BGE 98 IB 512 vom 22. Dezember 1972

Datum: 22. Dezember 1972

Artikelreferenzen:  Art. 10 und 11 ANAG, Art. 104 lit. a OG, Art. 104 lit. b OG, Art. 104 lit. c OG, Art. 105 Abs. 2 OG

BGE referenzen:  103 V 52, 104 V 61 , 96 I 136, 96 V 144, 92 I 327

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

98 Ib 512


75. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1972 i.S. Stuckle gegen Regierungsrat des Kantons Zürich

Regeste

Ausweisung.
Berücksichtigung neuer Tatsachen im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Erwägungen ab Seite 512

BGE 98 Ib 512 S. 512
Aus den Erwägungen:

1. a) Die auf Grund von Art. 10 und 11 ANAG ergangene Ausweisungsverfügung des Regierungsrates kann vom Bundesgericht nur auf Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch von Ermessen ( Art. 104 lit. a OG ) und auf unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes ( Art. 104 lit. b OG ), nicht jedoch auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden ( Art. 104 lit. c OG , BGE 98 I/b 3 ff.).
b) Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind nach der Praxis grundsätzlich auch Tatsachen zu berücksichtigen,
BGE 98 Ib 512 S. 513
die erst nach Fällung des angefochtenen Entscheides eingetreten sind (BGE 98 I/b 178 mit Hinweisen). Von diesem Grundsatz sind die eidgenössischen Gerichte in einzelnen Bereichen abgewichen, so bei der Anwendung des Bankengesetzes ( BGE 96 I 136 ) und im Sozialversicherungsrecht ( BGE 96 V 144 ). Die Berücksichtigung neuer Tatsachen durch das Bundesgericht wird in der Regel mit der Befugnis des Gerichts begründet, die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zu überprüfen ( BGE 55 I 173 /174 Erw. 1; BGE 92 I 327 Erw. 2). Diese Begründung überzeugt allerdings in den Fällen nicht, in denen das Bundesgericht auf Grund von Art. 105 Abs. 2 OG grundsätzlich an die Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gebunden ist. Die Berücksichtigung auch nach Fällung des angefochtenen Entscheides eingetretener Tatsachen durch das Bundesgericht rechtfertigt sich aber jedenfalls dort, wo die Verwaltung ihrerseits auf Grund der neuen Tatsachen jederzeit eine neue Verfügung treffen könnte. Es hiesse in der Tat das Verfahren bis zum sachlich richtigen Endentscheid unnötig verlängern, würde das Gericht es der Verwaltung überlassen, aus den neueingetretenen Tatsachen die notwendigen Schlüsse zu ziehen und eine neue Verfügung zu treffen, die wiederum der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen würde.
Diese Überlegung gilt gerade auch für den vorliegenden Fall. Entschiede das Bundesgericht nämlich ohne Berücksichtigung des am 6. September 1972 gegen Stuckle ergangenen Strafurteils, die Ausweisung sei nicht gerechtfertigt, so würde das den Regierungsrat nicht hindern, auf Grund eben dieser letzten Verurteilung Stuckles unverzüglich einen neuen Beschluss auf Ausweisung zu fassen. Vorzuziehen ist deshalb, schon in diesem Verfahren auch das letzte Urteil gegen Stuckle zu berücksichtigen, soweit es rechtserheblich ist.

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