und namentlich Verwaltungsakte davon ausnehmen (GIACOMETTI, Das Staatsrecht der Schweizerischen Kantone, Zürich 1941, S. 536 N. 49; ALBERT KELLER, Das Volksinitiativrecht nach den Schweizerischen Kantonsverfassungen, Diss. Zürich 1889, S. 109, HEINRICH BÜELER, a.a.O. S. 106 f. und Anm. 261, WILHELM RUPPERT, Die Unterscheidung von Verfassungs- und Gesetzesinitiative in den schweizerischen Kantonen, Diss. Zürich 1933, S. 17 und N. 20; WALTER WELTI, a.a.O. S. 117). Die Richtigkeit dieser Auslegung zeigt sich auch beim Blick auf die Verfassungen anderer Kantone. In den Verfassungen der Kantone, welche die Volksinitiative nicht nur für rechtssetzende Erlasse, sondern auch für alle oder einen Teil der in die Zuständigkeit der gesetzgebenden
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Behörde fallenden Beschlüsse zulassen, sind diese ausdrücklich daneben erwähnt, womit auch hier der Begriff des Gesetzes im materiellen Sinne zugrundeliegt (so ZH Art. 29, BE Art. 9, Uri § 48, OW Art. 63, NW Art. 54, Zug § 35, SO Art. 18 KV u.a.m.). Mit Art. 28ter KV FR, der - entsprechend der Regelung der aargauischen Verfassung - im Unterschied zu Art. 28bis, welcher dem Referendum Gesetz und Dekret unterstellt, nur von Gesetz spricht, wollte der freiburgische Verfassungsgesetzgeber das Initiativrecht auf Gesetze im materiellen Sinne beschränkt haben (vgl.
BGE 89 I 375
Erw. 3a). Was die Beschwerdeführer zur Unterstützung ihrer Behauptung, nach Wortlaut und Sinn von Art. 26 der aargauischen KV sei die Verwaltungsinitiative zugelassen, vorbringen, vermag denn auch in keiner Weise zu überzeugen. Wenn sie meinen, Art. 26 KV verwende den Begriff des Gesetzes im Sinne einer Abgrenzung gegenüber der Verfassung, so schlösse dies jedenfalls dessen gleichzeitige Bedeutung als rechtssetzender Erlass im Gegensatz zum Beschluss als der Form für die rechtsanwendenden Erlasse des Grossen Rates nicht aus. Es besteht unter keinem Gesichtspunkt ein Anlass zu bezweifeln, dass Art. 26 Abs. 1 KV als Gegenstand der Gesetzesinitiative einzig Gesetze im materiellen Sinne bzw. generell-abstrakte Rechtssetzungserlasse zulässt.
c) Ziff. II/2 des Volksbegehrens sieht die Aufhebung der dem AEW erteilten Konzession für den Neubau des Kraftwerkes Bremgarten - Zufikon und damit die Vornahme eines individuellen Verwaltungsaktes vor. Vergeblich behaupten die Beschwerdeführer, dieser Satz stelle bloss eine authentische Interpretation von Ziff. I der Initiative dar in dem Sinne, dass als Folge dieser Vorschrift unter anderem auch die Konzession des Kraftwerkes Bremgarten - Zufikon dahinfallen werde. Ziff. II/2 sagt unmissverständlich, dass der Widerruf der Konzession unmittelbar verfügt und nicht der Konzessionsbehörde überlassen wird. Die Vermutung liegt sogar nahe, dass die ganze Initiative überhaupt nur die Verhinderung dieses Kraftwerkneubaus im Auge hat. Sind doch, wie in der regierungsrätlichen Botschaft vermerkt und von den Beschwerdeführern nie bestritten worden ist, auf der verhältnismässig kurzen Strecke des Reussflusslaufes auf aargauischem Gebiet andere Wasserkraftwerke ausser demjenigen von Bremgarten - Zufikon kaum denkbar, sodass die der Form nach zwar allgemein
BGE 98 Ia 637 S. 645
gehaltene Bestimmung von Ziff. I wohl einzig auf den Widerruf dieser Konzession hinzielt. An der Sache vorbei geht der weitere Einwand der Beschwerdeführer, wenn schon der individuell-konkrete Satz, dass das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon Bestandteil der Sanierung der Reussebene ist, Inhalt eines Gesetzes sein könne (§ 10 Reusstalgesetz), so müsse er auch auf dem Wege der Gesetzesinitiative rückgängig gemacht werden können. Ziff. II/2 der Initiative schlägt nicht eine entsprechende gegenteilige Vorschrift vor, als deren Folge erst die Konzession von der zuständigen Behörde zu widerrufen wäre, sondern bereits die Verfügung des Widerrufs selbst. Auch die Erteilung der Konzession erfolgte nicht durch § 10 des Reusstalgesetzes, sondern durch den von dieser gesetzlichen Regelung unabhängigen Verleihungsakt des Regierungsrates. Ziff. II/2 der Initiative hat offensichtlich einen individuellen Verwaltungsakt zum Inhalt und verstösst damit klar gegen Art. 26 Abs. 1 KV, der die Gesetzesinitiative nur für rechtssetzende Erlasse zulässt.
4.
Weder hinsichtlich der rechtlichen Natur des vorgeschlagenen Widerrufs der Konzession noch mit bezug auf den Sinn von Art. 26 Abs. 1 KV besteht irgend ein Zweifel, der es rechtfertigen würde, das Begehren dennoch der Volksabstimmung zu unterbreiten. Wohl soll nach Art. 16 KV die Geltendmachung bestimmter Volksrechte und darunter der Initiative möglichst erleichtert werden. Dieser Grundstaz findet aber seine Schranke an Art. 26 Abs. 3 KV, wonach einem augenscheinlich verfassungswidrigen Volksbegehren keine Folge gegeben werden soll. Und an die Verfassung ist im Rechtsstaat auch das Volk als Gesetzgeber gebunden.
5.
Es stellt sich die Frage, ob die augenscheinliche Verfassungswidrigkeit von Ziff. II/2 des Vorschlages dem Grossen Rat die Befugnis gab, dem ganzen Initiativbegehren keine Folge zu geben oder ob er nicht wenigstens dessen ersten Teil - sofern Ziff. I als verfassungsmässig angesehen werden kann - zur Abstimmung hätte bringen müssen. Aus dem Initiativrecht lässt sich nicht allgemein ein Anspruch der Stimmbürger darauf ableiten, dass ihnen die zuständige Behörde den verfassungsmässigen Teil eines im übrigen verfassungswidrigen Volksbegehrens unterbreitet, doch kann sich unter Umständen ein solcher je nach der Art des eingereichten Vorschlages ergeben (
BGE 61 I 337
ff.; KONRAD KELLER, Probleme des Initiativrechts, in Rechtsprobleme von Stadtgemeinden, Zürich 1961, S. 49 f.).
BGE 98 Ia 637 S. 646
Wie es sich damit im vorliegenden Falle verhält, braucht jedoch nicht entschieden zu werden, da der angefochtene Grossratsbeschluss in dieser Hinsicht nicht beanstandet wird. Indem die Beschwerdeführer nicht verlangen, dass wenigstens über Ziff. I der Initiative abgestimmt werde, geben sie übrigens zu erkennen, dass ohne den in Ziff. II/2 enthaltenen Vorschlag, die Konzession für das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon zu widerrufen, die Initiative wenig Sinn mehr hat. Aus den gesamten Umständen ist zu schliessen, dass die Initiative einzig die Verhinderung des Kraftwerkneubaus Bremgarten - Zufikon bezweckte und dass daher der Vorschlag ohne den unmittelbaren Konzessionswiderruf dem Willen der Initianten nicht mehr entspräche und wohl gar nicht zustandegekommen wäre, was die Nichtunterbreitung der ganzen Initiative rechtfertigen würde.
6.
Wenn der Grosse Rat im Jahre 1970 die erste Reusstalinitiative, welche den Widerruf der Konzession für das Kraftwerk Bremgarten - Zufikon allerdings nicht unmittelbar verlangte, diesen jedoch zur Folge gehabt hätte, der Volksabstimmung unterbreitete, so musste er deswegen noch nicht auch der zweiten Initiative Folge geben. Abgesehen davon, dass jener Vorschlag von allgemeiner Tragweite war, könnte selbst die damalige Unterbreitung eines augenscheinlich verfassungswidrigen Volksbegehrens den Grossen Rat nicht hindern, in Erkenntnis der verfassungsrechtlichen Lage nunmehr einen andern Standpunkt einzunehmen. Eine Verletzung der Rechtsgleichheit, welche die Beschwerdeführer sinngemäss geltend machen, kann ihm nicht vorgeworfen werden.
Brauchte der Grosse Rat dem Volksbegehren schon aus den dargelegten Gründen keine Folge zu geben, so kann die Beschwerde abgewiesen werden, ohne dass auf die weiteren streitigen Fragen von dessen Verfassungsmässigkeit einzugehen ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.