BGE 98 IB 489 vom 1. Dezember 1972

Datum: 1. Dezember 1972

Artikelreferenzen:  Art. 2 NHG, Art. 5 NHG, Art. 11 NHG, Art. 12 NHG, Art. 4 BV, Art. 24 BV , Art. 26 Abs. 1 FPV, Art. 26 FPV, Art. 24 sexies Abs. 2 BV, Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 BGE 98 Ib 489 S. 494, Art. 26 Abs. 3 FPV, Art. 26 Abs. 4 FPV, Art. 24 sexies Abs. 1 BV, Art. 25 bis FPV, Art. 103 lit. c OG, Art. 2-11 NHG, Art. 2 lit. b NHG, Art. 25 bis Abs. 1 lit. a FPV, Art. 24 Abs. 1 FPV, Art. 26 bis Abs. 1 FPV, Art. 26 Abs. 2 FPV, Art. 23 Abs. 2 FPV

BGE referenzen:  119 IB 397 , 96 I 505, 93 I 665, 94 I 343, 97 I 753, 96 I 510, 96 I 373, 96 I 510, 96 I 373

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

98 Ib 489


72. Urteil vom 1. Dezember 1972 i.S. Schweiz. Vereinigung für Heimatschutz und Konsorten gegen Paul Vögelin und Regierungsrat des Kantons Schwyz.

Regeste

Rodungsbewilligung.
1. Beschwerdelegitimation gesamtschweizerischer Vereinigungen nach Art. 12 NHG (Erw. 1).
2. Zulässigkeit der Erneuerung eines früher bereits einmal abgewiesenen Rodungsgesuchs bei der zuständigen Behörde? Verschiebung der Zuständigkeit zur Erteilung der Rodungsbewilligung zwischen dem ersten und dem zweiten Gesuch; Nichtanwendbarkeit der Grundsätze über den Widerruf von Verwaltungsakten (Erw. 2).
3. Vorzeitiges Abholzen des in Frage stehenden Waldes (Erw. 3).
4. Voraussetzungen für die Erteilung einer Rodungsbewilligung; Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis für die Rodung nachweisen lässt (Erw. 4).
5. Bedeutung des Erfordernisses der Standortgebundenheit; unter Umständen kann eine relative Standortgebundenheit genügen (Erw. 6).
6. Öffentliches Interesse an touristischer Entwicklung einer Gemeinde fällt bei Abwägung der für und gegen eine Rodung sprechenden Momente schwer ins Gewicht; Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 7).
7. Im Zusammenhang mit der Prüfung eines Rodungsgesuchs ist gegebenenfalls auch das an der Stelle des zu rodenden Waldes geplante Bauwerk unter dem Gesichtspunkt von Natur- und Heimatschutz zu prüfen; rechtliche Tragweite der Aufnahme eines Gebietes in das sogenannte KLN-Inventar; Interessenabwägung (Erw. 8).

Sachverhalt ab Seite 491

BGE 98 Ib 489 S. 491
Sachverhalt:

A.- Paul Vögelin beabsichtigt, das in seinem Eigentum stehende Grundstück "Schillermatte" in Brunnen zu überbauen. Das Grundstück liegt westlich der Ortschaft Brunnen und wird auf seiner Südseite teils vom Vierwaldstättersee, teils von der diesem entlang führenden Kantonsstrasse Brunnen-Gersau begrenzt; es umfasst rund 15,6 ha. In einer ersten Etappe der auf touristische Zwecke ausgerichteten Gesamtüberbauung, die u.a. auch die Errichtung eines Hotels einschliesst, sollen ein Hochhaus A mit einem Ladengeschoss, sechzehn Wohngeschossen und einem Dachgeschoss, ein Hochhaus B mit acht Wohngeschossen und ein Block C mit vier Wohngeschossen erstellt werden. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz hat das überarbeitete Bauprojekt am 5. Mai 1969 genehmigt; gleichzeitig bewilligte er Vögelin unter Auferlegung einer Ersatzabgabe die Rodung von 2410 m2 Schutzwald am Standort des Hochhauses A. Auf Beschwerde der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz und deren Sektion Innerschweiz, des Schweizerischen Bundes für Naturschutz und des Schwyzer Naturschutzbundes hob der Bundesrat diese Rodungsbewilligung mangels Zuständigkeit des Schwyzer Regierungsrates auf und lud den Schwyzer Regierungsrat ein, das Rodungsgesuch Vögelins an das Eidgenössische Oberforstinspektorat weiterzuleiten.
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Dieses wies das Gesuch am 11. Juni 1970 ab, wobei es feststellte, dass das in Frage stehende Waldstück nicht 2410 m2, sondern 2840 m2 messe. Vögelin, der den Wald inzwischen bereits abgeholzt hatte, führte gegen die Verfügung des Eidg. Oberforstinspektorates beim Eidg. Departement des Innern (EDI) Beschwerde. Während der Hängigkeit der Beschwerde traten am 1. September 1971 neue Bestimmungen über die Zuständigkeit zur Bewilligung von Rodungen in Kraft (Art. 50 Abs. 2 FPG; Art. 25 bis FPV ). Darnach sind für Rodungen bis zu 3000 m2 die von den Kantonen bezeichneten kantonalen Behörden zuständig. Am 10. September 1971 zog Vögelin seine Beschwerde beim EDI zurück und stellte beim Regierungsrat des Kantons Schwyz ein neues Gesuch um Bewilligung der beabsichtigten Rodung. Darin erklärte er sich bereit, in unmittelbarer Nähe der Rodung eine entsprechende Fläche aufzuforsten. Der Regierungsrat entsprach dem Gesuch am 2. November 1971.

B.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz, der Schweizerische Bund für Naturschutz, die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege und der Schweizerische Alpenclub die Aufhebung der Rodungsbewilligung, eventuell die Einholung einer seinerzeit vom EDI in Aussicht gestellten Expertise. Sie rügen als Rechtsmissbrauch, dass Vögelin seine Beschwerde beim EDI zurückgezogen und gleichzeitig den Regierungsrat um Bewilligung der Rodung ersucht hat. Der angefochtene Entscheid verstosse gegen Art. 4 BV und gegen das Verbot, auf eine abgeurteilte Sache zurückzukommen. Jedenfalls aber verletze er, abgesehen davon, dass er die Rodungsbewilligung materiell gar nicht begründe, die einschlägigen Bestimmungen des Forstpolizeirechts des Bundes, insbesondere Art. 26 FPV . Im vorliegenden Fall fehle ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis für die Rodung. Die Überbauung der Schillermatte sei nicht geeignet, den Kurort Brunnen wirtschaftlich zu beleben. An der Erstellung der als Zweitwohnungen geplanten Eigentumswohnungen im Hochhaus A sei neben dem Grundeigentümer im wesentlichen nur das Baugewerbe interessiert. Es sei unterlassen worden, abzuklären, ob die projektierten Bauten nicht in lawinengefährdetes Gebiet zu stehen kämen. Die Schillermatte könne schliesslich auch ohne Opferung der umstrittenen Waldparzelle überbaut werden. Der Regierungsrat
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habe in seinem Entscheid die ihm gemäss Art. 24 sexies Abs. 2 BV obliegende Pflicht zur Beachtung der Belange des Natur- und Heimatschutzes verletzt. Er habe ein von der eidg. Natur- und Heimatschutzkommission erstattetes Gutachten ausser Acht gelassen, kein anderes Fachorgan zur Begutachtung beigezogen und sich sogar über eine entsprechende Empfehlung in dem von ihm zitierten Fremdenverkehrsgutachten hinweggesetzt. Ja er habe nicht einmal mehr die Erfüllung der in seinem Entscheid vom 7. Oktober 1968 über die Beschwerde gegen ein erstes Bauprojekt aufgestellten Mindestanforderungen verlangt. Dabei habe er selbst die Aufnahme des Gebietes um die Schillermatte in das Inventar der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung beantragt. Die Aufnahme dieses Gebietes in das KLN-Inventar scheine gesichert. Die Schillermatte verdiene deshalb grösstmögliche Schonung. Die Überbauung, insbesondere das Hochhaus A, würde aber das Landschaftsbild verunstalten. Die Rodungsbewilligung, die diese Verunstaltung erst ermögliche, dürfe deshalb nicht erteilt werden.

C.- Paul Vögelin beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.

D.- Die Schwyzer Regierung beantragt Abweisung der Beschwerde und betont, dass ihrer Ansicht nach das vorgesehene Projekt das Landschaftsbild in keiner Weise stören könne. Das Gebiet der Schillermatte könne als "touristische Bauzone" angesehen und später auch entsprechend eingezont werden.

E.- Das EDI hält dafür, dass der Entscheid der Schwyzer Regierung mit der durch das Bundesrecht gebotenen Zurückhaltung bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen im Widerspruch stehe.

F.- Auf Gesuch der Beschwerdeführerin hat der Präsident der verwaltungsrechtlichen Kammer Paul Vögelin im Sinne einer vorsorglichen Verfügung untersagt, vor dem Entscheid des Bundesgerichts über die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf der streitigen Parzelle Bauarbeiten in Angriff zu nehmen. Am 5. Juni 1972 hat eine Abordnung des Bundesgerichts die Schillermatte in Augenschein genommen.

Erwägungen

Erwägungen:

1. a) Zur Anfechtung einer Rodungsbewilligung sind nach Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2
BGE 98 Ib 489 S. 494
lit. b NHG
neben den Gemeinden auch die gesamtschweizerischen Vereinigungen berechtigt, die sich statutengemäss dem Natur- und Heimatschutz oder verwandten, rein ideellen Zwecken widmen. Dabei legitimiert nach der Rechtsprechung die bloss beiläufige Erwähnung solcher Zwecke in den Statuten eine im wesentlichen auf andere Ziele ausgerichtete Vereinigung nicht ohne weiteres zur Beschwerdeführung (BGE 98 I/b 124/125). Die Beschwerdelegitimation der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz und des Schweizerischen Bundes für Naturschutz ist vom Bundesgericht von jeher anerkannt worden (vgl. BGE 96 I 505 Erw. 2b; 691 Erw. 1c). Beschwerdeberechtigt ist offensichtlich auch die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege. Ob schliesslich auch der Schweizerische Alpenclub zur Beschwerde legitimiert ist, kann hier offen bleiben, da diese Vereinigung nicht selbständig Beschwerde führt, der Entscheid über ihre Beschwerdelegitimation somit für den Ausgang des Verfahrens bedeutungslos ist.
b) Der Beschwerdegegner Vögelin meint, die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer lasse sich im vorliegenden Falle nicht auf Art. 12 Abs. 1 NHG abstützen, da die Erteilung von Rodungsbewilligungen bis zu 3000 m2 nicht Bundesaufgabe, sondern Aufgabe der Kantone sei, Art. 12 NHG sich aber nur auf die Erfüllung von Bundesaufgaben beziehe. Diese Ansicht geht fehl.
Zwar trifft zu, dass Art. 12 NHG sich nur auf Verfügungen und Erlasse bezieht, die in Erfüllung von Bundesaufgaben ergehen ( Art. 24 sexies Abs. 2 BV ; vgl. Art. 2-11 NHG ). Die Erteilung von Rodungsbewilligungen wird aber in Art. 2 lit. b NHG ohne jeden Vorbehalt als Erfüllung einer Bundesaufgabe bezeichnet. Auch die kantonale Behörde, die auf Grund von Art. 25 bis Abs. 1 lit. a FPV die Bewilligung zur Rodung einer Schutzwaldfläche von höchstens 3000 m2 erteilt, erfüllt somit eine Bundesaufgabe im Sinne der zitierten Vorschriften. Art. 12 NHG erklärt denn auch die in seinem Absatz 1 erwähnten Vereinigungen für berechtigt, nicht nur gegen Verfügungen von Bundesbehörden, sondern auch gegen kantonale Verfügungen und Erlasse Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen, was bei Richtigkeit der Ansicht Vögelins weitgehend sinnlos wäre.

2. Die Beschwerdeführer beanstanden, dass der Regierungsrat auf das ihrer Ansicht nach mit dem ersten materiell völlig identische zweite Rodungsgesuch Vögelins eingetreten ist und
BGE 98 Ib 489 S. 495
ihm entsprochen hat, obschon das erste Gesuch vom Eidg. Oberforstinspektorat abgewiesen worden war und Vögelin seine Beschwerde gegen diesen Entscheid zurückgezogen hatte. Diese Rüge ist unbegründet. Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen hindert die Abweisung eines Gesuches durch die Verwaltung dessen erneute Einreichung in der Regel nicht (GRISEL, Droit administratif suisse S. 217; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung Bd. I Nr. 323 I; BGE 60 I 52 , BGE 67 I 72 ). Im Bundesrecht besteht keine Bestimmung, die der Erneuerung eines abgewiesenen Rodungsgesuches entgegenstehen würde. Die zuständige Behörde, die auf ein solches erneuertes Rodungsgesuch eintritt, verletzt somit kein Bundesrecht. Hieran ändert die im vorliegenden Falle nach Abweisung des ersten Gesuches durch das Eidg. Oberforstinspektorat eingetretene Verschiebung der Zuständigkeit zur Erteilung der in Frage stehenden Rodungsbewilligung nichts. Die von den Beschwerdeführern erhobene Einrede der res iudicata ist unbegründet.
Ob Vögelin dabei allerdings einen Anspruch hatte, dass der Regierungsrat auch sein allenfalls mit dem ersten identisches zweites Rodungsgesuch prüfe, kann offen bleiben, da sich diese Frage hier gar nicht stellt. Offen bleiben kann auch, welche Bedeutung gegebenenfalls widersprüchlichem Verhalten des Gesuchstellers zukäme, denn auch der von den Beschwerdeführern im Hinblick auf den Rückzug der Beschwerde beim EDI gegen Vögelin erhobene Vorwurf des venire contra factum proprium ist unbegründet. Vögelin hat seine Beschwerde beim EDI im selben Zeitpunkt zurückgezogen, indem er dem Regierungsrat das zweite Gesuch eingereicht hat, also offensichtlich im Bestreben, die inzwischen eingetretene Kompetenzverschiebung zu nutzen. Der Beschwerderückzug kann unter diesen Umständen nicht als Anerkennung des Entscheides des Eidg. Oberforstinspektorates angesehen werden. Das Verhalten Vögelins war in dieser Beziehung auch nicht missbräuchlich. Nachdem die Kompetenz zur Erteilung der fraglichen Rodungsbewilligung vom Eidg. Oberforstinspektorat an den Regierungsrat des Kantons Schwyz übergegangen war, verpflichtete den Gesuchsteller nichts, den Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem EDI abzuwarten, umso weniger, als dieses Beschwerdeverfahren sich ohne sein Verschulden stark verzögert hatte und auch ein negativer Entscheid des EDI der Erneuerung des Gesuches nicht entgegengestanden wäre.
BGE 98 Ib 489 S. 496
Die von den Beschwerdeführern angerufenen Grundsätze des Bundesgerichts über den Widerruf von Verwaltungsakten (vgl. BGE 93 I 665 , BGE 94 I 343 , BGE 97 I 753 ) finden in der Regel keine Anwendung auf negative Verwaltungsverfügungen. Der vorliegende Fall begründet keine Ausnahme von dieser Regel.

3. Vögelin hat den fraglichen Wald am 18. Juni 1969, also während der Pendenz der von verschiedenen Vereinigungen gegen die Rodungsbewilligung vom 5. Mai 1969 eingereichten Beschwerde, abholzen lassen. Dieses Vorgehen bleibt jedoch für den hier zu treffenden Entscheid ohne Bedeutung. Insbesondere lässt es sich nach der geltenden Rechtsordnung weder für noch gegen die Bestätigung der hier angefochtenen Rodungsbewilligung anführen. Sollte das Bundesgericht zum Schlusse gelangen, diese Rodungsbewilligung sei aufzuheben, so müsste Vögelin verpflichtet werden, die Parzelle wieder aufzuforsten. In diesem Falle wäre dann auch zu prüfen, inwieweit Vögelin sein widerrechtliches Verhalten damit entschuldigen kann, dass die erste Rodungsbewilligung des Regierungsrates weder eine Rechtsmittelbelehrung noch einen Hinweis auf die Beschwerdeberechtigung der Heimat- und Naturschutzorganisationen aufwies und die Ausführung der Rodung von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig machte.
Mit Rücksicht darauf, dass vorzeitige Rodungen unter bestimmten Umständen praktisch nicht wiedergutzumachen sind und damit die Entscheidungsfreiheit der Beschwerdeinstanz beeinträchtigen können (vgl. BGE 96 I 510 ff. Erw. 5), empfiehlt sich jedoch - abgesehen von Sonderfällen - ganz allgemein, im Dispositiv von nicht letztinstanzlichen Rodungsbewilligungen dem Gesuchsteller ausdrücklich, notfalls unter Strafandrohung zu verbieten, die bewilligte Rodung auszuführen, bevor die verfügende Behörde ihm den unbenützten Ablauf der Beschwerdefrist schriftlich angezeigt hat. Die in Art. 35 VwG vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung allein genügt in dieser Hinsicht nicht, da der Gesuchsteller den Tag des Beginns der Beschwerdefrist für die Vereinigungen nach Art. 12 NHG nicht in jedem Falle kennt und ausserdem eine am letzten Tage der Frist aufgegebene Beschwerde bei der Beschwerdeinstanz je nach Umständen erst einige Tage nach Fristablauf eintrifft und dem Gesuchsteller unter ungünstigen Verhältnissen möglicherweise erst nach Ablauf weiterer Tage zur Kenntnis gebracht werden kann.
BGE 98 Ib 489 S. 497

4. Nach Art. 31 Abs. 1 FPG soll das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden. Art. 24 Abs. 1 FPV präzisiert, dass das Waldareal nicht nur in seiner Ausdehnung, sondern auch in seiner regionalen Verteilung zu erhalten ist. Damit werden Rodungen grundsätzlich verboten. Zulässig sind sie nur auf Grund einer formell rechtskräftigen Bewilligung der zuständigen Kantons- oder Bundesbehörde. Der Grundsatz der Walderhaltung bedeutet dabei, dass eine solche Bewilligung nur erteilt werden darf, wo sie einer zwingenden Notwendigkeit entspricht (vgl. BGE 98 I/b 372 Erw. 2). Für jede Rodung ist überdies in der Regel durch eine flächengleiche Neuaufforstung in derselben Gegend Realersatz zu leisten ( Art. 26 bis Abs. 1 FPV ). Die Bereitschaft zur Ersatzaufforstung gibt dabei keinen Anspruch auf Rodung.
Der Bundesrat hat in Art. 26 FPV die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rodung näher umschrieben. Rodungen dürfen danach nur bewilligt werden, wenn sich für sie ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt. Dieses Bedürfnis kann sowohl öffentlicher wie auch privater Natur sein oder auch sich aus einer Verbindung von privaten und öffentlichen Interessen ergeben. Ob es im Einzelfall besteht, ist als Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffes eine Rechtsfrage und unterliegt somit grundsätzlich freier Überprüfung durch das Bundesgericht (vgl. BGE 98 I/b 372 Erw. 2). Bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe auf den Einzelfall steht der Vorinstanz allerdings ein gewisser Beurteilungsspielraum offen, insbesondere soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind. Dem trägt das Bundesgericht durch zurückhaltende Überprüfung dieser Fragen Rechnung (vgl. BGE 96 I 373 Erw. 4).
Ausgeschlossen ist die Rodung, wenn ihr polizeiliche Gründe entgegenstehen ( Art. 26 Abs. 2 FPV ). Finanzielle Interessen, wie möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder billige Beschaffung von Land gelten nach Art. 26 Abs. 3 FPV nicht als gewichtiges Bedürfnis im Sinne von Art. 26 Abs. 1 FPV . Überdies soll eine Rodung nur bewilligt werden, wenn das Werk, für welches sie begehrt wird, auf den vorgesehenen Standort angewiesen ist. Dies gilt allerdings nicht absolut, bliebe sonst doch praktisch fast jede Rodung ausgeschlossen, was nicht der Sinn des der Verordnung zugrundeliegenden Gesetzes ist (vgl. BGE 98 I/b 373/374). Die Frage der Standortgebundenheit
BGE 98 Ib 489 S. 498
des projektierten Werkes ist vielmehr lediglich einer von den Gesichtspunkten, die bei der Interessenabwägung nach Art. 26 Abs. 1 FPV im konkreten Einzelfalle zu berücksichtigen sind. Nur in diesem Sinne verträgt sich die Verordnungsvorschrift mit ihrer gesetzlichen Grundlage. Nach Art. 26 Abs. 4 FPV ist schliesslich auch dem Natur- und Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen.

5. Von keiner Seite wird ausdrücklich behauptet, der hier zu beurteilenden Rodung stünden polizeiliche Gründe entgegen. Die Beschwerdeführer bringen lediglich vor, es sei nicht geprüft worden, ob der Wegfall der Waldparzelle nicht eine Lawinen- oder Steinschlaggefahr heraufbeschwöre. Der Regierungsrat stellt aber im angefochtenen Entscheid dazu ausdrücklich fest, durch die Ersatzaufforstung in unmittelbarer Nähe der Rodungsfläche werde "der Schutzcharakter der gerodeten Waldparzelle wieder hergestellt". Ausserdem springt ins Auge, dass die in Frage stehende Waldparzelle schon ihrer Lage nach keine wesentliche Schutzfunktion erfüllen kann. Dies ist auch die Ansicht des EDI. Es darf somit angenommen werden, dass keine polizeilichen Gründe bestehen, die nach Art. 23 Abs. 2 FPV die Bewilligung der Rodung ausschliessen.
Umgekehrt vermag das Interesse Vögelins an einer möglichst einträglichen Nutzung seines Grundeigentums die Rodungsbewilligung nicht zu begründen ( Art. 26 Abs. 3 FPV ). Waldboden ist grundsätzlich unüberbaubar. Dies schliesst in der Regel eine Abwägung des privaten Interesses an der baulichen Ausnützung des Bodens gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Freihaltung aus.

6. Wie bereits erwähnt, gilt nicht absolut, dass eine Rodung nur bewilligt werden darf, wenn das Werk, für welches sie begehrt wird, strikte auf den vorgesehenen Standort angewiesen ist. In der Regel wird zwar der Entscheid über ein Rodungsgesuch auch von der Beantwortung dieser Frage abhängen. Es sind aber Fälle denkbar, in denen andere Überlegungen in den Vordergrund treten. So kann unter Umständen die Frage nach der Standortgebundenheit des auf Waldboden projektierten Werkes an Gewicht verlieren, wo das Werk Teil einer Gesamtüberbauung bildet, die der Überprüfung im Rahmen der Beurteilung des Rodungsgesuches zum grössten Teil entzogen ist und nach den regionalen und kantonalen Planungsvorstellungen einem das Interesse an der Walderhaltung im konkreten Falle
BGE 98 Ib 489 S. 499
weit überwiegenden, öffentlichen Interesse entspricht. In solchen Fällen mag es genügen, wenn das Werk, das an die Stelle des Waldes treten soll, wenigstens relativ standortgebunden ist, das heisst, jedenfalls innerhalb der Gesamtüberbauung auf diesen Standort angewiesen ist.
Im vorliegenden Falle ist das Hochhaus A, das an die Stelle der fraglichen Waldparzelle treten soll, im erwähnten Sinne relativ standortgebunden, haben doch Akten und Augenschein ergeben, dass sich dafür im Rahmen der Überbauung der Schillermatte kein unter planerischen und baulichen Gesichtspunkten gleichwertiger Standort finden lässt. Die optische Anlehnung des Hochhauses an den Steilhang ginge verloren, wenn ein Standort ausserhalb des Waldstückes gewählt würde.
Die Gesamtüberbauung der Schillermatte betrifft zum grössten Teil freies Wiesland und kann deshalb bei der Beurteilung der hier in Frage stehenden Rodungsbewilligung nicht überprüft werden. Zu prüfen ist jedoch, ob der Regierungsrat im Rahmen seines Beurteilungsspielraums annehmen durfte, sie entspreche nach den sachlich begründeten regionalen und kantonalen Planungsvorstellungen einem das Interesse an der Erhaltung der Waldparzelle weit überwiegenden, öffentlichen Interesse.

7. Der angefochtene Entscheid geht davon aus, dass die Überbauung für die touristische Entwicklung Brunnens notwendig sei und die touristische Entwicklung Brunnens und der Gemeinde Ingenbohl einem das Interesse an der Walderhaltung weit überwiegenden Interesse entspreche. Der Vertreter des Regierungsrates hat am Augenschein unter Hinweis auf den Rückgang des Hotelbettenangebotes in Brunnen ausdrücklich bestätigt, dass nach Ansicht der Vorinstanz eine erfolgreiche touristische Entwicklung der Gemeinde Ingenbohl nur möglich sei, wenn die Überbauung der Schillermatte entsprechend der Empfehlung im Gutachten des Instituts für Fremdenverkehr an der Hochschule St. Gallen verwirklicht werden könne. Auch die in der Überbauung vorgesehenen Zweitwohnungen seien für den Aufschwung des Kurortes notwendig. Das Gebiet der Schillermatte könne als "touristische Bauzone" angesehen und später auch entsprechend eingezont werden.
Das öffentliche Interesse an der wirtschaftlichen - somit auch der touristischen - Entwicklung einer Gemeinde fällt bei der Abwägung der für und gegen eine Rodung sprechenden Interessen schwer ins Gewicht. Beim Entscheid darüber, ob die
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wirtschaftliche Entwicklung einer bestimmten Gemeinde durch Förderung des Tourismus im Sinne von Art. 26 Abs. 1 FPV wesentlichen öffentlichen Interessen entspricht und ob gegebenenfalls die im konkreten Einzelfall vorgesehene Massnahme für die Förderung des Tourismus notwendig ist, verfügt die zur Erteilung der Rodungsbewilligung zuständige Kantonsregierung über einen erheblichen Beurteilungsspielraum, ist sie doch dank ihrer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und ihrer Distanz zu rein lokalen Interessen in ganz besonderem Masse berufen, wesentliche öffentliche Interessen im Kanton zu bezeichnen und die regionale und kantonale Planung daraufhin auszurichten. Mit der Annahme, die Überbauung der Schillermatte sei für die Förderung des Kurortes Brunnen notwendig und die touristische Entwicklung der Gemeinde Ingenbohl entspreche einem wesentlichen öffentlichen Interesse, bringt der Regierungsrat des Kantons Schwyz offensichtlich kantonale Planungsvorstellungen und nicht blosse Lokalinteressen zum Ausdruck. Seinen Beurteilungsspielraum überschreitet er damit nicht.
Zu prüfen bleibt indessen, ob er auch annehmen durfte, dieses öffentliche Interesse überwiege bei weitem die öffentlichen Interessen an der Erhaltung der in Frage stehenden Waldparzelle.

8. Die Walderhaltung ist grundlegendes Gebot der Forstpolizeigesetzgebung. Für die Erhaltung der hier in Frage stehenden Waldparzelle sprechen ausserdem Gründe des Natur- und Heimatschutzes. Ihnen ist, wie Art. 26 Abs. 4 FPV ausdrücklich vorschreibt, bei der Beurteilung von Rodungsgesuchen gebührend Rechnung zu tragen. In einem Falle, in dem wie hier an die Stelle der Waldparzelle ein Bauwerk treten soll, kann es dabei nicht genügen, die Auswirkungen der Rodung als solcher auf das Landschaftsbild zu beurteilen, tritt doch die Rodung als solche praktisch gar nie für sich allein in Erscheinung. Vielmehr ist grundsätzlich, entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners, auch das geplante Bauwerk unter diesem Gesichtspunkt zu würdigen. Die Vorschrift, dem Natur- und Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen, verlöre sonst für die grosse Mehrzahl der Fälle jeden praktischen Sinn. Immerhin verfügt die Kantonsregierung auch in dieser Beziehung über einen verhältnismässig weiten Beurteilungsspielraum, umso mehr, als Natur- und Heimatschutz grundsätzlich Sache der Kantone ist ( Art. 24 sexies Abs. 1 BV ).
BGE 98 Ib 489 S. 501
Den Beschwerdeführern ist ohne weiteres zuzugeben, dass das auf der Rodungsfläche vorgesehene Hochhaus A das Landschaftsbild beeinträchtigen wird. Dies heisst aber noch nicht, dass der Regierungsrat mit seinem Entscheid die Grenzen seines Beurteilungsspielraums überschritten habe. Es kann nämlich nicht ausser Acht gelassen werden, dass das Landschaftsbild um die Schillermatte schon lange nicht mehr unberührt erhalten ist. Unweit westlich der projektierten Überbauung befindet sich am Seeufer ein grösseres Kieswerk mit einem die Höhe des Hochhauses A beträchtlich überragenden, breiten Steinbruch. Östlich der Schillermatte ist vom See her der weder durch Aufschüttungen, noch durch Pflanzen oder Bäume abgedeckte Betonbau der erweiterten Flabkaserne sichtbar. Wenn auch die Verunstaltung einer Landschaft durch bestehende Bauwerke weitere Verunstaltungen nicht rechtfertigt, so müssen doch an neue Bauten in einer bereits erheblich beeinträchtigten Landschaft, wie es die Gegend um die Schillermatte ist, nicht unbedingt dieselben strengen Anforderungen gestellt werden, wie an Bauten in einer noch völlig unberührten Landschaft. Dabei kann auch nicht ganz ausser Acht bleiben, dass das Hochhaus B und der Block C, deren von der Rodungsbewilligung unabhängiger Bau bereits endgültig bewilligt ist, zu einer weiteren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen werden, die im forstpolizeilichen Bewilligungsverfahren nicht verhindert werden kann.
Den grundsätzlichen Ausführungen in der Stellungnahme der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission vom 16. Februar 1970, auf die sich insbesondere das EDI beruft, kann zwar voll und ganz beigepflichtet werden. Mit bezug auf den vorliegenden Fall geht die Kommission jedoch von der unrichtigen Voraussetzung aus, das Landschaftsbild um die Schillermatte sei im wesentlichen noch unberührt; jedenfalls nimmt sie in keiner Weise zu den bereits bestehenden Beeinträchtigungen Stellung. Ihre Schlüsse werden durch diesen Mangel entkräftet.
Die Beschwerdeführer machen geltend, das Gebiet der Schillermatte werde demnächst in das KLN-Inventar aufgenommen, was zeige, dass es besonders schutzwürdig sei. Das KLN-Inventar, ein im Auftrag des Schweizerischen Bundes für Naturschutz, der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz und des Schweizerischen Alpenclubs erstelltes Inventar der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler
BGE 98 Ib 489 S. 502
Bedeutung ist nicht zu verwechseln mit den gemäss Art. 5 NHG vom Bundesrat aufzustellenden Inventaren von Objekten mit nationaler Bedeutung. Die Aufnahme eines Gebietes in dieses private Inventar entfaltet keine unmittelbaren, rechtlichen Wirkungen. Eine gewisse Bedeutung kommt ihr allerdings insofern zu, als sich der Bundesrat gemäss Art. 5 NHG bei der Erstellung der Inventare des Bundes auf solche privaten Inventare stützen kann. Besteht an der Aufnahme eines bestimmten im KLN-Inventar figurierenden Gebietes in ein Inventar des Bundes kein ernsthafter Zweifel, so rechtfertigt es sich, dieses Gebiet bereits vor der Erstellung des Bundesinventars mit besonderer Sorgfalt vor neuen Beeinträchtigungen zu schützen, damit es nicht im Zeitpunkt der formellen Aufnahme in das Bundesinventar dieser Aufnahme praktisch nicht mehr würdig ist. Vor der Erstellung der Bundesinventare hat der Bundesrat die Kantone anzuhören ( Art. 5 NHG ). Der Stellungnahme der Kantone kommt umso grösseres Gewicht zu, als Art. 24 sexies Abs. 1 BV den Natur- und Heimatschutz grundsätzlich ihnen überlässt. Der Schwyzer Regierungsrat hat im vorliegenden Falle die Überbauung der Schillermatte in ihrer ersten Bauetappe auch unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes gutgeheissen. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er die ungeschmälerte Erhaltung dieser Gegend nicht für unerlässlich hält. Mit Rücksicht darauf, dass er rechtlich nicht an das KLN-Inventar gebunden ist, muss angenommen werden, dass er auch dem Bundesrat gegenüber diese Ansicht vertreten wird, jedenfalls soweit der engere Bereich der Schillermatte in Frage steht. Unter diesen Umständen muss aber ernsthaft bezweifelt werden, dass das fragliche Gebiet je in ein Inventar des Bundes aufgenommen wird. Eine Sonderbehandlung der Schillermatte rechtfertigt sich somit nicht.
Berücksichtigt man schliesslich, dass es sich bei der in Frage stehenden Waldparzelle um eine isolierte Waldzunge handelt, deren Fläche (2840 m2) einen geringen Bruchteil der für die Überbauung vorgesehenen Gesamtfläche (156 000 m2) bildet, so ergibt sich, dass der Regierungsrat mit der Annahme, das öffentliche Interesse an der Überbauung der Schillermatte überwiege jenes an der Erhaltung der Waldparzelle weit, die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat. Es kann nicht Aufgabe der Forstpolizei sein, die grösstenteils Wiesland betreffende Gesamtüberbauung, die unter dem Gesichtspunkt
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des Landschaftsschutzes bedenklich sein mag, zu behindern, obschon an der Erhaltung der Waldzunge am bisherigen Orte kein besonderes Interesse besteht. Die relative Standortgebundenheit des Hochhauses A genügt unter den vorliegenden Umständen für die Erteilung der Rodungsbewilligung.
Die Beschwerde muss somit abgewiesen werden. Die Einholung der von den Beschwerdeführern beantragten Expertise erübrigt sich.

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